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Montag, 2. April 2018

Unser aller Unzulänglichkeit wecke den Wunsch nach Demut




Die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland hatte auch für Lehár große Auswirkungen, da er „sich ausnahmslos jüdischer Textbuchverfasser bei seinen Operetten bedient hatte: Leo Stein, Bela Jenbach, Bodanzky, Reichert, Julius Bauer, Julius Brammer, Alfred Grünwald, Herzer, Löhner-Beda, Marton, Willner“ und „in Wien ausschließlich in jüdischen Kreisen“ verkehre.[4] Einen Ariernachweis hatte Lehár für sich und seine Frau mit dem Hinweis, sie seien beide katholisch, nie erbracht.[5] Er war aber wegen seiner jüdischen Gattin Sophie (geborene Paschkis) angreifbar und erhielt nur wegen Hitlers besonderem Interesse eine Sondergenehmigung zur Berufsausübung. Die anfänglichen Anfeindungen gegen ihn und sein Werk, die vor allem vom Amt Rosenberg ausgingen, verstummten dank den Interventionen von Goebbels, und seine Operetten wurden dann wieder auf den Spielplänen der deutschen Theater geduldet.[6]

Richard Tauber versuchte 1938 Lehár noch zu einer Emigration zu bewegen, was er mit den Worten: «im 69. Jahr zu emigrieren ist kein Honiglecken.» ablehnte. Seine schwachen Englischkenntnisse wären sicher ein großes Handicap gewesen.[7] Vielleicht hoffte er auch durch seine ungarischen Staatsbürgerschaft – für die er 1919 optiert hatte – eher in Ruhe gelassen zu werden. Für Ungarn war – und ist er – immer einer ihrer größten Komponisten, und eine Verhaftung hätte sicher zu energischen Interventionen der ungarischen Regierung geführt. Ungarn war ein wichtiger Verbündeter des Deutschen Reiches und so kann es gut möglich sein, dass man sich hier bewusst ruhig verhielt.

1938 wurde Lehárs Frau zur „Ehrenarierin“ erklärt.[8] Im selben Jahr denunzierte Lehár den jüdischen Rechtsanwalt Eitelberg bei dem Staatsrat und SS-Sturmbannführer Hans Hinkel, der Lehárs Gönner im Reichspropagandaministerium war.[9] Von Hinkel erhielt er noch Anfang Januar 1945 einen herzlichen Heil-Hitler!-Neujahrsgruß.[10] Am 12. Januar 1939 und am 30. April 1940 empfing Lehár in Berlin beziehungsweise Wien Auszeichnungen aus Hitlers Hand, darunter eine Goethemedaille.[11] Zu Hitlers Geburtstag 1938 schenkte Lehár seinem berühmten Verehrer ein in rotes Maroquin-Leder gebundenes Bändchen zur Erinnerung an die 50. Aufführung der Lustigen Witwe.[12] 1941 stellte er sich für Propagandakonzerte im besetzten Paris zur Verfügung. Ende 1942 weilte er in Budapest, um die Aufführung seiner alten Zigeunerliebe vorzubereiten – in einer wohlweislich vollständig „arisierten“ Textfassung.[13] Gleichwohl wurde einmal versucht, Lehárs Gattin zu deportieren.[14][15][16]

Lehárs Freund, der Librettist Fritz Löhner-Beda, wurde am 4. Dezember 1942 im KZ Auschwitz ermordet. Zwar findet sich in der Literatur die Behauptung, Lehár habe sich erfolglos um die Freilassung Löhners durch eine persönliche Vorsprache bei Hitler bemüht,[17] aber hierfür gibt es keine Belege.[18] Jüngere Recherchen ergaben im Gegenteil, dass Lehár nichts unternahm[19] und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beteuerte, von nichts gewusst zu haben.[20]

Nach einem Zusammenbruch bei einem Dirigat in Budapest durfte Lehár 1943 mit seiner Frau in die Schweiz ausreisen. Er litt zu diesem Zeitpunkt schon seit längerem an Gallen-, Nieren-, Drüsen- und Augenproblemen sowie einer Lungenentzündung.[21]

Die letzten Kriegsmonate verbrachte das Ehepaar wieder in Bad Ischl.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs weigerte sich Lehár, über die politischen Dimensionen seines Wirkens im Dritten Reich zu reden, so etwa bei einem Treffen mit Klaus Mann im Mai 1945.[21]


In Deutschland gibt es keine Demut mehr. Das ist ein schreckliches Krankheitssymptom.

Hinzu kommt, dass wir völlig blind und kaltschnäuzig darüber hinwegsehen, was wir Ungarn alles verdanken: die Öffnung der Grenzen, als immer mehr DDR-Bürger in die BRD ausreisen wollten und die Schließung der Grenzen als Merkel zu feige und rückgratlos war, eine so unangenehme Entscheidung zu treffen.

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