Stationen

Freitag, 21. Februar 2014

Heimatkunde


Während meiner Schulzeit war es mir nicht möglich, etwas über das Königreich Hannover zu erfahren. Im Schulbuch und im Unterricht wurde es mit keinem Wort erwähnt. In Putzgers Geschichtsatlas tauchte es auf einer Seite wie aus dem Nichts auf und verschwand auf der nächsten in Preussen. Meine Mutter legte Wert auf die Feststellung, dass die englischen Thronfolger "eigentlich aus Hannover kämen". Aber sie wusste nicht, weshalb und wann das vorgekommen war. Es ist auf den Act of Settlement zurückzuführen, einer Art englischem cuius regio, eius religio. Aber der soll demnächst reformiert werden! So antikatholisch die Briten auch weiterhin sind, sie möchten ihren Antikatholizismus für das Königshaus gerne lockern.

Royals aus Hannover

Das Königreich Hannover war beim Wiener Kongress entstanden: da hatte sich das von Napoleon aufgelöste Kurherzogtum Braunschweig-Lüneburg ("Kurhannover") selbst zum Königreich Hannover erklärt. Schon seit 1714 bestand Personalunion zwischen England und "Kurhannover", und die setzte sich bis zum Tod von Wilhelm IV. 1837 fort.

1837 war auch das Jahr der Göttinger Sieben. Selbst sie wurden bei uns in der Schule mit keinem Wort erwähnt, obwohl auch die Gebrüder Grimm zu ihnen gehörten.

Zu Preussen kam das Königreich Hannover, als Bismarck die Welfen entthronte, nachdem sie 1866 mit Österreich den Deutschen Krieg gegen Preussen verloren hatten. Das war der Krieg mit der berühmten Schlacht bei Königgrätz, die auch berüchtigt ist, insofern damals der Krieg wirklich gefährlich wurde. Old Shatterhands, seit 4 Jahren bereits existierender, Henrystutzen kam zwar noch nicht zur Anwendung, aber wir sind kurz davor. Mit einem Teil ihres von den Welfen erbeuteten Geldes bestach Bismarck Ludwig II, um dessen Zustimmung zur Schaffung des 2. Reichs zu gewinnen.

Die erste hannöverische Thronfolgerin wäre im Alter von 84 Jahren beinahe noch die geliebte Tante der Liselotte von der Pfalz geworden. Sie starb aber gerade noch rechtzeitig. Ihr verdanken wir zum großen Teil Liselottes aufschlussreiche Korrespondenz und ihrer Nichte den Namen unserer Mutter.

Wie überall in Deutschland wurde die den Juden von Napoleon gewährte Gleichstellung nach dem Wiener Kongress auch im Königreich Hannover wieder rückgängig gemacht (nach der Schlacht von Austerlitz war Hannover übrigens schon einmal preußisch gewesen: als Belohnung für Preußens Neutralität! Franken wurde damals bayrisch: als Belohnung für Bayerns Loyalität und Tapferkeit. Nach dem Wiener Kongress wurde Hannover wieder britisch, Aub blieb bis heute bayrisch). Dass ausgerechnet der gehasste Napoleon die jüdischen Männer allen anderen Männern in Deutschland gleichgestellt hatte, trug, nachdem Napoleon besiegt war, nicht gerade zur Beliebtheit der Juden bei, in diesem Staatenbund, der Dank Napoleon den Kleinstaatenindividualismus überwunden hatte und nun sogar nach Einheit strebte.

So, wie man in Deutschland gegen Frankreich eins wurde, wurde man in Italien gegen Österreich eins. In Deutschland wuchs immerhin zusammen, was zusammengehörte. In Italien blieb das Zusammenwachsen bisher noch aus. Weil Sizilien zu weit von Österreich weg ist.  Man wird für gewöhnlich immer gegen irgend jemanden eins. Das erklärt auch, weshalb Europas Einungsprozess so schwerfällig vorankommt: wir wissen nicht, wer unser Feind ist. Außerdem ist Italien von Schweden vielleicht auch zu weit weg.

Aub

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