Stationen

Freitag, 13. März 2015

Zwei Ungerechtigkeiten

Zwei Ungerechtigkeiten, die sich gegenseitig ausgleichen sollten. Die Schmach von Versailles nach dem 1. Weltkrieg war die erste Ungerechtigkeit. Dass wir nach dem 2. Weltkrieg so gut davonkamen die zweite Ungerechtigkeit.

Nicht vergessen, dass einer der Gründe, weshalb auch viele der klügsten und friedliebendsten und vernünftigsten deutschen Offiziere 1944 sagten: "Erst gewinnen wir den Krieg, dann hängen wir Hitler auf!" darin bestand, dass man nach all dem, was diesmal durch deutsche Hand verbrochen worden war, berechtigte Angst vor einem Super-Versailles hatte, vor einem Ende, bei dem von Deutschland überhaupt nichts mehr übrig geblieben wäre, weil man das Land womöglich zerstückelt und unter den Siegermächten aufgeteilt hätte und die Familien aller Männer in Führungspositionen ermordet.

Nun, dieses Super-Versailles kam nicht. Es kam zwar die Vertreibung aus dem Osten (und über die bestialischen Verbrechen, die dabei an den Deutschen - in Friedenszeiten! nach 45 - begangen wurden, wird zu gegebener Zeit noch gesprochen werden), der Verlust der Ostgebiete und die Teilung. Aber das Super-Versailles kam dann eben doch nicht. Wir kamen im Vergleich zu den Befürchtungen unserer Offiziere, und sogar im Vergleich zur Schande von Versailles, unglaublich gut davon, geradezu empörend gut kamen wir davon. Ähnlich wie ein Pädophiler, der befürchtet aufgehängt zu werden und dann in einem Schweizer Sanatorium von schönen Schwestern umhegt wird, wurden auch wir verwöhnt und therapeutisch versorgt. Glück gehabt! Denn man brauchte uns als Alliierte gegen die Sowjetunion. Glück gehabt auch, weil nach dem 2. Weltkrieg eine Epoche begann, in der bis heute gilt: Je schlimmer es einer treibt, desto mehr kann er mit Verständnis rechnen. Heute gilt es für jeden Halunken (und die deutschen Hirnforscher würden am liebsten den Begriff Schuld aus dem Strafrecht ganz streichen), damals galt erst mal für unser Land der Glaubenssatz der Aufklärung, dass es für alles gute Gründe gibt. Und man knüpfte daran den Grundsatz, dass Wiedereingliederung versucht werden muss. Wir haben also enormes Glück gehabt. Wir waren tüchtig und haben uns gut wiedereingegliedert. Aber bei aller Tüchtigkeit... ohne dieses Glück (wohl, abgesehn von der günstigen Konstellation, vor allem Truman zu verdanken) und ohne Marshallplan hätten wir so tüchtig sein können, wie wir wollten.

Leider wäre dagegen ein Marshallplan für Griechenland jetzt rausgeworfnes Geld, wie auch die Übernahme von Bürgschaften für Griechenland bereits rausgeworfnes Geld ist. Rausgeworfen werden muss wahrscheinlich Griechenland. Joschla Fischer meint zwar, dass damit nur Putin gedient sein wird. Aber vielleicht ist Griechenland ja genau der giftige Apfel, den man Putin anbieten sollte. Das einzige, was am Ende zählt - besonders heute wo alle nur rumhängen - ist die richtige Einstellung.

Jedenfalls hatten wir enormes Glück. Man möchte fast sagen, der 2. Weltkrieg hat sich am Ende gelohnt. Damit wir den Sinn für Proportionen nicht völlig verlieren und uns unseres immensen Glücks bewusst bleiben, werden wir ab und zu daran erinnert.

Canossa und London

Pura lex sed lex

Großartige Sendung!  Besonders Dan Diner! Hier sein Buch

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