Stationen

Sonntag, 31. Januar 2010

Marshall Plan?




Europäische Union


Wenn Bismarcks Preußen sich - im Zeitalter von Eisenbahn und Telegraf - nicht auf den Rest von Hoffmann von Fallerslebens Deutschland ausgedehnt hätte, würden heute keine württembergischen Steuergelder in die östlichen Bundesländer fließen. Die EU ist der historisch erste Versuch (im Zeitalter von Flugzeug und Internet), eine größere politische Einheit durch gemeinsamen Konsens zu erreichen (obwohl dadurch die Steuergelder der Nettozahler manchmal die N'drangheta füttern).




EU - Multimediale Darstellung

Marshall Plan






Carlos V

"Ich spreche spanisch mit Gott, italienisch mit den Frauen, französisch mit den Männern und deutsch mit meinem Pferd."

Samstag, 30. Januar 2010

Geschenkter Gaul

Ich weiß noch, wie Hildegard Knef bei Erscheinen ihrer Memoiren den Titel dieses Buchs erklärte. Das war vor fast 40 Jahren in der Drehscheibe gegen 18:00 Uhr. Sie erzählte von einem amerikanischen Wunderkind, das totkrank war und nicht gerettet werden konnte. Kurz bevor er starb sagte der Junge, das Leben sei ein "geschenkter Gaul".

Ich erinnere mich auch an einen Nachmittag, als sie durch eine Sendung führte und unter anderem eine Kurzgeschichte vorlas, die sie geschrieben hatte. Sie las sehr gut, und ihre Geschichte war völlig unpretenziös, aber sie war bewegend.


Es gibt zu wenige Menschen wie Hildegard Knef, viel zu wenige.




Freitag, 29. Januar 2010

Viel Spaß!

"De mortuis nihil nisi bene"

Richtig zitiert

Das 2. thermodynamische Gesetz

Dass ein fauler Apfel einen ganzen Korb voll Äpfel verdirbt, kann ohne menschliches Zutun geschehen, aber damit gute Hefe einen Korb voll Teig durchgärt, muss sie jemand in den Teig kneten.

Donnerstag, 28. Januar 2010

Andy Warhol's surprising success

Die Hamburger 10 Gebote

Paul Schulz ist einer der faszinierendsten Theologen unserer Zeit. Ich habe große Sympatie für die beiden Antipoden innerhalb der katholischen Kirche: Kardinal Carlo Maria Martini, der der kompetenteste und angesehenste Vertreter der Modernisierung ist und Ratzinger, der das Zusammenspiel der bewahrenden Elemente am besten überblickt.

Aber ebenso wie für diese beiden Antipoden innerhalb der katholischen Kirche, habe ich Sympatie für den Antipoden der beiden Antipoden. Man hat ihn rausgeworfen, als er noch kein Atheist war und noch vorhatte, den Gottesbegriff zeitgemäß neu zu definieren und historisierend in eine Entwicklungslinie vorheriger Umdefinitionen einzureihen.

Hier sind seine damaligen (1979) klugen "Hamburger 10 Gebote"






  • Kinder haben






  • Finanziell gesichert sein





  • Freizeit gestalten





  • Leben schützen





  • Gesundheit pflegen





  • Sich Schönes leisten





  • Erfolg haben





  • Liebe schenken





  • Mitleid haben





  • Gott denken




  • Menschen sind abergläubisch. Aberglaube muss einerseits eingedämmt werden und andererseits muss er verwaltet werden, denn beseitigen kann man ihn nicht.


    Atheistischer Glaube            Ist Gott eine mathematische Formel?: E. Pastor im Glaubensprozess seiner Kirche (German Edition)      


    http://www.drpaulschulz.eu/

    Mittlerweile wirkt Schulz leider etwas fanatisch auf mich. Aber die neue Epocheneinteilung, die er in Codex atheos vorschlägt, ist hervorragend.



    Homo homini lupus, es ist nicht zu ändern, Paulus, auch wenn du zum Saulus mutierst nicht, du machs damit nur ein Schiff manövrierunfähig, das ohnehin schon leckt.

    Übrigens könnte Christoph Kolumbus Jude gewesen sein. Er reiste an dem Tag ab, als die Judenverfolgung por la limpieza del sangre losging in Spanien. Das ist natürlich nur Zufall. Aber es gibt auch trieftigere Indizien. Die Frage war ein Hobby von Simon Wiesenthal, dem Nazijäger; er hat ein gutes Buch über Kolumbus geschrieben, sehr interessant.

    Sails of Hope: The Secret Mission of Christopher Columbus.

    Mittwoch, 27. Januar 2010

    Touching the Void - Fall ins Leere

    Und noch ein herrlicher Dokumentarfilm. Sehenswert. Man muss sich allerdings die Teile einzeln in Youtube zusammensuchen. Aber es sind nur zwölf, und wenn man ein eigenes Konto in Youtube hat, kann man sich die einzelnen Teile zu einer Playlist zusammenstellen.



    From Mao to Mozart

    Diesen wunderbaren Dokumentarfilm sollte jeder gesehen haben. Ich sah ihn 1984 im Kino und suchte später lange vergeblich nach einem Videoband. Dass er jetzt im Internet zur Verfügung steht, ist grandios.


    Der kleine Unterschied

    Don Quijote ist ein anachronistischer Träumer mit ritterlicher Würde, Sisyphos ist ein geduldiger Realist im Reich der Entropie.

    Dienstag, 26. Januar 2010

    Musik aus Polen

    Ich glaube nicht, dass es in Deutschland im Bereich Jazz/Unterhaltungsmusik etwas von ebenbürtiger künstlerischer Qualität gibt. In Deutschland wie in Poland gab es in den 70-ern eine vitale Freejazzszene. Tomasz Stanko kommt aus dieser Szene! Aber er reifte weiter, ohne dabei das damals Erlernte zu vergessen. Der Freejazz hat sich nur in den germanischen Ländern gehalten. Die Liste der European Free Improvisation Pages enthält vor allem deutsche und englische Namen. In Deutschland hielt sich der Freejazz lange, länger als sonst wo, und nahm einen minimalistischen, administrativ anmutenden Charakter an. Die einst großartige, brodelnde, überbordende, eruptive Energetik wurde durch Routine, eine gewisse Strenge und etwas senil wirkende Zurückhaltung gebändigt. Es wurde eine Art Druckkammermusik daraus. Eigentlich müsste auf Alexander von Schlippenbachs Flügel (einem seiner Vorfahren verdanken wir übrigens ein paar Volkslieder wie "Ein Heller und ein Batzen") ein Wimpel stehen, mit der Aufschrift SPARTA. Denn fantasievoller wurde der deutsche Freejazz nie, eine Reflexion, die diesen Namen verdient, hat nie stattgefunden, der Perkussionscharakter nahm zu, und er entfremdete die Melodieinstrumente nachhaltig ihrem Zweck und erleichterte auf diese etwas schlitzohrige Weise die "Spontaneität": amorphe Vereinfachung statt Entwicklung von aufrichtigen Interaktionsregeln für den Status Nascendi (siehe auch meine Eintragung vom 3.1. über Spontaneität). Als Ausrede dient eine fast mystisch anmutende Aufmerksamkeit gegenüber der "Materialität" und Mechanik, die leider auch bei Heiner Goebbels zu beobachten ist. Aber Goebbels Horchexerzitien zu folgen ist immerhin lohnend. Man kommt zwar nicht dort an, wo er gern hin würde, aber das war bei Columbus ja auch so ähnlich.







    Deutsche Diskussion

    Es gibt diese Diskussion nur in Deutschland.




    Simona Molinari e Malika Ayane







    Montag, 25. Januar 2010

    Religionslehrer

    Willkür

    Guido Bertolasos selbstverständlicher, spontaner Pragmatismus ist vorbildlich. Er kommt gerade aus Haiti zurück und bemängelt das Fehlen eines koordinierenden Direktivs auf UNO-Ebene. Jedes Jahr sei irgendwo auf dem Planet eine Kathastrophe zu meistern, aber das erste, was jede Hilfsorgansisation tue, sei ein Plakat anzubringen, um sich hervorzutun und die Leistungen des eigenen Landes kund zu tun. Jeder wurschtele vor sich hin und behindere dabei die anderen.

    Stichwort "Regietheater"

    Zeffirelli hat gerade am Theater der Oper von Rom Verdis "Falstaff" inszeniert. Es stehen noch keine Bilder davon zur Verfügung, aber hier ist ein Bild von seiner "Aida" am Teatro Giuseppe Verdi.


    Hier ist etwas von Emma Dantes und Barenboims "Carmen" zu sehen (Dezember 2009, Scala)







    Emma Dante lies sich, um diese Augenweide eines Freudenfests zu schaffen, bei ihrer Arbeit von Pasolini inspirieren. Auch in Italien gibt es aktualisierende Inszenierungen. Aber sie sind überzeugender als in Deutschland, weil sie kaum mal das Kind mit dem Bade ausschütten und statt dessen an einen Überlieferungsstrang anknüpfen, ähnlich wie im Mittelalter die Kirche die heidnischen astrologischen Symbole umdeutete und zusammen mit Christus als neuem Sol Invictus in der Architektur verwertete und auch den alten römischen Titel "Pontifex" beibehielt. Was nicht mehr gilt, wird irgendwann erinnerndes Ornament.







    Sonntag, 24. Januar 2010

    Optische Täuschung

    Bloß weil etwas schwer ist, ist es noch lange nicht gut, und bloß weil jemand etwas ungern tut, ist die Tatsache, dass er es tut, noch lange kein Verdienst.

    Giovanni Lindo Ferretti

    Vale la pena vedere questa intervista, questa conversazione di Ferrara con Ferretti. La bravura di Ferrara è quella di sempre e in più abbiamo occasione di vedere un Ferrara contento e sereno; e questo forse è, almeno in parte, anche merito di Ferretti. Ferretti mi ha sorpreso per la sua limpidezza ragionevole. Ero prevenuto nei suoi confronti prima di vedere questo servizio. Credevo fosse un fanatico esaltato che si nascondesse dietro il rigore. E invece il suo mimetismo è di tutt'altra natura, e in parte è piacevolmente goliardico. La sua accuratezza linguistica è notevole, e la sua umiltà pure. Bravo! Sono contento di essermi sbagliato.




    Und überrascht hat mich auch die Vitalität seiner einfachen, direkten Rockmusik.







    Samstag, 23. Januar 2010

    Wagemut

    Seit langem - seit wann? - ist das Mutigste, was ein großer Künstler machen kann, sich nicht vor Banalität zu scheuen. Obwohl alles, was wichtig ist im Leben, sehr banal ist.

    Freitag, 22. Januar 2010

    Musik aus Hamburg

    Ich wünsche Volker Distelmeyer alles Gute und die Kraft, Freude und Hoffnung, die Nick Drake versagt blieben.









    Donnerstag, 21. Januar 2010

    Enrico Giaretta

    Enrico Giaretta ist Pilot, hat aber auch am Konservatorium Santa Cecilia in Rom Pianoforte studiert und hat mit einigen der bedeutendsten italienischen Popmusiker gearbeitet: Lucio Dalla, Renato Zero, Pino Daniele. Er selbst bezeichnet Paolo Conte als sein Vorbild und dieser sagte daraufhin erfreut: "Endlich habe ich einen Schüler".







    Dietrich

    Den Universalschlüssel und den vertrauten Umgang mit dem Relativismus findet man bei Bewachern, Hütern, Wahrern und Beschützern und bei Dieben, Verführern, Betrügern und anderen Neppern.

    Mittwoch, 20. Januar 2010

    Ernst Cramer

    ist verstorben.

    Feigen aus Caunus

    Auf dem Weg zu den Parthern hielt Marcus Licinius Crassus sich in Apulien in Brundisium auf, dort, wo die Via Appia am Hafen endet (heute Brindisi). Wer in den Osten wollte, nach Griechenland oder Kleinasien, schiffte sich dort ein.
    Damals zogen, wie heute auch, Straßenverkäufer durch die Straßen, die ihre Waren mit monotonem Rufen ankündigten. Die Feigen aus Caunus, einer Stadt im Süden von Kleinasien in der Nähe von Rhodos waren berühmt für ihre gute Qualität und wurden daher mit Lastschiffen bis nach Brundisium geliefert. "Cauneas, cauneas, cauneas" rief der Händler auf der Straße, um sie feilzubieten. Als Crassus dessen Rufe abends von seinem Zimmer aus hörte, durchfuhr es ihn. Er wusste, dass er sich auf eine gefährliche Reise begab, und vielleicht hatte er nie zuvor von den Feigen aus Caunus gehört. Jedenfalls zuckte er zusammen, als er in Gedanken versunken plötzlich die Stimme von der Straße heraufschallen hörte. Die Rufe des Händlers schienen ihm "Cave ne eas, cave ne eas, cave ne eas" zu lauten. "Hüte dich zu fahren, hüte dich zu fahren, hüte dich zu fahren"...

    Er reiste dennoch ab, besiegte die Parther aber nicht und fand 2 Jahre später den Tod.



    Dienstag, 19. Januar 2010

    Das ewige Erdbeben

    "Italien ist dasjenige Land, das es am besten versteht, neben der Technologie das menschliche Potenzial ins Feld zu führen." Guido Bertolaso - Chef des italienischen Kathastrophenschutzes

    Montag, 18. Januar 2010

    Exodus 20,1-21

    "Alle Geschichten in der Bibel sind ja quasi Metaphern, die etwas erzählen wollen. Und was diese Geschichte erzählt, ist "Wie komme ich zur Freiheit?". Und letztlich denke ich, dass man die Freiheit gewinnt, dadurch, dass man das befürwortet oder akzeptiert, was richtig ist. Und was richtig ist, sagen eben die 10 Gebote." Michael Kunze

    http://www.youtube.com/watch?v=mtG_5HRK9BI&feature=related

    Übrigens, was Dieter Falk als 11. Gebot bezeichnet - "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" - stammt ebenfalls aus dem Alten Testament (Leviticus 19,18). Viele halten dieses Wort für ein Jesuswort, aber Jesus prägte es nicht, er zitierte es nur und deutete es um, indem er auch den Fernsten zum Nächsten machte - "Liebet eure Feinde" - während vorher als Nächste nur die Angehörigen des eigenen Volkes galten.

    Sonntag, 17. Januar 2010

    Lebendigkeit

    "Das Leben quillt über, egal aus welchem Gefäß" Boris Pasternak

    Samstag, 16. Januar 2010

    Liebe deinen Nächsten (wie dich selbst)

    "Wer international sein will, muss erst mal national sein." Bela Bartok

    Freitag, 15. Januar 2010

    Strawinsky


    “Ich bin aber selbstkritisch genug, um auch die Schuld bei den Machern selber zu sehen, also bei uns Komponisten. Ein zufälliger Besucher bekommt nicht unbedingt Lust auf mehr, wenn er mit einer „Neue Musik-Szene“ konfrontiert wird, die sich allein durch eine winzige inzestuöse Welt meist extrem selbst-referentieller Musik definiert. Er wird nur verschreckt durch Musik, die die minutiöse Kenntnis ihrer eigenen komplexen Vorgeschichte zum Verständnis absolut voraussetzt.
    Der Publikumsbesuch ist dabei gar nicht das Problem. Tatsächlich hat sich hier in den letzten 20 Jahren eher viel getan. Mir tut es aber oft im Herzen weh, wenn sich erstmalige Besucher in ein allzu typisches einschlägiges Konzert begeben und dort mit einer Musik konfrontiert werden, die z. B. in den Worten des von mir durchaus hoch geschätzten Komponisten Helmut Lachenmann allein „strukturalistisch“ gehört und verstanden werden kann. Wie kann ich von einem zwar aufgeschlossenen, aber dennoch unwissenden Besucher verlangen, dass er sich vor dem Konzert ein umfassendes Wissen über die letzten 100 Jahre einer Musik aneignet, die größtenteils – aus welchen Gründen auch immer – unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat? Man sehnt sich ein bisschen nach den Anfängen der polyfonen Musik in Europa zurück, bei der allein das Erklingen der für die damaligen Menschen vollkommen neuen Harmoniefolgen Freudentränen und begeistertes Lachen erzeugte – und das bei einfachen und nicht speziell ausgebildeten Menschen.
    Das Leben der Hörer muss Platz in der Musik finden
    Diese Ebene der Faszinations- und Begeisterungsfähigkeit, von unmittelbarer Zugänglichkeit von Musik, sollten wir als Schöpfer nicht außer Acht lassen. Wir sollten uns nicht missverstehen: Ich bin ein überzeugter Verfechter von Kunstmusik. Kunstmusik muss weder trivial noch besonders simpel sein noch gängige Klischees bedienen. Sie soll auch stets Neuland erobern und gängige Ästhetiken hinterfragen. Sie kann und darf unbequem, schwierig und fordernd sein. Ich werde mich auch hüten, ins Horn der unsäglichen konservativen und reaktionären Stimmen zu stoßen, die wieder eine gefällige, “hübsche“ Musik fordern. Wohin die Musik geht, soll von niemandem bestimmt werden. Sie wird entstehen, und ich bin überzeugt, dass es Musik mit großer Strahlkraft auch für zukünftige Generationen geben wird.
    Aber das Leben der Hörer muss darin Platz finden. Weder ein Haydn noch ein Mozart noch ein Beethoven waren sich zu schade, der musikalischen Wirklichkeit ihrer Zeit Platz in ihrer Musik einzuräumen. So sollten sich auch heutige Komponisten nicht scheuen, auf die musikalische Vielsprachigkeit unserer Welt einzugehen. Keine allzu leichtfertige „Multi-Kulti“-Musik – diese Vorstellung ist mir nach wie vor widerwärtig. Die einmalige Chance der Kunstmusik ist es, sich über alle Genres hinwegzusetzen und quasi die Summe aller Musik darzustellen, sei sie trivial oder anspruchsvoll, hehr oder banal. Strawinsky, der sowohl russische Volksmusik wie auch Jahrmarktsschlager, Jazz und Fugen in seine neue individuelle Musiksprache verwandelte, kann hier als Vorbild dienen. Wir bräuchten mehr Komponisten wie ihn.” Moritz Eggert

    Donnerstag, 14. Januar 2010

    Unbekannt

    "Es gibt zwei Fragen, auf die 99 von 100 Deutschen heutzutage wahrscheinlich nur ein verlegenes Blinzeln oder ein Achselzucken als Antwort hätten. Die eine heißt: Wer war der letzte große Preuße? Die andere: Wer war eigentlich in Deutschland Hitlers wirklicher Gegenspieler?
    Man kann lange nach Antworten suchen. Man kann verschiedene Namen versuchsweise in Vorschlag bringen, die man gleich selber wieder verwerfen wird. Am Ende wird die Antwort auf beide Fragen lauten müssen: Ernst Niekisch." Sebastian Haffner

    Mittwoch, 13. Januar 2010

    Darwinismus

    "Das eigentlich menschliche Bedürfnis ist das Bedürfnis nach einem Zeugen." David Cooper

    Dienstag, 12. Januar 2010

    Erkenntnistheorie

    "Homo sapiens, der versucht die Gesetze des Universums zu verstehen, ähnelt einem blinden Mann in einem dunklen Zimmer, der einen schwarzen Hut sucht, den es vielleicht gar nicht gibt." Karl Raimund Popper

    Montag, 11. Januar 2010

    Lerchen

    Im Sommer stehen Feldlerchen (Alauda arvensis) hoch oben unter der Sonne über den Feldern und zwitschern manchmal ohne Unterbrechung bis zu einer Viertelstunde lang in die sonnenüberstrahle Luft hinein. Sie haben von Natur aus die Möglichkeit gleichzeitig zu atmen und zu zwitschern (es gibt erstaunlicherweise auch Menschen - Homo sapien sapiens -, die diese Technik erlernen können; zum Beispiel der Saxophonist Evan Parker pumpt auch bis zu eine Viertelstunde lang wie ein Ochsenfrosch Luft in sein Blasinstrument und atmet dabei. Auch Severino Gazzelloni soll diese Technik beherrscht haben. Oder gehört sie womöglich zu den selbstverständlichen Fähigkeiten jedes Konzertflautisten?).
    Lerchen bauen ihr Nest nicht auf Bäumen, sondern an einem versteckten, schattigen Ort auf dem Boden. Um Raubvögeln diesen Ort nicht zu zeigen, landen sie in einer gewissen Entfernung vom Nest und gehen (ohne auffällig zu hüpfen) dann zu Fuß zu ihrem Nest. Der amerikanische Dichter Cummings kannte die Lerchen offensichtlich gut. Eines meiner Lieblingsgedichte widmete er den Lerchen.


    may I be gay

    like every lark
    who lifts his life

    from all the dark


    who wings his why

    beyond because
    and sings an if

    of day to yes

    Samstag, 9. Januar 2010

    Zurückhaltung

    "Die sichere Überzeugung, dass man könnte, wenn man wollte, ist Ursache an manches guten Kopfes Untätigkeit, und das nicht ohne Grund." Georg Christoph Lichtenberg

    Donnerstag, 7. Januar 2010

    Dichter als passive Spiegel

    Genauer gesagt Spiegelscherben. Jochen Distelmeyer ist zweifellos ein sehr begabter Sprachkünstler, aus dem ein großer Dichter heranreifen könnte. Aber woher nimmt er die unverantwortliche Selbstverständlichkeit, mit der er düstere Ausweglosigkeit und Weltschmerz herbeizitiert, um sich in Weltuntergangsstimmung zu begeben? Die Welt ist bestimmt in einem wirren Zustand voller Ungewissheiten. Aber warum gefällt er sich in sterilem, exquisitem Gejammere, statt seine Begabung für die Entfaltung eines Sinnes zu verwenden? Dante hatte es auch nicht leicht, und als Gesprächspartner wählte er sich Verstorbene. Durs Grünbein hat Familie und Umgang mit der Antike und sollte etwas abgeklärter und wacher sein als Diestelmeyer. Aber wenn man seine Römischen Elegien, die er während der Stipendiatszeit an der Villa Massimo für die Zeitschrift CICERO schrieb, liest, muss man leider zur Kenntnis nehmen, dass sich eine armselige miesepetrige Belanglosigkeit an die andere reiht. Von "globaler" Bestandsaufnahme keine Spur.

    Grünbeins und Distelmeyers Talent entfaltet sich leider am besten, wenn die Themen dem Tod benachbart sind. Darin ähneln sie dem Komponisten Ferneyhough, dessen Talent sich ebenfalls am Tod entfacht und nachlässt, sobald er sich davon entfernt. Und Dante? Er passt doch eigentlich mit dazu! Aber bei Dante war der Tod eben ein Ausgangspunkt und nicht das focussierende Element einer Monotonie.

    Die sanfte Melancholie des hier zu hörenden Liedes von Diestelmeyer ist angenehm, aber Versöhnung mit der Unzulänglichkeit ist nicht die Stärke Diestelmeyers. Noch nicht.




    Siehe auch meine Eintragung vom 22. Januar.

    Italienisch-französisch-kanadisch vs. Amerikanisch-deutsch


    Riccardo Cocciante ist Italiener, seine Mutter Französin







    Und hier die amerikanische Produktion in der deutschen Übersetzung










    Verdis Libretti beruhten zum Teil auf Werken Victor Hugos. Schade, dass der Komponist des Rigoletto es nicht auch mit dem Glöckner von Notre Dame versucht hat.



    Mittwoch, 6. Januar 2010

    Thessalonicher 5, 21

    "Prüfet aber alles, und das Gute behaltet."

    Dienstag, 5. Januar 2010

    Rivarol

    "Die zivilisiertesten Völker sind nicht weiter von der Barbarei entfernt als das glänzendste Eisen vom Rost. Die Völker und die Metalle sind nur an der Oberfläche poliert."
    Antoine Comte de Rivarol

    Sonntag, 3. Januar 2010

    Spontaneität

    Es gibt drei kulturelle Leistungen, bei denen die Spontaneität zwar eine große Rolle spielt, aber eine kleinere, als man gemeinhin denkt. Besonders bei der musikalischen Improvisation wird großer Wert darauf gelegt, dass alles hic et nunc entsteht. Aber selbst beim Freejazz, gerade beim Freejazz sieht man (nach 30 Jahren Routine), dass sich mit der Zeit eben doch eine Art Phrasenrepertoire einspielt. Das Schlimme daran ist, dass es nicht beabsichtigt ist und dadurch ganz besonders auffällt. Da ist mir bewusst vorbereitete Spontaneität, wie sie Johann Sebastian Bach zeigte, wenn er eine Fuge improvisierte, oder Andrei Volkonskys Improvisation im Stil von Frescobaldis Zeit dann doch lieber.
    Dasselbe gilt für die frei gehaltene Rede. Es ist ein Unterschied, ob man, wenn auch farbig, einfallsreich und redegewandt, einfach so wie Berlusconi oder Obama drauf los plappert, oder wie Cicero Rhethorikunterricht nimmt und der Spontaneität aufs Pferd hilft.
    Und beim Stegreifdichten ist Übung natürlich erst recht erforderlich. Es wäre interessant zu wissen, wie sich die Stars unter den Stegreifdichtern vorbereiten. Aber eines ist gewiss: wenn man diesem Hobby nachgeht, dichtet man ständig so vor sich hin, und im Gedächtnis sammeln sich Reime, wie sich bei einem Kind die Vokabeln sammeln, während es die Muttersprache lernt, und mit der Zeit ergibt sich wie von selbst ein Repertoire häufig vorkommender Reime, die dem Stegreifdichter zur Verfügung stehen, wenn er wie Cyrano de Bergerac eine Situation kommentieren möchte. Je jünger man damit anfängt, desto spielender stellt sich natürlich dieses Reimreservoir ein. Metastasio wurde als Kind auf der Straße durch seine Stegreifdichtungen entdeckt und verdankt dadurch zwei vornehmen Herrn seine Schulbildung. Dieses Dichten war also etwas Ähnliches, wie das, was in den Achtzigern des 20. Jahrhunderts der Rap wurde.

    Merkwürdig ist, dass diese hohe Kunst so wenig Beachtung findet und offenbar gar keine Literatur darüber vorhanden ist. Es muss am oralen Charakter liegen. Um Stegreifdichter zu werden, braucht man nicht schreiben zu können. Vielleicht hat diese Tatsache dazu geführt, dass das Stegreifdichten ins Abseits geriet, zur Analphabethenkunst wurde und am Ende nur noch von den Marktschreiern beherrscht wurde, die sich nach dem Markt zusammentaten, um ein Glas Wein zu trinken und in gereimter Form das Tagesgeschehen zu kommentieren (von den inzwischen verstorbenen Stars unter den Marktdichtern gibt es immerhin ein paar aufnahmen auf CD). Dass es in der Toscana diese Tradition ("i bernescanti") überhaupt noch gibt, grenzt an ein Wunder. Die Form der Strophen ist der ottava rima, dem streng gebauten Achtzeiler der italienischen Renaissance-Epik nachgebildet, der aus sechs überkreuz reimenden Zeilen und einem abschließenden Verspaar mit neuem Reim besteht. Bei einem Dichterduell ("contrasto") muss der Gegner immer den Reim des Schlusspaars aufnehmen, um seine sechs überkreuz reimenden Zeilen zu artikulieren, usw.

    Aber es gibt sie noch, die Stegreifdichtung... sie fließt unterirdisch weiter. Und jede Oper ist eigentlich ein Denkmal, das auf sie hinweist.
    Im Leopard lässt Giuseppe Tomasi di Lampedusa seinen Protagonisten im Gespräch mit ein paar englischen Offizieren sagen, die Italiener (oder waren es die Sizilianer? ich weiß es nicht mehr genau) würden sich niemals ändern, weil sie sich für Götter halten. Und Götter brauchen nicht zu schreiben.

    Samstag, 2. Januar 2010

    Italien

    "L'Italia è il paese dove la linea più corta tra due punti è l'arabesco." Ennio Flaiano

    "Italien ist das Land, wo der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten eine Arabeske ist." Ennio Flaiano

    La mattina venne

    La mattina venne; i suoi passi congedavano

    il sonno silenzioso, che mite ancora mi fu intorno,

    ed ora sveglio, dalla mia capanna,

    con anima fresca, mi misi a salire il monte;

    mi rallegrai ad ogni passo

    del nuovo fiore che di gocce era colmo;

    giovane gioiendo si ergeva il giorno

    e tutto per rifocillarmi appariva rifocillato.

    E mentre salivo, dal flusso dei prati

    strisce di nebbia venivano avanti, che

    cedendo poi, e poi cambiando, mi si misero intorno,

    e crescendo, le loro ali mi cinsero la testa.

    Più non mi rallegrava già la bella vista e

    il paesaggio da un torbido velo ora fu nascosto;

    presto mi vidi immerso in una colata di nubi

    e racchiuso nel crepuscolo, con me stesso.

    Per un momento pareva penetrare la luce,

    e uno schiarimento apparve nella nebbia che

    silenziosa scendeva, ondeggiante, verso il basso,

    e altrove salendo, si divideva tra bosco ed altitudini.

    Come speravo di portarle il primo saluto!

    Dopo la nebbia la speravo ancora più bella.

    Le lotte nell’aria non erano finite che

    uno splendore mi fu intorno, e rimasi abbagliato.

    Le palpebre tenevo chiuse, non osavo

    sollevarle, poi un fremito mi rese audace,

    e con rapide occhiate penetravo l’aria

    poiché in fiamme pareva ed incandescente.

    Ma portata dalle nubi arrivava sospesa

    ai miei occhi una donna divina, nessun’

    immagine più bella mai vidi in questa vita.

    Mi guardava e rimanendo restava, sospesa.

    “Non mi conosci?” mi chiese e la sua bocca

    era colma d’amore e di fedeltà,

    ”mi riconosci, me, che nelle ferite della vita

    il balsamo più limpido più volte ti versai?

    Mi conosci certamente, tu che legasti

    il tuo strenuo cuore per sempre a me.

    Non vedevo forse come con calde lacrime

    cercavi di raggiungermi già da ragazzo?”

    “Si!” esclamai, abbassandomi a terra beato

    “è da molto che ti ho desiderato: tu

    mi donasti pace, quando le giovani membra

    senza quiete pervase la passione;

    e in giornate calde mi rinfrescasti la fronte

    dolcemente come con ali di cielo.

    Tu mi donasti i beni migliori della terra,

    ogni felicità voglio solo da te!

    Non ti nomino. Da molti ti sento nominare,

    e spesso, ed ognuno ti ritiene suo,

    ogni occhio crede di guardare solo te,

    e quasi per ognuno la tua vista è dolorosa.

    Finché erravo non mi mancavano compagni,

    conoscendo te, son quasi solo;

    con me stesso devo dividere la mia felicità,

    nascondere la tua dolce essenza e rinchiuderla.

    Sorrise e mi disse: “E quindi vedi com’era saggio

    e necessario di rivelarvi poco!

    Appena al riparo dal più grossolano inganno,

    padrone appena del primo volere di fanciullo

    ti credi già abbastanza sovraumano

    per trascurare il dovere dell’uomo!

    Quanto sei dagli altri diverso?

    Conosci te stesso, e vivi in pace con il mondo!

    “Perdonami” risposi, “il mio intento era buono.

    Dovrei in vano tenere gli occhi aperti?

    Un volere lieto vive nel mio sangue,

    e conosco per intero il valore dei tuoi doni.

    Per altri cresce il nobile bene in me,

    non posso e non voglio seppellirlo più!

    Perché avrei cercato la via con tanto desiderio,

    se non la dovessi mostrare ai fratelli?”

    E mentre così parlavo, mi guardava

    con clemenza e con compassione;

    nel suo occhio vedevo me stesso,

    i miei errori e ciò che avevo fatto bene.

    Sorrise, ed ero sano,

    il mio spirito aspirava a nuove gioie;

    e con fervida fiducia ora potevo

    avvicinarmi a lei e vederla da vicino.

    Lei stese la mano toccando le strie leggere delle nubi

    e del profumo che erano attorno a noi;

    lo afferrò ed esso si fece catturare,

    lo tirò a se, non c’era più la nebbia.

    Il mio occhio di nuovo poteva vagare nella valle,

    guardavo il cielo che era luminoso e magnifico.

    Vedevo solo lei, e nella sua mano fluire il più puro

    velo, che in mille pieghe le si spandeva attorno.

    “Io ti conosco, conosco le tue debolezze,

    so della brace che vive dentro di te!”,

    così mi disse, la sento sempre,

    “Ricevi ora, quel che da tempo è destinato a te!

    Non mancherà mai nulla al fortunato

    che con anima quieta accetta questo dono:

    tessuto con profumo mattutino e solare chiarezza,

    il velo della poesia dalla mano della verità .

    E quando l’afa ti affligge con i tuoi compagni

    a mezzogiorno, allora lancialo nell’aria!

    E subito la freschezza di una serale brezza,

    fragranza di fiori e profumo, vi conforterà.

    Tacerà il dolere degli angusti sentimenti terrestri,

    e la tomba si muta in letto celeste.

    Addolcita sarà l’onda della vita,

    il giorno amabile, e chiara la notte.”

    Venite dunque, amici, quando sulle vostre vie

    preme la vita con peso e maggior peso,

    o quando una nuova e fresca benedizione,

    con fiori e frutti d’oro, decora il vostro tragitto.

    Andiamo insieme incontro al prossimo giorno!

    Viviamo così e camminiamo, fortunati.

    E anche dopo, quando saranno afflitti i nipoti,

    per il loro piacere dovrà durare il nostro amore.

    Freitag, 1. Januar 2010

    Wahrheit

    Der Morgen kam; es scheuchten seine Tritte
    den leisen Schlaf, der mich gelind umfing,
    dass ich, erwacht, aus meiner Hütte
    den Berg hinauf mit frischer Seele ging;
    ich freute mich bei einem jeden Schritte
    der neuen Blume, die voll Tropfen hing;
    der junge Tag erhob sich mit Entzücken,
    und alles war erquickt, mich zu erquicken.

    Und wie ich stieg, zog von dem Fluss der Wiesen
    ein Nebel sich in Streifen sacht hervor,
    er wich und wechselte, mich zu umfließen,
    und wuchs geflügelt mir ums Haupt empor.
    Des schönen Blicks sollt´ ich nicht mehr genießen,
    die Gegend deckte mir ein trüber Flor;
    bald sah ich mich von Wolken wie umgossen
    und mit mir selbst in Dämmrung eingeschlossen.

    Auf einmal schien die Sonne durchzudringen,
    im Nebel ließ sich eine Klarheit sehn.
    Hier sank er, leise sich hinabzuschwingen;
    hier teilt´ er steigend sich um Wald und Höhn.
    wie hofft´ ich ihr den ersten Gruß zu bringen!
    Sie hofft´ ich nach der Trübe doppelt schön.
    Der luftge Kampf war lange nicht vollendet,
    ein Glanz umgab mich, und ich stand geblendet.

    Bald machte mich, die Augen aufzuschlagen,
    ein innrer Trieb des Herzens wieder kühn,
    ich konnt´ es nur mit schnellen Blicken wagen,
    denn alles schien zu brennen und zu glühn.
    Da schwebte, mit den Wolken hergetragen,
    ein göttlich Weib vor meinen Augen hin,
    kein schöner Bild sah ich in meinem Leben,
    sie sah mich an und blieb verweilend schweben.

    "Kennst du mich nicht?" sprach sie mit einem Munde,
    dem aller Lieb´ und Treue Ton entfloss,
    "Erkennst du mich, die ich in manche Wunde
    des Lebens dir den reinsten Balsam goss?
    Du kennst mich wohl, an die, zu ewgem Bunde,
    dein strebend Herz sich fest und fester schloss.
    Sah ich dich nicht mit heißen Herzenstränen
    als Knabe schon nach mir dich eifrig sehnen?"

    "Ja!" rief ich aus, indem ich selig nieder
    zur Erde sank, "lang hab ich dich gefühlt:
    du gabst mir Ruh, wenn durch die jungen Glieder
    die Leidenschaft sich rastlos durchgewühlt;
    du hast mir wie mit himmlischem Gefieder
    am heißen Tag die Stirne sanft gekühlt;
    du schenktest mir der Erde beste Gaben,
    und jedes Glück will ich durch dich nur haben!

    Dich nenn ich nicht. Zwar hör ich dich von vielen
    gar oft genannt, und jeder heißt dich sein,
    ein jedes Auge glaubt auf dich zu zielen,
    fast jedem wird dein Strahl zur Pein.
    Ach, da ich irrte, hatt´ ich viel Gespielen,
    da ich dich kenne, bin ich fast allein;
    ich muss mein Glück nur mit mir selbst genießen,
    dein holdes Licht verdecken und verschließen."

    Sie lächelte, sie sprach: "Du siehst, wie klug,
    wie nötig war´s, euch wenig zu enthüllen!
    Kaum bist du sicher vor dem gröbsten Trug,
    kaum bist du Herr vom ersten Knabenwillen,
    so glaubst du dich schon Übermensch genug,
    versäumst die Pflicht des Mannes zu erfüllen!
    Wie viel bist du von andern unterschieden?
    Erkenne dich, leb mit der Welt in Frieden!"

    "Verzeih mir", rief ich aus, "ich meint´ es gut.
    Soll ich umsonst die Augen offen haben?
    Ein froher Wille lebt in meinem Blut,
    ich kenne ganz den Wert von deinen Gaben.
    Für andre wächst in mir das edle Gut,
    ich kann und will das Pfund nicht mehr vergraben!
    Warum sucht´ ich den Weg so sehnsuchtsvoll,
    wenn ich ihn nicht den Brüdern zeigen soll?"

    Und wie ich sprach, sah mich das hohe Wesen
    mit einem Blick mitleid´ger Nachsicht an;
    ich konnte mich in ihrem Auge lesen,
    was ich verfehlt und was ich recht getan.
    Sie lächelte, da war ich schon genesen,
    zu neuen Freuden stieg mein Geist heran;
    ich konnte nun mit innigem Vertrauen
    mich zu ihr nahn und ihre Nähe schauen.

    Da reckte sie die Hand aus in die Streifen
    der leichten Wolken und des Dufts umher;
    wie sie ihn fasste, ließ er sich ergreifen,
    er ließ sich ziehn, es war kein Nebel mehr.
    Mein Auge konnt´ im Tale wieder schweifen,
    gen Himmel blickt´ ich, er war hell und hehr.
    Nur sah ich sie den reinsten Schleier halten,
    er floss um sie und schwoll in tausend Falten.

    "Ich kenne dich, ich kenne deine Schwächen,
    ich weiß, was Gutes in dir lebt und glimmt!"
    So sagte sie, ich hör sie ewig sprechen,
    "Empfange hier, was ich dir lang´ bestimmt!
    Dem Glücklichen kann es an nichts gebrechen,
    der dies Geschenk mit stiller Seele nimmt:
    aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit,
    der Dichtung Schleier aus der Hand der Wahrheit.

    Und wenn es dir und deinen Freunden schwüle
    am Mittag wird, so wirf ihn in die Luft!
    Sogleich umsäuselt Abendwindes-Kühle,
    umhaucht euch Blumen-Würzgeruch und Duft.
    Es schweigt das Wehen banger Erdgefühle,
    zum Wolkenbette wandelt sich die Gruft,
    besänftiget wird jede Lebenswelle,
    der Tag wird lieblich, und die Nacht wird helle."

    So kommt denn, Freunde, wenn auf euren Wegen
    des Lebens Bürde schwer und schwerer drückt,
    wenn eure Bahn ein frischerneuter Segen
    mit Blumen ziert, mit goldnen Früchten schmückt,
    wir gehn vereint dem nächsten Tag entgegen!
    So leben wir, so wandeln wir beglückt.
    Und dann auch soll, wenn Enkel um uns trauern,
    zu ihrer Lust noch unsre Liebe dauern.