Stationen

Freitag, 30. April 2010

Walpurgis




Das Brauchtum des 1. Mais ist also ehemals ein typisch katholisches Hybrid von germanisch-heidnischem Volksglauben (und entsprechenden Sitten), der durch Recycling und Uminterpretierung ins Christentum hineingetragen wurde. Dieses bewahrende Element von Sitten war schon bei den alten Römern Jahrhunderte vor Christus als liebevolles Zurückblicken auf Abgestreiftes üblich. Zum Beispiel war der uralte Waffentanz der Salier noch in historischer Zeit üblich, obwohl keiner den archaischen formelhaften Gesang dabei überhaupt noch verstand; und dennoch wurde dieser Ritus sogar bis in die Kaiserzeit beibehalten. Und schon Romulus wurde Pontifex (Brückenbauer) genannt. Die frevelnde Walpurgisnacht war also ein Überschwappen ins Unzulässige: das heimliche Aufbegehren gegen die fremdbestimmte dominierende Kultur, die eben bei der Uminterpretierung gewisse Elemente als unzulässig verdammen musste.

Bei den Lutheranern hingegen die harte Abkehr von diesem altrömischen Usus, der den Kompromiss liebt (und das Risiko, sich zu kompromittieren eingeht), und eine strenge Fokalisierung hebräischer Bildlosigkeit. Nur der Weihnachtsbaum mit seinen Sternen, Kerzen und Engelchen ist auch bei den Lutheranern ein Hybrid germanisch-keltischen Brauchtums und christlicher Symbole. Die Ostereier - heidnische Symbole des Jahresbeginns, der einst im Frühling lag - rollen nur mit.

Bemerkenswert ist, wie sich beim Nationalsozialismus die drei Elemente - lutherische Strenge und Bildlosigkeit  als Einstimmung, katholischer Zeremonialstil als Stimmungsbild und germanische Bräuche als Stimmungsmacher - alle drei gleichzeitig durch Überbetonung auffächern und implizit zu einem Kraft-durch-Freude-Programm als Erlebnis wieder zusammenfügen und prächtig ergänzten. Das war es wohl, was Carl Gustav Jung als Wiederkehr der deutschen Seele zunächst begrüßte.

Donnerstag, 29. April 2010

Die Kunst des Vergessens

http://storyarchitekt.blogspot.com/2010/04/vom-kulturwert-des-verstehens.html

Nietzsche hat vollkommen recht. Kultur taucht nur alle 2000 Jahre auf. Bisher zwei mal. Alles andere ist vor allem ein (verzehrendes) Zehren von diesen außergewöhnlichen Momenten.

http://de.wikisource.org/wiki/Über_das_Marionettentheater

Marionettentheater 1943

http://www.zenbuddhismus.de/

Vergessen sollte man lieber nicht, dass zum Beispiel Emil Cioran auf Grund genau des von Kunze zitierten Gedankens Nietzsches von der Vitalität Nazideutschlands begeistert war.

Mittwoch, 28. April 2010

Gute Familie

„Wir sind so erzogen worden, dass man für das, was man für richtig hält, zur Not auch sterben können muss. Das schafft fast einen Zwang zur Unabhängigkeit.“ Enoch zu Guttenberg

 

Gegengewichte

http://www.faz.net/s/Rub4521147CD87A4D9390DA8578416FA2EC/Doc~E9F615D307511420B92C5C06B0B3AA308~ATpl~Ecommon~Scontent.html

http://www.schoenborn.de/haus_heute.html

http://www.vatican.va/

Gut ist es, eine solide, dauerhafte Demokratie zu haben, besser ist es, zusätzlich auch noch Gegengewichte zu haben. Monokulturen sind immer eine heikle Sache.

Riemenschneider (oder einer seiner Schüler)



Diese Kreuzigungsgruppe ist eine exakte Nachbildung der Auber Riemenschneidergruppe und befindet sich an einem Häusergiebel in Gaukönigshofen.

Dienstag, 27. April 2010

Grenzüberschreitung

(draufklicken)

Als ich Josef Ratzinger Anfang der 80-er Jahre zum ersten Mal im TV sah, wusste ich überhaupt nichts von ihm, und mir war seine Physiognomie unangenehm, die mich an den von Riemenschneider gefertigten Epitaphaltar für Rudolph II von Scherenberg erinnerte. Und zwar weil sie mir zwischen missgünstiger Gezwungenheit, dogmatisch langweiliger Frömmigkeit und süddeutscher Scheinheiligkeit zu changieren schien. Mein erster Gedanke war damals tatsächlich, das könnte ein verkappter Nazi sein, obwohl ich damals noch gar nicht wusste, dass Marktl am Inn ganze 17 Kilometer stromaufwärts von Braunau am Inn liegt. Es gibt tatsächlich gewisse Überschneidungen, was Hitlers und Ratzingers Background angeht. Marktl und Braunau liegen beide in einem Grenzgebiet; eine Staatsgrenze trennt zwei landschaftlich, sprachlich und kulturell sehr ähnliche Landstriche.

In der Zwischenzeit hat "die argwöhnische Vorsicht gegenüber sich selbst", die an Paulus, Augustinus, Luther und Ratzinger beobachtet werden kann, und - gerade im Hinblick auf Hitler - schon immer meine Skepsis gegenüber dem Ideal der Selbstverwirklichung geweckt hatte, mich noch nachsichtiger gegenüber den oft unzulänglichen Versuchen, einer guten Absicht pragmatische Maßnahmen folgen zu lassen, gemacht. Wenn ich heute Scherenberg ansehe, spricht mich das Milde seiner Züge stärker an als damals, als meine jugendliche Schärfe mehr das Dubiose witterte. Riemenschneider gelang es, den Facettenreichtum einer Physiognomie in Adneter Marmor zu graben. In Ratzinger hatte ich mich geirrt.

Aenus

http://de.wikipedia.org/wiki/Huchen

Montag, 26. April 2010

D wie Dawkins

http://www.radiovaticana.org/TED/Articolo.asp?c=370581

http://www.schoenborn.de/haus_heute.html

http://idlespeculations-terryprest.blogspot.com/2010/04/is-holy-see-above-law-times-online.html

Wenn man daran gewöhnt ist, sich sowohl Schönborn wie Dawkins nahe zu fühlen, ist man jetzt plötzlich unangenehm berührt. Entweder, weil Schönborn seinen früheren Lehrer (Ratzinger) verteidigt, oder weil Dawkins so ungehalten ist. Richard Dawkins schreibt wunderbare Bücher  über die Biologie und ist normalerweise auch eins der angenehmsten Beispiele für atheistische Militanz. Sein jetziger fanatischer Eifer kommt für mich völlig unerwartet. Aber wer A sagt, muss meistens auch B sagen; oder seine Meinung ändern (und dadurch einen großen Teil der Anhängerschaft, - evt. Freunde und Angehörige, ganz zu schweigen vom eigenen Stolz - enttäuschen).

Dass er sich in die Riemen stemmt, um den Papst verhaften zu lassen, ist dabei gar nicht mal das Unangenehme; er scheint mir in dieser Hinsicht eigentlich sehr fair zu spielen. Aber dass er Seite an Seite mit einem durchgeknallten Typ wie Christopher Hitchens am Strang zieht... Schade.

http://www.slate.com/id/2247861/?from=rss

Šarka

http://de.wikipedia.org/wiki/Šárka






Der Prager Autor Max Brod verfasste in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten deutsche Übertragungen für fünf Opern von Janáček und verhalf ihm damit zum Durchbruch auf den internationalen Opernbühnen. Denn Aufführungen auf Tschechisch waren damals außerhalb von Tschechien undenkbar und selbst in Prag keineswegs selbstverständlich. Brod hatte die schwierige Aufgabe zu meistern, seinen Text in Einklang zu bringen mit einer Musik, die ganz auf der Sprachmelodie des Tschechischen basierte. Das ging nicht ohne Zugeständnisse des Komponisten ab, so dass z. B. die „deutsche“ Jenufa nicht notengetreu mit der tschechischen übereinstimmt. Zudem trug Brod durch zahlreiche Veröffentlichungen und eine erste Biografie zum allmählich einsetzenden Ruhm Janáčeks bei.
Janáček sammelte jahrelang Volkslieder seiner Heimat und beobachtete die Sprache seiner Landsleute genauso wie die Laute der Natur. Diese Studien flossen in seine Kompositionen ein, und die so genannte „Sprachmelodie“ prägte seinen Stil, nicht nur in den Vokalwerken. Er entwickelte eine Theorie der Sprechmelodie. Auf diese Weise wurde Janáček fernab von den Hauptströmungen der europäischen Musik seiner Zeit zu einem der großen Neuerer des 20. Jahrhunderts und zu einem der bedeutendsten Opernkomponisten überhaupt.

Sonntag, 25. April 2010

25. April

Heute ist der 25. April, in Italien der Nationalfeiertag, so tief empfunden, wie bei uns einst der 17. Juni, dessen Abschaffung ich ebenso tief bedaure. Bei der Beurteilung solcher geschichtlicher Wegmarken besteht die Schwierigkeit oft darin, dass tief empfundene Gefühle an der Sichtung der Tatsachen zerren und einer gerechten Gesamtschau bei der Sicht der Dinge entgegenwirken können. Überraschenderweise habe ich aber festgestellt, dass man gerade dann am besten vorankommt, wenn man die Stimme des Herzens ernst nimmt, ihr aufmerksam bei sehr unterschiedlichen Umständen und Sachverhalten lauscht und konsequent mit ihr Ernst macht. Wahrhaftigkeit ist am Ende nichts anderes als kompromisslose Aufmerksamkeit gegenüber dieser inneren Stimme des Gewissens.

Der 25. April war der Tag, an dem in Italien der Krieg zu Ende war, und er wird seitdem ausdrücklich als Befreiung vom Nazi-Faschismus gefeiert. Das geschieht immer noch auf so rethorische Weise, dass eine liberale (auf den Liberalismus und die parlamentarische Demokratie westlicher Prägung eingeschworene) einstige Ministerin Berlusconis vor drei Jahren ausgebuht wurde, weil sie mit ihrem Vater an der zeremoniellen, alljährlichen Demonstration teilnehmen wollte; und das, obwohl ihr Vater während des Faschismus als Oppositioneller im Gefängnis saß. Es handelt sich um die jetzige Bürgermeisterin von Mailand.

Man kann diesen ideologischen Ingrimm nur begreifen, wenn man sich veranschaulicht, dass in diesem Land die Kommunistische Partei jahrzehntelang eine ganz gewöhnliche Bürgerpartei war. Diejenigen, wie der derzeitige hochangesehene Präsident der Republik Napolitano, die einst für die KPI im Parlament saßen und heute immer noch in anderen Parteien sitzen, waren trotz ihrer eleganten, von Armani geschneiderten Anzüge nie das, was wir in Deutschland unter einem Salonkommunisten verstehen. Sie waren erst recht keine Schickeriasnobs, sondern ganz normale Repräsentanten einer der großen bürgerlichen (Gramsci lehrte nicht, wie Marx, die bürgerliche Kultur zu bekämpfen, sondern sie sich anzueignen, sie gewissermaßen zu enteignen) Volksparteien, die noch in den 80-er Jahren, als ich hier meine erste Zeit verbrachte, in jeder Gesellschaftsschicht jeder fünfte Wähler wählte, in Regionen wie Umbrien und Toskana sogar jeder dritte. Kurz gesagt: so wie in Deutschland CDU oder SPD gewählt wurde, wurde in der Toskana KPI gewählt, und zwar von Bauern, Bäckern, Winzern und Postboten, und nicht nur von "Studenten", "Intellektuellen", Fabrikarbeitern oder alternativen Spinnern. Und das sitzt so tief, dass auch heute hier in Florenz in den meisten Kreisen noch gegenüber Amerika und dem Liberalismus prinzipiell eine Haltung vorherrscht, wie sie in Deutschland nur bei Gysi, Lafontaine und Wagenknecht zu finden ist.


Entsprechend rhetorisch wird der 25. April hier in der Toskana gefeiert. Mit Delegationen der Resistenza, also der damaligen Volksguerilla, die in den Geschichtsbüchern "Partisanen" genannt wird, die es einerseits auch tatsächlich gegeben hat (und auch teils heldenhafte Teilnehmer hatte) und die von der Bevölkerung in vielen Dörfern des Apennin auch tatsächlich unterstützt wurde (weshalb es unter ausdrücklicher Duldung und Ermutigung Kesselrings zu Massakern durch die SS kam, bei der die Dorfbewohner, also Männer, Frauen, Kinder und Greise, alles, was in einem 1-2 tausend-Einwohnerort so lebt, im Kirchhof zusammengetrieben wurden und mit Maschinengewehren umgemäht wurden, weil niemand im Dorf an den Partisanen Verrat begehen wollte. "Buffalo Soldiers '44 - Das Wunder von St. Anna" von Spike Lee ist ein sehr guter Film darüber. Anlässlich seiner Erstaufführung gab es zum ersten Mal seit Ende des 2. Weltkriegs eine Polemik gegen die Resistenza seitens der Verwandten derer, die damals von der SS umgebracht wurden, eine Polemik, die in dem Vorwurf gipfelte, die Partisanen hätten der Bevölkerung in den Dörfern des Apennin weisgemacht, es bestehe keinerlei Gefahr für sie und es sei ihre Pflicht, sich am Kampf gegen den "fremden Invasor" (gemeint ist Nazideutschland, das gerade eben noch seit 20 Jahren Hauptverbündeter gewesen war und ab dem 8. September 43 verraten und sich selbst überlassen wurde) zu beteiligen: eine klassische Vermischung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten, die zwangsläufig zu grausamsten Massakern führt, weil sie dazu führen muss; weshalb diese Vermischung (die Mao Zedong theoretisierte) jeder Kriegsethik zuwiderläuft.

Die Partisanen wurden damals von einer "Nationalen Befreiungsfront" geführt, deren Führer einem Spektrum von Parteien angehörten, die mehrheitlich zwar die Demokratie wollten, wobei aber andererseits nun mal die damals noch sehr moskaufreundliche KPI deutlich das Heft in logistischer Hinsicht in der Hand hatte, und auf Grund dessen geschah etwas, das ebenfalls nicht geleugnet werden darf: es kam auch nach Kriegsende noch durch Teile dieser "Resistenza" zu üblen Übergriffen auf die italienische Zivilbevölkerung in Ortschaften, die sich zuvor durch besondere Verbundenheit mit Mussolini hervorgetan hatten. Diese Tatsache wird auch heute noch von den Veteranenverbänden der Resistenza weggeredet oder kleingeredet. Hinzu kommt etwas, das bis zum heutigen Tage nicht einmal kritisch erwähnt wird. Nämlich die nicht zu übersehende (jedenfalls für mich) Tatsache, dass sich die Resistenza erst 1943 formierte, also erst zu einem Zeitpunkt, als Italien sich vom einstigen Bündnispartner abgewandt hatte (und es galt, rechtzeitig auf den Wagen der angelsächsischen Sieger aufzuspringen). Ihr Widerstand hatte sich also gegenüber Mussolinis Faschismus zuvor nie geregt, obwohl es diesen seit 20 Jahren gab, und er wurde nur durch den Tatbestand wachgerufen, durch den man in Deutschland plötzlich einen ausländischen Belagerer sah. Und dieser Tatbestand war eine Folge der Tatsache, dass Mussolini vom König von Italien seines Amts enthoben wurde (oder Mussolini sich von ihm seines Amts entheben ließ, wie der eine oder andere Historiker augenzwinkernd anklingen lässt) und in einem Staatsgefängnis auf dem Gran Sasso festgehalten wurde, wo er dann auf Hitlers Befehl hin "befreit" wurde, um in Norditalien nochmal einer "Marionettenregierung" vorzustehen. Der erst später zum Kommunismus "übergetretene" Dario Fo kämpfte damals übrigens als junger Bursche auf Seiten dieser faschistischen Repubblica Sociale Italiana. Im Gegensatz zu Günter Grass hat er daraus kein Geheimnis gemacht (Irren ist schließlich menschlich).


Die nur zwei Jahre dauernde "Resistenza" galt also gar nicht in erster Linie dem 20 Jahre dauernden Faschismus, sondern ausländischer Fremdbestimmung. Wahrscheinlich hätte es auch in Polen niemals Solidarność gegeben, wenn dort der Kommunismus nicht als russische Fremdbestimmung empfunden worden wäre. Die Menschen sind anscheinend so. Die Rhetorik, mit der am 25. April der Heroismus der Resistenza gefeiert wird, ist insofern jedenfalls leider immer noch in beträchtlichem Maße verlogene Heuchelei. Da wird es einen nicht wundern, dass ich 1981 einmal, als ich an einem sonnigen Tag bei einem Waldspaziergang plötzlich vor einem Denkmal stand, das die Resistenza auf die übliche Weise verherrlichte, einen unwiderstehlichen Drang verspürte, Wasser zu lassen.

Anscheinend eine pietätslose Geste. Aber nur auf den ersten Blick. Denn sie galt ja nicht den Mitgliedern der Resistenza, die damals mutig aus Liebe für ihr Land ihr Leben wagten und schon gar nicht der armen Bevölkerung in den Gebirgsdörfern des toskanisch-emilianischen Apennin, die damals auf grausamste Weise von der SS drangsaliert wurde. Mein Widerwille gilt ja nur der ideologischen Verklärung und der unwahrhaftigen Verherrlichung, und er richtet sich im selben Maße gegen die verlogene Verharmlosung, mit der die damaligen Praktiken der SS als situationsbedingte Notwendigkeit auch heute noch gerne unter den Teppich gekehrt werden und Kesselring als vorbildlicher Soldat reingewaschen werden soll.

"Der Soldat ist in unserer Zeit dem Verbrecher ähnlich geworden", sagte Ernst Jünger, der das Heer liebte, bitter.

Die Wahrheit ist banal und einfach, und ihr schönes Licht fällt nun mal leider nicht immer auf schöne Dinge. Die Generäle der Alliierten waren auch nicht immer stubenrein, wie man an der Bombardierung Dresdens oder Tokios sehen kann. Wenn man will, kann man deshalb in Kesselrings Haftentlassung sogar so etwas wie eine Art "kollegialer Fairness" sehen, denn die Engländer bezeugten, er habe immer "hart aber fair" gekämpft (was dort wo deutsche und englische Truppen aufeinanderstießen wohl auch stimmte; schließlich sind die Engländer in den Augen eines in Kategorien biogenetischer rassischer Verwandtschaft denkenden Menschen, wie Kesselring einer war, sozusagen Nachkommen der Cousins von Heinrich dem Löwen, von seinen Vasallen und seiner Gefolgschaft).


Der Makel der SS-Massaker bleibt dennoch ein besonderer. Es gibt schließlich von Seiten der Alliierten keine ihnen vergleichbare Repressalien. Das könnte allerdings ganz andere Gründe haben, die in der Natur der Sache liegen, im weitesten Sinne "logistische" Gründe. Denn auch im damaligen symmetrischen Krieg war ja nicht alles symmetrisch. Was könnte man in Deutschland als Widerstand der Bevölkerung gegenüber dem Besetzer nennen? Nichts. Denn vor der Kapitulation gab es ja keinen Besetzer auf deutschem Boden. Es gab nur eine Bevölkerung, die bereitwillig halbe Kinder als Flakhelfer zur Verfügung stellte. Ergo gab es auch keine Massaker in deutschen Dörfern, denn wessen Solidarität mit wem hätten solche Massaker brechen können? Man kann auf diese Weise niemanden zur Desertion veranlassen, im Gegenteil. Während Kesselrings lange Leine durchaus einen Keil zwischen die Partisanen treiben konnte, die die Bevölkerung damals beschwichtigten, es könne ihr nichts passieren. Als Spike Lees Film hier in die Kinos kam, flackerte kurz Unmut über die damaligen Beschwichtigungen auf.

(Die regelwidrigen Übergriffe russischer Soldaten - und vor allem die der französischen Kolonialtruppen - stehen auf einem anderen Blatt. Inwieweit es außerhalb der Konzentrationslager von deutscher Seite auch zu entsprechenden Übergriffen kam, oder nicht zu ihnen kam, ist eine interessante Frage. Auffallend ist, dass nicht nur in den deutschen Medien bisher nie von Vergewaltigungen durch reguläre deutsche Truppen die Rede war. Ebenso auffallend ist auch, dass es für die Geschichten deutscher Deserteure, die bei der russischen Bevölkerung Aufnahme fanden, keine Entsprechung zu geben scheint. Welcher alliierte Deserteur wurde je in der Scheune eines deutschen Bauernhofs versteckt?)

Die Verantwortlichkeit für die Massaker, mit denen die Bevölkerung davon abgebracht werden sollte, die Partisanen zu unterstützen, wurde am Ende auf die SS abgewälzt, weil kein schriftlicher Befehl Kesselrings dafür gefunden werden konnte. Die Aussage der wehrmachtsinternen Zeugen, Kesselring sei über die Praktiken der ihm damals unterstehenden SS nicht nur im Bilde gewesen, sondern er habe sie ab einem gewissen Zeitpunkt ausdrücklich als notwendige Sondermaßnahme gebilligt, reichte den Richtern nicht für eine Verurteilung. Dass in Italien aber gerade besonders ehrliche Persönlichkeiten hierüber auch heute noch empört sind, ist glaube ich verständlich, gerechtfertigt und unvermeidlich. Verständlich ist aber auch der damalige Groll deutscher Soldaten. Mussolini hatte immer laviert und am Ende verstand der deutsche Landser vor allem eins: Italien hatte als Bündnispartner gekniffen. Und einfach zu desertieren war für einen deutschen Soldaten, der sich gezwungen sah, seinem eigenen Gewissen zuwider zu handeln, auch kurz vor dem Ende des Kriegs keine vielversprechende Perspektive. Danach ist man angeblich immer schlauer, aber solange das Ende nicht da ist, ist es eben noch nicht da. Und die einzige Gewissheit, die der Mensch hat, ist immer nur seine Gegenwart.

Angesichts der Tatsache, dass Henning von Treskow zwei mal sein Leben wagte, um Hitler eigenhändig um die Ecke zu bringen, schäme ich mich als Deutscher, der in Italien lebt, für den albernen Streit um des Kaisers Bart, den diejenigen führen, die sich darauf versteifen, es liege kein schriftlicher Befehl Kesselrings vor. Das mag für einen Freispruch ausreichen ("in dubio pro reo"), für eine geschichtliche Rehabilitierung reicht es eben nicht, und die juristische Ebene kommt nun mal leider oft nicht mit der historischen zur Deckung; mit dieser Tatsache muss die Menschheit leben. Übrigens wurde auch für den Massenmord in den Vernichtungslagern trotz deutscher Gründlichkeit bei Buchhaltung und Bewahrung geheimer Dokumente kein ausdrücklicher Führerbefehl in schriftlicher Form gefunden. Es gab ihn höchstwahrscheinlich nicht. Wer keck auf diesen Umstand pocht, um aus Hitler einen Heiligen zu machen, dessen Händen die Kontrolle "des Ganzen" entglitten sei, wälzt dessen Verantwortlichkeit auf die Sektoren der Ausführenden ab, so als handele es sich da um eine Meute, die ihr Tun auf eigene Faust entfesselt habe (und sich dabei auch noch über die Vereidigung auf Hitler hinweggesetzt habe), um Prokonsuln ohne Weisung, für die Hitlers strenger Arm zu kurz war. Gottseidank nimmt diese Stimmen fast niemand ernst. Wer sie aber ernst nimmt, schadet damit dem Ruf von uns Deutschen noch mehr als Goldhagen - der uns den Stempel "willige Vollstrecker" als spezifisch deutsches Prädikat aufdrücken möchte - insofern durch Hitlers Unschuld die Schuld auf direktem Weg dezentralisiert würde und auch noch mit dem Sauerstoff der Eigeninitiative belebt würde.

Dass damals an gewissen Orten tatsächlich ein Klima für willige Vollstreckung herrschte, muss man wohl zur Kenntnis nehmen. Ich versuche daraus eine Lehre über die Spezies Mensch zu ziehen. Es genügt mir nicht, über das damalige Deutschland zu schlussfolgern.

Um es mit den Worten von Eraldo Affinati zu sagen: "scoprire notizie sulla specie cui appartengo".


Man kann geschichtliche Begebenheiten eigentlich nur dann beurteilen, wenn man Menschen begegnet ist, die selber dabei waren, und zu denen man eine verwandtschaftliche oder freundschaftliche Beziehung hat. Am meisten half mir in dieser Hinsicht die Begegnung mit C. A., dem ehemaligen Butler einer der alten florentinischen Familien. Zwei Jahre jünger als meine eigene Mutter, hatten ihm die Amerikaner eine Schwester erschossen und die Deutschen die eigene Mutter. Ohne eine Spur antideutschen Grolls erzählte mir dieser alte Mann, in stundenlangen Gesprächen subtile Details des damaligen Geschehens mit großer Unbefangenheit und Wahrhaftigkeit. Er sagte immer "Die Schuld stirbt jung, weil sie keiner haben will.", und dieser Mann hatte ein hervorragendes Gedächtnis (er wusste sogar noch, was ein Kilo Brot, ein Liter Wein, ein Liter Milch, eine Monatsmiete kosteten und was wer damals in etwa verdiente; also er konnte einem präzise Anhaltspunkte für Kaufkraftvergleiche geben, statt der unwissenschaftlichen Umrechnungen von Sesterzen in Euro, die von der Historikerbörse so gern veröffentlicht werden). Am interessantesten war seine Erzählung von der Heimreise aus Russland, die er teils zu Fuß, teils per Anhalter bewältigte und dabei überall in Russland herzliche Aufnahme fand. Die Menschen, die ihn aufnahmen, taten dies in der Hoffnung, ihre vom Krieg in die Fremde verschlagenen Söhne würden dort ebenso Aufnahme genießen. C. sagte, nur eins sei manchmal unangenehm gewesen: beim Anstoßen habe ihm manchmal jemand den Boden des eigenen Glases auf den Glasrand gesetzt, was wahrscheinlich eine Geste gewesen sei, durch die Feindseligkeit zum Ausdruck kam; aber sowas sei in dieser Situation natürlich verständlich.

Und Vati, was erzählte er zum Thema Krieg in Italien?
Nun, er erzählte vor allem fast überhaupt nichts, dies festzuhalten ist erst mal das Wichtigste.

http://persciun.blogspot.com/2010/02/das-zugedeckte-pferd.html

Einmal erzählte er mir, das Kloster von Monte Cassino (eins der bedeutendsten Klöster der europäischen Geschichte) sei von den Alliierten bombardiert worden. Ich wusste lange nicht, was ich davon halten sollte und muss zu Vatis Ehre hervorheben, dass seine Behauptung der Wahrheit entsprach. Es stimmt auch, dass die Deutschen diesen Ort aus Rücksicht für seine Bedeutung absichtlich nicht zum Hauptquartier gemacht hatten und sich nur in dessen Nähe ringsum gelagert hatten. In den Räumen des Klosters hatten sie nur wichtige Dokumente gehortet, von denen übrigens kein Mensch weiß, wo sie bei Kriegsende gelandet sind. Das Schändliche an dieser Geschichte ist, dass ich im italienischen Fernsehen in den 80-ern mehrmals hörte, Monte Cassino sei von den Deutschen bombardiert worden. Noch schändlicher ist, dass es noch vor zehn Jahren sogar italienische Schulbücher gab, in denen behauptet wurde, die von Tito umgebrachte italienische Bevölkerung Istriens sei von den Deutschen umgebracht worden. Die Alliierten haben also Monte Cassino tatsächlich bombardiert. Aber nicht, weil ihnen "nichts heilig" war, sondern weil sie irrtümlicherweise glaubten, das deutsche Hauptquartier befände sich im Kloster.

Wenn wir aus R. kommend manchmal von C. über S. zurück nach A. fuhren, kamen wir durch einen Kiefernwald, der von meiner Schwester mit frivol albernd quiekendem Tonfall immer geheimnistuerisch als Partisanengebiet bezeichnet wurde. Vielleicht hatte Vati einst mal eine Geschichte aus Italien erzählt, weil dieser Kiefernwald tatsächlich ein bisschen an italienische Pinienwälder erinnert und sich für schauerliche Erinnerungsfantasien eignete. Jedenfalls hörte ich damals das Wort Partisanen zum ersten Mal. Als ich irgendwann mal fragte, was Partisanen seien, als ich mit Vati und Mutti wieder mal durchs "Partisanengebiet" fuhr, machte Vati sein Schwer-zu-erklären-Gesicht und Mutti sagte "Na, so Räuber".

Insgesamt war es für Vati wahrscheinlich ein Glück, dass er nach Italien abkommandiert wurde. Italien war ein Nebenschauplatz dieses enormen Kriegs. Es muss wohl 1942 gewesen sein, dass er nach seiner Rekonvaleszenz - er war auf dem Russlandfeldzug im Winter 41/42 an Lungenentzündung erkrankt - nach Italien kam, denn er war ja in Terni, etwa 120 Km nördlich Roms, 1942 saßen die Alliierten noch südlich der Linie Gustav fest, die Italien etwa 200 Km südlich von Rom in Norden und Süden aufteilte. 1943 kann Vati sich nicht mehr in Terni aufgehalten haben, weil die Deutschen sich inzwischen bis zur sogenannten Gotenlinie, viel weiter nördlich - den tosco-emilianischen Apennin vom thyrrenischen Meer bis zur Adria durchziehend - zurückgezogen hatten. Natürlich war es ein weiteres Glück, dass sein Antrag, an die Front zu kommen, nicht angenommen wurde, denn ab 1943 verlor Deutschland ständig Terrain. An welchen Orten er sich ab 1943 aber genau aufhielt, hat er mir gegenüber nie erwähnt.

Viel schlimmer war die Zeit vor 1942. Da war Deutschland zwar noch siegreich im Vormarsch und auf dem Höhepunkt seiner Macht. Aber Vati war in der Ukraine und für kurze Zeit auch in Russland. Jedenfalls bekam er Lungenentzündung und durfte deshalb heim nach Berlin. Dort blieb er als Rekonvaleszent auch noch einige Monate. Auf Grund von Lehrkräftemangel nahm er in dieser Zeit manchmal Prüfungen ab. Während dieser Zeit wurde meine Schwester gezeugt. Mein Bruder war damals 3 Jahre alt. Ob er Erinnerungen an damals hat? Ich weiß es nicht. Ich habe ihn mal gebeten mir zu erzählen. Da fing er an, mir FAZ-Artikel, Sternhefte und ZDF-Dokumentationen zu schicken. Er, der sich immer nur lustig gemacht hatte über meine Versuche, wenigstens durch Lektüre etwas über die Zeiten zu erfahren, die er als Kind, Jugendlicher und Erwachsener erlebt hatte, ohne je davon zu erzählen, speiste mich nun von sich aus mit Lektüre ab, als ich ihn bat mir zu erzählen. Ich wollte aber die Eindrücke meines Bruders hören. Es ist nicht zu fassen. Aber dies ist eine andere Geschichte.

In der Ukraine, erzählte Vati, seien dem deutschen Heer von der Bevölkerung Triumphbögen aus Ästen und Baumwerk gebaut worden, und sie seien als Befreier vom russischen Joch gefeiert worden. Das glaubte ich sofort, nie habe ich daran gezweifelt. Später erfuhr ich außerdem, dass sich die Ukrainer besonders bei der Beseitigung der Juden hervortaten. Erst vor wenigen Jahren erfuhr ich, dass in der Ukraine eineinhalb Millionen Juden durch systhematisches Erschießen getötet wurden. Diese - frühe - Phase des Massenmordes ist das größte Rätsel dieser unfassbaren Geschichte. Die spätere industrieartige Organisation entstand ja, weil beim kaltblütigen Erschießen eben doch zuviele der damit Beauftragten durchdrehten. Dennoch wurden sage und schreibe eineinhalb Millionen Menschen allein in der Ukraine auf diese Weise beseitigt. Und dies geschah hinter der Linie, denn die Einsatzgruppen dieser SS-Sonderkommandos operierten hinter der Linie.

Wenn ich als Kind mit Freunden Cowboy und Indianer spielte, reagierte Vati immer auf eine Weise, die mir rätselhaft war, und die ich nur als liebevolle, panische Besorgnis umschreiben kann. Er verbot mir jedes Mal auf Menschen zu zielen, obwohl wir Kinder nur Stöcke in der Hand hielten, die wir wie ein Gewehr in Anschlag nahmen, so wie wir es im Fernsehen in Cowboyfilmen gesehen hatten, und dabei "Pchchch, pchchch" zischten. Es war mir richtig peinlich, wenn Vati mir vor den Freunden einschärfte "Nicht auf Menschen zielen." Diese rätselhaft übertrieben besorgte Reaktion Vatis war eine Konstante meiner Kindheit. Ich durfte ja auch Western, selbst harmloseste Western wie Bonanza, nur ausnahmsweise sehen, manchmal nur, weil meine älteste Nichte auch Bonanza sehen wollte (und immer mit der Angst, es könnte gerade dann doch noch eine Schießerei anfangen, wenn Vati ins Wohnzimmer kam). Außer dieser fast phobisch wirkenden Reaktion hatte ich nie einen einzigen Anhaltspunkt dafür, dass Vati deshalb so reagierte, weil er hinter der Linie etwas Grauenhaftes gesehen haben musste.

Erst nachdem ich vor Jahren bei Mutti beobachten musste, wie jemand innerhalb weniger Wochen das eigene niederträchtige Handeln völlig vergessen kann (wobei Mutti ausgerechnet noch aus ihren Erinnerungen die Geschichte von einer Ukrainerin hervorzauberte, von der mein Vater, der sie am Bahnhof abholen ging, gesagt hatte "Wenn sie nicht deutsch spricht, binde ich ihr einen Strick um den Hals"), und vor ein paar Jahren erfuhr, was sich in der Ukraine abspielte, wurde ich nachdenklich und gestand mir ein, dass Vati damals in der Ukraine am Rande des Geschehens vielleicht doch Dinge erlebt haben könnte, die er später völlig verdrängte.

Wenn die Rede von irgendjemand anderem wäre, sähe ich hierin eine völlig plausible Schlussfolgerung. Wenn aber vom eigenen Vater die Rede ist, will man selbst so etwas unschuldig Menschliches nicht wahrhaben, wie es das Verdrängen unerträglicher Erinnerungen ist. Man will selber nicht wahr haben, dass der eigene Vater etwas viel Schlimmeres nicht wahrhaben wollte! Aber zu Vatis Harmoniebedürfnis, zu seiner zarten Verletzlichkeit und zu seinen Heile Welt Vorstellungen passt eigentlich genau dies. Auch zum völligen Fehlen lebendiger Beschreibung aus der Kriegszeit passt es. Und zu seinem liebevoll insistierenden "Nich auf Menschen zielen!" auch. Eine meiner frühesten Erinnerungen - ich war damals vier Jahre alt - ist, wie er mit wundervoll milder Stimme in seiner hellgrauen Arbeitslatzhose im Arbeitszimmer sitzend sagte, "und dann war der Friede da." Vor meinen Augen entstand dabei jedes Mal das Bild einer sommerlichen Wiese mit hohem Gras und Bienengesumme, so wie der Blick auf die Wiese, die man auf der Straße sah, die zur G-brücke führt, wenn man in Richtung des Storchebrünnles schaute. Jahrzehntelang sah ich diese Wiese sofort vor mir, wenn ich das Wort "Friede" hörte.

Heinrich Schütz - Bayrisch-Thüringische Ausgabe des evangelischen Kirchengesangbuchs

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Samstag, 24. April 2010

Gustave Doré

Freitag, 23. April 2010

Horeb - Wie bekämpft man Sand?

Radio Horeb heißt ein katholischer Radiosender in Deutschland. Ein toller Name! Horeb heißt "Dürre". Am Berg Horeb schlug Moses an den Fels, und es sprudelte Wasser hervor. Auf dem Gipfel des Bergs Horeb empfing er die Zehn Gebote (ob Horeb von Anfang an mit Sinai identisch war oder eine Umbenennung erfolgte, ist unbekannt).

Ausgerechnet in der Würzburger "Tagespost" steht ein guter Artikel zu Afghanistan. Gysi würde sich freuen.

http://www.die-tagespost.de/2008/index.php?option=com_content&task=view&id=100057122&Itemid=1

Es besteht aber kein Grund zur Freude in einer Situation, in der die Sabotage-Guerrilla gegenüber einer Armee denselben Vorteil hat, den Sand gegenüber einem Getriebe hat.

Die Frage ist, wie bekämpft man am besten Sand, wenn man ein Getriebe ist.


Über diese Frage müssen unsere Militärstrategen, Waffenentwickler, Militärjuristen und Geheimdienste nachdenken. Wir brauchen flexible Module, die Sabotageorganisationen ins Chaos stürzen können. Die Römer schafften es, in Seeschlachten zu gewinnen, weil es ihnen gelang, sie in eine Art Landschlachten zu verwandeln. Man kann Sabotageguerilla aber nicht einfach kopieren, in eine Falle locken oder überrollen, auch konventionelle polizeiliche Arbeit reicht nicht, und Abschirmung des Getriebes durch totale Überwachung könnte zu einem Heilmittel werden, dass schlimmer als die Krankheit ist. Mann muss ganz neue Antworten finden in einer Situation der Asymmetrie. Man muss von den Sandmännern lernen, wie Scipio Africanus von Hannibal lernte.


Gysis Defätismus ist jedenfalls keine Lösung. Aber wenn ich Geld verwetten müsste bei der Frage, wer am Ende recht behalten wird, würde ich bisher mein Geld leider auf Gysi setzen.

Ratzinger und der Buddhismus

Ratzinger hat einmal gesagt, "der Buddhismus ist eine Form der spirituellen Selbstbefriedigung". Das ist sehr polemisch, aber auch sehr treffend, zumindest, was die westlichen Buddhisten angeht. Der Buddhismus ist eine ideale Religion für Einzelgänger, wie sie der familienfeindliche Individualismus Nordamerikas und Nordeuropas hervorbringt. Gerade kluge oder auch nur sehr intelligente Einzelgänger können dem Buddhismus sehr viel abgewinnen. Das ging schon Schopenhauer so. Aber ein kluger Familienvater fühlt sich nicht gleichermaßen veranlasst, seine Kinder buddhistisch zu erziehen.

"Wie gerne wär ich mitgewallt!
Ihr Pfarr' wollt mich nicht haben.
So muß ich seitwärts durch den Wald
Als räudig Schäflein traben.
Valleri, vallera, valleri, vallera,
Als räudig Schäflein traben."


Im deutschen Fernsehen sagte mal jemand, der zum Buddhismus übergetreten war, die christliche Religion und der Buddhismus forderten beide Keuschheit, aber der Buddhismus habe den Vorteil, dass er eine Doktrin sei, die auch eine Methodik lehre, wie man am besten zu Keuschheit gelangt. Das ist auch sehr treffend, und besonders die katholische Kirche müsste sich eigentlich dafür interessieren. Die Mönche von San Miniato in Florenz organisieren auch immer wieder mal Begegnungen mit buddhistischen Mönchen.

Aber auch bei der katholischen Kirche gibt es anscheinend eine Methodik, die bei der Priesterausbildung zur Anwendung kommt. Ein Neuropsychiater in Sizilien erklärte mir einmal das Problem von Priestern, die sich im Beichtstuhl Intimitäten einer schönen Frau anhören müssen - und in Sizilien sind Frauen nicht selten besonders anziehend - und teilte mir den ecclesialen Terminus technicus für die Vorbedingung mit, die ein Priester besitzen muss: "grazia di stato". Nicht "stato di grazia", sondern "grazia di stato". Ich weiß gar nicht, wie ich das ins Deutsche übersetzen soll. Wie heißt das wohl bei deutschen Priestern?

Woytala sprach schon davon, dass man auf die Dauer vielleicht Eignungstests entwickeln lassen müsse.

Donnerstag, 22. April 2010

D wie Dante

Dantes Commedia beginnt mit einer allegorischen Einführung, in der drei bedrohliche Bestien ihm den Weg versperren. 1. ein Leopard, 2. ein Löwe und 3. eine Wölfin.

Diesen drei Tieren wurden im Lauf der Zeiten mehrere Bedeutungen zugeschrieben, bzw. handelt es sich um Bedeutungsebenen, die sich keineswegs gegenseitig ausschließen, sondern auf jeder dieser Ebenen sind jeweils drei von den Tieren symbolisierte Themenkreise möglich:

1. Fleischeslust, 2. Hochmut/gewalttätige Machtausübung und 3. Gier/Habsucht

1. das guelfische Florenz, 2. der König von Frankreich, 3. Rom werden als politische Entitäten der Zeit Dantes genannt. Das gefleckte Fell des Leoparden soll dabei die Zerrissenheit in Schwarze und Weiße der guelfischen Partei symbolisieren. Die Wölfin Rom das Papsttum, dessen Verweltlichung und Machtgier Dante damals schon beklagte (er sehnte sozusagen herbei, was das Papsttum wurde, als Garibaldi den Rest Italiens für den Piemont erobert hatte und Vittorio Emanuele König von Italien wurde). Ob Luther wohl je Dante gelesen hat? Man hat den Eindruck, er hat keine einzige Zeile von ihm gelesen. Merkwürdig. Überhaupt hat man bei Luther immer den Eindruck, Augustinus und Hieronymus seien von allen Italienern die modernsten, die er kannte. So als hätte es Thomas von Aquin nie gegeben.

Ich habe in meiner Ausgabe mit Bleistift zu den drei Themenkreisen noch 1. Freud, 2. Nietzsche und 3. Marx hinzugeschrieben. Sie sind jetzt alle drei alt genug, um je ein Thema zu symbolisieren.


Der große Darwin wäre eigentlich auch alt genug, aber er ist nicht auf eines der Themen zu begrenzen. Wie Dante damals, stellt auch Darwin eine neue Rahmenhandlung dar.

Mittwoch, 21. April 2010

Gebet der Engel



Raphael:
Die Sonne tönt nach alter Weise
in Brudersphären Wettgesang,(1)
und ihre vorgeschriebne Reise
vollendet sie mit Donnergang.(2)
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
wenn keiner sie ergründen mag;
die unbegreiflich hohen Werke
sind herrlich, wie am ersten Tag.(3)

Gabriel:
Und schnell und unbegreiflich schnelle
dreht sich umher der Erde Pracht.(4)
Es wechselt Paradieseshelle
mit tiefer, schauervoller Nacht.
Es schäumt das Meer in breiten Flüssen
am tiefen Grund der Felsen auf,
und Fels und Meer wird fortgerissen
in ewig-schnellem Sphärenlauf.

Michael:
Und Stürme brausen um die Wette
vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer,
und bilden wütend eine Kette
der tiefsten Wirkung rings umher.
Da flammt ein blitzendes Verheeren
dem Pfade vor des Donnerschlags,
doch deine Boten, Herr, verehren
das sanfte Wandeln deines Tags.

Zu dritt:
Der Anblick gibt den Engeln Stärke,
da keiner dich ergründen mag,
und alle deine hohen Werke
sind herrlich wie am ersten Tag.

(1) Pythagoras - http://persciun.blogspot.com/2010/03/lugen-haben-manchmal-lange-beine.html
(2) Ptolemaeus
(3) Nicht nur der Zürich See, auch der Michigan See war ökologisch tot. Aber beide wurden gerettet.
(4) Copernicus, Kepler, Galilei. Aristarch, Eratosthenes, Aryabhata

Dienstag, 20. April 2010

Glück in der Beschränkung


Der Meister sprach: »Lernen und fortwährend üben: Ist das denn nicht auch befriedigend? Freunde haben, die aus fernen Gegenden kommen: Ist das nicht auch fröhlich? Wenn die Menschen einen nicht erkennen, doch nicht murren: Ist das nicht auch edel?«

Das Glück besteht in der Möglichkeit, seine Prinzipien durchführen zu können. Aber das hängt nicht von uns ab. Es gibt aber auch ein Glück für den, dem das alles versagt ist. Das Erbe der Vergangenheit sich anzueignen und es ausübend zu besitzen: das gewährt auch Befriedigung. Wenn dann der wachsende Ruhm aus fernen Gegenden Jünger herbeiführt: das ist auch Freude. Von der Welt sich verkannt zu sehen, ohne sich verbittern zu lassen: das ist auch Seelengröße.



So fängt das Buch Lunyu von Konfuzius an. Ist das nicht herrlich!!? Er hat recht.

Montag, 19. April 2010

Per chi sa l'italiano

Alternativlos

Bei Anne Will über den Afghanistankrieg und die deutschen Soldaten, die dort kämpfen, geschmäht werden und den Krieg nicht einmal Krieg nennen dürfen, weil in der BDR die Verdrehung der Realität, um gesetzliche Vorschriften zu umgehen, normal geworden ist und zur Regierungspraxis wurde. Pfui Teufel! In Italien gibt es diesen Eiertanz nicht. Da lügt niemand Haarspaltereien herbei, die Soldaten werden geachtet, ohne verherrlicht zu werden, und wenn viele von ihnen fallen, werden sie abends am Monument der "marmornen Schreibmaschine" geehrt, und die Nation schaut zu.

Gysi hat leider gute Gründe, davon auszugehen, dass sowieso alles für die Katz ist und propagiert einfach die Kapitulation. Dirk Niebel, Karl-Theodor zu Guttenberg, Michael Wolffsohn und vor allem Andreas Timmermann haben die einzig vernünftigen Argumente. Gysi hat eine fürchterliche Alliierte: die Unvernunft. Ein erfolgversprechenderes Konzept hat auch er nicht.

Dass der Soldat Andreas Timmermann deklassiert und isoliert alleine auf einem Sessel im Abseits sitzen muss, wo Anne Will ihn dann kurz "besucht", obwohl gerade er kompetentes Erfahrungswissen besitzt (und sich zu Recht wundert, dass die Bundeswehr den Mohnanbau nicht bekämpft und in Winnenden der Bundespräsident kondoliert, während der unbekannte Soldat wie ein Schwarzer Peter im Sarg liegt), ist ein besonders pikantes Beispiel bundesdeutscher Fernsehchoreografie. Es ist 1. generell taktlos und 2. veranschaulicht es im Besonderen, dass die Soldaten auch dann am Rande des Geschehens sitzen, wenn sie ausnahmsweise mal zur Sprache kommen.

Heikel

http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=4204168

Küng hat sich in einer Sternstunde ein Steinchen aus dem drückenden Schuh geschüttelt. Wenn er damit falsch liegt, ist alles halb so schlimm. Wenn er richtig liegt, könnte er einen Stein ins Rollen bringen, der mehr Schaden anrichtet als er Gutes bewirkt. Am Ende kommt alles, wie es kommen muss.

"Die katholischste Familie Italiens"

Riccardo war ein brillianter Prediger. An der Universität, auf öffentlichen Plätzen und im Radio; er wurde "das Mikrophon Gottes" genannt. Federico wird "das Mikrophon des Papstes" genannt und ist der jetzige Regierungssprecher des Vatikans. Luigi und Edoardo sind Vater und Sohn und sind Atheisten, und die luzidesten, klar denkendsten Menschen, die ich je erlebt habe; ihre folgerichtige, emotionsfreie Rationalität und die makellose ästhetische Treffsicherheit, mit der sie ihre analytischen Vorträge über Meditationstechniken und Alltagsthemen manchmal an Hand von musikalischen Werken erläutern, sind sprachlich erstklassig und von vorbildlicher Klarheit und haben eine Perfektion und Brillianz, die mich auf grund ihrer Humorlosigkeit manchmal ängstigen.


Luigi ist Theologe und Jurist und lehrt Rechtsphilosophie an der Universität Florenz. Bevor er wegen ketzerischer Lehren vom Dienst suspendiert wurde, lehrte er auch als brillianter Vorzeigejurist an der Universtà Cattolica in Mailand. Er verklagte daraufhin das Land Italien am Europäischen Gerichtshof und erreichte bisher einen Teil- oder Etappensieg. Als atheistischer Theologe vertritt er den Apophatismus, von griechisch ἀπό φημι = fern vom Sagen. Diese theologische Methode bestreitet, dass Gott rational erkennbar oder fassbar sein kann, da er jenseits der menschlichen kognitiven Fähigkeiten Bedeutung habe.



Videointervista a Luigi Lombardi Vallauri from To Honolulu on Vimeo.



Sein Sohn Edoardo ist Linguist.









Sonntag, 18. April 2010

Vernehmende Vernunft

Samstag, 17. April 2010

Goldman Sachs

http://www.sueddeutsche.de/finanzen/684/508825/text/

http://www.docstoc.com/docs/34446105/Goldman-SEC

http://query.nytimes.com/search/sitesearch?query=Fabrice+Tourre&srchst=cse

http://de.wikipedia.org/wiki/Blankfein

Kluge Kritik

Das Ewigweibliche

(draufklicken)

Alles Vergängliche
ist nur ein Gleichnis.
Das Unzulängliche,
hier wird´s Ereignis.
Das Unbeschreibliche,
hier ist´s getan.
Das Ewigweibliche
zieht uns hinan.




In Creglingen gibt es eine Kirche, die schon seit 1530 evangelisch ist. Also 5 Jahre nach dem Bauernkrieg wurde diese Kirche evangelisch. Der Marienaltar von Riemenschneider steht dort seit 1505 und ist ein Überbleibsel aus katholischer Zeit. Wie ein trojanisches Pferd des Marienkults steht er dort zusammen mit anderen sehr schönen Altären, die für die evangelische Umgebung eigentlich viel zu schön wirken (die bemerkenswerte Unbefangenheit gegenüber dem Schönen, die in den evangelischen Kirchen Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig Holsteins gesehen werden kann, gibt es in Süddeutschland nur in katholischen Kirchen).

Man muss diesen Altar einmal gesehen haben. Er wirkt wie eine aus Luft und Holz geschnitzte Skulptur und ist eines der schönsten Kunstwerke, die ich kenne. Man könnte wirklich meinen, über dem Altar schwebe im Retablo eine Auslese der besten ewigweiblichen Facetten des Menschlichen...

Man sollte sich die Zeit nehmen und einmal ein paar Stunden in dieser Kirche verbringen. Allein der Marienaltar ist eine Augenweide, die man langsam genug genießen sollte. Man wird nicht müde, davor zu sitzen, ihn zu betrachten und in sich aufzunehmen. Am besten, man nimmt sich geeignete Lektüre mit.

Eva und Adam Wandlungen Eines Mythos   Vernunft und Vergnügen. Liebesgeschichten aus dem Decameron.  Die Erfindung der Poesie. Gedichte aus den ersten viertausend Jahren.






Zu Creglingen gehört auch das Grab von Hermann Stern

http://www.zeichen-der-erinnerung.org/n5_1_stern_hermann.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Stern_(NS-Opfer)

Anders als Südafrika

Freitag, 16. April 2010

Ratte als Freund und Helfer

Donnerstag, 15. April 2010

Etrusker


Nachdem Klassiker und antike Geschichtsschreiber wie Herodot und Livius lange genug bespöttelt wurden, stellt jetzt die moderne Wissenschaft deren Glaubwürdigkeit wieder her und belehrt uns nebenbei, dass mündliche Überlieferung, wenn es um Dinge geht, bei denen heilige Ehrfurcht mit ins Spiel kommt, eben doch ziemlich zuverlässig sein kann, jedenfalls erstaunlich zuverlässiger, als man dort erwartet hätte, wo die Stärke der Motivation, Verzerrung nahe legen könnte. Letztlich ist es heute bei schriftlicher Niederlegung auch nicht anders. Deswegen gibt es schließlich genau festgelegte Riten und Vorschriften in der universitären Praxis (die manchmal ein Spaßvogel versucht, lächerlich zu machen; wie zum Beispiel einst Theweleit). Schließlich ist das meiste, das im Internet zu finden ist, Quatsch, und doch handelt es sich hier ebenfalls um Schrift.Es wäre interessant, von einem afrikanischen Ethnologen untersuchen zu lassen, wie die universitäre Praxis bei uns versucht, durch protokollarische Rituale so zuverlässig wie möglich zu gewährleisten, dass Informationsspeicherung und -transfer auf verlässliche, "wissenschaftliche" Weise erfolgt.

Alberto Piazza hat also Herodots Einwanderungstheorie durch moderne Molekularbiologie untermauert. Und Andrea Carandini hat durch moderne Ausgrabungstechniken bewiesen, dass Rom tatsächlich etwa 753 gegründet worden sein muss, nachdem Generationen von "Wissenschaftlern" sich seit fast 200 Jahren über den angeblich so unwissenschaftlichen Stil antiker Historiker hinweggehoben haben, obwohl Livius schon in der Einleitung seines ersten Bandes zeigt, wie skrupelhaft sein Blickwinkel ist, dem unsere modernen Forscher eigentlich  nichts hinzuzufügen haben.

Wahrscheinlich waren die Etrusker bodenständige, durch die Ankunft der indoeuropäischen Gruppen aufgequirlte Villanovianer, die durch Einwanderung einer gebildeten Klasse aus Kleinasien nochmal eine kulturelle Befeuerung erfuhren und die Gegend von Populonia und Elba zum damaligen Ruhrgebiet des Mittelmeerraums machten. Erzvorkommen waren damals wahrscheinlich die wichtigsten Kolonisationskriterien, wenn das Anwachsen einer Polis die Gründung einer neuen Kolonie nahelegte.

Einwanderungstheorie

Aber was heißt hier bodenständig? Das ist eigentlich ein völlig abwegiger Begriff, dem eine Sondereintragung zum Thema "Lügen haben lange Beine" gewidmet werden müsste. Menschen sind schließlich keine Radieschen, und die Villanovianer stammen auch nicht von einer Affenart ab, die einst in der jetzigen Toskana wie die Maikäfer oder seit dem Quartär dort autochtone Birnen von den Bäumen geschüttelt werden konnten, sondern sind selber irgendwann in die Gegend gekommen. "Bodenständig" heißt also nur, dass eine Kultur, ein Volk, eine Menschengruppe - in diesem Fall die Villanovianer - sehr viel eher in eine Gegend kam, als alle anderen angrenzenden Völker, sodass nur geringfügige linguistische Gemeinsamkeiten zwischen dem "bodenständigen" Volk und den anderen erst später in die Gegend gekommenen Völkern zu beobachten sind, obwohl später wiederum der kulturelle Einfluss der Etrusker auf die indoeuropäischen Latiner und Römer sehr groß war.

Zur "Bodenständigkeit", siehe auch Rassenökologie

Dienstag, 13. April 2010

Daniel Börtz



Montag, 12. April 2010

Gillo Dorfles ist jetzt 100 Jahre alt



Eine große Dichterin

Sonntag, 11. April 2010

Prantl Grantlt

Nothing is immune against abuse.

Glasnost has become dangerous.

No law on privacy can protect us against the determination of experts of snoopery and information tecnology, if we havn't very strong tribuni plebis.

Remember always that the tribunus plebis was a venerable ancient figure which Cicero considered to be around 400 years old.

German scholars of the 19. century - especially of the Bismarck time - have transformed the Ilias into an unwordly fairy tale, Caesar and Augustus into the savers of the republic, Spartacus into a criminal rioter to spit on and the dignified institution of the tribunus plebis into a dubious semicriminal union leader.

But what the future needs is exactly this: 1. strong user unions which are able to controll information tecnocrats and 2. an open source based organism which controlls the unions.

RES PUBLICA = OPEN THING

And if you love germanic history of the origins, reflect on the fact that "thing" once was the name of a meeting place where discussions and judgements took place. Completely different, but nevertheless the northern variant of what in Greece was called agora.



http://michaelkunze.blogspot.com/2010/02/watch-your-language.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Volkstribun

http://de.wikipedia.org/wiki/Thing

http://de.wikipedia.org/wiki/Agora

http://de.wikipedia.org/wiki/Linux

Für Leser, die sich fragen, was Linux wettbewerbsfähig macht:
Es ist die Tatsache, dass die tägliche Verbesserung von Linux erstens, ähnlich wie Wikipedia, auf kollektiver Fehlersuche fußt und zweitens "exzellente Artikel" nicht nur mit anonymem Ruhm belohnt werden, sondern zu Juwelen im Curriculum Vitae werden, die auch sofort gut bezahlt werden.

Risultat: Linux ist so robust, dass man es sorglos ohne Antivirusprogramm verwenden kann und sich keine - oder zumindest weniger - Sorgen zu machen braucht über Spyprogramme, Hacker die einem das Bankkonto ausräumen oder womöglich rufschädigende Privatangelegenheiten an irgendeine populistische Glocke hängen könnten oder uns womöglich Nachteile erbringen, von denen wir nicht einmal träumen, geschweige denn erfahren, weil Spuren völlig gelöscht werden können oder nur mit High Know How ermittelt werden können und letzteres nur zur Verfügung steht, wenn viel dafür bezahlt wird oder ein politischer Konsens brauchbare Druckmittel gestaltet.

http://www.welt.de/politik/deutschland/article6621554/Kein-Durchblick-im-Namen-des-Volkes.html

http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~EE7C259587FE84E7386196C3E7FECBC02~ATpl~Ecommon~Scontent.html

http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Cebit-Vorratsdatenspeicherung-Datensicherheit;art122,3045587

Prantl grantlt unerschütterlich

http://www.sueddeutsche.de/politik/577/504786/text/

http://www.sueddeutsche.de/politik/586/504794/text/

Samstag, 10. April 2010

Odenwaldschule

Gerade lese ich, in der Odenwaldschule ist jetzt ebenfalls ein Fall von pädophiler Belästigung publik geworden. Meine eigene Geschichte betreffend ist dies eine Bestätigung der Ansicht, dass man - wie der Dalai Lama lehrt - nie sein eigenes Schicksal bedauern soll, denn ich habe immer gedacht, dass ich vielleicht besser auf ein Internat gegangen wäre, und gerade die Odenwaldschule hatte es mir angetan. 


Man weiß nie, was einem dadurch erspart bleibt, dass sich Wunschvorstellungen manchmal nicht verwirklichen, und man kann nur aus der Not eine Tugend machen, die man tatsächlich erlebt hat.


"Schadenfreude ist die beste Freude" heißt es. Eine abscheuliche Redensart, die ich nicht als Sprichwort bezeichnen möchte.

Dantes geografische Poesie und Poppers drei Welten

Dante






Quacksalbereien - "Difficile est satiram non scribere!"

Carl Schmitt war ein entschlossener, unbeirrbarer Antisemit, der die jüdische Kultur sehr gut kannte. Erich Fromm hat sich abgemüht, überzeugend darzulegen, dass Hitlers Ruf, ein großer Kenner der jüdischen Kultur zu sein, nur ein Gerücht war. Leider kann man von Carl Schmitt nicht dasselbe sagen. Schmitt war vom Judentum fasziniert, kannte die hebräische Sprache und hatte sich die Juden zu seinen Lieblingsgegnern erkoren, um einen beschönigenden Euphemismus zu gebrauchen, dessen verharmlosende Wirkung derartig die Wirklichkeit entstellt, dass es unmoralisch wäre, sich so plump, geziert und geschraubt auszudrücken. Schmitt hasste die Juden nicht weniger, als Hitler sie hasste, das ist die wahre, reine Wahrheit. Schmitt war einer der intelligentesten Männer seiner Zeit und hatte in den Juden sozusagen die einzigen Gegner ausgemacht, die seiner eigenen Intelligenz ebenbürtig waren. Er schickte Jakob Taubes jedes Mal ein Exemplar, wenn er ein neues Buch schrieb, und Taubes besuchte ihn am Ende sogar einmal, um zu versuchen, ihm auszureden, dass Paulus von Tarsos ein Antisemit war. Die Begegnung mit Schmitt war so fürchterlich für Taubes, dass er die Detailles nicht berichten wollte. Alles, was über die Konstellation Taubes, Schmitt, Mohler, Jünger zu erfahren ist, hat Taubes in seiner Broschüre über Schmitt niedergeschrieben, die er mit dem Titel "Gegenstrebige Fügung" veröffentlicht hat.

                Ad Carl Schmitt, gegenstrebige Fugung (Internationaler Merve Diskurs) (German Edition)                   Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre.


(Nachdem Mohler sich mit Ernst Jünger überworfen hatte, dessen Privatsekretär er 4 Jahre lang war (49-53), wurde er übrigens einer der Ghostwriter von Franz Joseph Strauss. http://de.wikipedia.org/wiki/Armin_Mohler . Schmitt war Taufpate eines der Söhne von Ernst Jünger, diese tiefe Freundschaft zerbrach am Ende jedoch an der unterschiedlichen Haltung gegenüber dem Judenthema)

Schmitts Lieblingsfeind war Benjamin Disraeli, den er als einen der "7 Weisen von Zion" bezeichnete, wobei es ihm völlig egal war, dass das Traktat, das diesen Begriff schuf, gar kein Traktat des Judentums war, ja nicht einmal ein Traktat war, sondern eine Fälschung, ein Machwerk der zaristischen Polizei, das mit der Absicht, gezielt Antisemitismus zu schüren, geschaffen wurde. Es kam Schmitt auf den Inhalt dieses Machwerks an, und er sah darin offensichtlich eine Art archetypischer Gültigkeit, die die Autorschaft in seinen Augen unerheblich machte. Gegenüber von Schmitts Schreibtisch hing ein Portrait Disraelis an der Wand.

http://de.wikipedia.org/wiki/Protokolle_der_Weisen_von_Zion

Disraeli hatte das Christentum - ganz im Sinn von Saul/Paulus von Tarsos - als Judentum für Nichtjuden, für "die Heiden" bezeichnet. Schmitt sah hierin eine unerhörte Anmaßung und unterstrich den radikalen Bruch, den Jesus und Paulus bei aller Kontinuität vollzogen hätten. Beide Blickwinkel kann man in den Evangelien und vor allem bei Paulus finden und in ein dialektisches Verhältnis zueinander setzen (und Schmitt war ein Hegelexperte sondergleichen). Schmitts beunruhigendes Fazit, dass die christliche Kirche letztlich gar nicht anders könne, als - im theologischen Sinne - antijüdisch zu sein und in der Praxis de facto antisemitisch zu sein, ist nicht leicht zu widerlegen, und die Widerlegung macht die christliche Doktrin nicht gerade robuster und schlüssiger, während das Festhalten an Schmitts düsterem Fazit sogar besonders fromme Anhänger findet: die Piusbrüderschaft.

Eine Lösung des Problems wäre ein neues Testament, schließlich ist auch das Neue Testament ziemlich alt inzwischen. Joachim von Fiore fing schon vor 1000 Jahren an, ein drittes Testament herbeizuhoffen, das - nach einem vom Vater handelnden und einem vom Sohn handelnden - nun dem Geist gelten würde. Leider schüttelt man so ein Testament nicht einfach so aus dem Handgelenk.

Wir müssen daher mit Jacob Neusners und Josef Ratzingers Schlussfolgerungen vorliebnehmen. Oder mit einem Schlussstrich, wie ihn Paul Schulz vorschlägt.

                                 Ein Rabbi spricht mit Jesus       Atheistischer Glaube

Bemerkenswert ist, dass gerade einer der allerabsurdesten Punkte der christlichen Religion - die Dreifaltigkeit Gottes als Einzelwesen - sich auf einmal ganz vernünftig anhört, wenn man den Gestaltwandel der jüdisch-christlichen Geistigkeit mit Joachim von Fiore im Augenwinkel zu Ende denkt.

Die Lefevrianer sind Antisemiten. Es ist Ludwig Klages "Der Geist als Widersacher der Seele", was hier wieder mal unsere Aufmerksamkeit beanspruchen möchte und frohlockend wieder durch die Köpfe spukt, nachdem die Mauer fiel und der "reale Sozialismus" zerfiel und der Antisemitismus Bebels Wort gemäß endlich wieder "der Sozialismus des dummen Kerls" sein kann. In den 70-er Jahren war es Konrad Lorenz, der Klages Lied sang, jetzt sind es Leute wie Mel Gibson (nicht deklariert, er erklärt es für eine Marotte seines Vaters) und Williamson (deklariert) und viele andere katholische Traditionalisten, die dieses Lied singen. Der Antisemitismus ist kaum mal verholen. Wenn er verholen ist, wird einem grinsend zu verstehen gegeben, worauf es ankommt und worin das verholene Wesentliche besteht.

Die Frechheit, sich über die gesamte Historikerzunft hinwegzusetzen, so als handele sich es da um willens- und verstandeslose Puppen eines planetaren von Juden gekidnappten Kasperletheaters, besitzen nicht viele. Und außer ein paar Bischöfen, deren Herzen an der vor dem 2. Vatikanischen Konzil üblichen tridentinischen Liturgie hängen, kann ja eigentlich niemand glaubwürdig behaupten, Himmler persönlich sei ihm im Traum erschienen, um ihn eines Besseren zu belehren.

Aber es scheint in jedem Wissenszweig wichtigtuerische Scharlatane zu geben, die der Versuchung nicht widerstehen können, Verschwörungstheorien und anderen Humbug in Umlauf zu bringen, den sie wahrscheinlich sogar selber glauben. Besonders dort sind sie zu finden, wo irgendein Schuh drückt. Daher findet man sie unter den Klimatologen und - wie Schmidt-Thomés mir erzählten - sogar unter den Geologen, weil Klimaforschung nicht ohne Geologie auskommt. Besonders häufig sind diese Scharlatane natürlich unter den Medizinern anzutreffen und da wiederum besonders häufig unter Ernährungsexperten, Phytotherapeuten und Psychotherapeuten. Und die Medizinerzunft selbst ist gegen deren Verführungen keineswegs gefeit, wie zum Beispiel die Tatsache zeigt, dass Frischzellenkuren auch in medizinischen Fachzeitschriften angeboten werden. Außerdem glauben die Scharlatane oft selber an den Quatsch, den sie verkünden, wodurch sie natürlich sehr viel sicherer auftreten als jemand, der sich bewusster Irreführung schuldig macht.

Selbst ein doppelter Nobelpreis schützt vor Torheit nicht, wie Paulings hirnverbrannte Vitamin C Propaganda gezeigt hat.

Und weils so schön war, gleich noch einmal. Es kostet ja nichts, im Gegensatz zu Schießbude, Karussellfahren, Autoscooter und Schiffschaukel.

Selbst ein doppelter Nobelpreis schützt vor Torheit nicht, wie Paulings hirnverbrannte Vitamin C Propaganda gezeigt hat.

 Die Grenzen sind nun mal fließend im menschlichen Treiben, und jede Epoche hat ihre eigenen Manien. Im 19. Jahrhundert war die Angst, lebendig begraben zu werden, ziemlich verbreitet; es gab damals das Gesetz noch nicht, das vorschreibt, ein paar Tage mit der Beerdigung zu warten. Aber auch die Furcht vor Lähmung soll damals zu den Manien gehört haben, berichtet Ernst Jünger. Konrad Lorenz behauptet, durch Pasteurs Entdeckungen sei es zu der Mikrobenphobie gekommen, die uns davon abhält, Hunde zu küssen oder auch nur zu umarmen und uns hysterisch aufschreien lässt, wenn mal eine Katze über den Küchentisch huscht oder gar eine mit Erdkeimen kontaminierte Erdbeere dabei beobachtet wird, wie sie in einem Kindermund verschwindet.

Widerlicher als die Leugner der Shoah sind diejenigen, die sich zu gut sind, um sie zu leugnen und es vorziehen, sie herunterzuspielen oder bewusst zu übergehen, so als handele es sich da eben um Kriegstote, um die Verluste die eine der Ethnien nun mal zu verzeichnen habe, als es zu einem darwinistischen Tauziehen der Völker gekommen sei.

Noch widerlicher sind die katholischen Antisemiten, die voller "bedauernder" Zufriedenheit feststellen, die einzige Erklärung für das jüdische Schicksal sei ein mysteriöser Fluch.

Besonders widerlich aber sind diejenigen, die zu kaltschnäuzig sind, um den Sinn des Verbots, die Shoah zu leugnen, auch nur zu begreifen. Man muss es ja nicht befürworten, aber begreifen, dass es einen Sinn hat - und welchen Sinn es hat - sollte man schon.
Es gibt durchaus ernst zu nehmende Argumente gegen dieses Verbot! Und nicht selten werden diese gerade von den Juden ins Feld geführt; besonders in Israel, wo man Kummer gewohnt ist und dickere Hornhaut trägt und zu recht besorgt ist, dass gerade Gesetze zum Schutz der Juden antisemitischen Hass womöglich nur fördern könnten. Es ist schwer zu sein a Jid!

Es kann nicht oft genug betont werden, dass die Shoah zu leugnen für diejenigen, die davon als Nachkommen betroffen sind, eine ähnliche Zumutung bedeutet, wie sie Kinderpornografie schlechthin darstellt, und vor allem eine ähnliche Zumutung, wie Kinderpornografie in einer Familie empfunden werden muss, in der ein Kind zum Opfer wurde. Es gibt nun einmal Grenzen für alles, auch für legitime Meinungsäußerung.

Die Lehrfreiheit wird von diesem Verbot nicht beeinträchtigt, insofern es niemandem verwehrt ist, nachprüfbare Forschungsresultate öffentlich zu machen, und die Forschungsfreiheit erfährt erst recht keine gesetzliche Behinderung; das behauptet allerdings auch nur eine Hand voll besonders paranoider Antisemiten, deren Argumentation manchmal etwas geradezu Halluzinatives hat.

Natürlich wird durch dieses Verbot die Hemmschwelle, die eigene Forschungsarbeit Themen zu widmen, die einen auch nur in den Verdacht bringen könnten, man wolle Unruhe stiften höher!! Das ist ein ungewollter Nebeneffekt, der nun mal nicht zu vermeiden ist.

Das ist aber nun auch wieder nicht sooo schlimm: es gibt eben Forschungsbereiche, die nichts für Memmen sind! Einen Mann, der "das Herz am rechten Fleck hat" und ein kluger Kopf ist, wird kein Verbot der Welt von seinen legitimen Forschungen abhalten, und das Verbot, die Shoah zu leugnen schon gar nicht. Ariel Toaff hat beides bewiesen: das solch beherzte Forschungsarbeit möglich ist, und dass man sich dadurch selbst als Jude in die Nesseln setzt.

Welche Aufregung heutzutage ausgelöst wird, wenn man sich einem Forschungsobjekt widmet, das potentiell rufschädigend für die Juden im besonderen Allgemeinen sein könnte, konnte man nämlich beobachten, als Ariel Toaff eine historische Untersuchung wagte, die sich mit dem Thema "jüdische Ritualmorde" befasste. Er löste damit panische Ängste aus (gegen die unser Hysterikerstreit in den 80-ern oder auch die Waldheimdebatte kalter Kaffee waren), und das obwohl er Sohn des ehemaligen Rabbiners von Rom ist, oder vielleicht gerade deshalb.

Wer angesichts dieser Panik nur kaltschnäuzig die Nase rümpft, ist de facto ein Idiot oder ein potentieller Verbrecher. Warum ich mich so drastisch ausdrücke??? Weil ich mittlerweile weiß, wovon ich rede.

Jedenfalls vordere ich dazu auf, darüber nachzudenken, weshalb ein Forschungsprojekt derartige Panik auslösen kann. Ich möchte die Antwort vorwegnehmen: wenn man seine 7 Sachen beisammen hat, wird man aus dieser Panik schließen, dass es sich um "gebrannte Kinder" handelt, die "das Feuer scheuen". Im wahrsten Sinne des Wortes. Wer selbst gesund ist und daher ein gesundes Empfinden für Maß und Proportion besitzt, wird daher nie daran zweifeln, dass an den Juden fürchterliche Verbrechen begangen wurden. Wer als erwachsener Mensch noch über Themen wie "Auschwitzlüge" meditiert, ist weltfremd oder böse.

Aber bitte, wer aus der Panik schließen möchte, dass die jüdische Kunst, Schuldgefühle zu schüren, eben unübertrefflich ist und manchmal derartig akrobatische Glanzleistungen vollzieht, dass sie sogar Panik bei den Juden selbst hervorrufen kann, wie ein - man verzeihe mir das Wort - Salto Mortale... bitte, wer das aus der Panik schließen möchte, den kann ich leider nicht daran hindern.

Die allerwiderlichsten Antisemiten sind die kryptonazistischen Musterknaben. Die, die immer so tun, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Die, die sich kaum mal explizit zum Thema Shoah oder zum Thema Hitler äußern und wenn, dann immer nur auf eine Weise, die ganz unterschiedlich interpretiert werden kann. Die, bei denen man dauernd den Eindruck hat, sie hielten die Nationalsozialisten für eine Art aristokratischer, verkannter und verbitterter Ritterschaft der Pflichterfüllung, deren Beispiel es gelte durch das eigene Beispiel zu ehren, anschaulich zu machen und am Leben zu halten, um auf diese Weise nachträglich noch am eigenen Beispiel zu beweisen und zu veranschaulichen, dass und wie die Nationalsozialisten die besseren Menschen waren (bzw. sind). Diese kryptonazistischen, hämischen, charakterlosen Duckmäuser lieben es, Sokrates zu zitieren. Natürlich nicht, um demütig zu bekennen, wie wenig Gewissheit dem Menschen vergönnt ist, sondern mit der Absicht, Gewissheit grundsätzlich in Frage zu stellen, um Anderen deren Gewissheiten als Anmaßungen um die Ohren hauen zu können und mit um so größerer Entschlossenheit mit den eigenen verholenen Wunschvorstellungen selbstgefällig grinsend aufzutrumpfen, ohne sie beim Namen zu nennen. Am Ende verschmilzt bei diesen unverschämten, altklugen, feigen Wichtigtuern Sokrates mit Wilhelm Busch.

Ich weiß, dass ich nichts weiß.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!
Oh, wie gut, dass niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!

Die erste Zeile, um Demut vorzutäuschen.
Die zweite, um zu erklären, weshalb man nicht zuständig ist.
Die beiden letzten, um klar zu machen, dass man die Shoah für ein hebräisches Problem hält, dass die Juden gefälligst untereinander lösen sollen.

P.S..

Die ganze Wahrheit sagt nie jemand. Wer die sagen möchte, muss auch sagen, dass die Deutschen die vergessenen Opfer des Zweiten Weltkriegs sind, und das betrifft nicht nur 2 Millionen grausam getötete Vertriebene und die vielen Millionen, die ihre Heimat und Hab und Gut verloren. Es gibt natürlich triftige Gründe für dieses Vergessen, und ich habe keine große Lust an dieses Vergessen zu erinnern, das in einer an Ungerechtigkeiten reichen Geschichte leider nicht die größte ist, sondern eine der kleineren, in gewissem Sinn sogar die kleinste, denn es wurde dabei ja nur geerntet, was man vorher gesät hatte.

Aber wie soll man Ungerechtigkeiten wiegen? Wir wollen nur einen Augenblick lang festhalten, dass das Maßlose, das unwägbar Schreckliche am Ende auch vor uns Deutschen nicht halt gemacht hat. Und dass ausgerechnet wir hätten ungeschoren davonkommen müssen, ist ein alberner Gedanke. Ich möchte dieses Vergessen auch nur dieses eine Mal der Vollständigkeit wegen erwähnen.

Und ich füge hinzu, dass diese meine Erwähnung uns nicht vergessen lassen darf, dass wir wieder Erwarten gut nach dem Zweiten Weltkrieg davon gekommen sind, dass eigentlich zu befürchten war, dass wir diesmal einen Denkzettel verpasst bekämen, von dem wir uns nie mehr erholen würden (weshalb es unter den Offizieren auch das vernünftige Argument gab: "Erst müssen wir den Krieg gewinnen, erst dann können wir Hitler umbringen!"; sie hatten Angst! Berechtigte Angst), und dass uns statt dessen eine Behandlung widerfuhr, die letztlich so gnädig war, dass man kurz zusammenfassen darf: So schlecht, wie wir nach dem Ersten Weltkrieg davon kamen - was eine Ungerechtigkeit war -, so glimpflich ging es nach dem Zweiten ab, was auch eine Ungerechtigkeit ist, aber sozusagen eine ausgleichende, die die vorherige wieder gut macht.

Aber es sei klar: wir haben es den deutschen Soldaten - und ich befürchte, nicht zu letzt und vielleicht sogar gerade der SS - zu verdanken, wenn Europa nicht bis Sizilien, Gibraltar und dem Golf von Biskaya kommunistisch wurde. Ehre und Dankbarkeit, wem Ehre und Dankbarkeit gebühren.

Irgendwann wird sich diese Erkenntnis vermutlich auch einmal durchsetzen und zu einer Binsenweisheit werden, und hoffentlich, ohne die parallel dabei begangenen Verbrechen zu "unvermeidlichen Begleiterscheinungen" zurecht zu reden.

Festzuhalten zu Schmitts überragender Intelligenz und Bedeutung sind auch folgende zwei Punkte, die sich jeder Schwarz-Weiß-Malerei auf schmerzliche Weise widersetzen:

1. als die israelische Verfassung geschrieben wurde, ließ Ben Gurion nicht nur Schmitts Veröffentlichungen zur Konsultation herbeischaffen, sondern die Erfüllung dieses Auftrags war zudem nicht ungefährlich, da der Weg zur Bibliothek, in der Schmitts Werke zu finden waren, damals unter Beschuss stand! 2. Schmitt hat wirklich herrliche Bücher geschrieben.