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Sonntag, 17. Juli 2016

Die Welt, sie wird Dich schlecht begaben, glaube mirs, sofern Du willst ein Leben haben, raube Dirs!

Die Minuten nach einem gemeinsam gesehenen Kinofilm sind in unserer Familie stets heikel. Bei uns wird während eines Films nicht geflüstert und getuschelt. Es bleibt also bis zum Ende unklar, wie der andere es fand.

Es gab schon Fälle, wo man nach der Vorführung auf der Straße stand und gemeinsam tief seufzte. Allerdings kam aus dem einen Mund das Urteil „unterirdisch!“, aus dem anderen „genial“. Und dann wurde die Heimfahrt über gestritten. Selten, aber gelegentlich doch.
Abbrüche erfolgen, wenn, dann unter meiner Regie, Kubitschek neigt da zu geldökonomischen („wir haben doch bezahlt!“), ich zu zeitökonomischen Überlegungen („der Mist klaut mir Lebenszeit!“).
Heute war ich mit den beiden großen Mädchen „Lou Salome“ anschauen. Gutes Omen war schon mal, daß wir schwiegen, wo das Restpublikum (ausverkaufter Saal!) lachte und dort lachten, wo die anderen schwiegen. Nach dem Abspann auf der Straße aus drei Mündern: „Hinreißend!“ „Unglaublich gut!“ „Perfekt!“.
Ach, wie gut, wie hervorragend hat uns dieser Film (Regie: Cordula Kablitz-Post) gefallen! So recht nach unserem Geschmack. Besonderes Kunststück: wie hervorragend die Protagonisten (Nietzsche, Nietzsches Schwester Elisabeth, Paul Rée, Malwida von Meysenburg, Lou selbst in drei Lebensaltern ohnehin) besetzt waren – schier unglaublich. „Ist übrigens ein hübsches Poem von Lou Salome; könnt Ihr Euch merken“, doziere ich und wiederhole: „Die Welt, sie wird Dich schlecht begaben, glaube mirs, sofern Du willst ein Leben haben, raube Dirs!“ Die Töchter, milde: „Ja, Mama. Die Lou-Salome-Postkarte mit diesem Zitat hast Du uns schon vor Jahren geschenkt. Ham wir längst kapiert.“  EK

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