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Montag, 17. Oktober 2016

Deutsche Beschränktheit und Gehässigkeit

Der britische Außenminister und Brexit-Befürworter Boris Johnson wird mal wieder als zynischer und verlogener Halunke durchs Mediendorf getrieben. "So schwärmte Brexit-Boris von der EU" schreibt die Bild-Zeitung. Und Spiegel-Online textet: "Es ist ein entlarvendes Dokument des britischen Außenministers Boris Johnson: Der Kopf der Pro-Brexit-Kampagne listet in einem bisher geheimen Artikel Argumente für einen Verbleib in der EU auf - kurz bevor er die Seiten wechselte." Dazu ist zu sagen: Es ist weder neu noch entlarvend, dass es einen solchen Text von Boris Johnson gibt, er hat ihn seinerzeit wohl aus politischer Rücksicht auf David Cameron nicht veröffentlicht.
Johnson hat schon mehrmals auch jene Argumente aufgezählt, die für ein Verweilen der Briten in der EU sprechen, beispielsweise hier am 7. Februar des Jahres im Telegraph. Der nun angeblich „geheime“ und „entlarvende“ Text enthält in der Substanz nichts anderes. Da ringt einer ganz offen um seine Position in der Sache und wägt Pro und Contra-Argumente ab. Das sollte für einen Politiker eigentlich selbstverständlich sein. Wo ist hier der Skandal?

„Rather than damn Boris, I suspect his „secret“ article will underline the authenticity behind his support for Brexit“, schreibt beispielsweise Fraser Nelson im Spectator ( Anstatt ihn zu überführen, wird dieser „geheime“ Artikel vermutlich dazu beitragen, Johnsons authentische Unterstützung für den Brexit zu unterstreichen“). Nelson fasst den Johnson-Text so zusammen: „It purports to balance both arguments, but weighs in far more favourably for Brexit.“ („Der Beitrag gibt vor, beide Seiten gegeneinander abzuwägen, aber das Hauptgewicht seiner Argumentation deutet sehr viel mehr zu Gunsten des Brexit“). Nelsons ganzer Beitrag mit allen Links steht hier.

Die Reaktion in Deutschland zeigt eigentlich nur, wie wenig man die Person Boris Johnson verstanden hat, von dessen Intellektualität sich so mancher deutsche Politiker und Medienvertreter eine Scheibe abschneiden könnte. Aber wahrscheinlich ist sein scharfer Verstand genau der Grund, warum Johnson in beinahe pawlowscher Manier niedergemacht wird.
Hierzulande applaudiert man lieber einer Kanzlerin, die nicht einmal in der Lage ist, offensichtliche Fehler in der Flüchtlingsolitik einzugestehen.

Und damit sind wir beim nächsten Punkt: Während der Brexit hierzulande als offensichtlicher Fehler gehandelt wird, kann in Großbritannien keine Rede davon sein. Viele sprechen gar von einer „Befreiung“ und einem Gefühl „wie nach dem Mauerfall in Deutschland“. Das mag man weniger euphorisch sehen, es widerspricht aber mit Sicherheit dem einseitigen Bild, das in Deutschland von der britischen Stimmung gezeichnet wird. Die Briten verzweifeln nicht an sich selbst, ganz im Gegenteil. Wenn es der kleinen Schweiz gelingt, ohne Mitgliedschaft in der EU wirtschaftlich zu prosperieren, warum sollte das nicht dem größeren Großbritannien gelingen?
Die angekündigte Wirtschaftskrise ist bis auf weiteres ausgeblieben, die Aktienkurse steigen längst wieder und das Pfund sinkt leicht, was gut für den britischen Export und keineswegs dramatisch ist (Der Euro ist gegenüber dem Dollar in den letzten 3 Jahren um 20 Prozent gefallen, ohne dass hierzulande die Lichter ausgehen).

Die britische Regierung hat derweil mit politischen Aufräumarbeiten begonnen: Überzogene Klimaschutz-Vorschriften werden eingedampft, die Energieversorgung auf eine rationale und sichere Grundlage gestellt, Fracking und eine dritte Landebahn in Heathrow erlaubt, Hilfsgelder  für palästinensische Terroristen gestrichen und so weiter und so fort.

Großbritannien zeigt gerade, dass keine Politik alternativlos ist, schon gar nicht die deutsche, die ja entscheidend zum Brexit beigetragen hat. Und dies ist wahrscheinlich der Grund, warum bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Keule gegen den finsteren Albion herausgeholt wird. Für die EU-Apparatschicks ist dieses Land eine einzige Provokation. Und für die Völker Europas ist der Brexit leider ein großer Verlust, weil die Etatisten in Brüssel und Straßburg jetzt wieder unter sich sind. Von der Lernfähigkeit eines Boris Johnson und einer Theresa May sind diese Lichtjahre entfernt. Dirk Maxeiner

Dank an den in London lebenden Achse Autor Benny Peiser für zahlreiche HInweise.

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