Stationen

Donnerstag, 7. Februar 2019

Zusammenhalt

Die AfD entwickelt sich zu einer neuen Volkspartei. Von den »kleinen Leuten« bis tief in die Mittelschichten hinein reicht die Zustimmung in der Bevölkerung. Mit dem Erfolg wächst aber auch der Gegendruck des Establishments, das um seine Macht und Pfründe bangt. Deshalb wird es zunehmend ungemütlich für die hoffnungsvolle Oppositionspartei in Deutschland. Welche Chancen und Risiken sich daraus ergeben und wie die AfD in den stürmischen Zeiten optimal aufgestellt sein muss, untersucht der Landesvorsitzende und Landtagsfraktionschef der thüringischen AfD Björn Höcke in einem dreiteiligen Beitrag.

Die Stimmung in der Bevölkerung

Wenn man die INSA-Meinungstrends der letzten Monate im Verlauf betrachtet, ergibt sich ein interessantes Bild: Die einstige Volkspartei CDU/CSU ist seit Anfang des Jahres von fast 35 Prozent auf magere 25 Prozent abgesackt, durch den Medienrummel um die Merkel-Nachfolge sind diese Werte momentan etwas angezogen. Die SPD befindet sich nach dem Zusammenbruch des absurden Schulz-Hypes in einem dramatischen Sinkflug und hat sich vorläufig auf 13 bis 15 Prozent bundesweit gefangen – im Osten des Landes liegt sie sogar unter 10 Prozent. Im Verhältnis zu ihrer früheren Größe ist sie damit zu einem Bonsai-Format geschrumpft und droht langfristig in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Die klassischen Klientelparteien FDP und LINKE liegen dank ihrer relativ treuen Anhängerschaft bei knapp 10 Prozent.
Das Spannendste sind allerdings die Entwicklungen von AfD und GRÜNEN: Während die AfD in den letzten Jahren einen großartigen Aufwärtstrend erlebte und sich momentan bei 15 bis 16 Prozent bundesweit stabilisiert hat – im Osten des Landes liegt sie praktisch gleichauf mit der CDU –, gehen die Umfragewerte für die GRÜNEN seit einiger Zeit durch die Decke: In den letzten 12 Monaten hat sich die Zustimmung von 10 Prozent auf aktuell 18 bis 20 Prozent quasi verdoppelt!

Der große Graben

Somit sind folgende Grundtendenzen der Entwicklung erkennbar:
Die alten »Volksparteien« Union und SPD leiden unter einem massiven Bedeutungsverlust, die Bundesrepublik Deutschland erlebt so nie gekannte Schwankungen der Meinungsbilder – siehe SPD und GRÜNE –, und die zunehmende Polarisierung des Landes zieht eine Polarisierung der Parteienlandschaft nach sich. Der letztgenannte Trend dürfte sich aufgrund der allgemeinen politischen Lage verstetigen und folgenden sozialen wie geistigen Frontverlauf haben:
Auf der einen Seite sammelt sich im Land ein linksbürgerliches, kosmopolitisch und multikulturalistisch orientiertes Lager als Kern des Establishments, unterstützt von den Bodentruppen des Linksaußen-Pöbels einschließlich der Antifa. Auf der anderen Seite wächst eine Volksopposition aus traditionell-bürgerlichem Milieu und »kleinen Leuten«, die an Nationalstaat und hergebrachter deutscher Leitkultur festhalten wollen. Die Lagerbildung verläuft in letzter Konsequenz entlang der Beantwortung der politischen Gretchenfrage, die da lautet: Bist Du für oder gegen Dein eigenes Land?
Als zugespitzter parteipolitischer Ausdruck der jeweiligen Grundeinstellung fungieren heute GRÜNE und AfD. Zwischen diesen sich immer unversöhnlicher gegenüberstehenden Lagern droht die SPD zerrieben zu werden. Aber auch die CDU/CSU ist großen inneren Zerreißproben ausgesetzt, geht doch der Lagergraben des politischen Grundkonflikts genau durch sie hindurch.

Das blaue Wunder

Die AfD ist ein Erfolgsprojekt. Ihr politischer Aufstieg und der Einzug in den Bundestag sowie in alle deutschen Landesparlamente innerhalb weniger Jahre ist einzigartig in der Parteiengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Er verläuft dialektisch gesehen mit einer inneren Notwendigkeit, weil er sich im Widerstand gegen ein in zentralen Politikfeldern (EU, Euro, Energie, Einwanderung etc.) übereinstimmendes »Blockparteiensystem« vollzieht. Der AfD-Erfolg wird getragen von dem wachsenden Unmut vieler Bürger über die herrschende Politik und einem allgemeinen Verdruss an den verbrauchten Altparteien. Was im Land noch funktioniert, funktioniert nicht wegen einer guten Politik, sondern trotz einer schlechten Politik. Von einer einst mühselig aufgebauten Substanz zu leben, die schrittweise von verantwortungslosen Machthabern aufgezehrt wird – ohne dessen Reproduktion nachhaltig zu sichern! –, verbreitet unter den Bürgern ein zunehmendes Unbehagen.
So vielfältig die einzelnen Motive der Anhänger und Wähler auch sein mögen, als nachhaltiger Katalysator wirkt bis heute die massenhafte Einwanderung fremder Bevölkerungen und die daraus resultierende Sorge der Bürger um den Verlust der gesellschaftlichen Solidarität, der kulturellen Identität und der staatlichen Integrität.
Die AfD ist eigentlich »unkaputtbar«. Das hat drei Gründe:
  1. Sie hat die soziale wie inhaltliche Spannbreite einer Volkspartei.
  2. Sie ist die einzig relevante parteipolitische Opposition gegen ein verknöchertes Establishment, dessen Versagen immer mehr Menschen am eigenen Leib erfahren müssen.
  3. Sie hat eine starke, solide Kernwählerbasis von bundesweit mindestens 10 Prozent, die auch weitestgehend resistent gegen die Dämonisierungskampagnen des polit-medialen Kartells ist. Auch noch so theatralisch inszenierte Skandale und Skandälchen haben die AfD-Anhänger bislang nicht beeindruckt.
Man schätzt, dass in der Bundesrepublik – parteiunabhängig – das konservativ-bürgerliche Wählerpotenzial bei rund 40 Prozent der Wahlbürger liegt. Einen erheblichen Teil dieses Potenzials kann die AfD erreichen, vor allem bei einem anhaltenden Linkskurs der Unionsparteien und einer Verschärfung der Krise.

Teile und herrsche

Nachdem Diffamierung, soziale Ausgrenzung und Antifa-Gewalt nicht ausgereicht haben, um die AfD kleinzukriegen, hat das Establishment in seinem letztlich aussichtslosen Abwehrkampf eine weitere Waffe gezogen: das altbekannte »divide et impera«. Da man es nicht geschafft hat, den lästigen Konkurrenten von außen zu zerschlagen, versucht man es nun von innen. Und so arbeitet man daran, einen tiefen Spaltkeil in die AfD zu treiben. Die Voraussetzungen dafür sind nicht ungünstig, ist doch die AfD laut Parteichef Alexander Gauland ein »gäriger Haufen«, der sich aus ganz unterschiedlichen Strömungen zusammensetzt. Vor allem die Spannungen zwischen den eher »systemkonformeren« und den eher »systemkritischeren« Teilen in der Partei bieten sich hier als Ansatz an.
Die ausgefuchsten AfD-Gegner warnen daher auch vor einer allzu primitiven Beschimpfung der Partei und ihrer pauschalen Gleichsetzung mit »Rechtsextremen«. Man rät vielmehr dazu, die als gerade noch erträglich und einfangbar eingestuften »liberal-konservativen Pragmatiker« und die nicht als erträglich und auch nicht korrumpierbar eingestuften »rechtsextremen Hardliner« in einen zerstörerischen Konflikt zu treiben, an dessen Ende ihre Trennung und damit der Bruch der Partei stehen soll.
Besonders absurd daran ist, dass unter dem Begriff »rechtsextrem« von den Leitmedien heute Positionen verortet werden, die noch vor wenigen Jahren zum normalen konservativen Meinungsgut zählten. Das verwirrt leider auch nicht wenige Mitstreiter und Protagonisten der AfD. Wer möchte schon als ordentlicher Bürger und braver Parteimitstreiter als »Extremist« gelten?

Doppelter Angriff

Der Spaltkeil soll auf zweifache Weise angesetzt werden: Zum einen mit einer vorgetäuschten »konservativen Wende« in der bisherigen Migrationspolitik, um die bürgerlichen Wähler vor allem zur Union zurückzuholen und gleichzeitig den »Realos« in der AfD eine unionsdominierte schwarz-blaue Koalition schmackhaft zu machen. Das facht natürlich den Konflikt mit den »Fundis« in der Partei an, die einer solchen Koalition eher skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen – zumindest, solange kein grundsätzlicher Kurswechsel bei der Union erfolgt ist. Dieser Spaltungsstrategie ist seit der Wahl Kramp-Karrenbauers zur CDU-Vorsitzenden vorerst der Boden entzogen worden. Denn auch in den koalitionsaffinen Teilen der AfD weiß man nun: ohne Merz auch kein Frühling in der Union, der Hoffnung auf eine Kooperation machen könnte.
Zum anderen wird mit der Überwachung durch den Verfassungsschutz (VS) gedroht. Nachdem einzelne Teile und Einzelpersonen schon seit dem letzten Jahr beobachtet werden, ist nun die gesamte Partei zum obskuren »Prüffall« erklärt worden, die Bundesjugendorganisation JA und der patriotische »Flügel« sogar zum »Verdachtsfall«, bei dem bereits der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel möglich ist. Egal, wie absurd und juristisch unhaltbar diese Vorgänge auch sind, das Schwingen der Verfassungsschutzkeule soll die vorgeblich »radikalen« Kräfte in der Partei schocken und die »gemäßigten« Kräfte locken. Die offiziöse Definition, was »radikal« und was »gemäßigt« sein soll, ist hier ebenso schief wie willkürlich. Nach Meinung des Establishments ist man heute bereits »radikal« oder gar »extrem«, wenn man vehement auf die Einhaltung des Rechtsstaates und der Gesetze pocht, wie es die Staatsfundamentalnorm des Art. 20 (3) GG vorgibt, oder die Volkssouveränität verteidigt.
Das Kalkül ist klar: Den »gemäßigten« Teilen wird angedeutet, dass sie einer tatsächlichen VS-Beobachtung entgehen könnten, wenn sie sich von den »radikalen« Teilen in der Partei trennen würden. Das Crescendo der VS-Drohung, das wir seit einigen Monaten erleben, hat genau diesen Zweck: Verwirrung und Panik innerhalb der Partei erzeugen und die Lager aufeinanderhetzen. Helmut Roewer, von 1994 bis 2000 Chef des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, warnte insbesondere vor sogenannten Feindzeugen innerhalb der AfD, die entweder aufgrund einer unglaublichen Naivität, egomanischer Ränkespielereien oder eines böswilligen Auftrags eigene Parteikollegen und Gruppierungen wie die Junge Alternative oder den »Flügel« pauschal des »Extremismus« bezichtigen.
Es gibt Gefahren für die AfD, die sich bereits aus ihrem Funktionsmodus als Partei quasi natürlich ergeben: Die Korrumpierung durch Pfründe, das Einlullen in einem routinierten Parlamentsbetrieb, die Erstarrung zu einem Funktionärsapparat. Dazu wäre auch einiges zu sagen, um dem vorzubeugen. Die größte Gefahr jedoch geht von dem Versuch einer Spaltung aus. Wir müssen die Dinge nüchtern und realistisch betrachten: Wenn durch das perfide Manöver des Establishments der Zusammenhalt in der Partei nachhaltig beschädigt werden sollte, wird es für die AfD tatsächlich ernst.

Schein statt Sein

Der Mainstream-Politologe Timo Lochocki hat in seinem aktuellen Buch »Die Vertrauensformel – so gewinnt unsere Demokratie ihre Wähler zurück« die Katze aus dem Sack gelassen: Durch ein »konservatives Symbolprojekt« könne man einen großen Teil der bürgerlichen Protestwähler zurückholen, die AfD praktisch halbieren. Am erfolgversprechendsten erscheint ihm dabei die Migrationsfrage. Hier solle eine zumindest »symbolisch härtere« Regulierung der Einwanderung den Unmut der Bürger besänftigen.
Er schlägt daher einen »bürgerlichen Kompromiss« von Union und SPD vor, bei dem »konservativen Kräften sehr viel Raum« gegeben werden müsste. Die Betonung liegt auf »symbolisch«: ein bisschen Kosmetik soll die abspenstigen Protestwähler einfangen, an der generellen Linie einer Politik zum Schaden unseres Landes sich aber nichts ändern.

Raider heißt jetzt Twix

Wie realistisch ist überhaupt ein solcher Coup? Die sozialdemokratischen Deutschland-Abschaffer auf einen restriktiven Migrationskurs bringen zu wollen, ist so aussichtsreich wie ein künftiger Fußballweltmeistertitel von Dschibuti. Und bei der Union? Spätestens seit der Wahl von Merkel 2.0 in Gestalt einer AKK sollten hier die naiven Illusionen so mancher konservativer Bürger und auch der innerparteilichen Befürworter einer allzu schnellen schwarz-blauen Koalition einer nüchtern-realistischen Einschätzung gewichen sein: ein Rollback der linksliberalen Zeitgeistherrschaft ist in der gesamten Union bis auf Weiteres ausgeschlossen, dafür ist das konservative Fundament zu kümmerlich und die Zerstörung des einstigen Markenkerns zu weit fortgeschritten. Somit fallen die Schwarzen bis auf Weiteres als mögliche Bündnispartner der AfD aus.
Aber bereits im Vorfeld des CDU-Parteitages ist auch den größten Träumern klar geworden: ein Mann wie Friedrich Merz, der von den Medien als »konservativer Gegenpart« zur Merkel-Doktrin hochgepimpt wurde, hätte daran nichts geändert. Nur noch einmal zur Erinnerung, um im Nachhinein keine sinnlosen Tränen zu vergießen: der eingefleischte Transatlantiker ließ sich nicht nur zu der ungeheuerlichen Entgleisung hinreißen, die AfD sei in Teilen »offen nationalsozialistisch«. Er hatte auch einer wie auch immer gearteten »konservativen Revolution«, die der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ins Spiel brachte, eine klare Absage erteilt. Und selbst ein Dobrindt will nach eigenen Aussagen »die AfD aus den Parlamenten jagen«. Die CSU steht der Schwesterpartei in ihrer Anti-AfD-Haltung in nichts nach.
Auch wenn diese Aussagen nur taktische Floskeln im tagespolitischen Schaukampf wären, müssen wir doch klar erkennen, dass eine »Rettung Deutschlands« mit solchen wendigen Leuten, die unfähig sind, jenseits der engstirnigen Parteiräson eine nationalpolitische Sichtweise zu entwickeln, die sich dem Ganzen in seiner historischen Kontinuität verantwortlich fühlt, nicht möglich sein wird.

Auferstanden aus Ruinen

Die Union – ob nun einst ein bisschen konservativ geschminkt oder nicht – wird weiter lavieren und mit allen möglichen Mitteln und unmöglichen Partnern – bis hin zur Linkspartei! – die schwindende Machtstellung verteidigen. Sollte man bei den Schwarzen dennoch versuchen, einen »Kurz-Wechsel« wie in Österreich zu inszenieren, würde das aufgrund der eklatanten Unglaubwürdigkeit bei den Wählern nicht nachhaltig verfangen, vielmehr die Risse in der eigenen Partei verstärken und auch die neuen linksbürgerlichen Wähler vertreiben. Es ist eher abzusehen, dass die Union schon mittelfristig an ihren inneren Widersprüchen zerbrechen und damit ihrer italienischen Schwesterpartei Democrazia Cristiana in die politische Bedeutungslosigkeit folgen wird.
Für die AfD bedeutet das: anders als in Österreich werden sich wohl erst aus etwaigen Abspaltungen, Trümmerfeldern und Bruchstücken der Union mögliche Bündnispartner für die AfD herausbilden, mit denen neue Mehrheiten für einen grundlegenden politischen Kurswechsel im Land generiert werden könnten. Im Vorlauf sollte man durchaus die kooperationsfähigen, konstruktiven Kräfte in der Union sichten und auf verschiedenen Ebenen kontaktieren. Voraussetzung dafür ist aber, dass die AfD selbst die kommenden Stürme übersteht. Und damit kommen wir zum nächsten, viel gefährlicheren Aspekt des divide et impera:

Das VS-Schwert

Eigentlich ist die Sache klar: Die Bedrohung mittels Beobachtung durch den Verfassungsschutz stellt für jeden wachen Zeitgenossen – zumindest in der Form, wie es heute geschieht – eine unzulässige, freiheits- und demokratiefeindliche Instrumentalisierung einer staatlichen Behörde zwecks Niederhaltung einer parteipolitischen Opposition dar. Und dennoch wittern manche Teile in der AfD die große Chance auf eine »Bereinigung« von ungeliebten, patriotischen Kräften und begehen die Todsünde des »Feindzeugen«: Sie belasten eigene Parteikollegen und -gruppierungen mit zumeist völlig unhaltbaren »Extremismus«-Vorwürfen. Das ist in jedem Falle grob fahrlässig, wenn nicht sogar Vorsatz. Hier muss dringend Einhalt geboten werden und sich die Einsicht durchsetzen: solange Angriffe von außen für innerparteiliche Machtkämpfe instrumentalisiert werden, arbeitet man dem politischen Gegner und den VS-Behörden in die Hände und der zersetzende Spaltpilz kann sich in der Partei ungehindert ausbreiten.
Das bedeutet keine Nachlässigkeit gegenüber destruktiven Elementen: Selbstverständlich muss sich eine demokratische und grundgesetztreue Partei wie die AfD konsequent von tatsächlichen Extremisten, Verrückten und Provokateuren trennen. Aber das hat nicht nach innerparteilichem Machtkalkül zu erfolgen. Und auch nicht nach den Vorgaben eines polit-medialen Establishments, das selbst die Verfassung mit Füßen tritt und die blaue Oppositionspartei zu zerlegen trachtet. Es darf ausschließlich die souveräne Entscheidung einer in sich ruhenden AfD sein, die im Gegensatz zu den staatsauflösenden alten Kräften durch und durch staatsloyal ist und sich strikt an den Kernprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung orientiert.
Und um nicht ein weiteres Missverständnis aufkommen zu lassen: Ein Staat hat das Recht und die Pflicht, sich vor Angriffen auf seine Grundordnung zu schützen. Das ist völlig legitim und er benötigt dafür auch entsprechende institutionelle Vorkehrungen. Aber in unserer freiheitlichen Demokratie ist auch eine legitime wie legale Oppositionspartei wie die AfD ein schützenswertes Gut: Das Bundesverfassungsgericht zählt ausdrücklich das »Recht auf Opposition« zu den »grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen und demokratischen Grundordnung«. Und genau diese legitime wie legale Opposition soll nun durch eine quasi staatlich zertifizierte Stigmatisierung und geheimdienstliche Überwachung massiv behindert und benachteiligt, ja zersetzt werden. Der eigentlich sinnvolle Staats- und Verfassungsschutz mutiert so zu einem ordinären und originären Etabliertenschutz.

Mündige Bürger und ehrbare Beamte

Es ist falsch, angesichts dieser zweifellos ungünstigen Ausgangslage für eine politische Oppositionspartei in Panik zu verfallen: Trotz des ständigen Drehens an der Stigmatisierungsschraube sind die Wähler davon weitgehend unbeeindruckt geblieben. Zu leicht durchschaubar sind die wahren Gründe der Machthabenden, zu unfair die von ihnen eingesetzten Machterhaltungsmittel. Man merkt die Absicht und ist verstimmt. In ganz Deutschland, aber besonders in den Stasi-geplagten mitteldeutschen Ländern wirkt die Drohung mit einem Inlandsgeheimdienst ohnehin weniger einschüchternd als aufreizend.
Und nicht nur der Skandalfall um den ehemaligen Chef des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen hat gezeigt, dass es auch in den VS-Behörden gewaltig rumort. Aus zuverlässigen Quellen wissen wir, dass etliche Beamte mittlerweile vor Wut kochen, weil sie sich als neutrale Staatsdiener missbraucht fühlen in einem miesen politischen Machtspiel: dem Kampf der etablierten Parteien gegen die Oppositionspartei AfD. Es herrscht also vielerorts noch ein Beamtenethos, den wir anerkennen und bestärken sollten.
Den unfairen Einsatz des VS-Schwertes kann die AfD mangels staatlicher Macht zwar nicht verhindern, aber sie kann dabei mitwirken, das Schwert stumpf zu machen. Dazu gehören neben einer umfassenden juristischen Abwehr, die den Klageweg bis in höchste Instanzen nicht scheut, und den Rat an die redlichen VS-Beamten, im Falle von Rechtsbrüchen ihrer Remonstrationspflicht zu genügen, auch eine politische Offensive mit zwei Stoßrichtungen: Erstens die öffentliche Aufklärung über die skandalöse machtpolitische Instrumentalisierung einer staatlich-neutralen Institution. Und zweitens die Forderung nach einer sinnvollen Reform des Verfassungsschutzes, der auf den Kern eines vernünftigen Staats- und Verfassungsschutzes im Geiste einer liberalen Demokratie zurückgeführt und selber vor einem machtpolitischen Missbrauch künftig geschützt werden muss.
Von ihren grundsätzlichen politischen Positionen – egal, wie sehr diese seitens der Gegner als »extremistisch« verunglimpft werden – darf die AfD auf keinen Fall abrücken: Sie sind absolut verfassungskonform, entsprechen allen Geboten der Vernunft und sind auch der demokratische Wille der AfD-Wählerschaft.

Notwendige Tugenden

Trotz aller Notwendigkeit und Legitimität der blauen politischen Forderungen wäre es jedoch hochgradig naiv zu glauben, man könne als parteipolitische Alternative gegen einen kartellartigen Machtkomplex antreten, ohne mit massivem Gegenwind und harten Gegenschlägen zu rechnen. Dazu zählen auch die gerade beschriebenen Spaltungsversuche. Die AfD sollte auf diese destruktiven Methoden vor allem mit zwei Tugenden antworten: Gelassenheit und Standfestigkeit.
Gelassenheit, weil der zunehmend hysterische Ton und die immer schärferen Mittel der herrschenden polit-medialen Klasse kein Ausdruck von Stärke, sondern von Schwäche sind. Standfestigkeit, weil ein fauler Kompromiss und ein falsches Zugeständnis den Gegner nicht zum Einlenken bewegen, sondern ihn in seiner maliziösen Absicht nur noch bestärken.
Die beste Gegenstrategie gegen Angriffe von außen – die in der Verlängerung auch im Innern negativ wirken können – ist allerdings der feste Zusammenhalt der Partei: über alle innerparteilichen Strömungen und Lager hinweg.


Die AfD ist von ihrem Ursprung her eine Protestpartei. Der Anlass zur Gründung vor sechs Jahren war der aufgestaute Unmut der Bürger über die schlechte Politik der Etablierten. Das betraf alle möglichen Bereiche – von der vermeintlichen Euro-Rettungspolitik, dem Gender-Gaga über die Bildungsmisere bis hin zur fatalen Einwanderungspolitik. Es gab und gibt also viele verschiedene Motive, in die AfD zu gehen oder sie zu wählen. Genau das sollte man respektieren und niemandem dessen Motive vorwerfen oder bestreiten.
Eine solche innerparteiliche Vielfalt hat natürlich ihren Preis: Sie geht bisweilen mit einer gewissen programmatischen Unschärfe einher, was allerdings nur auf den ersten Blick ein Manko ist. In der jetzigen politischen Lage ist diese »Diffusheit« eher ein strategischer Vorteil: sie schafft große »Kontaktflächen« für Anhänger und Wähler. Und genau diese »Kontaktflächen« sollten nicht verkleinert, sondern ganz im Gegenteil erhalten und sogar erweitert werden. Auf den wiederkehrenden Vorwurf der Etablierten, die AfD habe in dieser oder jener Frage keine klare, einheitliche Position, sollte die Partei sehr entspannt reagieren – hier drückt sich eher der Frust aus, die ungeliebte Konkurrenz nicht richtig greifen zu können.

Hambach und Kyffhäuser

Die AfD ist keine Kaderpartei mit einer durchdeklinierten, festen Ideologie. Sie ist eine neue, dynamische Volkspartei und das Volk ist nun einmal eine vielschichtige und oft widersprüchliche Angelegenheit. Diese produktive Spannung gilt es, innerparteilich auszuhalten und nach außen als Bonus zu vertreten. Jeder in der Partei trägt für die Einheit der AfD eine Verantwortung. Bereinigungsaktionen – egal, von welcher Seite auch immer – schaden der Partei als Ganzes. Wer versucht, die Symbole »Hambach« und »Kyffhäuser« gegeneinander auszuspielen, spielt damit dem politischen Gegner in die Hände – und der steht außerhalb, nicht innerhalb der Partei. Eine erfolgreiche AfD braucht »Hambach« und »Kyffhäuser«. Abgesehen davon: Die zwei Symbole sind ohnehin kein Widerspruch, sie zählen beide zu unserer nationalen Tradition.
Das bedeutet kein Verzicht auf politische Hygiene. Selbstverständlich gibt es Grenzen der Standpunkte und der Meinungsäußerungen. Sie sind vorgegeben durch die grundsätzliche Parteiprogrammatik und den Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, an dem es nichts zu rütteln gibt. Hier haben alle Strömungen und »Flügel« tatsächlich eine Selbstreinigungsaufgabe wahrzunehmen. Das gilt im Übrigen nicht nur für inhaltliche Fragen, sondern auch bzgl. einer allgemeinen Politikfähigkeit. Nicht nur »an den Rändern«, sondern auch mittendrin tummeln sich immer wieder Destruktive und Disziplinlose, die die politische Arbeit erschweren und unnötig Energien absaugen.

Das einigende Band

Bei aller erfreulichen Meinungsvielfalt und Diskussionsfreudigkeit: Dissens in Detailfragen darf nicht zum Bruch im Ganzen führen. In der prekären politisch-gesellschaftlichen Gesamtlage ist es beispielsweise zweitrangig, ob man eher das »Marktwirtschaftliche« oder eher das »Soziale« in der Sozialen Marktwirtschaft favorisiert; ob man nun dieses oder jenes Reformkonzept für die EU befürwortet. Es geht letztlich um die Zukunft des ganzen Landes, nicht um die effiziente und effektive Lösung einer Teilproblematik. Und vieles, das sollte auch den im Parteibetrieb Beschleunigten immer bewusst bleiben, wird durch die Zeitläufe erzwungen und entzieht sich dem Gestaltungswillen nicht nur des Einzelnen, sondern auch großer Parteien.
Über alle möglichen Streitpunkte sollte daher nie das einigende Band vergessen werden, das alle Lager und Strömungen zusammenhält. Es besteht aus zwei reißfesten Bestandteilen: Erstens die Erkenntnis, dass »die da oben« unser Land mit ihrer fatalen Politik gegen die Wand fahren, wenn nicht baldmöglichst vernünftige Kräfte das Ruder auf demokratische Weise in die Hand bekommen. Zweitens die gemeinsame Verbundenheit mit unserem Land und seinen Menschen. Das ist der unzerstörbare harte Kern, der alle Anhänger und Wähler der AfD eint: der Wunsch, dass Deutschland in seiner gewachsenen Kultur erhalten wird und die Lebensgrundlagen auch für seine nachfolgenden Generationen gesichert bleiben.

Ein instrumentalisierter VS als Mephisto

Wenn man das AfD-Dossier des Bundesverfassungsschutzes, das als »geheime Verschlusssache« erst in skandalöser Weise an regierungskonforme Medien durchgestochen wurde und nun auch an die allgemeine Öffentlichkeit gelangt ist, genauer betrachtet, so drängt sich der Eindruck eines Offenbarungseides auf. Die Vorwürfe gegen die AfD sind dermaßen dünn, konstruiert und absurd, dass der gewünschte Effekt der Verwirrung und Spaltung nach hinten losgeht. Selbst die gemäßigt-oppositionellen Mitstreiter in der AfD können nur noch den Kopf schütteln: am eigenen Deutschsein festhalten zu wollen und die fortschreitende Multikulturalisierung und Islamisierung unseres Landes abzulehnen – das soll nun quasi »amtlich« als »verfassungsfeindlich« gelten? Hier ist jede Vernunft und jedes Maß verloren gegangen.
Auch wenn das Dossier sich natürlich auf penetranteste Weise bemüht, insbesondere den »patriotischen Flügel« als das eigentliche Problem der Partei darzustellen, so ist es in so auffallend einseitig-denunziatorischer Absicht verfasst, dass es innerparteilich eher zusammenschweißt als auseinandertreibt. Der geplante Spaltungsversuch wird so zum Rohrkrepierer. Er entfaltet eine mephistophelische Kraft, »die stets das Böse will und stets das Gute schafft«.
Der »Schnipselreport«, der zu nicht wenigen Teilen wohl auf paraphrasierten »Antifa«-Pamphleten basiert, liest sich im Grunde wie eine Werbebroschüre der AfD. Zieht man neben den vielen sachlichen Fehlern und Verzerrungen und den endlosen mantrischen Wiederholungen noch die – sicher auch kritisch-diskutable – Frage nach Stil und Ton ab, kommt man zu dem Schluss: Das verbrauchte Establishment hat den AfD-Positionen geistig-inhaltlich nichts mehr entgegenzusetzen, wie es einem in einem fairen demokratischen Meinungsbildungsprozess selbstverständlich sein sollte, sondern flieht in den Einsatz ordinärer Machtmittel. Und: Die AfD ist die einzige relevante parteipolitische Formation in Deutschland, die sich noch für die originären Interessen unseres Volkes einsetzt. Das »beschmutzt« sie nicht »völkisch«, sondern adelt sie als wirkliche Volkspartei der Zukunft.

Die Gravitationskraft des blauen Planeten

Genau diese Verbundenheit mit dem eigenen Land, seiner Kultur und den Menschen ist der Erfolgsgarant für die weitere Entwicklung der noch jungen, »gärigen« Partei. In Kombination mit einer wachsenden Skepsis bis Ablehnung der Bürger gegenüber »denen da oben« hat die AfD trotz aller Diffamierungen und Repressionen gute Aussichten, in diesem Jahr an ihre Wahlerfolge anzuknüpfen und im Osten des Landes sogar ein Fanal zu setzen.
Auch wenn seitens der Altparteien mit aller Macht und mit allen Mitteln versucht werden wird, eine Regierungsbildung oder -beteiligung der AfD in den östlichen Bundesländern zu verhindern, so wird die AfD in jedem Fall einen starken und zuverlässigen Sperrriegel gegen jedwede bürgerfeindliche Ideologie und politische Unvernunft setzen.
Die AfD ist ein neuer blauer Planet im parteipolitischen Sonnensystem der Bundesrepublik. Allein mit seiner Masse hat er durch sein bloßes Dasein erhebliche Gravitationskräfte entfaltet und das bisherige Planetengefüge ordentlich durcheinandergebracht. Um ein anderes Bild zu verwenden: Die alten verkrusteten Strukturen sind aufgebrochen, der verhärtete Boden ist wieder lockerer geworden. Das einst zarte Pflänzchen AfD hat bereits ein beachtliches Wachstum hinter sich und eine stabile Festigkeit erreicht. Pflegen wir diese Pflanze weiter und bringen wir sie zur vollen Blüte – im Dienste für unser Land.    Björn Höcke

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