Stationen

Dienstag, 27. März 2018

Biomasse



Inzwischen haben es wohl die meisten unserer Leser gesehen:
Das ARD-Interview mit dem in Deutschland aufgewachsenen, in New York lebenden Politologen Yascha Mounk ist ein Dokument von Bedeutung, denn es enthält entlarvende Äußerungen.
Demnach sei einer der Gründe für den "Zerfall der Demokratie" (so der Titel von Mounks aktuellem Buch) und den Aufstieg des "Rechtspopulismus",
daß wir hier ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen, das wird, glaube ich, auch klappen, dabei kommt es aber natürlich auch zu vielen Verwerfungen.
Damit hat ein Ideologe des "Remplacismus" (nach frz. remplacement = Ersetzung, Austausch, um es mit einem Begriff von Renaud Camus zu sagen) auf verblüffende Weise die Karten auf den Tisch gelegt. Er ist nicht der erste, und er wird auch nicht der letzte sein. Das Besondere ist, daß Mounk nahezu wortwörtlich formuliert, was im rechten Lager schon lange thematisiert und kritisiert wird, aber immer noch als "Verschwörungstheorie" und Hirngespinst abgetan wird.
Mounk bestätigt mehrere wichtige Punkte der Kritiker dieses Vorgangs:
1. Multikulturalismus ist ein Experiment ohne historische Präzedens. Was momentan in Westeuropa geschieht, ist also nicht "normal", es ist nicht "Einwanderung, die es immer schon gab", es ist nichts "Natürliches". Damit liegt auf der Hand, worin das ethisch Verwerfliche dieser Politik liegt: Denn sind etwa Völker, Nationen, "Gesellschaften" Laborratten und Versuchskaninchen, an denen man sich "Experimente" mit ungewissem Ausgang erlauben darf? Was Mounk euphemistisch "Verwerfungen" nennt, bedeutet im Endeffekt nichts anderes, als daß im schlimmsten Fall jene "Ströme von Blut" fließen werden, die Enoch Powell prophezeit hat.
2. Die ethnokulturelle Homogenität ist die historische Grundlage, die abgeräumt und aufgelöst werden soll. Die Vertreter des Multikulturalismus und Remplazismus drehen die Reihenfolge um, wenn sie behaupten, daß die "völkischen" Rechten diese Homogenität erst herstellen wollen, etwa durch ethnische Säuberungen. Dabei heben sie gerne die Tatsache hervor, daß die ethnokulturelle Einheit der westeuropäischen Nationen durch jahrzehntelange Masseneinwanderung bereits jetzt erheblich geschwächt und fragmentiert ist. Da diese "Homogenität" immer nur eine relative ist, ist das "Experiment" noch nicht beendet, solange das angestammte Volk weiterhin die Mehrheit stellt, und man noch immer von einer relativ homogenen Gesellschaft sprechen kann.
3. Ethnokulturelle Homogenität und Demokratie sind konzeptionell eng miteinander verbunden. Eine monokulturelle, monoethnische Demokratie ist der historische Normalfall (das gilt, historisch gesehen, nebenbei auch für ein Gebilde wie die USA), eine multiethnisch-multikulturelle Demokratie das "Experiment", das historisch noch nie dagewesen ist und das mit einem utopistischen Fanatismus vorangetrieben wird.
Hier setzt die "populistische" Kritik am gegenwärtigen, verfälschten "Demokratie"-Begriff der herrschenden, multikulturalistisch orientierten Eliten an: Die Multikulturalisierung unterminiert ein wichtiges Fundament des demokratischen Nationalstaats, häuft eine bloße Bevölkerung an, die sich aus Gruppen unterschiedlichster Herkunft zusammensetzt, und die sich dennoch nach der Vorstellung der Ideologen als "demos", "populus", "Volk" erkennen sollen. Daß das gelingen kann, wird Tag für Tag von der Realität widerlegt.
An diesem Punkt taucht meistens die Rede von den berüchtigten "Werten" auf, die diese "Vielfalt" zu einer Einheit kitten sollen. Typisch ist etwa diese Zwitschermeldung von Heiko Maas:
wird für mich durch gemeinsame Werte bestimmt, nicht durch Herkunft oder Hautfarbe. Ein moderner Heimatbegriff darf nicht nur von ortsverbundenem Pathos geprägt sein, sondern auch von Ideen und Überzeugungen, die uns verbinden und die grenzenlos sein können.
Wer seinen Carl Schmitt gelesen hat, weiß, daß gerade die "Werte" eine äußerst polemogene Wirkung entfalten können. Die "Werte" des Heiko Maas etwa werden von einer erheblichen Anzahl von Deutschen abgelehnt (immer wieder lustig: die Amazon-Rezensionen seines Buches), und mit einem typischen ethnozentrisch und schariakonform denkenden arabischen Moslem wird der Noch-Justizminister auch nicht allzu viele Gemeinsamkeiten haben.
Die Vorstellung, daß es "Ideen und Überzeugungen" seien sollen, "die uns verbinden", birgt in sich den Keim der Gleichschaltung und der geistigen Verödung - multiethnisch, aber monoideell ist die Devise. Demgegenüber sind Herkunft und "Hautfarbe" wesentlich effektivere und natürlichere Binde- und Solidaritätsmittel, die einen größeren Pluralismus zulassen.
Auf Twitter antwortete jemand schlau:
Was für ein aufgesetztes Gerede. Heimat ist das bayerische Dorf in dem ich aufgewachsen bin, dessen kleinbürgerliche Werte ich in kaum einer Weise teile, dessen Bewohner ich größtenteils nicht einmal leiden kann. Dennoch ist das meine Heimat, wohin auch immer mich das Leben führt.
4. Apart ist die Frage nach diesem "Wir", das dieses "Experiment" durchführt. Bei allem Gerede über "Demokratie" hat man die westlichen Völker niemals danach gefragt, ob sie dieses Experiment überhaupt wollen, ja man hat ihnen nicht einmal die Wahrheit gesagt, daß ein solches überhaupt stattfindet. Man hat sie mit anderen Worte auf perfide Weise belogen. Erst jetzt, da der Prozeß vermutlich irreversibel geworden ist, wird brutaler Klartext gesprochen.
Ein weiteres Beispiel für diese Tendenz ist der Kommentar der deutsch-französischen Journalistin Joelle Stolz, der im Standard erschien. Darin wird die Umvolkung Europas, besonders durch Afrikanisierung, als unausweichliches und moralisch verdientes Schicksal hingestellt:
Jene, die unlängst in den sozialen Medien die Eltern des österreichischen Neujahrsbabys mit rassistischen Bemerkungen überhäuft haben, weil seine Mutter ein Kopftuch trug, sollten sich vorbereiten: Früher oder später wird das Neujahrsbaby schwarz sein. Denn eine "Begegnung" von erheblichem Ausmaß zwischen Europa und Schwarzafrika wird bald stattfinden.
In dreißig Jahren, warnt Stephen Smith in La ruée vers l'Europe. La jeune Afrique en route vers le Vieux Continent ("Ansturm auf Europa. Das junge Afrika auf dem Weg zum Alten Kontinent"; Grasset, 2018), könnten 150 Millionen Europäer afrikanischer Herkunft sein – Stand heute: neun Millionen. Es wäre naiv zu glauben, dass Länder ohne koloniale Vergangenheit in Afrika, wie Österreich, nicht betroffen wären.
Woraus Stolz, die ebenfalls unablässig vor dem "Rechtspopulismus" warnt, den Imperativ ableitet:
Was sicher ist: Die europäische Bevölkerung, die sich seit Jahrzehnten daran gewöhnt hat, am "richtigen" Ort der Welt geboren zu sein, und dieses Privileg genoss, muss nun Platz für andere machen.
"Muß"? Geht wohl nicht anders, denn ohne Aufschwärzung würden unsere Nachfahren, die uns nicht mehr ähneln werden, durch rassische Inzucht degenerieren, wie ein bedeutender deutscher Bio- und Bevölkerungspolitiker verlauten ließ.
Zur Erinnerung: Europa ist ein dicht besiedelter, überalterter Kontinent, in dem es nicht mehr viel "Platz" für "andere" gibt. Stolz redet hier unverhohlen dem Bevölkerungsaustausch das Wort, der letzten Endes, konform mit der Definition der UNO, nichts anderes als eine Form von Genozid ist.
2011 schrieb ich in "Die Verteidigung des Eigenen":
Nun sind die dummen deutschen Michels unsanft im Prozeß der rapiden kulturellen, demographischen und territorialen Enteignung aufgewacht, verraten und verkauft von jenen, die ihren Willen vertreten und erfüllen sollten. Wenn sie nicht auch noch für ihre Schlafmützigkeit verhöhnt werden, wird ihnen bedeutet, dies alles als Kismet gefällig hinzunehmen. Guten Morgen! Game over! Leider Pech gehabt! Datum abgelaufen! Selber schuld! Tut uns leid, es gibt keine Alternative! Denkt nicht einmal daran! So etwas wie deutsche Selbstbehauptung ist ja undenkbar nach Siewissenschonwem, und nebenbei ist die Existenz einer deutschen Identität ohnehin schon längst von linken und migrationshintergründlerischen Soziologen »wissenschaftlich« widerlegt worden.
2009 schrieb Christopher Caldwell in seinem bislang unübersetzt gebliebenen einwanderungskritischem Buch Reflections on the Revolution in Europe: "Westeuropa wurde in einem Anfall von Geistesabwesenheit zu einer multi-ethnischen Gesellschaft." Die Frage, ob Europa immer noch Europa bliebe, wenn es von "anderen Menschen" (etwa aus dem islamischen Kulturkreis) bevölkert wird, verneinte Caldwell entschieden ("Can Europe be the same with different people in it?").
Robert Hepp schrieb damals in einer Besprechung:
Da er im ersten Kapitel über die Einwanderung das Fiasko der europäischen Ausländer- und Integrationspolitik gnadenlos seziert und im zweiten Kapitel die Intransigenz des Islams schonungslos schildert, haben viele oberflächliche Leser anscheinend den Eindruck gewonnen, der Autor habe eine Verteidigung Europas gegen die Invasoren im Sinn. Dabei stellt er schon auf den ersten Seiten klar, daß dies nicht seine Absicht ist.(...)
Die Kulpabilisierung (Erzeugung von Schuldgefühlen) der Eingeborenen, für die in England die systematische Anschwärzung des weißen Mannes sorgte, leistete in Deutschland die Kollektivscham wegen der Verfolgung der Juden. Hinter solchen psychologischen Motiven macht der Verfasser jedoch als die eigentlichen Gründe der Wehrlosigkeit der Europäer ihren religiösen und kulturellen Relativismus aus. „Ihre Toleranzgesetze“, schreibt er, „arbeiteten zugunsten der Intoleranten.“ Seltsamerweise scheint er als Amerikaner aber gleichwohl eine tiefe Genugtuung darüber zu empfinden, daß das alte Europa sich nun endlich auch in eine Gesellschaft von lauter Einwanderern verwandelt. Dies nämlich soll nach ihm letztlich das Ergebnis der „Revolution in Europa“ sein.
Nur geringfügig modifziert, könnten sich Mounks Sätze nun auch in dem Band "Revolte gegen den Großen Austausch" von Renaud Camus finden. In meinen Vorwort unterschied ich drei Stadien der linken Haltung gegenüber diesem Vorgang.
1. Auf Stufe 1 wird, wie bereits gesagt, der Bevölkerungsaustausch (bewirkt durch Masseneinwanderung, demographischen Schwund und  Selbstbehauptungsschwäche) als "rechte Verschwörungstheorie" , rassistische Paranoia, oder Hirngespinst abgetan. Dabei wird ignoriert, daß der "große Austausch" im Sinne von Camus primär einen faktisch nachprüfbaren Vorgang beschreibt, während die Frage nach den Ursachen und Urhebern für den Autor sekundär ist. Sie kann auf verschiedene Arten beantwortet werden, wobei kaum daran zu zweifeln ist, daß es sich hierbei (inzwischen) um ein Elitenprojekt handelt, wenngleich diese Eliten selten so deutlich wie Mounk ihre Absichten preisgeben und sich eher hinter schick und humanitär klingenden Schlagwörtern wie "Diversity" verstecken.
2. Stufe 2 räumt ein, daß dieser Prozeß eine gewisse Realität hat, leugnet aber seine Signifikanz: Deutschland wird Deutschland bleiben, die Geburtenraten der Einwanderer werden sich durch Wohlstand und Assimilation einpendeln, die armen Arier (kicherhihi) werden schon nicht aussterben usw... Variante: Daß Deutschland immer »bunter« werde, sei eine unerhebliche Sache, dann wird es eben in Zukunft auch "dunkelhäutige", moslemische oder afrikanischstämmige "Deutsche" geben, na und? Völker, Rassen und ethnische Identitäten seien ohnedies nur »Konstrukte«, die also keine eigentliche Existenz hätten.
3. Stufe 3 erkennt nicht nur die Realität des Vorgangs an, sondern bejaht sie enthusiastisch als historische Notwendigkeit und hoffnungsfrohe Zukunft, bis hin zum antideutschen oder antiweißen Rassismus, der unter all dem schönen Universalhumanitarismus immer wieder zum Vorschein kommt wie ein Bocksfuß: Das zukünftige Völkergemisch werde endlich eine universale Menschlichkeit und Menschheit verwirklichen, und im äußersten Fall wird das Verschwinden oder Schrumpfen des deutschen "Tätervolks" oder der "unterdrückerischen", "rassistischen" weißen Rasse als Fortschritt und gerechte Wendung der Geschichte begrüßt.
Mounk befindet sich auf Stufe 3.
Schon 2015 äußerte Mounk in einem Interview mit dem Spiegel, in dem er den Prozeß des Bevölkerungsaustausches explizit mit der Flutung durch die "Flüchtlingskrise" in Verbindung setzte, identische Sätze:
Vor allem geht es um mehr als ein kurzes, fremdenfreundliches Sommermärchen. In Westeuropa läuft ein Experiment, das in der Geschichte der Migration einzigartig ist: Länder, die sich als monoethnische, monokulturelle und monoreligiöse Nationen definiert haben, müssen ihre Identität wandeln. Wir wissen nicht, ob es funktioniert, wir wissen nur, dass es funktionieren muss.
MÜSSEN!! MUSS!!
Alles klar, liebe Mitlaborratten?
Mehr zu Mounk folgt in einem zweiten Teil.   Martin Lichtmesz

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