Stationen

Donnerstag, 27. Mai 2010

Die zynische Vernunft Nietzsches




"Gegen den großen Irrthum, als ob unsere Zeit (Europa) den höchsten Typus M(ensch) darstelle. Vielmehr: die Renaissance-M(enschen) waren höher, u(nd) die Griechen ebenfalls; ja vielleicht stehen wir ziemlich tief; das "Verstehen" ist kein Zeichen höchster Kraft, sondern einer tüchtigen Ermüdung; die Moralisierung selbst ist eine Decadence".
Friedrich Nietzsche (Notizbucheintrag 1888)

Auf den ersten Blick eine kluge Beobachtung. Aber wie so oft bei Nietzsche ist auch diese Bemerkung ambivalent, und er fixiert seine Aufmerksamkeit nur auf die Hälfte Wahrheit, die wir die Schattenseite nennen (klüger ist seine Bemerkung über sich selbst: er sei dekadent, aber auch das Gegenteil davon). Gerade das Verstehen ist wichtig, und der Gestus, mit der Nietzsche es für sich beansprucht nur eine egozentrische Manier die eigene Unzulänglichkeit zu zelebrieren, und Andere davor abzuschrecken seinem Erkennen bessere Einsichten entgegenzuhalten.

Blinde Vitalität ohne Verstehen kann durch Aktionismus beeindrucken. Gerade die Griechen und die Renaissancemenschen waren aber Herr ihrer Sinne und sprengten sich nicht in die Luft. Es wird sich zeigen, ob wir inzwischen zu müde sind.

Europa muss zur Kunst des Denkens zurückfinden, sagte Ernst Nolte vor zehn Jahren im italienischen Fernsehen.

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