Stationen

Dienstag, 18. Oktober 2016

Biopolitischer Totalitarismus

Leser *** schreibt zu den Freiburger Straßenumbenennungsplänen (Eintrag vom 14. Oktober): "Sehr geehrter Herr Klonovsky, daß Carl von Linné heute zu den politisch Unkorrekten gerechnet werden könnte, kann nur daran liegen, daß er in seinem wissenschaftlichen Eifer bei der Beschreibung des Homo sapiens in seinem Buch 'Systema naturae' die vier damals bekannten Menschenrassen aufzählte: Weiße, Gelbe, Schwarze und Rote; und jeder von ihnen hat er bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben."
Aber es werde noch toller, wenn man auf der Webseite nachschlage, wo die Rotte der moralisch Hochbegabten ihre Umbenennungs- und Stigmatisierungsvorschläge begründet.  Der Fall Linné ist dabei tatsächlich ein Glanzlicht. Wir lesen dort nämlich nicht nur, dass er, wie Gott auch, ein Rassist gewesen sei, weil er "die Spezies Mensch in vier Rassen anhand von körperlichen Merkmalen" eingeteilt und "diesen auch höhere und niedere charakterliche Eigenschaften" zugeschrieben habe. Vor allem war er ein Sexist, der die Heteronormativität bis in die Flora ausdehnte. Linné "begründete und verfestigte mit seiner Klassifizierung und auch Sexualisierung des Pflanzenreichs anhand der Morphologie in männliche und weibliche Pflanzen" sehenden Auges in Kauf nehmend die Diskriminierung stockschwuler Steckrüben, lesbischer Linden und von Tulpentransen*. Ferner implementierte dieser Wissenschaftler "durch die nicht zwingende Klassifikation von Tieren (Säugen als weibliche Grundfunktion und Wesensbestimmung) eine Denkweise und Gesellschaftsordnung, die die Unterordnung von Frauen unter Männer sowie die traditionelle geschlechtliche Arbeitsteilung als natürlich erklärt und ‚beweist‘." Wie soll man da als emanzipierter Anwohner einem Säugetier noch in die Augen schauen?

Deswegen empfehlen die Kommissköpfe ein Ergänzungsschild unter dem Namen, worauf für alle Zeiten geschrieben stehe und zu lesen sei: "Carl von Linné (1707-1778). Schwedischer Naturforscher und Begründer der biologischen Systematik, Vordenker einer biologistisch begründeten Geschlechterhierarchie und Rassenlehre." Weitere Höhepunkte der Endaufklärung hier.
Was für ein Ergänzungsschild, frage ich mich, werden diese Edlen wohl dereinst für die erste Freiburger "Prophet-Mohammed-Straße" vorschlagen?
* Um den Fragen von Botanikern vorzugreifen: Schwule Steckrüben zeichnen sich dadurch aus, dass die Staubblätter den Fruchtknoten ablehnen und neurotisch die Selbstbestäuber beneiden, weil sie selber ja der Fremdbestäubung nicht wehren können; deshalb ist die Diskussion um das Adoptionsrecht bei Rüben noch nicht in Gang gekommen. Bei den lesbischen Linden verhält es sich genauso, nur eben andersherum (siehe dazu auch die Standardwerke: Friedericke Teufels, "Die Lage der arbeitenden Polle in Deutschland", Judith Kerka-Porta, "Die Imme als soziales Konstrukt" und Lann Hornhaut, "Alterseinsamkeit unter homosexuellen Langusten").   MK am 17. 10. 2016

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