Stationen

Samstag, 21. Oktober 2017

In der Kürze liegt die Würze

Ein Migrantenschreck, den Migranten schätzen

Von Julian Tumasewitsch Baranyan.
Mit 31,5% gewann die konservative ÖVP mit ihrem Spitzenkandidaten Sebastian Kurz am 15. Oktober 2017 die Nationalratswahlen in Österreich. Um sich vor Augen zu führen, wie abwegig es aber ist, daraus die gegenwärtig inflationär verwendeten, Vorwürfe des Rechtspopulismus und der Fremdenfeindlichkeit abzuleiten, muss man etwas tun, was in Deutschland stark verlernt wurde, und stetig mehr abhanden kommt. Man muss einen Blick auf die leisen, zurückhaltenden und nicht fordernd auftretenden Migranten und religiösen Minderheiten wagen.
So wird man feststellen, dass der Kanzler in spe tatsächlich für eine ausgewogenere und gerechtere Integrations-und Migrationspolitik steht, als sie bisher vertreten wurde. Kurz stellte schon vor gut einem Jahr sein Engagement für verfolgte orientalische Minderheiten unter Beweis, als er mit Nadia Murad ein yezidisches IS-Opfer als „Botschafterin des guten Willens“ im Rahmen des österreichischen OSZE-Vorsitzes im Jahr 2017 gewinnen konnte.
Am 28. September traf er jüdische Gemeinden in Wien, um mit ihnen den jüdischen Neujahrstag Rosh Hashanah zu feiern. Das ist in Wien eine schöne, bereits länger gepflegte Tradition.
Fünf Monate zuvor traf Sebastian Kurz auf andere Minderheitenvertreter, deren Geschichte von Verfolgung und einem Genozidtrauma geprägt ist. Die Rede ist von orientalisch-orthodoxen Gemeinden, die der Gewinner der Nationalratswahl damals wichtige Partner nannte. In seinem Amt als Außen- und Integrationsminister ging er somit neue Wege, und veranstaltete erstmals überhaupt am 25. April 2017 einen gemeinsamen Osterempfang für die Würdenträger der koptisch-orthodoxen, armenisch-apostolischen und syrisch-orthodoxen Kirche.
Zwei Wochen vorher erschütterten Anschläge, die gezielt gegen Kopten gerichtet waren und mehrere Dutzend Todesopfer forderten, die christliche Minderheit in ihrem Stammland Ägypten. Für die beiden Letztgenannten fand der Empfang einen Tag nach einem für sie wichtigen Datum statt: Dem 24. April als in diesem Jahr 102. Symbolischem Gedenktag an den Völkermord an unter anderen ihren Religionsgemeinschaften durch das Osmanische Reich.
Man könnte jetzt von eigentlich selbstverständlichen Gesten ohne größere Bedeutung sprechen. Führt man sich jedoch vor Augen, dass sie seitens seiner deutschen Pendants gänzlich ausbleiben, so erhöht sich ihre Bedeutung sogleich um ein Vielfaches.

Kein Appeasement gegenüber Erdogan in der Armenien-Frage

Ganz anders als die deutsche Staatsministerin für Integration, Aydan Özoğuz (SPD), und ihr Parteikollege, der damalige bundesdeutsche Außenminister und spätere Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, punktete Kurz in einem ähnlichen Kontext bereits zwei Jahre zuvor.
„Die Erklärung des österreichischen Parlaments ist zu respektieren“, ließ Kurz in seiner Rolle als Außenminister im April 2015 gegen die Kritik der türkischen Regierung und ihrer Auslandsverbände verlauten, nachdem Wien den Völkermord an den Armeniern, zu dessen Opfern auch syrisch-orthodoxe Christen, Griechen und Yeziden zählten, als solchen anerkannte.
Es war schon damals nicht das erste Mal, dass der künftige Bundeskanzler Österreichs selbstbewusst und mit viel Rückgrat ein Signal zugunsten von Minderheiten setzte. Durch das, wesentlich durch ihn initiierte, am 25. Februar 2015 beschlossene, Islamgesetz erteilte er nahezu gleichzeitig der Einflussnahme ausländischer Regime eine klare Absage.
ALEVI, die Vertretung der 60.000 bis 80.000 österreichischen Aleviten, lobte bezüglich des Islamgesetzes darüber hinaus die Möglichkeit alevitische Theologie in Österreich studieren zu können. Auch das Verbot der Auslandsfinanzierung von islamischen Dachverbänden stieß dort auf Zuspruch, was man mit folgenden Worten zum Ausdruck brachte: „Die Regelung zur Auslandsfinanzierung stellt sicher, dass sich der Glauben unabhängig von der Politik sowie unabhängig von anderen staatlichen Einflüssen entwickeln kann.“
Des Weiteren verteidigte ALEVI Kurz‘ Gesetz gegen Vorwürfe der türkischen Regierung und ihrer Religionsbehörde Diyanet, das österreichische Islamgesetz sei eine Maßnahme zur Unterdrückung und Entrechtung von Muslimen, wie folgt:
„Das neue Islamgesetz hat in den letzten Tagen weltweit viel Lob und Anerkennung erhalten und es wurde auch immer wieder betont, dass das neue Islamgesetz eine Vorbildfunktion für andere Länder einnehmen könnte. Die ALEVI teilt diese positive Beurteilung und ist dies auch der Grund, warum wir diesem Gesetz zugestimmt haben.
Die Türkei sollte diesem Beispiel folgen und den 25 Millionen in der Türkei lebenden Alevitinnen und Aleviten ebenfalls ihre Rechte einräumen. Damit würde sie einen Schritt Richtung Demokratie machen und könnte sich auf die Lage in der Türkei konzentrieren. Vielleicht wird es den türkischen Bürgerinnen und Bürgern dann auch endlich einmal ermöglicht, ihre Religion ohne Bevormundung zu leben und auszuüben. Und ein gläubiger Muslim trägt seinen Glauben im Herzen und definiert seinen Glauben nicht durch Gesetze und politische Einflussnahme.“
Die Diyanet übt in Deutschland, den Niederlanden und Österreich direkten Einfluss auf muslimische Dachverbände wie DITIB und ATIB aus.

Eine harte Gangart gegen den politischen Islam

Mit einer ähnlichen Position, wie sie Österreichs Aleviten 2015 veröffentlichten, meldete sich eine Woche vor der Nationalratswahl Mouhanad Khorchide zu Wort. Er ist Professor für islamische Religionspädagogik am Centrum für Religiöse Studien an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster.In seinem Gastbeitrag für den Standard schreibt er:
„Dass ein Politiker, wie Kurz, auf Missstände hinweist und dem politischen Islam den Kampf angesagt hat, ist nicht nur im Sinne des konstruktiven Zusammenlebens in unserer Gesellschaft, sondern eigentlich im Sinne der Muslime selbst, die ja anstreben, als Teil Österreichs und Teil Europas anerkannt zu werden. Aber genau diese Einbindung der Muslime in Europa stellt ein Problem für den politischen Islam dar. Dessen Vertreter werden weiterhin keine Mittel scheuen, in ihrer Propaganda Kurz als Islamhasser abzustempeln.“
Wie eng nun eine stärkere Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse christlicher Migranten und eine harte Gangart gegenüber dem politischen Islam zusammenhängen, zeigt sich unter andereman einem Fall aus der jüngeren Vergangenheit.
Mit dem Beginn des Monats Oktober 2017 trat in Österreich das Vollverschleierungsverbot in Kraft. Dr. Amer Albayati, Islam- und Terrorexperte sowie Präsident der Initiative Liberaler Muslime Österreich, kurz ILMÖ, begrüßte dies ausdrücklich.
Doch es gab auch Kritik und Kampfansagen an das Verbot, zum Beispiel seitens des algerisch-französischen Immobilienmillionärs Rachid Nekkaz. Er kündigte an, Geldstrafen zu übernehmen, die im Rahmen des Burkaverbots verhängt werden, um so eine breite Umgehung des Gesetzes zu ermöglichen.
Bereits 2011 und 2012 war es ebenfalls Nekkaz, der verlauten ließ in Frankreich Strafen zu zahlen, die wegen Leugnung des Völkermords an den Armeniern, syrisch-orthodoxen Christen, Pontosgriechen und Yeziden im Rahmen des Boyer-Gesetzes verhängt hätten werden können. Nekkaz gibt vor im Sinne der Meinungs- und Religionsfreiheit zu handeln, wie es andere Verfechter und Sympathisanten des politischen Islam ebenfalls oft tun.

Wer Verfolger ist, kann kein Flüchtling sein

Letztendlich verteidigt er aber Bekenntniskleidung einer extremistischen wie zugleich reaktionären Ideologie, und stellt sich auf die Seite einer Form von Geschichtsrevisionismus, die jede Thematisierung und Verurteilung von historischen Verbrechen an religiösen Minderheiten in der muslimischen Welt bekämpft, und somit ihre Diskriminierung nach Europa hineinträgt. Mit dieser, leider nicht seltenen Kombination, steht er geradezu exemplarisch für die Gegner des österreichischen Wahlsiegers.
Gemeinsam mit sexuellen Minderheiten haben jene religiösen Minderheiten als erste die negativen Begleiterscheinungen unkontrollierter Einwanderung am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Vor allem Frauen, Christen, Yeziden und Homosexuelle wurden seit September 2015, und werden teils weiterhin, in Flüchtlingsheimen besonders oft, und häufig religiös motiviert, attackiert.
Wer dafür sorgt, dass Geflüchtete in Asylunterkünften von ihren Fluchtursachen eingeholt werden, sollte eigentlich selbt nicht mehr als Flüchtling gelten dürfen, weil er sich durch sein Verhalten als Verfolger outet. Ebenso wenig verdienen die Hundertschaften von Kämpfern der Al Nusra Front, Hisbollah und des ISIS, darunter u.a. die Attentäter von Paris und Brüssel, die Migrationsbewegung und Grenzöffnung erfolgreich ausgenutzt haben, diese Bezeichnung.
Wenn nun ein künftiger Staatschef in Wien durch den Stopp illegaler Migration dazu beitragen möchte, dass Geflüchtete in Not und Einheimische vor solchen Missbräuchen geschützt werden, ist das zu begrüßen. Zudem gleichen Kurz‘ Pläne zur Hilfe vor Ort und einem Resettlementprogramm außerhalb der EU einer Praxis, wie sie Kanada bereits erfolgreich und international hoch gelobt durchführt. Wir haben es dabei nicht mit Populismus, sondern mit einer, klug durchdachten Alternative zu einer gescheiterten Politik zu tun.
Es ist nämlich wie der iranischstämmige Buchautor, Publizist und FDP-Politiker Ramin Peymani feststellt, wenn er es als, sich hartnäckig haltenden „Irrglaube[n]“ bezeichnet, „jeder sei ein Flüchtling, der mit traurigen Augen und leeren Händen über die Grenze marschiert“. In der Tat besteht in diesem „Irrglauben“ und seiner Aufrechterhaltung der eigentliche Populismus, denn er ist a.) bereits durch Asylrecht und Genfer Konvention sowie angeführte Begleiterscheinungen eindeutig widerlegt, und basiert b.) ausschließlich auf extrem subjektiv wahrgenommener, mehr moralisierender, als wirklich moralischer, Selbstüberhöhung.

Alternativen im Sinne einer freien und pluralistischen Gesellschaft

Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass Sebastian Kurz tatsächlich begriffen hat, was Vielfalt und klare Kante gegen Extremismus wirklich bedeuten. Deutschland hat hier riesigen Nachholbedarf.
Unter der Großen Koalition ist Integrationspolitik in den letzten Jahren zu einem Synonym für die Förderung von in erster Linie reaktionären, auslandsfinanzierten und -koordinierten Verbänden sowie Organisationen geworden, die nicht Teil der Lösung, sondern als aktive Stimulatoren der Heranbildung von Parallelgesellschaften ein wesentlicher Teil des Problems sind. Gleichzeitig wurden andere Einwanderergruppen und ihre Sichtweisen regelrecht marginalisiert.
In Deutschland geht Integrationspolitik seit einigen Jahren stets mit Islamismusfreundlichkeit einher. Kurz hat mit dem ehemaligen Grünen Efgani Dönmez einen der europaweit kompetentesten Experten auf diesem Gebiet an seiner Seite, und zeigt dass es auch ganz anders geht. Das ist ein richtiges und wichtiges Signal im Sinne einer freien und pluralistischen Gesellschaft. Seine Vorstöße sind weder fremdenfeindlich noch rechtspopulistisch.
Im Gegenteil, seine Politik steht für einen neuen Stil, der endlich die Vielzahl von Einwanderern stärker berücksichtigt, die keine Lobby haben, und es auch nicht für nötig erachten sich durch inflationäre und stereotype Vorwürfe gegen die Mehrheitsbevölkerung hervortun zu müssen.
Kurz bietet konkrete, wohl durchdachte Alternativen zu einer Politik, die in mehreren ineinandergreifenden Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu durch und durch inakzeptablen Missständen geführt hat. Das ist dringend auch notwendig und eine große Chance für ganz Europa!
Julian Tumasewitsch Baranyan hat Linguistik und Politologie in Gießen studiert und bereise als selbstständiger Handelsvertreter inbesondere die frankophone Welt.
Nachweise:
Endergebnis in Österreich: ÖVP gewinnt mit 31,5 Prozent
Wahlprogramm Kurz 2017, 3. Teil: Ordnung und Sicherheit
Kurz macht IS-Opfer zu Österreich-Botschafterin
Minister Kurz: Orientalisch-orthodoxe Gemeinden wichtige Partner
Ostern im Zeichen des Terrors
Völkermord-Erklärung: Türkische Verbände kritisieren Nationalrat
Özoğuz kritisiert geplante Armenien-Resolution
Der absurde Herr Steinmeier
Das neue Islamgesetz in Österreich
Erdogan’s Kritik am Islamgesetz ist unberechtigt
Warum Sebastian Kurz kein Islamhasser ist
Verhüllungsverbot tritt in Kraft – endlich!
Warnung an Millionär - Burkaverbot: Regierung toleriert keine Einmischung
Rachid Nekkaz refait parler de lui
Frauen und Christen fliehen aus den Unterkünften
Hamburg: Übergriffe auf jesidische und christliche Asylbewerber
Christliche Flüchtlinge in Deutschland - Mangelnder Schutz religiöser Minderheiten in Deutschland
Laut „Spiegel“-Bericht Al-Nusra-Kämpfer sollen als Flüchtlinge in Deutschland leben
Report: Hezbollah militants entered Germany among refugees
Hundreds of ISIS fighters have made it into Europe disguised as refugees, say officials,
Comment les terroristes des attentats de Paris et de Bruxelles se sont infiltrés en Europe,
Ein bisschen Frieden: Horst Seehofer und das Ende der Obergrenze
Ruhig, galant - und auf der Partnersuche
Selecting Syrian refugees for resettlement was ‚challenging,' Canadian diplomat says
Dieser Beitrag erschien zuerst auf  fisch+ fleisch.


Die österreichische Wahl hat gleich in mehrfacher Hinsicht ein Ergebnis von sensationeller und positiver europäischer Bedeutung erbracht. Sie hat drei historische Aspekte: Zwei Parteien, die sich in allen Fragen rechts der Mitte plaziert haben, erringen 58 Prozent. Eine konservative „Schwesterpartei“ der CDU triumphiert, die sich mehrfach gegen Angela Merkel gestellt hat. Und eine europaweit als „rechtspopulistisch“ eingeordnete Partei wird von allen mit Ausnahme der völlig dezimierten Grünen als regierungsfähig eingestuft und hat beste Aussichten, Teil der nächsten Regierung zu sein – wenn sie nur wirklich will.
Was für ein Unterschied zur Behandlung von Geert Wilders, Marie Le Pen oder auch der AfD. Dieser Unterschied hängt zweifellos auch damit zusammen, daß sich die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) in den vergangenen Jahren anders, nämlich gemäßigt positioniert hat. Nur dadurch schaffte sie die europaweit unter den „Rechtspopulisten“ Spitze bedeutenden 26 Prozent – wobei sie 1999 schon einmal 27 Prozent erzielte, die dann aber als Folge einer Regierungsbeteiligung steil zurückgingen.
Tatsache ist: Die FPÖ gibt sich heute betont staatsmännisch, verzichtet seit langem auf alle Aussagen in Richtung EU-Austritt, schließt jeden aus, der antisemitische oder neonazistische Töne äußert und hat schon seit längerem alles deutschnationale Gedankengut abgestoßen und schwingt ständig demonstrativ rot-weiß-rote Fahnen.
FPÖ hat sich zum möglichen Regierungspartner entwickelt
Sie hat schon zweimal der SPÖ zum Bundeskanzler verholfen und dabei einmal auch selbst die Minister gestellt – worauf dann aber 30 Jahre Bann und Stigmatisierung durch die SPÖ gefolgt sind, was erst vor wenigen Monaten irgendwie verwaschen wieder beendet worden ist.
Von der Volkspartei wird die FPÖ schon seit Jahrzehnten nicht mehr als unberührbarer Paria, sondern als möglicher Regierungspartner angesehen (was auch sieben Jahre zur Koalition geführt hat).
Die Freiheitlichen haben mit ihrem 30jährigen Aufstieg und der nunmehr zehnjährigen personellen Stabilität vermitteln können, daß da kein neuer Hitler oder sonst etwas Furchtbares droht, sondern „nur“ eine neue Konkurrenz zu Schwarz und Rot. In dieser Positionierung finden sich viele Elemente, von denen andere „rechtspopulistische“ Parteien lernen könnten. Denn gleichzeitig ist die FPÖ sehr konsequent in ihrer Kritik an Islamisierung, Massenmigration und Fehlentwicklungen der EU.
Routiniert und charismatisch
Das alles ändert aber nichts daran, daß der große Wahlsieger in Österreich nicht die FPÖ ist, sondern Sebastian Kurz. Er hat seine runderneuerte ÖVP vom zweiten (und bei Umfragen dritten) Platz triumphal an die Spitze geführt. Sie ist mit 32 Prozent und einem Zugewinn von sieben Punkten die große Siegerin der Wahl.
Zwei Faktoren waren entscheidend: die Persönlichkeit Kurz und seine Aussagen beim Thema Einwanderung. Der Mann hat trotz seiner 31 Jahre Routine und charismatische Ausstrahlung. Er wirkt persönlich höflich-bescheiden und doch absolut standfest-selbstsicher. Er hat sich in einem unglaublichen Coup die ÖVP zu einem derzeit willenlos gefügigen Werkzeug gemacht und ist dadurch weit stärker als alle seine Vorgänger.
Mit seiner Konzentration auf „Stopp der illegalen Migration und Stopp dem politischen Islam“ hat sich Kurz ins Herz der zentralen Sorge der Österreicher plaziert. Er hat sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht gescheut, vielfach deckungsgleich mit den Freiheitlichen zu werden. Und er hat nicht nur geredet, sondern auch gehandelt, was immer überzeugend ist. Er war vor allem der Hauptregisseur der Sperre der Balkanroute, indem er die Unterstützung Mazedoniens bei der Abriegelung der griechischen Grenze organisiert hat.
Kurz-Triumph stärkt Merkels Gegner
Es gibt freilich jemanden in der gemeinsamen EU-Fraktion, der mit diesem Triumph trotz Parteifreundschaft gar keine Freude hat. Der sitzt in Berlin und heißt Angela Merkel. Kurz ist der deutschen Bundeskanzlerin mehrfach offen entgegengetreten. Das war in der ÖVP bis dahin total verpönt. Merkel-Kritik hat noch vor kurzem sogar zum Fraktionsausschluß geführt.
Kurz gab ihr jedoch Kontra: bei der von Merkel (auf Wunsch Griechenlands) abgelehnten Balkansperre, bei seiner ständigen Kritik an Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sowie bei seinem Verlangen, die Mittelmeerroute zu schließen und den dortigen „NGO-Wahnsinn“ zu beenden. Mit seiner Ablehnung von EU-Zentralismus und Überregulierung sowie mit seinen offenen Sympathieäußerungen für Viktor Orban hat sich Kurz ebenfalls gegen Merkel gestellt.
Der Kurz-Triumph ist mit absoluter Sicherheit nun Treibsatz für alle jene in der CDU, die Merkel ins Altenteil schicken wollen, die eine Regeneration der Union nur in einer konsequenten Anti-Migrationspolitik möglich sehen. Merkel-Kritiker Jens Spahn ist sogar zur ÖVP-Jubelfeier nach Wien gereist. Dementsprechende Begeisterung löst Kurz bei der ganzen CSU aus.
Der Stein, der da in Wien ins Wasser geworfen worden ist, wird sicherlich europaweit hohe Wellen schlagen – zumindest wenn es wirklich zu der vielfach favorisierten schwarz-blauen Koalition an der Donau kommt. Und mit Sicherheit wird es dann dennoch nicht mehr zu einer Wiederholung der hysterischen Reaktionen des Jahres 2000 kommen, als es zum ersten Mal in Wien (übrigens anfangs sehr erfolgreich) geheißen hat: Schwarz-Blau.   Andreas Unterberger

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