Stationen

Sonntag, 1. Juli 2018

Augsburg

Die AfD hat sich vorgenommen, ihre programmatische Lücke beim Thema Soziales und vor allem Rente zu schließen. Der Bundesparteitag in Augsburg stimmte am Samstag ohne längere Debatte dafür, im kommenden Jahr einen entsprechenden thematischen Schwerpunkt auf einem Parteitag zu setzen.
Antragsteller Björn Höcke hatte in seiner Begründung darauf verwiesen, die Verknüpfung von Identität und Solidarität sei seiner Meinung nach der erfolgversprechende Weg, eine Volkspartei zu werden.
Auch Parteichef Meuthen bezog sich in einem großen Teil seiner Rede auf die Themen Soziales und Rente. Er nannte es erfreulich, daß es bereits so zahlreiche Beiträge zur parteiinternen Meinungsbildung gegeben habe.

Ohne ausdrückliche Erwähnung, aber unter offensichtlicher Anspielung auf das etatistisch ausgerichtete Rentenkonzept der thüringischen Landtagsfraktion sagte der Vorsitzende: „Ich halte es für gelinde gesagt sorglos, einem Staat die komplette Altersvorsorge zu übertragen, der die Migrationskrise nicht in den Griff bekommt und die völlig planlose Energiewende zu verantworten hat.“
In Richtung der Medienvertreter und Berichte über innerparteilichen Auseinandersetzung sagte Meuthen: „Wer Zerrissenheit sucht, der sollte sich eher CDU und CSU zuwenden. Wir streiten sachlich über politische Lösungsansätze, weil es bei uns keine Meinungsdiktat von oben gibt – auch darin sind wir eine Alternative.“
Meuthen betonte, die AfD sei keine „neoliberale oder vulgärkapitalistische“, sondern ein soziale und zugleich freiheitliche Partei. Er forderte eine fundamentale Veränderung des Steuer- und Abgabensystems und kritisierte die einseitige Belastung des Faktors Arbeit. Statt dessen müßten Kapitaleinkünfte stärker besteuert werden. Andernfalls werde „die Klassengesellschaft weiter zementiert“, so Meuthen.

Am Schluß seiner Rede lobte der Vorsitzende, die AfD „schaffe eine heilsame Unruhe im Land. Wir zwingen die Regierenden zu notwendigen Korrekturen“. Er prognostizierte das nahe Ende von Multikulti, das er als den „ideologischen Grundirrtums des 21. Jahrhunderts“ bezeichnete.
In einem Punkt, so Meuthen, stimme er mit Angela Merkel überein: „Wir brauchen Verbündete in Europa.“ Aber, so ergänzte er unter dem Applaus der Delegierten, diese Verbündeten seien nicht Juncker oder Macron, sondern „Strache, Kurz, Salvini und ganz besonders Victor Orban.“
Die rund 500 Delegierten votierten außerdem ohne inhaltliche Aussprache für eine Resolution gegen Diesel-Fahrverbote sowie gegen die EU-Sanktionen gegenüber Syrien.

Zu Beginn hatte AfD-Chef Alexander Gauland die Delegierten in einer Rede auf den Parteitag eingestimmt. Mit der AfD sei endlich das wahre Leben in den selbstzufriedenen Bundestag gezogen, werde die Demokratiesimulation in Frage gestellt und Pluralismus gelebt. „Merkel muß weg. Aber nicht nur sie. Hier muß ein ganzer Apparat, ein ganzes System weg. Und die Union muß weg aus der Regierung“, forderte der Parteichef.

Merkel habe Deutschland international isoliert. „Der letzte deutsche Regierungschef, der eine solche Feindkonstellation hervorgebracht hat, …“ Nach einer rhetorischen Pause und dem Applaus im Saal setzte Gauland fort: „Ich habe nicht verglichen!“
Ziel der Partei sei es, das Land vor dem Schlimmsten zu bewahren. Insofern begrüße man das Vorgehen Söders, dem Gauland vorwarf, aus dem Programm der AfD abgeschrieben zu haben. Zudem sei das Vorhaben Söders und Seehofers nur die Einleitung einer Notbremse. „Die CSU ist als langjähriger Koalitionspartner mitverantwortlich, was Merkel angerichtet hat, mitverantwortlich für den Kontrollverlust in der Asylpolitik.“
Migration sei die Schicksalsfrage Europas. Ein zerstörtes Land könne man wieder aufbauen. „Aber ein Bevölkerungsaustausch ist irreversibel, den müssen wir verhindern.“ Man befinde sich im Kampf gegen globalistische Kräfte, die Nationen auflösen wollen, so Gauland. „Unser Kampf ist rein defensiv, denn es geht uns nur um den Erhalt unserer Lebensweise für unsere Kinder und Kindeskinder.“

Deutschland sei eine Nation, kein Siedlungsgebiet, konstatierte Gauland. „Wir halten am Begriff Volk fest. Volk war nie eine exklusive Abstammungsgemeinschaft.“ Aber Volk habe mit Abstammung zu tun und Heimat sei ein Menschenrecht. Die AfD sei die wahre Heimatpartei, schloß der Parteichef.
Gegen den Parteitag protestierten in Augsburg etwa 5.000 Personen. Aufgerufen dazu hatte ein Bündnis aus Politikern von SPD, Linkspartei und Grünen sowie Gewerkschaften und Linksextremisten. Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) wurde bei seiner Rede auf einer Bühne auf dem Rathausplatz mit Tomaten und eiern beworfen.
Die Polizei mußte zudem Pfefferspray einsetzen, um Demonstranten daran zu  hindern, Absperrungen zu durchbrechen und zum AfD-Parteitag zu gelangen. Auch die Grünen-Politikerin und stellvertretende Bundestagspräsidentin Claudia Roth beteiligte sich an den Protesten gegen die AfD.
Der Parteitag der Alternative für Deutschland in der Augsburger Messehalle sei ein „Angriff auf die Grundwerte unserer Demokratie“, beklagte die Grünen-Abgeordnete. Die AfD sei „Rassismus pur“ und ein „sexistischer Flashback“.   JF


Die AfD hat sich auf ihrem Bundesparteitag in Augsburg dafür ausgesprochen, die Desiderius Erasmus Stiftung (DES) als alleinige parteinahe Stiftung anzuerkennen. Die Delegierten hatten in einer lebhaften und emotional geführten Debatte über mehrere Varianten zu diesem Thema debattiert. Dabei lehnten etliche Delegierte generell eine parteinahe Stiftung ab, da aus ihrer Sicht damit nur die Politik der etablierten Parteien kopiert werde. Auch leide die Glaubwürdigkeit der AfD, wenn sie auf staatliche Zuschüsse setzen würde.
Andere befürworteten einen Mitlgiederentscheid, da diese Frage von weitreichender Bedeutung für die Partei sei. Zuvor hatte die Vorsitzende der DES Erika Steinbach in ihrer Rede eindringlich an die  Delegierten appelliert, für ihr Konzept zu stimmen, um auf Augenhöhe konkurrieren zu können. „Im Kampf gegen Goliath dürfen wir David nicht die Steinschleuder wegnehmen“, forderte sie.  Deutschland sei zudem „ein Fall für den Psychiater, wir müssen ein Therapeut sein.“
Nach Kritik im Vorfeld auch aus Reihen der Parteiführung, wonach Steinbach „nicht die Seele der Partei verstanden“ habe, hörte sich ihre Rede streckenweise wie eine Entgegnung an. Damit – so der Eindruck – ist es der ehemaligen Bundestagsabgeordneten maßgeblich gelungen, die Mehrheit im Saal für sich zu gewinnen. Stehender Beifall zeugte davon.
Auffallend war in der Debatte, daß sich zum einen zahlreiche Bundestagsabgeordnete sehr kontrovers und zum Teil im Widerspruch zueinander zu Wort meldeten, während nahezu die gesamte Parteiführung die Debatte schweigend verfolgte.

Im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT zeigte sich Steinbach nach der Entscheidung zufrieden. „Das ist ein gutes Ergebnis, ein Ergebnis der Vernunft.“ Sie setze nun alles daran, daß daraus kein Dauerstreit mit der unterlegenen Stresemann-Stiftung entstehe. Jetzt werde die Arbeit für eine alternative politische Bildung aufgenommen, zeigte sich Steinbach überzeugt. Ziel sei, nun mit der Stiftung eine Breitenwirkung zu entfalten. „Die AfD ist als stärkste Opposition mittlerweile unverzichtbar.“    JF

Das Netz schäumt über Gaulands Parteitagseröffnungsrede, vor allem seine Ausführung über die Unumkehrbarkeit eines Bevölkerungsaustauschs bringen unsere meist kinderlosen Progressisten und Willkommensputschbeklatscher in Rage, denn ein Bevölkerungsaustausch finde ja überhaupt nicht statt. Wenn man ihn befürwortet, schon: hier oder hier etwa. Und anderswo auch, hier beispielsweise oder hier.    MK am 30. ohne Monatsendfigur

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