Stationen

Sonntag, 28. April 2013

Vitalia

In den Augen der Schweizer ist der Ankauf der Daten-CD, mit der Bankgeheimnisse offengelegt werden, Rechtsbruch und Hehlerei (und zwar in beiden Rechtsordnungen, sowohl der deutschen wie der schweizerischen); man hat nicht gezögert, ihn mit den Praktiken der Gestapo gleichzusetzen. In Steinbrücks Augen ist diese Hehlerei nicht nur, wenn überhaupt, das kleinere Vergehen, sondern sogar, laut richterlichem Beschluss, legal (wenngleich der vorausgehende Datendiebstal illegal bleibt). In Bertold Brechts Augen war ein Bankeinbruch ein vergleichsweise geringes Delikt, verglichen mit der Gründung einer Bank. Es gibt für jeden Geschmack und jede Wertordnung etwas in diesem Reigen. Nur eine wirklich saubere Lösung gibt es nicht. Denn auch der richterliche Beschluss, dass die Hehlerei ausnahmsweise mal legal ist - so als wäre der Staat eine Art letzter Rest von Gottesgnadentum... oder vielleicht wie der Bischof von Rom Vertreter Gottes auf Erden - hat ein Gschmäckle. Nicht nur für Schweizer. Sondern für alle Menschen, denen Liberalismus, Bankgeheimnis und vor allem Anderen Legalität etwas bedeuten.

Hoeneß ist kein graues (oder gar schwarzes) Schaf in einer weißen Herde, sondern ein schwarz-weiß gescheckter Bock in einer grauen Herde. Ähnlich wie in Italien verbinden sich auch in Bayern Lebenslust, Effizienz und Doppelbödigkeit. Und sowohl in Bayern wie in Italien liebt man die Sünder - selbst wenn sie zu ihren Sünden stehen und sie nicht bereuen - mehr als diejenigen, die nie ihre Sünden zugeben und immer so tun, als könnten sie kein Wässerchen trüben.

Gottschalks intellektuelle Redlichkeit

Wir haben ja Gott sei Dank einen zähen Schwaben, der weiß, dass die Staaten in die Haut der Banken gefahren sind und auch gebildet genug ist, um sich der Rolle der Piraterie bei der Entstehung des British Empires bewusst zu sein.


Was die Vetternwirtschaft im bayrischen Landtag angeht, finde ich es schade, dass die Bayern kleinlaut einlenken. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man Menschen beschäftigt, die man für vertrauenswürdig hält. Und dass man den eigenen Verwandten vertraut, ist ebenso selbstverständlich. Solange durch den Sippenstil keine Abwärtsspirale wie in bestimmten Bereichen Italiens entsteht, finde ich ihn nicht verkehrt, sondern sogar begrüßenswert! Ich argwöhne, dass der Erfolg Bayerns in hohem Maße darauf beruht, dass Beziehungen die andernorst in der BRD ausufernde Anonymität in einem maßvollen Rahmen hält.

In Italien ist die Vetternwirtschaft gleichzeitig Geißel und Segen: einerseits Kanal der Korruption, andererseits verhindern die Seilschaften das jedoch Allerschlimmste. Helmut Schmidt sagte einmal im italiensischen Fernsehen - das muss 1985 gewesen sein - er habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass eine Stärkung des Staates in Italien keine Lösung wäre, sondern die Durchsetzung der italienischen Gesetze dem Land erst recht das Genick brechen würde.


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