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Freitag, 22. Januar 2016

Deutschland, kehr vor der eigenen Haustür!

20 Jahre lang haben die deutschen Journalisten über Italien gelästert. In 20 Jahren Berlusconi kam es kein einziges Mal vor, dass eine Partei mit einem der AfD vergleichbaren Wählerpotential - egal welcher Couleur - nicht in die Wahlkampf-Talkshows eingeladen wurde, weder bei den staatlichen Sendern noch bei Berlusconis Sendern, noch bei irgendeinem anderen Senderpol (Cecchi-Gori). Während 20 Jahren Berlusconi gab es in jeder Sekunde in Italien eine Meinungsvielfalt (bei der jeder mit jedem konfrontiert wurde), die man sich im einfältigen, schematischen, plumpen Deutschland nicht einmal vorstellen kann.

Selbst die kleinen rechts- und linksextremen Splitterparteien hatten - bevor im Jahr 2005 endlich eine 4% Sperrklausel eingeführt wurde, die zur unüberwindlichen Hürde für deren Einzug ins Parlament wurde - immer die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu erläutern, waren in unzähligen verschiedenen Foren anwesend, gelangten daraufhin auch ins Parlament (und die linksextremen brachten dann Prodis Regierungen jedesmal zu Fall, wenn der ihre Forderungen nicht erfüllte, während die rechtsextremen nie an Berlusconis Regierungsbildung beteiligt wurden).

Dass Rot-Grün jetzt zu feige ist, sich in einer Talkshow mit der AfD zu messen, war zu erwarten. Dass Rot-Grün den SWR unter Druck setzt, ist ein Skandal, der zum Himmel schreit, dass der SWR auch noch darauf eingeht, statt Rot-Grün einfach zu antworten "Wenn Ihr nicht kommt, seid ihr selber dran schuld!", ist noch schlimmer.

Und dass der SWR auf Kritik seitens CDU (und Gott sei Dank auch von Seiten der anderen Medien, was keineswegs selbstverständlich ist und erst seit Köln möglich scheint) antwortet, man habe keine andere Wahl gehabt, ist wirklich der Gipfel. Der SWR ist den Zuschauern verpflichtet!! Die zahlen die Beiträge an die GEZ und würden gerne alle Parteien, die laut Umfrage Chancen auf Einzug ins Parlament haben, im Studio sehen.

Ich habe es schon oft gesagt und wiederhole mich trotzdem noch einmal: Deutschland ist immer noch nicht pluralismusfähig. Nicht wirklich, immer noch nicht wirklich pluralismusfähig. Sobald echte Ideenkonfrontation droht, werden in Deutschland Ausflüchte gesucht und Verleumdungen vom Zaun gebrochen.

Aber Deutschland hat immer sofort eine große Martin-Schultz-Klappe, wenn es glaubt, über Länder herziehen zu können, die es nicht richtig kennt und auch gar nicht richtig kennen will.


Dass Dreyer glaubt, nach eigenem Gutdünken entscheiden zu können, die AfD nicht einzuladen, weil die sich für Dreyers Geschmack zu sehr radikalisiert habe, ist völlig indiskutabel und müsste eigentlich zum Rücktritt von Frau Dreyer führen.

Mich bestärkt es in meiner Überzeugung, dass nicht Italiens Medien dazu neigen, die Demokratie mit Füßen zu treten, sondern die deutschen.

Deutschland, kehr vor der eigenen Haustür! Deutschland, du bist so undemokratisch, dass du dir lieber den Kopf darüber zerbrichst, wie man die NPD kriminalisieren und verbieten kann, als sie in den Talkshows auf die besseren Argumente prallen zu lassen. Deutschland, du bist peinlich, weil du offenbar keine besseren Argumente als die Schmuddelkinder hast. Deutschland, du hast Angst, dass man auf die Schmuddelkinder hören könnte. Deutschland, deine Führungsclique glaubt, Demokratie bedeute, immer etwas weiter links als das Volk sein zu müssen. Deutschland, deine Führungsclique verachtet das tumbe deutsche Volk, weil es ständig umerzogen und zu seinem Glück gezwungen werden muss.

Man verstehe mich nicht falsch! Das eigentliche Kennzeichen der demokratischen Unreife ist die Dummheit. Es wird natürlich der AfD zugute kommen, dass man ihr ausweicht. Wären unsere "Volksparteien" in demokratischer Hinsicht wirklich ausgereift, wären sie nicht ans Kriminalisieren gewöhnt, sondern ans Argumentieren. Es käme nicht für sie in Frage, vor einer argumentativen Kraftprobe zurückzuschrecken.



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