Stationen

Mittwoch, 24. April 2013

Familia


Der Neffe (Enrico Letta) von Berlusconis rechter Hand (Gianni Letta) ist jetzt der italienische Ministerpräsident. Dank der Kommunisten kehrt Italien de facto also zur Monarchie zurück (König Napolitano), und vielleicht ist die Familie Letta ja sogar mit der Gens Iulia verwandt, sodass man endlich wieder an die Äneis anknüpfen kann. Nicht schlecht für eine Republik, die beabsichtigt, sich zu verjüngen und zu modernisieren. Im Vatikan gibt es jetzt auf einmal zwei Päpste. Man fühlt sich ein bisschen in die Zeit der Kollegialkonsuln versetzt. Romulus und Remus, Peter und Paul als Erben der indoeuropäischen Zwillinge lassen grüßen.

Spaß beiseite. Im Regierungsprogramm stehen jetzt endlich die Änderung des Wahlgesetzes und eine Verfassungsreform wirklich sehr weit oben auf der Liste der Prioritäten. Der Himmel wolle, dass es auch dazu kommt.

Nach dem Fall der Berliner Mauer hatte Franz der Kluge sofort begriffen, dass nun die italienische Verfassung Makulatur war und die Institutionen dringend reformiert werden müssten. Als Staatspräsident - der auch Präsident des Oberen Gerichtsrats (CSM) ist - kritisierte er die Richter im Fernsehen auf allen Kanälen. Die Kritik Silvio Berlusconis an der italienischen Justiz begann mit Cossigas für einen nicht vom Volk gewählten Präsidenten inorthodoxer Initiative.




Wie groß Berlusconis Neigung ist, persönlichen Beziehungen in Politik und Geschäftsleben Bedeutung beizumessen, ist daran erkennbar, dass er sowohl bei Aznar als auch bei Erdogan jeweils Trauzeuge einer der Töchter und eines der Söhne wurde. Das Amt des Taufpaten übernahm er sogar bei so vielen Kindern, dass er eigens eine Sekretärin beschäftigt, die nur für seine Patenkinder zuständig ist. Es wirkt auf mich wie eine Renaissance des Mittelalters. Seine enge Freundschaft zu Putin und George W. Bush - Berlusconi nimmt gerade an den Feierlichkeiten zur Einweihung der Bush-Bibliothek in Dallas teil - ist ja bekannt.

Die große Koalition scheint im Moment Hochkonjunktur zu haben: es ist nun alles so gehupft wie gesprungen. In Dallas hält merkwürdigerweise tatsächlich sogar Obama eine Rede, um Bushs Leistungen zu würdigen, nach dessen Namen nun bereits zu Lebzeiten eine Bibliothek benannt wird. Nicht einmal einem Gelehrten wie Humboldt wurde eine solche Ehre zuteil. Auch die Altpräsidenten Carter, Clinton und Bush Vater wohnen dieser Zeremonie bei, wodurch, was wie ein Privatvergnügen aussehen könnte, unmissverständlich zu einer Würdigung auf allerhöchster Ebene wird. Am liebsten hätte man wohl Lincoln und Reagan auch noch ins Leben zurückgerufen. Erst wenn man selber das Präsidentenamt antrete, werde man sich klar darüber, was es heiße, der Präsident der USA zu sein, sagte Obama in seiner Laudatio. Es ist unfassbar.

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