Stationen

Dienstag, 19. November 2013

Kaisers Klassik-Kunde

Joachim Kaiser: "Warum kommen Sie eigentlich so oft nach Deutschland, und spielen hier Ihre Klavierkonzerte?"

Maurizio Pollini: "Wissen Sie denn nicht, lieber Kaiser, dass es in ganz Italien nur 5 wirklich gute Orchester gibt? Und in Deutschland 120, mit denen ich spielen könnte?"



Mit dem Wort "Kunde" ist bei Kaiser zwar nicht der Käufer gemeint, sondern die "-logie". Aber auch das könnte man missverstehen, wenn man es recht bedenkt. Denn wie immer, wenn italienische Linke den Deutschen schmeicheln, fiel auch Joachim Kaiser wie eine reife Tomate in Pollinis Korb. Pollini wurde ganz einfach in Deutschland viel besser bezahlt! Das ist das ganze Geheimnis. Die Orchester, mit denen er tatsächlich in Deutschland gespielt hat, kann man wahrscheinlich ebenfalls mit den Fingern einer Hand aufzählen.

Der klassische kommunistische Bourgeois aus Italien. In Bologna und Florenz, den italienischen Hochburgen des Kommunismus hat er nie gespielt, weil die Genossen dort zu wenig Geld hatten. In Mailand und Rom, wo mehr Geld zirkulierte (und weniger Genossen), sorgten Luigi Nono und Luciano Berio für das richtige Klima der Aufgeschlossenheit. Man spürt es an der Scala immer noch.

Es ist wirklich nicht zu fassen. Ausgerechnet die Linken, die Deutschland hassen wie die Pest, schaffen es immer wieder, den Deutschen Honig ums Maul zu schmieren. Und unser "letzter Universalgelehrter" ist natürlich der ideale Kandidat, um das deutsche Musikbeamtentum mit größenwahnsinnigen Träumen anzufeuern.





Bollani beherrscht das Marketing nicht annähernd so geschickt wie Pollini. Pollini hat es mit seinem Kontrastprogramm als Kommunist im Smoking geschafft, in Deutschland für eine Art Gott gehalten zu werden. Wie göttlich Bollani im Vergleich zu Pollini ist, merkt in Deutschland nur Sol Gabetta.

Als Bollani angekündigt wurde, er habe einen Musikpreis in Deutschland gewonnen, fragte er sofort, wieviel Geld er da bekomme. Unangenehm berührt antwortete man ihm, es gebe keinen Pfennig, weil dieser Preis außer Ruhm und Prestige und einem deutschen Abendessen nichts beinhalte. Hoffentlich hat man ihm wenigstens die Anfahrt und die Hotelkosten erstattet.



PS.:
Das eigentlich Interessante ist, dass Italien und der deutschsprachige Raum zwei Lebensbereiche sind, die so wenig voneinander Notiz nehmen, dass Pollini in einem ungestraft Äußerungen von sich geben kann, ohne im anderen dafür zur Rede gestellt zu werden.






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