Stationen

Mittwoch, 13. Juni 2018

Michael Spreng & Steffen Seibert wissen noch gar nicht, was sie sagen sollen

Am Nachmittag des 12. Juni stellte sich die Unionsfraktion in dem Streit um die Frage der Zurückweisungen von Migranten an der deutschen Grenze mit großer Mehrheit gegen Angela Merkel und auf die Seite Horst Seehofers.
Kein Abgeordneter, der sich zu Wort meldete, verteidigte nach Berichten von Sitzungsteilnehmern Merkel, die kurz zuvor noch versucht hatte, die Vorstellung von Seehofers so genanntem Masterplan zu stoppen. Merkel hatte sich vor allem strikt gegen eine Zurückweisung von Migranten ausgesprochen, die schon in anderen EU-Länder in dem EURODAC-System registriert wurden.
Für diese Doktrin der um jeden Preis offen zu haltenden Grenzen findet sie nicht nur in der Unionsfraktion keine Unterstützer mehr. Am Abend stellten sich auch die CDU-Ministerpräsidenten Rainer Haseloff (Sachsen-Anhalt) und Michael Kretschmer (Sachsen) offen an Seehofers Seite.
Die Mitglieder der Unions-Bundestagsfraktion verzichteten auf eine Abstimmung, obwohl es eine entsprechende Forderung gab. Das soll Merkel  die Gelegenheit geben, bis zum Ende der Woche gesichtswahrend auf Seehofers Kurs einzuschwenken.   Wendt

Mit anderen Worten, man hat nicht vor, eine Palastrevolution zu inszenieren, weil es einfacher ist, zuzusehen, wie Merkel sich eigenhändig immer mehr ausbootet.




Verglichen mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion müßte man eine preußische Kadettenanstalt wohl als diskutierfreudigen Hort gelebter Gehorsamsverweigerung beschreiben. Offener Widerspruch gegen die Oberen, ob in Gestalt von Kanzlerin Angela Merkel oder Fraktionschef Volker Kauder, gilt nämlich unter den Schwarzen im Parlament als eher unschicklich. Um so erstaunlicher, wenn er doch mal vorkommt. So wie am gestrigen Dienstag.
Eigentlich stand der „Masterplan für Migration“ von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gar nicht mehr auf der Tagesordnung der Fraktion. Es habe schließlich noch keine Einigung gegeben, argumentierte Fraktionschef Kauder (CDU). Die Direktive: Erst müssen Merkel und Seehofer ihren Streit um die Frage, ob Asyl begehrende Personen an der deutschen Grenze abgewiesen werden können, beilegen, dann kann das fertige Produkt besprochen, bewundert und beklatscht werden. Solange der Kuchen redet, haben die Krümel zu schweigen. Logisch.
Kaum Zustimmung für Merkel
Doch die „Krümel“ begehrten diesmal auf und malten das Szenario einer Kampfabstimmung  – pro Merkel oder pro Seehofer – an die Wand. Als der Innenminister bekräftigte, seinen Plan werde es nur ganz oder gar nicht und auf keinen Fall mit einem faulen Kompromiß verwässert geben, da erhielt er viel Applaus. Etwa Dreiviertel der Anwesenden hätten ihm zugestimmt, heißt es. Und nur sehr wenige Hände rührten sich, als Merkel entgegenhielt, hier ginge es um eine Abwägung zwischen europäischem und nationalem Recht.
Merkel habe ziemlich konsterniert gewirkt, daß sich nicht nur CSU-Leute, sondern auch zahlreiche Christdemokraten auf die Seite Seehofers geschlagen hätten, berichtet ein Teilnehmer. „Die Alte hat nichts kapiert!“, resümiert der CDU-Abgeordnete augenrollend. „Sie beschwerte sich dann noch, daß alle sie nur kritisiert hätten, anstatt sie für ihren Türkei-Deal zu loben.“
CSU wegen Wahl unter Druck
Nach rund anderthalb Stunden wurde das Thema dann vertagt. Zumindest in der Fraktion. Warum die Situation so verfahren ist? Gibt Merkel nach, käme das dem Eingeständnis gleich, daß ihre gesamte auf europäische „Gemeinsamkeit“ zielende Asylpolitik gescheitert ist. Andererseits kann auch der Innenminister nicht einen seiner berüchtigten Ausfallschritte („Drehhofer“) machen: Denn die bayerische Landtagswahl steht vor der Tür, und das setzt vor allem die Christsozialen unter maximalen Druck.
Jeder faule Kompromiß könnte Stimmen kosten. Sicherlich: eine Merkel-Dämmerung wurde schon häufiger herbeigeschrieben – und blieb dann doch aus. Aber ausbleibender Applaus für das Leittier ist für Unionsverhältnisse schon etwas, das man anderswo als Revolte beschreiben würde.   JF

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