Stationen

Samstag, 1. Juni 2013

Stoa

Wie undifferenziert seit Jahrzehnten mit Begriffen wie Rasse, Kultur, Ethnozentrismus und Xenophobie nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt umgegangen wird, machen zwei Betrachtungen aus entgegengesetzten Blickwinkeln deutlich.

Liberté, Egalité, Tätterättättääää

Ethnopluralismus in Zeiten unaufhaltsamer Bredouille




Zu diesem Zerrbild gehört auch die Tatsache, dass der erste Afrikaner, der je Universitätsprofessor wurde, dies im als ach so rassistisch verschrieenen Deutschland wurde. Wie groß dennoch die Ablehnung ihm gegenüber wurde, nachdem sein Gönner verstarb - und obwohl hier keineswegs Überfremdung ausschlaggebend sein konnte - soll uns ebenso eine Lehre sein, wie die Tatsache, dass man einem hochbegabten Afrikaner damals in Deutschland eine Chance gab, als dies anscheinend andernorts noch nirgendwo geschah.

Der ein Jahrhundert später aktive Alexandre Dumas bekam bleibende Anerkennung in Frankreich, ist weltberühmt und gilt heute fast als Klassiker der französischen Literatur, der hochgebildete Anton Wilhelm Amo, der keine sensationellen Abenteuerromane schrieb, dagegen geriet in Vergessenheit. Händel war nicht lange in Halle und war 17 Jahre älter als Amo. Ob er ihm wohl jemals begegnet ist?

Dass nicht einmal die sonst so findigen Goethe und Schiller - die einen Mann wie Salomon Maimon sogar nach Weimar einluden -  dem Phänomen Amo ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben, ist eine Enttäuschung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Was sagte der Alte Fritz - der weder für Goethe noch für Schiller etwas übrig hatte und nicht einmal Kant nach Sans Soucis einlud - zu diesem Missstand? Habe ich  was übersehen? Was ist mit Leibniz? Als Leibniz starb, war Amo gerade 14 Jahre alt. Leibniz war Anton Ulrichs Bibliothekar und kann Amo nicht übersehen haben.




Immerhin war der alte Goethe mit dem alten Johann Friedrich Blumenbach bekannt. "Blumenbach ist alt, aber von lebhaftem und heiterem Ausdruck, er hat sich die ganze Beweglichkeit der Jugend zu bewahren gewusst" sind Goethes anerkennende Worte über ihn, die Eckermann am 16. Oktober 1822 niederschrieb.


Die letzten Arier





29. Mai 2013

"Als Angela Merkel auf dem 6. Integrationsgipfel für „geistige Offenheit“ gegenüber Zuwanderen plädierte, fühlte ich mich sofort angesprochen und irgendwie auch lobend erwähnt. Meine Frau kommt aus Israel, meine Schwiegereltern stammen aus Russland, einer meiner Söhne ist Halbjapaner, meine Tante Ungarin, meine Schwägerin Vietnamesin. Meine Altvordern stammen aus Polen. In meiner Familie wird (sich) integriert, dass es brummt. Grüß Gott, Frau Merkel!

Aber natürlich fühlte ich mich überhaupt nicht angesprochen. Deutsche Integrationsgipfel finden ja nicht wegen Russen und Israelis statt, auch nicht wegen Asiaten und Mitteleuropäern, die brauchen so etwas nicht, denn sie kommen in der Regel allein klar, suchen sich Jobs, Studienplätze, Partner und machen ihr Ding. Es waltet nach meinen Beobachtungen in diesem Land keine kollektive Abneigung gegen Ausländer, die ihre Rechnungen selbst bezahlen wollen. Integrationsgipfel indes werden hierzulande für Zuwanderer muslimischer Abstammung oder Prägung veranstaltet.

Was Frau Merkel sehr interessiert, sind die schlechten Erfahrungen, die Ausländer ("Migranten") mit einer speziellen Sorte Einheimischer machen. Da gibt es viel Dünkel, viel Hochnäsigkeit und Verklemmtheit, gewiss, in speziellen Gegenden auch Rassismus bis zur Gewalttätigkeit – aber öfter Furcht, Befremden und die normale Empörung darüber, missachtet und ausgenutzt zu werden. Was die Kanzlerin der Deutschen, pardon, der Menschen „da draußen im Land“ anscheinend umgekehrt nicht interessiert, sind die schlechten ("nicht hilfreichen") Erfahrungen, die Einheimische mit einer speziellen Sorte von Ausländern machen. Bei dieser Gruppe handelt es sich selbstredend und wohlgemerkt nicht um „die“ Muslime (aber außer ein paar NPD-Nasen denkt das auch kein Mensch); mein syrischer Nachbar etwa spricht blendend Deutsch, verdient seinen Lebensunterhalt selbst, isst gern Sushi und ist sehr nett. Aber es gibt in der Großgruppe der Muslime in Deutschland eine immer weiter wachsende Schar von Alimentierten, Desintegrierten, an Arbeit und Teilnahme am Leben in diesem Land nicht Interessierten, Schulabbrechern, Unqualifizierten, Gewaltbereiten, Kriminellen – von den Islamisten zu schweigen. Sie verachten die Gesellschaft, in der sie leben. Es ist keine Mehrheit, aber es sind viele, und wenn man den Menschen zuhört, die mit diesem Milieu zu tun haben, Kommunalpolitikern und Lehrern etwa, dann haben sich die Zustände in den vergangenen Jahren immer weiter verschlimmert. Die Genossen Journalisten passen freilich auf, dass solche Beobachtungen möglichst nicht in die Öffentlichkeit gelangen; der Neuköllner Bürgemeister Heinz Buschkowsky hat sich, weil er seine als Buch unter die Leute brachte, längst zum "Rassisten" emporgearbeitet.

Und Frau Merkel? Sie mahnt zwar sanft an, dass sich auch die Muslime mehr nach der Decke strecken müssten, aber vor allem eben sollen doch die Deutschen – ja was eigentlich? Wenn die Einheimischen schuld an der Desintegration vieler Muslime sind, wer ist dann verantwortlich für die gelungene Integration fast aller anderen Zuwanderer? Es soll künftig zunächst aber, nachdem Assimilation und Leitkultur schon verworfen wurden, auch nicht mehr von Integration gesprochen werden, sondern von „Inklusion, Partizipation, Teilhabe und Respekt“ – damit auch mal etwas Hilfreiches geschieht. Maria Böhmer (CDU), die Integrationsbeauftragte und demnächst dann wohl Beauftragte für Inklusion, Partizipation, Teilhabe und Respekt, will „eine echte Willkommens- und Anerkennungskultur in unserem Land etablieren“. Na dann Burka ab zum Gebet!

Wenn die „Frankfurter Rundschau“ in ihrer online-Ausgabe über den „Gipfel“ schreibt: „Tatsächlich sind Vorurteile gegenüber Zuwanderern und ein manifester Rassismus in Teilen der deutschen Gesellschaft das größte Hemmnis für eine erfolgreiche Integration. Darüber zu sprechen, wäre Aufgabe eines Integrationsgipfels“, dann beweist die Autorin nicht nur ihre Tauglichkeit für jede Art DDR, sondern vermutlich auch, dass sie, wie Frau Merkel, keine Kinder hat und zumindest von einer Sorge nicht geplagt wird, die hierzulande im Zunehmen begriffen ist: dass man eines Nachts angerufen wird, um seinen Sohn auf der Intensivstation zu besuchen oder im Leichenschauhaus zu identifizieren. Frau Merkel hat zwar sehr zu recht an die Anschlag von Solingen erinnert, sie hat sich für die Blutspur der NSU bei den Opfern entschuldigt, doch wie immer findet sie kein Wort für die Blutspur von Komaschlägerbanden und Tottretern muslimischer Abkunft, die sich durch dieses Land zieht und zwischen Solingen und NSU-Prozess weit mehr Menschen das Leben kostete als die schändlichen Anschläge der Neonazis, zuletzt in Kirchweye und am Berliner Alexanderplatz. Es gibt etwas, das mächtiger ist als die vermeintlich mächtigste Frau Europas: die Feigheit, Dinge beim Namen zu nennen.



P.S.: Ich werde eben von einem Justizbeamten dahingehend belehrt, dass sich die Nichtintegration und Asozialität bei den Russlanddeutschen durchaus mit den schlimmsten Verhältnissen unter hiesigen Türken und Levantinern messen könne (auch was das offizielle Verschweigen dieser Zustände angeht). Die Russlanddeutschen hatte ich in der Tat nicht mit im Blick; ich meinte eher die russischen Russen, und bevor mich jetzt jemand auf gewisse wandernde Rumänen hinweist: Ich weiß. Aber Frau Merkels Gipfel hat, wenn ich recht informiert bin, beide Problemgruppen nicht speziell thematisiert, was ich mal darauf zurückführe, dass sie sich nicht hinreichend über die schlechten deutschen Gastgeber beschwert haben. Müssen sie erst noch lernen." Klonovsky

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