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Mittwoch, 18. Januar 2017

Die Lirorettung geht in die zweite Phase




Man kann nicht privaten Haushalten ihr Geld wegnehmen, um eine Bank zu retten und dem produktiven Mittelstand das Genick brechen geht auch nicht; zumal der Monte dei Paschi sehr regional ausgerichtet ist (Regionalsystemrelevanz).  Da aber im Moment keine Schutzmaßnahmen für diese beiden Kategorien existieren, muss doch wieder die Allgemeinheit haften.

Wir erleben gerade eine Neuauflage der „Nonbelligeranza“, des italienischen „Wir-würden-ja-gerne-aber-wir-können-leider-nicht (aber wir halten uns alle Optionen offen)“. Mit Draghi als Chef der EZB und Forza Italia Tajani als Chef des Europaparlaments.




Selbst für Kritiker der EU-Bankenunion stellte die im Januar 2016 eingeführte Regelung zum Umgang mit maroden Banken einen Lichtblick dar. Nicht mehr die Steuerzahler sollen herangezogen werden, wenn Banken in Schieflage geraten, sondern die Aktionäre und Gläubiger der Bank.

Nun, da die Gläubigerhaftung im Fall der italienischen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena erstmals angewendet werden könnte, sollen mit Zustimmung der EU-Kommission erneut Staatsgelder zur Bankenrettung fließen. Bereits vor Weihnachten hat die Regierung des neuen italienischen Premiers Paolo Gentiloni einen 20 Milliarden Euro schweren Rettungsfonds zur Sanierung des maroden italienischen Bankensektors aus der Taufe gehoben. Als erster profitieren soll davon die Bank Monte dei Paschi, die laut Notenbank 6,6 Milliarden Euro vom Staat benötigt. Gerechnet wird damit, dass Rom der Monte dei Paschi mit 4,6 Milliarden unmittelbar unter die Arme greifen muss, später könnte nochmals Geld fließen, um rund 40000 Privatanleger der Bank auszuzahlen.

Mit dem Segen der EU-Kommission nutzt die italienische Regierung im Fall der „Monte“ eine Sonderregelung. Diese sieht eine „vorsorgliche Rekapitalisierung“ durch den Staat unter Schonung der Gläubiger vor. Ob im Fall des Geldhauses aus der Toskana allerdings die Bedingungen erfüllt sind, ist umstritten. So muss die betreffende Bank im Kern gesund sein und eine Gefahr für das Finanzsystem drohen. Die Monte dei Paschi di Siena ist zwar Italiens drittgrößte Bank, allerdings hat sie wegen ihrer stark regionalen Ausrichtung nur eine begrenzte nationale Bedeutung. Zweifelhaft ist allerdings nicht nur die Systemrelevanz der Bank. Bei Monte dei Paschi gilt ein Drittel der Kredite als notleidend, so dass schwerlich von einer im Kern gesunden Bank die Rede sein kann.
Viele Beobachter halten Roms Rettungsversuch für tatsächlich auch politisch motiviert. Die Bank hat für 4,3 Milliarden Euro Schuldscheine ausgegeben, die zur Hälfte von privaten Haushalten gezeichnet wurden. Es wird argumentiert, Rom habe mit Blick auf drohende Neuwahlen diese Anleger vor Verlusten bewahren wollen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass erneut auch Spekulanten auf Kosten der Steuerzahler hohe Renditen erzielen werden. Die massiven Probleme der Bank sind nämlich schon länger bekannt. Bereits im Jahr 2009 wurde sie vom Staat vor der Insolvenz bewahrt. Das Vertrauen darauf, erneut vom Steuerzahler rausgehauen zu werden, könnte Spekulanten veranlasst haben, ganz gezielt Papiere der angeschlagenen Bank ins Depot zu nehmen.

Auch andere Gründe sprechen dafür, die staatliche Rettung der Monte dei Paschi kritisch zu sehen. Zu befürchten ist nämlich, dass derzeit in Italien ein Präzedenzfall geschaffen wird, auf den sich demnächst auch andere Banken in Italien, aber auch in der übrigen Euro-Zone, etwa Griechenland oder Portugal, berufen werden. Vor diesem Hintergrund wirft das Agieren von EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) Fragen auf.

Tatsächlich gibt es nämlich Anzeichen dafür, dass EU-Kommission und EZB bei der Monte dei Paschi auf nichts anderes als auf eine Rettung mit Steuergeldern hingearbeitet haben. So hat die Regierung in Rom die Kriterien für eine Staatshilfe bis aufs Äußerste gedehnt. Brüssel hat dagegen kein Veto eingelegt, sondern die italienischen Pläne als „Liquiditätshilfen“ abgesegnet und durchgewunken. Auch die Europäische Zentralbank unter dem Italiener Mario Draghi hat im Vorfeld signalisiert, dass sie den in Rom geplanten Staatseingriff genehmigen werde. Mehr noch. Anfang Dezember hatte die Monte dei Paschi um weitere Zeit gebeten, um privates Kapital zur eigenen Rettung auftreiben zu können. Diese Anfrage wurde allerdings von der EZB-Bankenaufsicht zurückgewiesen. Die Folge war eine Zuspitzung der Situation, die nach Ansicht vieler Beobachter nur noch eine staatliche Rettung als letzten Ausweg ließ. Zudem wurde erneut die Doppelrolle der Europäischen Zentralbank deutlich, die sowohl Aufsichtsbehörde als auch Akteur ist. Im Zuge ihrer Euro-Rettungspolitik hat die EZB ganz massiv italienische Staatsanleihen angekauft, aber auch Papiere von italienischen Banken für deren Refinanzierung akzeptiert. Geraten Italien oder seine Banken in Probleme, drohen damit der EZB hohe Wertverluste.

Hinzukommt im Fall der Monte dei Paschi noch ein besonderer Aspekt: Die Schieflage der Bank wird unter anderem auch auf die Übernahme der Banca Antonveneta im Jahr 2008 zurückgeführt. Damals stand der jetzige EZB-Präsident Draghi an der Spitze der italienischen Notenbank. Medienberichten zufolge soll Draghi die Übernahmepläne von Monte dei Paschi seinerzeit befürwortet haben.    Norman Hanert


Thomas Mayers Weltwirtschaftszirkus

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