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Samstag, 23. März 2019

TV könnte so schön sein

Die Ministerpräsidenten der Länder haben resigniert und kapituliert. Sie wollen – wie es genau gehen soll, lassen sie jetzt prüfen – den Rundfunkanstalten nicht mehr ans Portemonnaie. Jährlich sollen die Gebühren steigen, angepasst an die Inflationsrate. Es ist zugleich das Ende der Debatte um ein besseres Programm.
I.
Die Reformdebatte ist immer unter falschem Vorzeichen gelaufen. Immer ging es nur um die Finanzen, um Einsparpotentiale. Sparen wurde verwechselt mit dem viel wichtigeren Anliegen, die Anstalten wieder auf ihren Auftrag zu verpflichten. Jetzt wird nicht einmal mehr gespart. Die Geldgarantie nimmt den Anstalten den notwendigen Druck, sich zu entscheiden. Etwa gegen wahnsinnige Fußballlizenzen, aber für mehr Kreativität im Journalismus.
II.
Die Ministerpräsidenten besitzen weder den Sachverstand noch den politischen Willen dazu. Sie akzeptieren die Einschaltquoten als Maß aller Dinge. Die grundfalsche Gleichung lautet: Das beste Fernsehen ist das, was die meisten Zuschauer hat. Die Verseichtung des Programms ist nun auch ganz offiziell Geschäftsmodell des Gebührenfernsehens.
III.
Der Missstand ist ein doppelter. Die Zwangsgebührenzahler werden zugeschüttet mit immer mehr vom Gleichen. Krimis und Serien von der Stange, Fußball. Noch übler: Auch die journalistischen Formate, auf denen noch die alten Etiketten kleben, folgen dem Quotendruck. Nachrichten, Magazine, Dokumentationen und Reportagen. Alles muss unterhalten. Nichts darf provozieren. „Die Leute abholen“: so lautet die Verblödungsformel.
IV.
Was ist nur aus der „Demokratieabgabe“ geworden? Sie dient einem faden Einheitsbrei, nicht dem Diskurs. Das war früher, als Rotfunk und Schwarzfunk in insgesamt ziemlich ausgewogener Meinungsvielfalt produzierten. Heute nur grüne Volkspädagogik vom Bayerischen Rundfunk bis zum durchgemerkelten ZDF. Denn der Quotendruck verbündet sich mit der Herrschaft der Stimmungsdemokratie. Deshalb wird emotionalisiert. Deshalb ist alles nur noch korrekt, aber kein kritisches Korrektiv zur dominanten Parteipolitik. Für die Herrschenden ist es so am bequemsten. Erbauung und Belustigung statt Aufklärung.
V.
Der Verfall der Fernsehkultur. In dieser Woche ein schlagender Beweis: Der bald siebzigjährige Thomas Gottaschalk bekommt „Wetten dass?“ zurück. Die Retroshow als letzte Innovation. Gerade lief auch zum ersten Mal „Gottschalk liest“ im Bayerischen Fernsehen, die leibhaftige Abdankung der Kultur unter der Fahne der Kultur. Um ein paar Zuschauer mehr oder weniger darf der Entertainer sich als vermeintlich gebildeter Bücherfreund präsentieren. Ein Format ohne den geringsten Wert für das wirklich an Büchern interessierte Publikum. Nur hohles Gequatsche – in der Statistik Kulturfernsehen. Ich weiß, wovon ich spreche, habe als Redaktionsleiter erlebt, wie aspekte im ZDF von den Programmoberen malträtiert worden ist. Aber Gottschalk geht immer.   Herles


Jedes Land braucht auch ein GEZ-Fernsehen. Es ist ein wichtiges Instrument der Demokratie als Gegengewicht zu den Privaten. Wir brauchen aber 1. andere Mehrheiten in den Rundfunkräten (haargenau wie im Bundestag) 2. muss offenbar die Gesetzeslage, die die Berechtigung zur Teilnahme an Sendungen regelt, geändert werden. Ich kann mir anders nicht erklären, dass die AfD nicht rechtlich erzwingt, an mehr Talkshows teilzunehmen. In Italien hat jede Partei, die ins Parlament gewählt wurde, das Recht, ihre Standpunkte im TV zu erläutern, egal ob SED, NPD oder wer auch immer. Das gilt für das italienische GEZ-Fernsehen wie für die Privatsender. Gerade das Fernsehen ist für eine Demokratie sehr wichtig. Und ein ör Rundfunk ist für eine Nation genauso wichtig wie die Wehrpflicht. Er muss in Deutschland aber reformiert werden. Darüber hinaus ist für ein Europa der Völker und Nationen ein europäischer Sender unerlässlich, damit diese Länder einander endlich mal kennenlernen. Als Kernzelle sollte so bald wie möglich eine wöchentliche Eurovisionstalkshow eingerichtet werden. Auch diese nach dem italienischen, freimütigen Modell (wo Regierungschefs mindestens 3 mal im Jahr Rede und Antwort vor 5 Journalisten stehen müssen) und nicht nach dem pseudofreimütigen Plasbergmodell). Diese Eurovisionstalkshow müsste jeden Monat von einem Topjournalisten aus einem anderen europäischen Land (einschließlich Israel) moderiert werden und die teilnehmenden Journalisten natürlich simultanübersetzt aus wechselnden Ländern.

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