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Donnerstag, 19. April 2018

Europas Absturz

Man kann nicht lernen, gut in Mathematik zu sein. Man kann es auch nicht vortäuschen. Die größte Kränkung des westlichen Bewusstseins besteht darin, dass man mit mehr Geld zwar modernere Maschinen kaufen, aber keine höhere Kompetenz produzieren kann. Niemals hat Deutschland gewaltigere Summen für Bildung eingesetzt als nach 2000. Dennoch geht es bei den Mathewettbewerben für Zehnjährige (TIMSS) vom 12. Platz 2007 auf den 16. im Jahr 2011, bis man 2015 auf Rang 24 das Handtuch wirft.
Wenn nun eine Bevölkerung explodiert und zugleich die Konkurrenzfähigkeit implodiert, wird gewandert. Alsbald folgt fast immer die Gewalt. Doch nicht Krieger, sondern Wirtschaftsflüchtling ist die erste Option. Vor ihren Ergebnissen wiederum flüchten die verbleibenden Mathe-Asse der vorerst nur demographisch, dann aber auch kognitiv absinkenden OECD-Staaten. Da an ihrer Zahlungspotenz alles hängt, marschieren der war for foreign Talent und der Kampf gegen mehr Bildungsferne im Gleichschritt.
Demografisch ganz oben aber schulisch ganz unten steht Afrika. Zwischen 2006 und 2016 fällt sein Weltanteil an PCT-Patenten – also den wirklich streng ausgewählten – von 0,7 auf 0,5 Prozent, obwohl sein Erfinderpool um 275 Millionen Menschen von 950 Millionen auf 1,225 Milliarden springt. Das entspricht fünfzehn Deutschlands. Kaum besser ergeht es dem Raum Lateinamerika/Karibik. Er stürmt von 570 auf 640 Millionen, sinkt bei Patenten aber von 3 auf 2 Prozent ab. Während aus Afrika 2009 nur 38 Prozent auswandern wollen (GALLUP), stehen 2017 schon 50 Prozent zur Übersiedlung bereit (PEW). Bei momentan 1,3 Milliarden Bürgern zwischen Algier und Kapstadt hoffen also 650 Millionen auf durchlässige Grenzen in Europa, während die Latinos beten, dass Trump beim Hochziehen seiner Mexiko-Mauer scheitert.

Nur diese beiden Räume lassen Neue mit fehlender Weltmarkttauglichkeit noch herein. Nach den soeben bei Cambridge University Press vorgelegten Zahlen Heiner Rindermanns (Cognitive Capitalism) liegt in den USA die Cognitive Ability der Einheimischen bei keineswegs üppigen 99, die der Zuwanderer jedoch nur bei 95. In der Schweiz steht es 102 zu 95, in Deutschland 100 zu 92, in Österreich 99 zu 92 und in Frankreich 98 zu 92. Dagegen schafft Australien mit seiner unangefochtenen Grenzhoheit ein 99 zu 100. Auch aufgrund der Einwanderungspolitiken fällt Nordamerikas Welt-Patentanteil von 26,1 auf 20,5 Prozent, während Europa von 18,6 auf 11,3 Prozent regelrecht abstürzt.
Ausschließlich Asien – und das heißt in erster Linie 1,75 Milliarden Ostasiaten (entspricht 22 Deutschlands) – wächst trotz stagnierender und alternder Bevölkerung beim geistigen Eigentum unaufhaltsam und steht momentan bei 65 Prozent der globalen Patente. An den Grenzen passt man auf. 2016 akzeptiert Japan 28 Asylanten. In Süd-Korea sind es zwischen 1994 und 2016 durchschnittlich 27 pro Jahr. Unter 1,4 Milliarden Chinesen leben knapp 600 anerkannte Flüchtlinge („The upper Han“, The Economist, 19.-29. November 2016, 20-22/22).
Singapur – mit einer umwerfenden einheimischen Cognitive Ability von 105 – schafft bei den Neuankömmlingen sogar eine 106. Dass der Stadtstaat zu 42 Prozent Migranten beherbergt, zeigt einmal mehr, dass Einwanderungspolitik sich keineswegs auf das Hereinholen Unbeschulbarer kaprizieren muss. Das soll den Respekt vor der Kanzlerin nicht schmälern, die quasi über Nacht die Einwohnerschaft eines Bundeslandes wie Bremen in Gestalt von Syrern auf Hartz IV rundum versorgen lässt.
Die meisten der bald fünf Milliarden Bedauernswerten in den abgeschlagenen Regionen aber erkämpfen blutig und daheim ein Gleichgewicht zwischen immer mehr Ehrgeizigen und immer weniger akzeptablen Positionen. Mit Giftgas ist man dafür nicht mehr zufrieden und arbeitet längst an nuklearen Reduzierern.   Gunnar Heinsohn

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