Stationen

Mittwoch, 13. Juli 2016

Angela tragica Kazmierczaki

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Mehr noch als für vieles sonst gilt das für die kommende Bundestagswahl. Manchem scheint da bereits Himmelangst zu werden. Schließlich dauert es nur noch ein gutes Jahr, bis der Wähler, das unberechenbare Wesen, der Mensch draußen im Lande, an die Wahlurne tritt, um seine gültige Stimme womöglich den Falschen zu geben.

Höchste Zeit also für die alteingesessene WG des Bundestags, andere Saiten im Kampf um den Erhalt ihrer Erbpacht aufzuziehen. Ist es doch noch immer nicht gelungen, die AfD zur Strecke zu bringen.
Obwohl es an medialer Unterstützung nicht fehlte, hat das rhetorische Donnerwetter allein bisher wenig gebracht. Auch der Zusammenschluss aller etablierten Parteien zur Anti-Alternativen-Volksfront konnte die Alternativen nicht aus dem Feld schlagen. Nicht einmal das fieberhafte Bemühen um ihre Entzauberung als ein zerstrittener Haufen rivalisierender Greise, keifender Megären und nationalistischer Dumpfbacken zeigte den erhofften Erfolg.

Allzu oft erkannte man die Absicht der „Aufklärer“ und war verstimmt. Zwar schwanken die Zustimmungswerte für den Angstgegner bisweilen; gerade eben muss er in verschiedenen Umfragen wieder Abschläge von ein bis zwei Prozent hinnehmen, doch wurde er nie so ausgepfiffen, dass er den Ring hätte fluchtartig verlassen müssen. Vielmehr gerieten die anderen zunehmend in Panik.

Mittlerweile zittern sie auffällig. Dabei ist es keineswegs so, dass diejenigen, die sich vorstellen könnten, mit der AfD eine politische Kraft zu wählen, die aus der Reihe tanzt, auch bereit wären, ihr blindlings zu folgen. Oder alles gut fänden, was ihre Funktionäre so treiben. Sie sind es nur leid, weiterhin ein Parteien-Kartell durchzufüttern, das sich daran gewöhnt hat, das Volk vormundschaftlich zu beherrschen, gleich, ob es um den bürokratischen Ausbau eines zentralistisch regierten Europas, um die Flüchtlings- oder die Energiepolitik geht. Sie wollen sich nicht länger von denen in die Taschen greifen lassen, die von der Hand in den Mund regieren, um nur irgendwie an der Macht zu bleiben.

Dass die „wahren Demokraten“ vor keiner Anschwärzung zurückschrecken, hat Thomas Strobl, Landesvorsitzender der CDU in Baden-Württemberg und untertäniger Koalitionsdiener des grünen Ministerpräsidenten Winfried Krteschmann, erst dieser Tage wieder bewiesen. Alarmierend verlangte er die Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz. Das haben zwar schon andere vor ihm erfolglos versucht. Aber der stete Tropfen höhlt bekanntlich den Stein, auch wenn Strobl wie seine Vorgänger jetzt noch einmal bei der  Behörde abgeblitzt ist. Die antisemitischen Einlassungen des AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon (unsägliche Äußerungen, auf die die AfD viel zu spät und ausweichend reagierte) gaben einfach nicht genug her.
Würden sie zum Anlaß einer Überwachung genommen, müsste sich der Verfassungsschutz am Ende mit allen Parteien befassen, deren Mitglieder in der Vergangenheit durch ihre Kumpanei mit den Palästinensern im Kampf gegen die Juden aufgefallen sind.  Als Generalsekretärin der SPD empfing Andrea Nahles 2012 eine Delegation der Fatah im Berliner Willy-Brandt-Haus. Verabschiedet wurde dabei eine Erklärung zum „Strategischen Dialog zwischen SPD und Fatah“, in dem unter anderem von „gemeinsamen Werten“ und „gemeinsamen Zielen“ die Rede war.

In der CDU hielt Martin Hohmann, als er der Partei noch angehörte, obskure Reden, in denen er die Juden in die Nähe eines „Tätervolkes“ rückte. Bei der FDP tat das einst Jürgen Möllemann, bei den Grünen unter anderem  Hans-Christian Ströbele. In einem Gespräch mit Henryk M. Broder sagte Dietmar Bartsch, wenn die Linke sich von allen Antisemiten in ihren Reihen trennen würde, verlöre die Partei die Hälfte ihrer Mitglieder. Eine Aussage, die der Vorsitzende der Links-Fraktion im Bundestag nie dementierte.

Dass Thomas Strobl von alledem nichts mitbekommen haben soll, kann nicht sein. Immerhin ist er seit Jahrzehnten aktives CDU-Mitglied, politisch in führenden Ämtern tätig. Wenn er dennoch versucht, die AfD mit Verweis auf den rhetorischen Unflat eines Wolfgang Gedeon - übrigens ein altes Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxismus-Leninismus (KPD/ML) - verfassungsrechtlich zu kriminalisieren, dann spürt man auch hier die Absicht und ahnt, worauf das hinauslaufen soll: Auf ein förmliches Verbot der Partei noch rechtzeitig vor der Bundestagswahl 2017.

Wozu, mag sich der Merkel-Mann gesagt haben, wozu haben wir schließlich einen parlamentarisch kontrollierten Verfassungsschutz, wenn wir ihn nicht gegen jene einsetzen, die einem die Wähler abspenstig machen könnten. Dass Thomas Strobl nicht der einzige ist, dem solche Strategien durch den Kopf gehen, scheint eher wahrscheinlich als ausgeschlossen. Die Parteien (CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und Linke) , deren Mitgliederzahl von 1990 bis heute um die Hälfte schrumpfte, von 2,4 auf 1,2 Millionen, haben im Kampf um ihre Existenz längst blankgezogen.
Mittlerweile ist ihnen nahezu alles zuzutrauen. Am Ende sogar die Erklärung eines Notstandes, der es nicht zulässt, die nächsten Bundestagswahlen überhaupt noch wie geplant durchzuführen.

Ein Probelauf dafür war, allerdings technisch begründet, ja schon für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus in diesem Herbst erwogen worden. Im nächsten könnte uns dann die Bundeskanzlerin womöglich erklären, die rechtspopulistischen Kräfte seinen derart erstarkt, dass freie Wahlen den Fortbestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bedrohen würden, dass man vorerst darauf verzichten müsse, um nicht zu gefährden, was sich die etablierten Parteien über Jahrzehnte aufgebaut haben: eine höfische Demokratie, in der sich der Bürger als umsorgter Untertan wohlfühlen darf.

Wer jetzt den Kopf schütteln möchte und dagegen hält, dass kein demokratisch gewählter Politiker, schon gar nicht in Deutschland, einen derartigen Verfassungsbruch wagen würde, dem ist nicht nur ein Großteil unserer Geschichte entfallen, er hat vor allem vergessen, was sich die amtierende Bundeskanzlerin in den letzten Jahren schon alles leistete. Auch ihre selbstherrlich verfügte Grenzöffnung aus „humanitären“ Gründen hätte noch vor zwei Jahren niemand für möglich gehalten, nicht zu reden vom Bruch der europäischen Verträge im Zuge der Euro-Krise oder von der diplomatischen Kumpanei mit einem diktatorisch herrschenden Sultan und anderen Autokraten mehr.  Thomas Rietzschel

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