Stationen

Sonntag, 23. Januar 2011

Freibeuter

Papier ist geduldig. Letzten Endes ist das Einzige, was ein Staatswesen stabilisieren kann, der Konsens. Von Zeit zu Zeit bieten sich für die Menschheit neue Freiräume, die anfangs wie Paradiese aussehen und später zu Freibeuterparadiesen werden. Es ist kein Zufall, dass das Internet immer mit dem Ozean verglichen wird, und wie damals in der Karibik geschehen, hat man auch heute den Eindruck, dass der Konsens über recht und billig am Ausfransen ist. Bald kann man im Internet wahrscheinlich alle Spielarten dessen finden, was sich als Analogie bereits einmal abspielte, als sich auf den Meeren auch diejenigen bekämpften, die sich auf dem Festland an die feste Grundlage von Vertragen gebunden fühlten. Es hat wenig Sinn, sich über diesen Widerspruch, der alle zur Heuchelei anregt, zu wundern und moralisch zu ereifern, denn jedem Medium wohnt eine Gesetzmäßigkeit inne, die entsprechende Figuren hervorbringt. Die NATO wird in zunehmendem Maße die Bekämpfung von Cyberattacken koordinieren, und Wikileaks ist vielleicht der Beginn einer Cybergewerkschaft. Freiräume haben aber nicht nur das verbindende Element der Gemeinsamkeiten, es gibt auch Unterschiede zwischen Ozean und Internet. Worin diese Unterschiede bestehen, wissen wir bisher nicht genau, wir wissen nur, dass sie groß sind und durch diese Größe wiederum zum Bild der Ozeanik mitbeitragen und andererseits, dass das Internet eben ein Netz ist, und dass man Netze im Gegensatz zu Ozeanen auch zusammenziehen kann. Diese Unterschiede genauer zu verstehen, ist die Aufgabe unserer Zeit. Entscheidend dabei wird sein, zuverlässig zu definieren, wer als Feind und wer als Freund anzusehen ist.

Kaperbrief

Letter of marque

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