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Montag, 18. Juni 2018

Wer berät Merkel?

Während Deutsche und Europäer darüber debattieren, wer an welcher Grenze aufgehalten oder gar zurückgeschickt werden kann, gibt es neue Zahlen darüber, wie viele Afrikaner gerne in die Alte Welt übersiedeln würden. Träfen die 2009 von Gallup für Subsahara-Bürger ermittelten Auswanderungswünsche (damals 38 Prozent) heute noch zu, würden von den jetzt knapp 1,1 Milliarden Einwohnern rund 400 Millionen ihre Heimat verlassen wollen. 2050 würden sich von dann 2,12 Milliarden Bürgern rund 800 Millionen über einen Umzug nach Europa freuen.
Als Vergleich für die außerordentliche Dimension dieser Bestrebungen mögen die rund 60 Millionen Europäer dienen, die sich zwischen 1500 und den 1930er Jahren auf den Weg nach Übersee machen. Das eigentliche Erobern von 90 Prozent der Erde besorgen zwischen 1492 und 1783 kaum mehr als 300.000 Menschen („To Make America“: European Emigration in the Early Modern Period, Berkeley et al. University of California Press, 1991), gegen deren permanent modernisierte Kriegstechnologie die angegriffenen Steinzeitvölker mit rund zwei Kindern pro Frauenleben chancenlos bleiben.
Seit 2017 gibt es zu Afrika neue Zahlen. Das Pew Research Center PEW erhebt, dass nicht mehr nur 38, sondern mindestens 50 Prozent dem Subsahara-Raum entkommen wollen. Das wären für die Gegenwart 150 Millionen und für 2050 sogar eine Viertelmilliarde Migranten – drei Deutschlands – zusätzlich. Solange Innenminister Seehofer diese Zahlen auf dem Radar hat, wird ihm die Kanzlerin kaum Schrecken einjagen können.

Konkurrenzfähigkeit der Subsahara-Staaten sinkt weiter

Seehofer sollte vermitteln können, dass Afrikas demografische Dynamik mit den Siegen über die Kolonialregime nicht vorüber ist, obwohl seitdem rund 18 Millionen durch Bürgerkrieg, Völkermord und Krieg umgekommen sind. Diese Megatötungen resultieren daraus, dass die Revolutionen zwar nicht ihre Kinder, aber doch ihre Brüder fressen. Fünf oder zehn junge Krieger konkurrieren um eine von Europäern freigemachte Pfründe. So hat, um nur ein Beispiel zu nennen, Großbritannien 1950 einen Kriegsindex von 1,2. Dabei folgen auf 1.000 Männer im Alter von 55-59 Jahren 1.200 Jünglinge zwischen 15 und 19 Jahren. Die Kolonie Uganda hingegen prunkt mit einem Index von 5,2. Die Afrikaner können also Verluste erleiden und trotzdem mehr Kämpfer einsetzen, aber nur wenigen Siegern auch Karrieren offerieren. Wo die leer Ausgegangenen nicht aufgeben, wird der Ausgleich zwischen Ambitionen und Positionen gewaltsam herbeigeführt. Das hat niemals aufgehört.

Im Jahre 2030, für das man den Kriegsindex berechnen kann, weil die dann Fünfzehnjährigen bereits geboren sind, wird es immer noch 33 Länder mit Werten zwischen 4 und 6 geben. Nur Afghanistan, Jemen und Timor-Leste liegen außerhalb Schwarzafrikas. Italien und Spanien werden bei 0,6, Deutschland und Österreich zwischen 0,7 und 0,8 stehen.
Gleichzeitig muss die globale Konkurrenzfähigkeit der Subsahara-Staaten weiter absinken. An Nigeria – mit 200 Millionen das menschen- und ölreichste Land des Kontinents – sei das illustriert. Noch 1980 liegt sein Pro-Kopf-Einkommen dreimal höher als in China. 2018 steht es knapp 5:1 für China. Den Absturz aus einer dreifachen Überlegenheit in eine fünffache Unterlegenheit will die Bundeskanzlerin mit 300 Millionen zusätzlichen Euro rückgängig machen. Damit will sie Afrika nebst Nigeria (Cognitive Ability 77 mit steigender Tendenz) in die Weltmärkte führen, also attraktive Arbeitsplätze für dadurch daheim bleibende Jünglinge schaffen.
Diese Summe beträgt etwa ein Tausendstel dessen, was seit 2010 für die Rettung Griechenlands bereitgestellt wurde. Gleichwohl trifft man Hellas (Cognitive Ability 94 mit fallender Tendenz) auf den Weltmärkten heute noch seltener als vor dieser Operation. Subsahara-Afrika entspricht demografisch jedoch hundert Griechenlands. Wie soll mit einem Tausendstel das Hundertfache geschafft werden? Wer berät Merkel?    Gunnar Heinsohn



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