Stationen

Montag, 21. März 2011

Mit brennender Sorge - Bonifatius und die Eiche

Zunächst nur als Hirtenbrief gedacht, wurde eine Enzyklika daraus, die am 21. März 1937, also zwei Jahre vor Kriegsbeginn und lange bevor es zur Entfesselung des Berserkerwesens kam, in circa 11000 deutschen Kirchen verlesen wurde. 11000 ist nicht schlecht für so ein Ergebnis. Um diese Zahl zu erreichen, mussten schätzungsweise 300000 Exemplare mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln hergestellt werden (kirchenfreundliche Druckereien, handschriftliche und maschinengeschriebene Kopien) und bei strenger Geheimhaltung an die Gemeinden verteilt werden. Ernst Jünger gab uns zu verstehen, dass, gerade wenn eine Strenge Zensur herrscht, die Stimme, die sich ihrem Zugriff entzieht, besonders deutlich gehört wird. Das muss allerdings heimlich geschehen.

1936, also ein Jahr zuvor, hatte eine, direkt an Adolf Hitler adressierte, im "Hier-steh-ich-und-ich-kann-nicht-anders-Stil" der Bekennenden Kirche verfasste "Denkschrift" nur Massenverhaftungen bewirkt.

Eine Reihe von Klöstern wurden später Zufluchtsorte für Verfolgte. Was in friedlichen Zeiten herabsetzend als Doppelbödigkeit der katholischen Kirche beanstandet wird, ist der stete Bereitschaftszustand einer in Jahrhunderten denkenden Einrichtung und die zivilisatorische Antwort auf Fragen, die sich in kontinuierlicher Erwartung der Krisen stellen, die die menschliche Unzulänglichkeit mit naturgewaltiger Regelmäßigkeit hervorbringt. Die alte katholische Kirche rechnet mit dem Schlimmsten, die evangelische macht die Rechnung ohne diese konstante Variabel. In der Hoffnung, sie durch Hoffnung, verantwortliche Vernunft, Ehrlichkeit, ethischen Fortschritt und seelische Gesundheit für immer abstreifen zu können. Die lutherische Geradlinigkeit und ihr dynamischer Idealismus sind eine feine Sache, aber mehr ein Luxus für bessere Zeiten, wenn es darum geht, nicht Kathastrophen, sondern Wohlstandslastern entgegenzuwirken.







"Der Mensch ist im Grunde widernatürlich. Jeder zivilisatorische Akt ist eigentlich contra naturam." Giuseppe Ungaretti


Am 21. März 1987 starb Jacob Taubes

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