Stationen

Sonntag, 20. April 2014

20. April



Ausgerechnet an einem 20. April begann der König Rintfleisch sein blutiges Treiben gegen die Juden. Man könnte meinen, Hitler sei des fränkischen Metzlers Wiedergänger. Ein Reus ex pyxide.

Seitdem ich aufs Gymnasium ging, in einer Zeit, in der die Schulbücher der Fächer Geschichte, Deutsch, Religion, Latein, ja sogar Erdkunde plötzlich soziologistisch und sozialdemokratisch ideologisiert wurden, war jedes Thema in meiner biologistisch geprägten Familie plötzlich ideologisch befrachtet. Ich war völlig überfordert. Ich verwechselte den 20. April, den 20. Juni, den 20. Juli und den 20. August. Der Hochzeitstag meiner Eltern, der Einmarsch der Russen in Prag, Hitlers Geburtstag und Stauffenbergs Attentat verschlangen sich zu einem gordischen Knoten der Verzweiflung, aus der es kein Entrinnen gab. Meine Geschwister halfen mir in meiner Notlage nie. Sie, die in die Zeit hineingeboren wurden, die zwischen meiner Zeit und denen meiner Eltern lag, vermittelten nie zwischen den beiden unvereinbaren Welten. Im Gegenteil. Sie wurden Teil der Barriere, die mich von der Welt meiner Eltern trennte. Die Last Verständnis aufzubringen, wurde vollständig auf meine schwachen Schultern gelegt.
Und damit nicht genug, wurde mir auch noch nahegelegt, ich sei selber an meiner Fassungslosigkeit und Verzweiflung schuld. Und hemmungslos angeschwärzt und verleumdet wurde ich gegenüber Dritten.
Ich konnte schon froh sein, wenn sie davon absahen, die Kontraste, die mich quälten, zwischen mir und den alten Eltern, nicht sadistisch auf die Spitze zu treiben.

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