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Montag, 6. März 2017

Nachrichtensperren und Denuntiantentum wie in der Sowjetunion

Liebe Leser,

wir haben Post bekommen, vom Presserat, schon wieder. Das Gremium entscheidet derzeit über eine Beschwerde wegen eines möglichen Verstoßes gegen den Pressekodex. Im Dezember hatte die JF über den Fall eines 41 Jahre alten Mannes berichtet, der im schleswig-holsteinischen Kronshagen seine Frau mit Benzin übergossen und angezündet hatte. Noch vor der offiziellen Polizeimeldung erfuhr die JF aus gesicherter Quelle, daß der Täter aus Afrika stammte und schon länger in Deutschland lebte, was wir auch so schrieben.
Dies rief Dennis R. aus Baden-Württemberg auf den Plan. R., nach eigenen Angaben „Freier Journalist und PR-Fachkraft“, ist für uns kein Unbekannter. Rund ein Dutzend Beschwerden über unsere Berichterstattung reichte er bereits beim Presserat ein.

Mal störte er sich daran, daß wir erwähnt hatten, daß es sich bei einem mutmaßlichen Vergewaltiger und Gewalttäter in Wien um einen Asylbewerber handelte, mal empörte er sich über den Ausdruck „Demokratur“ in der Überschrift eines Kommentars. Auch daß wir in einem weiteren Kommentar den Begriff „Schutzsuchende“ in Anführungszeichen gesetzt hatten, hielt der Kollege R. für beanstandungswürdig.
Nun hatte der Bericht über den Kronshagener Frauenanzünder seinen Unmut geweckt. Zum Zeitpunkt der Meldung sei noch nicht offiziell bekannt gewesen, woher der Täter stammte, kritisierte er.

„Lediglich durch Eigenrecherche hat die Redaktion der JUNGEN FREIHEIT die Herkunft ermitteln können, blieb aber die Antwort schuldig, weshalb die ethnische Zugehörigkeit des Verdächtigen für das Verständnis der Kausalzusammenhänge für den Leser von Bedeutung ist.
 Die Straftat stellt nicht zwingend ein Ereignis dar, das für eine bestimmte Tätergruppe typisch ist. Ähnliche Verbrechen sind auch durch Menschen anderer Nationalitäten bekannt“, heißt es im Schreiben R.’s an den Presserat.

R. wirft uns in seiner Beschwerde vor, mit der Angabe der ethnischen Herkunft des Täters ein Sensationsinteresse bedient zu haben. Für die Motivation der Tat sei die Herkunft des Täters unwesentlich.
Es mag nicht überraschen, daß wir das ein wenig anders sehen. Das Anzünden von Frauen am hellichten Tag auf offener Straße ist in Deutschland alles andere als Alltagskriminaliät. Wir werden daher auch in Zukunft bei ähnlichen Fällen über die Nationalität und Herkunft der Täter berichten – ganz gleich, ob es sich dabei um Deutsche, Afrikaner, Inder oder Chinesen handelt.

Wir trauen unseren Lesern zu, ihre eigenen Schlüsse aus solchen Informationen zu ziehen und lehnen den von Dennis R. angemahnten Betreuungsjournalismus ab. Wir werden unsere Leser auch weiterhin mit „Eigenrecherche“ behelligen. Selbst auf die Gefahr hin, daß wir unsere Leser weiterhin über die Korrespondenz zwischen Dennis R. und dem Presserat informieren müssen.  JF

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