Stationen

Dienstag, 31. Dezember 2019

2 x Lisa!









This is as joy looks like


Es kann nur noch besser werden


Beim WDR ist die Luft so dick wie in einer Raucherkneipe, die von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch nicht gelüftet wurde. Mitarbeiter taumeln durch die Gänge und fragen sich gegenseitig: Wie konnte das nur passieren? Ja, wie war das nur möglich? Dabei ist es nicht der erste Fall von Kontrollverlust in dem Haus am Appellhofplatz. Die Intervention des Intendaten, der vom Krankenbett seines Vaters in einer Live-Sendung anrief, hat die Sache nur verschlimmbessert, wie wir Habsburger sagen. Jetzt ergreift der Intendant wieder das Wort, diesmal nicht an die Gebührenzahler- und Zahlerinnen, sondern an die  Mitarbeiter*Innen:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sie haben es über das Wochenende mitbekommen: Der WDR steht mitten in einer Kontroverse, die inzwischen jedes erträgliche Maß überschreitet. Auslöser war ein Satire-Video von WDR 2, das zugegebenermaßen misslungen war und die Gefühle vieler Menschen verletzt hat. Der Wellenchef und auch ich als gesamtverantwortlicher Intendant haben das öffentlich eingeräumt.
Meinungsmacher nutzen diese Kontroverse nun aber für ihre Zwecke und hetzen gegen den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bei einer Protestaktion vor dem WDR in Köln musste gestern die Polizei rechte und linke Demonstranten voneinander trennen, damit es keine Gewalt gab. WDR-Mitarbeiter*innen erhalten Morddrohungen. Wir bieten diesen Kolleg*innen Personenschutz an und gehen mit allen juristischen Mitteln dagegen vor. Wir werden alles tun, um unsere Mitarbeiter*innen zu schützen.
Gewalt oder die Androhung von Gewalt dürfen nicht unser Miteinander bestimmen. Ein missglücktes Video ist eine Sache, Morddrohungen eine ganz andere. Die Hetze und Verrohung in der Gesellschaft werden uns nicht einschüchtern. Sie bestärken uns darin, zu einem besseren Miteinander in Deutschland beizutragen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Jahreswechsel und Kraft für das neue Jahr.
Herzliche Grüße
Ihr
Tom Buhrow

Damit verlagert sich der Schwerpunkt der Empörung von einem missglückten Video auf Morddrohungen, ohne die in Deutschland offenbar nichts mehr geht. Aber der WDR lässt sich nicht einschüchtern. Bereits in der Silvesternacht 2015/16 hat das Haus sehr entspannt auf die Vorfälle auf der Domplatte vor seiner Haustür reagiert und damit wesentlich zu einem besseren Miteinander in Deutschland beigetragen.
Jetzt kann es nur noch besser werden. Siehe hier und hier und hier und hier.

Video des Jahres




Passt gut zu Habecks Versuch, 4000 angebliche Flüchtlingskinder – "viele Mädchen, viele zerbrechliche kleine Menschen", die als mitleidweckende Vorhut einen Brückenkopf für den Familiennachzug errichten sollen – aus Griechenland nach Deutschland zu holen, wo seit 2015 "unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" sonder Zahl viele Milliarden gekostet und Straftaten ohne Ende begangen haben, wobei ein beträchtlicher Teil davon ungefähr so minderjährig war wie Josefine Mutzenbacher zwischen dem 150. und 175. Liebhaber. Vielleicht sind ja wirklich Kinder in den Lagern, aber wer glaubt Figuren wie Merkel und Habeck noch irgendetwas?
Der perfide Mechanismus indes, dass Habeck etwas fordert, wofür Deutsche nicht nur mit Geld, sondern letztlich auch mit Blut bezahlen müssen, während der Grüne sich als Wohltäter spreizt, kann gar nicht genug denunziert werden.

Worum sich dieses anscheinend nur für Mohammedaner offenstehende Europa lieber nicht kümmert, sehen Sie, nur als ein pars pro toto, hier.
Es sei denn, die Verfolger dieser bedauernswerten Menschen beklagen - nachdem sie ein halbes Jahrhundert der Unabhängigkeit lang ihr Land durch Korruption ausgesaugt haben - jetzt "das koloniale Erbe", um sich Asyl zu erklagen.

Seien wir ehrlich,
leben ist wieder gefährlich.

Maaßen bei Lanz




Lanz versteht sich auf perfides Framing und ist skrupellos. Werde ich es noch erleben, dass dieser inquisitorische Halunke eines Tages in seine Schranken gewiesen und selber einmal befragt wird? (z.B. zu seinem überheblichen, ethnozentrischen Antiitalianismus einerseits und zu seiner Antifa-Heuchelei, mit der er den traditionellen südtiroler Antikommunismus kaschiert, andererseits).

Immerhin hat er Maaßen ein Forum gegeben. Und niemand versteht es besser, Politikern auf den Zahn zu fühlen, als Lanz.

Dass Lanz aber ausgerechnet einen niederträchtigen, linksextremistischen "Rechtsextremismusexperten" wie Olaf Sundermeyer , der sich allein schon durch seine schnodderige Überheblichkeit und durch die Ausdrucksweise, mit der er Maaßen kommentiert, disqualifiziert ("raushaut", "Wortklauberei", "verzapft"),  als Beispiel für Objektivität preist, ist der Gipfel. Und das Ganze in einer Drei-gegen-einen-Situation. Vomito.
Was ist bloß aus Deutschland geworden, wenn sämtliche Medien choral Haare spalten, um das Offensichtliche zu leugnen? Wie konnte es passieren, dass Außenseiterpositionen wie die der TAZ in unserer schönen Republik zum Narrativ der Hauptwortführer werden konnten? Die Antwort hat Vahlefeld.

Ich habe den Affront begangen, Ihnen gegenüber und den vielen Kollegen, daß ich das nicht akzeptiere, dieses Framing. Ich akzeptiere es nicht, daß sie von Flüchtlingen reden, daß sie von Seenot reden, sondern ich erwarte, daß man darüber redet, worum es geht.“  Hans-Georg Maaßen

Theokratischer Atheismus

China (das Land, wo ein Pfarrer wegen Subversion zu 9 Jahren Haft verurteilt wurde) will laut einem Bericht der britischen Zeitung „Daily Mail“ die Bibel und den Koran gemäß der „sozialistischen Werte“ umschreiben (meldet orf.at.). Textteile, die von der Zensur als falsch eingestuft würden, sollten geändert oder neu übersetzt werden, hieß es. Neuauflagen solcher religiösen Bücher dürften keine Inhalte enthalten, die den Überzeugungen der Kommunistischen Partei zuwiderliefen, habe das Portal der britischen Zeitung „Daily Mail“ einen Spitzenbeamten zitiert.
Ohne Bibel und Koran ausdrücklich zu erwähnen, habe die Parteiführung eine „umfassende Bewertung der religiösen Klassiker, die auf Inhalte abzielen, die nicht dem Fortschritt der Zeit entsprechen“, gefordert. Der Auftrag sei demnach bereits im November erteilt worden. Die religiösen Autoritäten müssten den Anweisungen von Präsident Xi Jinping folgen und die Ideologien der verschiedenen Religionen im Einklang mit den „Grundwerten des Sozialismus“ und den „Erfordernissen der Epoche“ interpretieren, habe die französische Zeitung Le Figaro über den Auftrag berichtet. Die Beamten wären aufgefordert worden, „ein religiöses System mit chinesischen Merkmalen“ aufzubauen. Durch eine „Neubewertung“ religiöser Bücher werde verhindert, dass „extreme Gedanken“ und „ketzerische Ideen“ das Land untergraben.

Leben wir in der Epoche des Oxymerons? Ein alter Knabe könnte diesen Eindruck gewinnen.
Auch Merkels Politikstil ist nämlich - seit Merkel sich 2011 kurz nach Fukushima durch den so genialen wie plötzlichen Schachzug der Anbiederung, statt Gleichschaltung zur Galionsfigur der rotgrünen Mehrheit innerhalb der deutschen Journalismusszene machte - eine Form der gottlosen Theokratie.
Und die evangelische Kirche ist bereits seit mindestens 20 Jahren eine Art Speerspitze und Thinktank der Grünen (und ich befürchte, sie ist auch eine Art die Reflexe konditionierendes Rückenmark des Bundesverfassungsgerichts). Das Terrain für Kasners Tochter (Kasnerdóttir) war also bereit. Auch weil seit geraumer Zeit Grimms Märchen eins nach dem anderen zu Zeitgeistpropaganda umgelogen werden, damit das junge Blut die eigenen Eltern an die Kandare nimmt.



Mit Dünkel ist gut Münklern. Münkler ist ein intelligenter Kopf. Ich teile Münklers Vorliebe für Machiavelli. Der war allerdings sehr viel besser als sein Ruf und vor allem nicht so charakterlos wie Münkler.
Machiavelli hat ja vergessen, die Möglichkeiten weiblicher Despotie zu ergründen. Das holt Merkelbewunderer Münkler vermutlich gerade nach. Eine Gebrauchsanleitung wird er wohl eher nicht verfassen bzw. wenn, sie dann nur posthum veröffentlichen. Angesagt sind Huldigungsschriften.


Die Sektiererei greift um sich. In Italien ist der Traum vom Kommunismus nicht totzukriegen. Es ist wie ein Fluch. Jedes Mal, wenn einem kommunistischen Deppen das Haupt abgeschlagen wurde, wachsen zwei neue nach. Hinzu kommt die ökologistische Sektiererei. Sie ist in Italien einerseits noch schlimmer als die kommunistische, andererseits ist die ökologische Landwirtschaft in Italien jedoch - im Gegensatz zu Deutschland - tatsächlich eine wichtige Ressource 1. weil Italien erfolgreich in Boutique-Food für die neue grüne Bourgoisie auch unserer Breiten investieren kann und 2. weil Italien - trotz fehlender Umweltgesetzgebung - auf Grund der starken Zerklüftung und der zahlreichen Mikroklimata eines der artenreichsten Länder der Welt ist, wodurch das Marketing natürlich sehr beflügelt wird. Ungerecht aber wahr: in Deutschland gibt es nur 42 endemische Pflanzenarten; allein in Sardinien gibt es dagegen 320.



Nein, das Zitat ist nicht von Merkel, sondern von Greta. Aber wie sagt man in Bayern so schön? "Basst schonn".

Vor 200 Jahren wurde Fontane geboren


„Es war Weihnachten 1812, Heiliger Abend. Einzelne Schneeflocken fielen und legten sich auf die weiße Decke, die schon seit Tagen in den Straßen der Hauptstadt lag.“ Stimmungsvoller kann man es nicht Weihnachten werden lassen als mit den ersten Sätzen des breit angelegten preußischen Sittengemäldes „Vor dem Sturm“. Das 1878 erschienene Buch war das Romandebüt des Meisters des poetischen Realismus, der vor 200 Jahren als Henri Théodore Fontane, also mit französischen Wurzeln, im brandenburgischen Neuruppin das Licht der Welt erblickte.
In Anbetracht der französischen Abstammung nimmt es nicht wunder, daß Fontane sich mit seinem ersten Prosa-Epos dem französisch-preußischen Kräftemessen widmete, das die Geschichte des 19. Jahrhunderts nachhaltig beeinflussen sollte. Am Beispiel der adligen Familie von Vitzewitz schildert der „Roman aus dem Winter 1812 auf 13“, so der Untertitel, Stimmungslage und Gemütsverfassung der preußischen Gesellschaft vor den Befreiungskriegen, die im Herbst 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig gipfelten.
Für Berndt von Vitzewitz ist Napoleon der „Böseste auf Erden“. Sein Sohn Lewin hingegen verteidigt den Kaiser: Es sei nicht recht, im Moment seiner schlimmsten Niederlage, also nach dem gescheiterten Rußlandfeldzug, den Wehrlosen zu würgen.
Lewins Plädoyer aus dem ersten Buch des Epos bringt auf den Punkt, was für Fontanes Schaffen elementar ist: das beständige Werben für Ausgleich, Milde und Kompromiß. Wen keiner mehr verstehen zu können meint, für den bemüht sich Fontane um Verständnis. Er tritt ein für ein Miteinander, das vom Humanismus und einer christlichen Ethik bestimmt ist, die nichts mit Bigotterie zu tun hat, sondern mit dem Geist Christi.
Diese Haltung bedingt eine Abneigung gegenüber dem vorschnellen Urteil, das oft ein Vorurteil ist. Die Altersmilde und weise Schicksalsergebenheit, die der alte Dubslav verkörpert, die Hauptfigur seines wie der Erstling breit angelegten Spätwerks „Der Stechlin“ (posthum 1899), scheint die des Autors selbst zu sein. Und wer sich die dreiteilige „Stechlin“-Verfilmung von 1975 ansieht, wird sich des Eindrucks, in Dubslav von Stechlin auch ein wenig dem alten Fontane selbst zu begegnen, kaum erwehren können.

Der Apothekersohn fand erst spät zur Romanschriftstellerei. Er erlernte nach der schulischen Unterweisung in Swinemünde (wohin die Familie 1827 zog), Neuruppin und an der Gewerbeschule in Berlin zunächst einen soliden Brotberuf nach väterlichem Vorbild. Bis 1844 war er als Apothekergehilfe bei Magdeburg, später in Leipzig und Dresden tätig. Mehr als der Pharmazie galt seine Liebe jedoch schon in seinen Lehrjahren der Literatur. Das beweist, neben zahlreichen Gedichten, seine erste Novelle „Geschwisterliebe“, die er 1839 veröffentlichte.
Auch seine Mitgliedschaft in dem Berliner literarischen Club Tunnel über der Spree, dem später auch Paul Heyse und der langjährige Briefpartner und Freund Theodor Storm angehörten, zeigt, wofür das Herz des jungen Fontane schlug. Das 17. Kapitel von „Vor dem Sturm“ vermittelt einen Eindruck davon, wie die Treffen der Literaturfreunde abliefen.
In kämpferischen Gedichten und in Beiträgen für die radikal-demokratische Dresdner Zeitung zeigte der Neuruppiner offen seine Sympathie für das Junge Deutschland. Der Kampf für Einheit und Freiheit war auch seiner. Nach der gescheiterten Revolution von 1848, an der er direkt beteiligt war, entscheidet sich der politisch Engagierte für das Schreiben als Broterwerb. Das Jugenddrama „Karl Stuart“ entsteht, bleibt jedoch Fragment.
Man benötigt nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, warum nach seiner Eheschließung mit Emilie Rouanet-Kummer 1850 und dem Verlust dreier Söhne, die alle kurz nach der Geburt verstarben, das Private plötzlich wichtiger wurde als das Politische: Fontane trat in den finanziell lukrativen Dienst der preußischen Regierung und reiste in deren Auftrag nach London, lebte und wirkte dort von 1855 bis 1859 als Korrespondent. Heute würde man seine Tätigkeit vermutlich als Lobbyismus fürs Auswärtige Amt bezeichnen.
1860 stieß er zur Redaktion der Neuen Preußischen Zeitung beziehungsweise der Berliner Kreuz-Zeitung. Er schrieb für Feuilletons verschiedener Presseerzeugnisse, vorzugsweise Theaterkritiken, ab 1870 vor allem für die Vossische Zeitung. Ein besonderes Abenteuer, niedergelegt in „Kriegsgefangen“ (1871), war seine Inhaftierung wegen Spionageverdachts während des Deutsch-Französischen Kriegs, der Fontane nach Paris gelockt hatte.
Seine Reiseberichte über England und Schottland wurden Inspiration und Muster für seine erst 1882 abgeschlossenen monumentalen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“, eine vielgestaltige Bestandsaufnahme des preußischen Kulturerbes. Das Mammutwerk markiert zugleich den Übergang des fleißigen Vielschreibers zum Romancier. Von den für das vierbändige Opus gesammelten Stoffmassen zehrten seine Romane, allen voran der ebenfalls vierbändige Roman „Vor dem Sturm“, an dem Fontane parallel zu den „Wanderungen“ arbeitete.
Sein Biograph Helmuth Nürnberger nennt den Dichter einen „Kenner des menschlichen Seelenlebens“, der mit Geist und Witz, aber ohne Pathos geschrieben habe, „sachlich, aber vornehm, skeptisch, aber gütig, phrasenlos, aber erregend“.
Ein Vergleich mit seinen Zeitgenossen von jenseits des Rheins, Gustave Flaubert und Emile Zola, macht den fundamentalen Unterschied nicht nur zwischen diesen und Fontane, sondern auch zwischen französischer und preußischer Mentalität deutlich: Während Madame Bovary in Flauberts berühmtem Roman von 1857 (für Fontane schon wegen der zentralen Rolle einer Apotheke interessant) sich gleich von zwei Liebhabern verführen läßt und die Darstellung des Ehebruchs für Skandalgeschrei sorgte, fragt sich der Leser von „Effi Briest“ (man beachte die Initialengleichheit mit Emma Bovary) etwas ratlos: War da was?
Zola schildert in seinem Roman „Thérèse Raquin“ (1867), wie ein Ehepaar nach einem gemeinsam verübten Mord an nervlicher Zerrüttung zugrunde geht. Was jedoch Zola mit den Mitteln der literarischen Introspektion förmlich zelebriert, bleibt bei Fontanes thematisch verwandtem Kriminalroman „Unterm Birnbaum“ (1885) nur angedeutet. Ist Ursel Hradscheck überhaupt an der Tötung des Polen Szulski, dem ihr Mann Abel Geld schuldete, beteiligt?
Zwar erleidet sie wie Thérèse Raquin eine Nervenkrankheit, aber die wird so dezent geschildert, daß der Leser nur erahnen kann, was sie quält. Er erfährt lediglich, daß sie „eingezogener“ lebt „denn je“ und bei Pastor Eccelius Erkundigungen zu den Themen Sünde und Erlösung einholt. Gut möglich, daß sie wie ihr französisches Pendant unter nervenzerfetzenden Gewissensbissen gelitten hat. Nur erfährt der Leser davon nichts: Ursel leidet still.

Fontane macht süchtig, sehn-süchtig. Er erweckt in seinen Lesern die Sehnsucht nach einer untergegangenen besseren Welt. Einer Welt, in der statt SUVs Pferdeschlitten durch verschneite Landschaften sausen, die Ehe zwischen Mann und Frau noch etwas Heiliges ist und der Gemeindepastor eine Autorität, die die Bibel auslegt und nicht das Parteiprogramm der Grünen.
Diese Welt war vielleicht nicht wirklich besser. Aber in Fontanes Schilderungen sieht sie oft besser aus, weil Ironie und Trauer die Mißstände, die die soziale Ordnung seiner Zeit mit sich brachte und die er als scharfsinniger Beobachter nicht übersehen konnte, wirksamer ins Bild setzen als Anklage und Bitterkeit. Nicht Parteilichkeit ist seine Sache, auch wenn seine feine, nie sarkastische Ironie der Sympathie des Lesers oft die Richtung weist, sondern auktoriale Distanz.
Dieser darf sich über die neureiche Berliner Kommerzienrätin Frau Jenny Treibel im gleichnamigen Roman von 1892 zwar durchaus mokieren, weil ihr einziges Ziel die pekuniär verheißungsvolle Vermählung ihres Sohnes Leopold ist; in der wehmütigen Erinnerung an ihre Jugendliebe Willibald bleibt sie gleichwohl zutiefst menschlich.
Geld und Standesunterschiede sind die bestimmenden Themen des Realismus – auch bei Fontane. Die meist tragisch endenden Liebesgeschichten „L‘Adultera“ (1880), „Irrungen, Wirrungen“ (1887), „Stine“ (1890) und „Effi Briest“ (1895) thematisieren allesamt den Konflikt zwischen Neigung und Pflicht.
Immer wieder zeigt der Autor, wie Engstirnigkeit, Standesdünkel oder ein pharisäerhaftes Beharren auf dem Buchstaben des Gesetzes zu Schmerz und Unglück führen. Inbegriff dessen ist das bedauernswerte Ende von Effi Briest, die die Zuchtrute eines starren Ehrbegriffs zu spüren bekommt und unter ihren Schlägen zerbricht. Hätte das „Es muß sein“ ihren Mann, den Baron von Innstetten, nicht gezwungen, Major Crampas zum Duell zu fordern und Effi zu verstoßen, hätte er stattdessen einfach Vergebung üben oder sich so selbstlos opfern können wie Steuermann John Maynard in der berühmten Ballade, vielen wäre viel Leid erspart geblieben.
Die literarisch bedeutendste Wirkung hatte Fontane vermutlich auf Thomas Mann, dessen „Buddenbrooks“ (1901) schon klanglich an die fünf Jahre älteren „Poggenpuhls“ erinnern und dessen Werk ohne Fontane ein anderes wäre. Wenn der schlicht gestrickte Grobleben bei einer Ansprache zu Hanno Buddenbrooks Taufe ins Plattdeutsche wechselt, fühlt man sich in einen typischen Fontane-Roman versetzt.
Günter Grass huldigte dem großen Dichter in seinem 1995 erschienenen Roman „Ein weites Feld“ (eine Anspielung auf den Schluß von „Effi Briest“) und ließ ihn, was nicht alle gelungen fanden, als Fonty auftreten.
Zahlreiche Verfilmungen, allein „Effi Briest“ fünfmal, belegen die bis heute anhaltende Popularität des preußischen Chronisten. Die jüngste Filmversion (2009), in der Hermine Huntgeburth die unglücklich Verehelichte unter Zuhilfenahme von Motiven aus „L’Adultera“ in einer zeitgeistkompatiblen Neuinterpretation zur feministischen Kämpferin ummodelte, ist die mißlungenste. Rainer Werner Fassbinder gelang es mit seinem Meisterwerk von 1974 dagegen auf unnachahmliche Weise, den Geist des Romans einzufangen.
Bis heute buchstäblich in aller Munde ist Fontanes berühmtestes Gedicht, in dem abermals ein Birnbaum im Blickpunkt steht: „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ (1889). Vielleicht wollte er dem Obstgewächs, dem er in seiner Mordgeschichte „Unterm Birnbaum“ die Gegenwart einer verscharrten Leiche zumutete, damit eine späte Gerechtigkeit widerfahren lassen. Das wäre typisch Fontane.   JF

Erik Lehnert über Fontane

Montag, 30. Dezember 2019

Von der Leine gelassen

Ursula in einem Interview mit der WELTGlauben Sie mir: Früher oder später wird sich die ganze Welt an der Green-Deal-Philosophie orientieren müssen. Und dann müssen wir Europäer die Rolle der Pioniere übernehmen, mit einem Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen. Wir sollten uns zwingend auf dem Weltmarkt durchsetzen, nicht nur alles erdulden wie in der Vergangenheit.

Dann hättet Ihr 2011angesichts der herkulischen Anstrengung sagen müssen: "Wir schaffen dass." und gleichzeitig erläutern müssen, dass die Weichenstellung für eine planetarische Energiewende trotz des durch Fukushima psychologisch günstigen Moments nur unter äußersten Anstrengungen möglich ist, die z.B. auf keinen Fall erlauben, weitere Asylanten aufzunehmen und dass jetzt alle nationalen Anstrengungen für das Ziel einer Führungsposition bei der Produktion nachhaltiger, umweltschonender Energiegewinnung auf dem Weltmarkt gebündelt werden müssen.

Ihr habt aber - auf Grund der Wunschvorstellungen einer Ethikkommission - etwas versprochen, das gar nicht möglich ist (Merkels genialster Schachzug, insofern sie sich sicher sein konnte, von der rot-grünen Mehrheit der deutschen Journalisten keine Sekunde Gegenwind für diesen Irrsinn ertragen zu müssen, denn sie machte sich ja zu deren Galionsfigur und badet noch heute in deren Dankbarkeit), habt seit dem alles auf die leichte Schulter genommen und nichts als exponentiell wachsendes Chaos geschaffen.

Im Falle eines Falles


Wenn das Wörtlein "wenn" nicht wär',
wär' das Leben halb so schwer.

If you can keep your head when all about you
   Are losing theirs and blaming it on you;
If you can trust yourself when all men doubt you,
   But make allowance for their doubting too;
If you can wait and not be tired by waiting,
   Or, being lied about, don't deal in lies,
Or, being hated, don't give way to hating,
   And yet don't look too good, nor talk too wise;
If you can dream—and not make dreams your master;
   If you can think—and not make thoughts your aim;
If you can meet with triumph and disaster
   And treat those two impostors just the same;
If you can bear to hear the truth you've spoken
   Twisted by knaves to make a trap for fools,
Or watch the things you gave your life to broken,
   And stoop and build 'em up with wornout tools;
If you can make one heap of all your winnings
   And risk it on one turn of pitch-and-toss,
And lose, and start again at your beginnings
   And never breathe a word about your loss;
If you can force your heart and nerve and sinew
   To serve your turn long after they are gone,
And so hold on when there is nothing in you
   Except the Will which says to them: "Hold on";
If you can talk with crowds and keep your virtue,
   Or walk with kings—nor lose the common touch;
If neither foes nor loving friends can hurt you;
   If all men count with you, but none too much;
If you can fill the unforgiving minute
With sixty seconds' worth of distance run—
   Yours is the Earth and everything that's in it,
And—which is more—you'll be a Man, my son!

Sonntag, 29. Dezember 2019

Hut ab vor Helene Fischer

Sogar Helene Fischer hat in der Weihnachtszeit die Wut der linken Meinungswächter auf sich gezogen. Sie hat es nämlich gewagt, ein Duett mit Andreas Gabalier zu singen. Obwohl die Linksmeute ihr im Vorfeld überdeutlich gesagt hat, sie solle es sein lassen, weil der Volks-Rock’n’Roller doch so sexistisch, homophob, reaktionär und hakenkreuzig sei. Daß die Erfolgssängerin dennoch gemeinsam mit dem Österreicher aufgetreten ist, grenzt schon fast an Heldenmut. Damit ist Helene Fischer, man will es kaum glauben, in Sachen Meinungsfreiheit und künstlerischer Eigenständigkeit tatsächlich so etwas wie ein strahlendes Vorbild für 2020. Mögen ihrem guten Beispiel möglichst viele folgen!   JF

Dass ich eines Tages Hoffnungen in Helene Fischer setzen müsse..., wer hätte es für möglich gehalten? O tempores, o mores...





„Meine Oma ist ne alte Umweltsau“: Originalton des Begleittextes zu diesem Video mit fortgeschrittener Kinderdressur: „Sie können singen – und sie können frech. Die Mädchen vom WDR Kinderchor Dortmund mit ihrem Song zum Jahreswechsel. In Zeiten des Klimawandels müssen auch Klassiker wie „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ ganz neu getextet werden...“. Der WDR, also das gebührenfinanzierte Deutsche Fernsehen, nennt das „Comedy“.

Aus der WDR-Mediathek wurde der Beitrag inzwischen gelöscht. Siehe hier. Der volle Text und weitere Informationen hier bei Gerd Buurmann „Tapfer im Nirgendwo“.

"Es herrschte Kulturkrieg".

So schön kann Gehirnwäsche sein


Nach dem Hetzvideo des WDRs, in dem ein Kinderchor instrumentalisiert wurde und der freie Mitarbeiter Danny Hollek verbal auch nochmal nachgetreten hat, breitet sich hoffentlich die Einsicht aus, dass dieser Rundfunk-Service unbedingt reformiert werden muss und dies nur durch neue Mehrheiten in den Parlamenten möglich ist.
Der WDR weigert sich nach wie vor, sich von diesem Mitarbeiter zu distanzieren. Ich gebe empirisch einige Informationen zum Besten, wie man sich gegen diesen Wahnsinn auf effektive Weise wehren kann. Alle im Video genannten Hinweise sind geteilte Erfahrungswerte und stellen keine Handlungsaufforderung dar. Gewährleistung oder rechtliche Haftung sind ausgeschlossen.



Mitmachen bei der Gebühren-Aktion von "Hallo Meinung", Peter Weber: https://www.achgut.com/artikel/nicht_... https://www.hallo-meinung.de/gebuehre... Selbst ermächtigen und sich vom Zwang befreien - hier sind wir viele: https://rundfunk-frei.de/ Danny Hollek ist nach wie vor im WDR-Team: https://www1.wdr.de/fernsehen/aktuell... Facebook: https://www.facebook.com/AchseOstWest... Telegram: https://www.t.me/achseostwest Ihr wollt Feroz unterstützen? Paypal: https://www.paypal.me/achseostwest Patreon: https://www.patreon.com/achseostwest

1977



Als ich im Februar 1977 mit meinen Eltern in Stettin war, hörte ich abends kurz Radio DDR (selbst in Franken noch über Mittelwelle 783 kHz der damals am deutlichsten hörbare Sender). Da wurde gerade Pinochet zitiert, um die BRD zu verunglimpfen. Pinochet habe gesagt: "Das Land, das uns am meisten nahesteht, ist die Bundesrepublik Deutschland".
Dass eines Tages Erich der Große ausgerechnet nach Chile fliehen würde, hätte er sich wohl nicht vorstellen können. Ich auch nicht. Weshalb kam es dazu? Wieso blieb er nicht in Moskau? Weil man dort inzwischen demokratisch genug ist, um Snowden aufzunehmen und Honecker abzulehnen.
Hoffentlich folgt Merkel ihm eines Tages nach.

Übrigens muss man Pinochet zugute halten, dass er sein Land aus eigenem Antrieb in eine parlamentarische Demokratie entlassen hat. Ich habe, Jahre bevor es dazu kam, ein Interview mit ihm im italienischen Fernsehen gesehen, wo er dies ankündigte und die Bücher zeigte, die er zu diesem Zweck über parlamentarische Systeme las. Das waren in der Tat bundesdeutsche Politologen!! Leider stand die BRD ihm nicht nur in dieser Hinsicht am nächsten, wie man an der Colonia Dignidad sehen konnte. Lothar Bossle, der in diese fürchterliche Sache offenbar involviert war (und später außerdem noch wegen seiner Promovierungs-Promotion bekannt wurde), war damals Soziologieprofessor in Würzburg. Ich habe mir im Sommer 1977 aus der Nähe angesehen, wie damals die Neue Universität, um gegen die Einsetzung Bossles zu protestieren, besetzt wurde, weil man wegen seiner Nähe zu Franz Joseph Strauß nicht wollte, dass er dort lehrte (und vor allem weil seine Einsetzung offenbar ein politisch gewollter Willkürakt war).
Schrecklich, wie damals Deutschlands jüngster Universitätsrektor von der mit scharfen Hunden anrückenden Polizei die Universität räumen ließ und kaltschnäuzig über das Anliegen der Studentenschaft hinwegging.
Bei einem sehr viel geringeren Anlass 10 Jahre später in Siena kam, als die dortige Universität besetzt wurde, der Rektor Luigi Berlinguer persönlich in die Aula Magna, um sich die Besorgnisse der Studenten anzuhören: "Mi è stato detto che tra gli studenti è presente un disagio" waren seine ersten an die Versammlung gerichteten Worte.

Seehofer hat also nicht ganz unrecht, wenn er Strauß heute als rechtsradikal bezeichnet. Aber wer war damals nicht rechtsradikal? Auch über Helmut Schmidt gibt es eine Geschichte, die im Jahr 1977 spielt und die heute in Deutschland kein Mensch mehr kennt.

Zu früh weise

Dass die neueste Angriffswelle der Gleichmacherei ausgerechnet unter dem Schlachtruf "Diversity!" anrollt, gehört zu den tragischen Akzenten ursprünglich gut gemeinter Fehlentwicklungen.


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Wir sind Millionen Individualisten gegen einige wenige Konformisten. Aber diese Wenigen haben genug Gewicht, um noch Jahre lang irreversiblen Schaden anzurichten.


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Ich habe noch nie einen intelligenten Menschen geringschätzig über Vorurteile sprechen hören. Aber schon viele Trottel. Alle Völker sind xenophob.


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Gleichstellung: anderes Wort für Entdifferenzierung (bei gleichzeitiger Propagierung der Diversity).
Antirassismus: anderes Wort für Hass auf Weiße (bei gleichzeitiger Einforderung politischer Korrektheit für alle Nichtweißen - siehe auch).


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Wein macht frei.


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Eine der grotesken Folgen des Claas Relotius im Biotop des deutschen Wahrheits- und Qualitätsjournalismus besteht darin, dass Heribert Prantl sich plötzlich für halbwegs objektiv halten kann.


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Hetzer? Es ist immerhin ein Unterschied, ob einer mit der oder gegen die Regierungsmeinung hetzt.


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Welcher in die Jahre Gekommene errötet nicht bei der Erinnerung daran, was er als junger Mensch geglaubt, bewundert und als seine Überzeugungen ausgegeben hat? Ich!! Ich wusste bereits mit 16 Jahren, dass ich eines Tages meinem damaligen Standpunkten diametral entgegengesetzte Standpunkte einnehmen würde, weil mir damals schon klar war, dass die Zeiten sich ändern würden und dass ich ein Mann der Mitte bin, der sich nach links wirft, wenn er befürchtet, das Boot könne zu sehr nach rechts kippen und umgekehrt. Die Frage, die mich seit damals beschäftigte, war nur, wie lange es dauern würde, bis ich die Seiten wechseln muss.

Ich war damals schon für mein Alter zu alt. Meine Klugheit machte mich sehr früh einsam.
Was ich nicht vorhersah, war, dass ich so wenige geistesgegenwärtige Begleiter haben würde. Ich war damals zuversichtlich, immer eine Gruppe kluger Individualisten zu finden, die als Weggefährten zu mir passen würden. Das war ein Irrtum. Ich habe immer nur ganz wenige Individuen gefunden.

Und dass es so viele Menschen geben würde, die nur deshalb nicht erröten, weil sie - wie z.B. Heiko Maas - von ihren damaligen Überzeugungen keinen Millimeter abgerückt sind, dies für Konsequenz halten und auf ihre bornierte Standhaftigkeit stolz sind... auch das habe ich nicht vorhergesehen. Und erst recht nicht, dass diejenigen, die damals die Forderung nach Toleranz im Munde führten (dabei jedoch gegenüber Konservativen damals schon erschreckend intolerant waren) nie reifen würden und heute sogar noch intoleranter sein könnten, als sie es damals bereits waren!! Das konnte ich mir damals beim besten Willen nicht vorstellen.

Samstag, 28. Dezember 2019

Die ewige Linke

Vortrag, gehalten am 6. November 2019 im Berliner Abgeordnetenhaus zum 30. Jahrestag des Mauerfalls, auf Einladung der AfD-Fraktion, die Michael Klonovsky gebeten hatte, die Frage zu traktieren, warum das regelmäßige Scheitern linker Utopien nicht zu deren dauerhafter Delegitimierung führt

Meine Damen und Herren, liebe Genossinnen und Genossen,
das Thema meines Vortrags ist sehr ambitioniert, wahrscheinlich überambitioniert. Wüsste ich tatsächlich die definitive Antwort auf diese Frage, dann stünde ich ja nicht hier, sondern ich säße in einem goldenen Pavillon auf dem Petersplatz in Rom oder auf dem Roten Platz in Moskau, und die Menschen würden Geld bezahlen, um einen Blick auf mich werfen zu dürfen.

Andrerseits ließe sich die Frage mit einem einzigen Halbsatz beantworten: weil die Welt notwendig unvollkommen, ungerecht und oft auch grausam ist, weil die Reichtümer und Ressourcen der Erde höchst ungleich verteilt sind und sich das niemals ändern wird.

Aber für einen Halbsatz haben Sie mich nicht eingeladen. Ich muss die Dreiviertelstunde vollmachen. Erwarten Sie eher einen erschöpfenden Vortrag als eine erschöpfende Behandlung des Themas.
Das Problem beginnt damit, dass die Linke kein einheitlicher Block ist, weshalb jeder pfiffige Progressist die themensetzende Frage als viel zu pauschal ablehnen würde.



Sie kennen das beispielsweise auch vom Islam, den Islam gibt es nicht, sondern nur verschiedene Richtungen, Schulen, Spielarten, Ausprägungen. Gleichwohl sind aus der Perspektive des Nichtmoslems die Gemeinsamkeiten zwischen den Islamen weitaus größer als die Unterschiede. Rotchina und die Sowjetunion waren sich so wenig grün wie Sunniten und Schiiten, doch aus der Perspektive des Westens gehörten sie zum selben Machtblock.
Allen linken Strömungen und Schulen ist immerhin gemeinsam, dass sie antikapitalistisch sind, dass sie staatsgläubig sind, dass sie die Menschen sozialisieren bzw. kollektivieren wollen, und dass sie die Gleichheit aller Menschen und Menschengruppen als Tatsache dekretieren, obwohl sie nur das utopische Ziel linker Politik ist.
Würde man es sich so einfach machen, wie es der Allerwelts-Linke gemeinhin zu tun pflegt, indem er alle Konservativen als Prä-, Proto-, Krypto-, Neo- oder Quasi-Nazis denunziert, dann könnte man mit dem kanadischen Libertären Stefan Molyneux erklären: „Pro-kommunistisch zu sein, ist ganz einfach ein Test auf Soziopathie. Wenn jemand hört, dass über 100 Millionen abgeschlachtet wurden und erwidert: ‚Ja, aber...‘ – Bumm. Totaler Soziopath.“

Prokommunistisch zu sein, müsste zumindest die Konsequenz nach sich ziehen, dass der- oder diejenige nach Kuba übersiedelt, nach Venezuela oder Nordkorea. Passiert aber praktisch nie. Als der Ostblock noch existierte, ist ja auch kaum ein West-Linker in die DDR oder die UdSSR übergesiedelt. Einer, der es tat, war der Herr Kasner, der Vater einer nicht ungefährlichen Politikerin. Ein anderer war Peter Hacks, der begabteste stalinistische Dichter deutscher Zunge. Nach dem Zusammenbruch der DDR fasste Hacks das Schicksal der SED in die Verse:

„Von zwei Millionen blieben
Kaum eine Handvoll grad,
Es hat sie aufgerieben
Gorbatschows Verrat.“

Bei der Resignation ließ er es aber nicht bewenden. Hacks wollte nicht ohne Verheißung scheiden und notierte deshalb geradezu das Motto für meinen Vortrag:

"Gut, das Jahrtausend war nichts, sprechen wir
Von Nummer drei, Genossen, oder vier."

Anno 1987, kurz bevor die DDR milde entschlief, erklärte der Ostberliner Dramatiker Heiner Müller in einem Interview:
„In den westlichen Industrienationen geht es jetzt nur noch darum, einen Zustand zu konservieren, der auf Dauer nicht haltbar ist. Was hier passiert, ist die Emanzipation des Kapitals von der Arbeiterklasse. Damit meine ich die Arbeiter aus den ärmeren Ländern. In der BRD sind es die Gastarbeiter, in den ehemaligen Kolonialmächten die Emigranten aus den früheren Kolonien. Europa kann nur noch auf die Folgen der eigenen Politik reagieren. Arbeitslosigkeit, ökonomische Schwierigkeiten, die Probleme mit der Computerisierung, das alles ist doch nicht lösbar ohne eine globale kommunistische Perspektive.“
Der Interviewer fragt: „Gut, aber was geschieht, wenn verwirklicht ist, wonach Sie streben?“
Müllers Antwort: „Das wird man sehen.“

Hier haben wir im Grunde alle Ingredienzien der linken Weltsicht beieinander. Zunächst die realistische Diagnose einer Misere, sofort verbunden mit der Schuldzuschreibung, sodann die daraus entstehende Freund-Feind-Konstellation, das Zukunftsversprechen, aber die Verweigerung einer konkreten Auskunft darüber, wie die verheißene neue Ordnung funktionieren soll. Wie Peter Hacks war auch Heiner Müller ein blitzgescheiter Mensch. Er hat mir einmal versichert, er sei kein Kommunist und sei auch nie einer gewesen. Und trotzdem lässt er das Fallbeil der kommunistischen Perspektive auf den Hals des Kapitalismus sausen.

Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek ist auch kein Dummkopf. Žižek gilt als eine Art Popstar linker Gesellschaftskritik. Auf die Frage, was nach dem Kapitalismus der Gegenwart kommen soll, erwiderte er: „Natürlich der Kommunismus, wenn auch ein anderer als der des ausgehenden 20. Jahrhunderts.“
So steht es in der „Zeit“ vom 1. Dezember 2011. Im dem Artikel – ein Reporter hatte Žižek auf einer Vortragsreise begleitet – heißt es weiter: „Žižek spricht zu seinem großen Thema: Ideologiekritik der Gegenwart aus marxistischer Perspektive. Die Frage lautet: Wie lässt sich das kommunistische Projekt nach den Katastrophen im 20. Jahrhundert weiterführen?“
Es geht also nur darum, wie. Am dass scheint kein Zweifel zu bestehen.

Nach der Diagnose von Stefan Molyneux hätten wir es hier mit drei Soziopathen zu tun. Es gibt allerdings noch weit Despektierlicheres für einen Intellektuellen, als Soziopath genannt zu werden, nämlich in einem Atemzug mit Kevin Kühnert genannt zu werden. „Ohne Kollektivierung werden wir den Kapitalismus nicht überwinden“, hat der sogenannte SPD-Hoffnungsträger vor Kurzem gesagt. Deswegen sei er hier als vierter kommunistischer Musketier zu Hacks, Müller und Žižek gestellt.
Aber auch Kevin Kühnert zieht es nicht dorthin, wo der Kommunismus schon durchgesetzt ist. Nicht mal für ein Studien-Sabbatical mag er nach Venezuela migrieren. Warum?
Meine These lautet: Die Linke hat aus dem Zusammenbruch der linken Staaten, der realsozialistischen Staaten, eine Lehre gezogen. Wenn jeder sozialistische Staat der Erde aus wirtschaftlichen Gründen kollabiert, dann gibt es offenbar keine funktionierende linke Wirtschaft. Es gibt ja auch keinen linken Wirtschaftsteil in irgendeiner Zeitung, nicht mal der Wirtschaftsteil des Süddeutschen Beobachters ist links. Links sind die Feuilletons. Links sind die Politikredaktionen. Die ins Staatspolitische übertragene Folgerung daraus lautet: Lassen wir den Kapitalismus weiterleben, aber sorgen wir dafür, dass wir die kulturelle Hegemonie haben, dass wir die Öffentlichkeit beherrschen, dass wir den Sozialstaat kontrollieren, dass die Steuern möglichst hoch sind, dass möglichst viel umverteilt wird, wobei natürlich wir diese Geldströme kontrollieren müssen, damit auch möglichst viel in unsere Taschen fließt.
Die Unternehmer müssen gar nicht enteignet werden – diese Leute verstehen sich ja aufs Geschäft viel besser als linke Parteifunktionäre und Feuilletonisten –, es genügt, am Ende der Wertschöpfungskette mit vorgehaltener Moralpistole zu stehen und jeden, der etwas erwirtschaftet und damit Geld verdient hat, im Namen der Gerechtigkeit abzumelken. Beim Melken dürfen die Linken natürlich ein Liedchen trällern, und zwar, nach dem Text von Jürgen Habermas, das Lied von der „radikalreformistischen Selbstkritik einer kapitalistischen Gesellschaft, die in den Formen einer rechts- und sozialstaatlichen Massendemokratie gleichzeitig mit ihren Schwächen auch ihre Stärken entfaltet hat“. Nicht mehr Enteignung, sondern radikalreformistische Kritik. Und dabei immer schön weitermelken. Das technokratische Rotwelsch von Habermas meint: Abschöpfung durch Diskurshegemonie und Mentalitätsherrschaft. Ein Institut am Starnberger See sollte mindestens dabei herausspringen.
Die Linke hat begriffen, dass sie den Kapitalismus nicht stürzen muss, um zu herrschen, was ja übrigens schon ein gewisser Herr Hitler begriffen hatte, in dessen Welt- und vor allem Staatsbild hinreichend viele sozialistische Elemente Eingang fanden. Die heutige Linke will nicht mehr der Widerpart oder Überwinder des Kapitalismus sein, sondern sein Parasit. Das ist das Ergebnis der realsozialistischen Lektion.
Hier ist ein Einschub fällig. Jeder Linke würde jetzt einwenden, dass ja die wenigen Superreichen immer reicher werden und sich immer mehr von den normalen Menschen abkoppeln, vor allem in den USA. Die Plutokratie dort zerstöre die Demokratie. Meine These könne also nicht stimmen.
Meine Damen und Herren, ein Vortrag sollte stringent sein, die Welt ist es nicht. Sie ist verwirrend komplex. Es gibt heute eine bizarre Allianz zwischen globalem Kapital und internationalistischer, multikulturalistischer Linker, weil sie einen gemeinsamen Feind haben, die Völker und Nationen, derzeit vertreten von den Populisten.

Das wäre ein Thema für einen gesonderten Vortrag. Meine These bleibt davon unberührt. Sie lautet, dass die Linke sich als Parasit auf eine Gesellschaft setzt, deren Wirtschaft kapitalistisch organisiert ist. Ich behaupte nicht, dass sämtliche Reichen davon betroffen sind. Gerade die Superreichen haben Anwälte, Steueroasen, Finanzdealer und andere Möglichkeiten, ihr Vermögen der Umverteilung zu entziehen. Es sind im Gegenteil die kleinen, stationären Unternehmen, der Mittelstand, die sogenannten Besserverdiener, die zur Kasse gebeten werden.
Meine Damen und Herren, wenn ich hier von Parasiten rede, steht automatisch der Vorwurf im Raum, ich spräche die Sprache des Unmenschen. Deswegen ein kleiner Exkurs.

Der Begriff Parasit stammt vom altgriechischen Wort παράσιτος. Das Präfix παρά bedeutet „bei“, „neben“, auch „gegen“, σιτος wiederum stammt von σιτεῖσθαι, „essen“. Es ist also jemand oder etwas, der oder das bei jemanden gegen dessen Willen mitisst.
In der Biologie bezeichnet Parasitismus den Ressourcenerwerb eines Lebewesens auf Kosten eines anderen, meist größeren Organismus, der als Wirt dient. – Man könnte also sämtliche kapitalismuskritischen Schriften der postkommunistischen Linken als ausgefüllte Bewirtungsfomulare betrachten.
Der Parasitismus dient der Steigerung der Fitness des Parasiten, was bisweilen mit einer Verminderung der Fitness des Wirtes einhergeht, jedenfalls dem Wirt eine Forcierung seiner Lebensanstrengungen abverlangt. Das nennt sich in der Politik „Umverteilung“.
Wird dem Wirt kein nachhaltiger Schaden zugefügt, spricht man in der Biologie von „Probiose“, in der Politik von „sozialer Gerechtigkeit“.
Mitunter führt der Parasitenbefall auch zum Tod des Wirtes. – In diesem Fall muss der Traum von einem menschlicheren, gerechteren Wirt erneuert werden. –
Parasitismus ist eine biologische Normalität. Aber auf den Menschen angewendet bekommt der Begriff einen üblen Beiklang, der mit dessen sozialdarwinistischer und eugenischer Verwendung zu tun hat – erinnert sei an die „unnützen Esser“ bei den Nazis. Ich werde deshalb später einen Ersatzbegriff dafür vorschlagen. Ich gestatte mir aber den Hinweis, dass der Begriff „parasitär“ zum Standard-Repertoire der klassischen Linken gehörte.

Lenin statuierte 1916: „Der Imperialismus ist: 1. monopolistischer Kapitalismus; 2. parasitärer oder faulender Kapitalismus; 3. sterbender Kapitalismus.“ Im DDR-Staatsbürgerkundeunterricht bekam ich das eingebimst. Jenseits der Mauer faulte und starb also der parasitäre Kapitalismus, und unsereins schaute staunend im Fernsehen der Westwerbung beim Verfaulen zu.
Es bereitet mir also ein gewisses Vergnügen, den Begriff „parasitär“ nunmehr gegen die Linke zu kehren, zumal der Kapitalismus der größte Wertschöpfer der gesamten Menschheitsgeschichte ist, während sich die Linke, sofern sie überhaupt etwas produziert, vorwiegend mit der Produktion von Theoriemüllhalden beschäftigt.
Sozialistische Politik ist der Weg, über die Bevormundung Anderer an das Geld der Anderen zu kommen und es mit einem gewissen Mehrwert für die eigene Tasche an seine Klientel zu verteilen. Diese Klientel ist wandelbar, konstant bleibt lediglich, dass die Linke in deren Namen Forderungen stellt, denn die Klientel ist unmündig. Das heißt, die Linke muss ständig neue Betreuungskollektive auftreiben. Es begann mit den Proletariern, als deren Anwalt sich die Linke aufspielte, die aber mit dem Kapitalismus besser fuhren, weshalb sich die Linke neue Mündel suchen musste: die Frauen, die Homosexuellen, die Migranten, die Afrikaner, die Flüchtlinge. Mit dem Weltklima hat die Linke inzwischen den ultimativen Mandanten gefunden, einen Mandanten, der sich weder äußern noch davonlaufen kann.
Schade eigentlich, dass man unseren linken Klimarettungs-Sanitätern die Atmosphäre nicht anvertrauen kann, auf dass sie zeigen dürfen, was sie draufhaben. Aber die realsozialistischen Staaten haben es ja schon demonstriert. Es gibt eine eindrucksvolle Karte des Ausstoßes von Schwefeldioxid – im Gegensatz zum Kohlendioxid ein definitiv giftiges Gas – in Deutschland 1989. Die DDR, speziell die Industriegebiete in Sachsen und Thüringen, liegt dort um ein Vielfaches vor der BRD. Ohne den Kapitalismus als Wirtstier bringt die Linke nur Unheil zustande. Johannes Gross hat das in die reizende Sentenz gefasst: Honecker musste 17 Millionen Menschen unterdrücken um den Lebensstandard eines westdeutschen Handwerksmeisters zu erreichen, der 17 Mitarbeiter beschäftigt.
Deswegen musste die DDR sterben. Aber sie starb nur, um im Westen wieder auferstehen zu können. Ich meine, die DDR hat überlebt, gerade weil sie als Staat verschwunden ist. Was aus Ländern wird, die sozialistische Staaten geblieben sind, können Sie wie gesagt in Kuba, Venezuela oder Nordkorea studieren: Kollaps der Wirtschaft, Massenarmut, Massenflucht. Gerade die marktwirtschaftliche Frischblutzufuhr hat den Zombie DDR wieder fit gemacht.

Und so konnte es geschehen, dass FDJ-Sekretärinnen in Führungspositionen, Politkommissare, protestantische Staatskirchenpfaffen, Stasi-Spitzel, Kader für die Antifa-Ausbildung, Fachkräfte für Zersetzung, Westlinkenfinanzierer, TV-Moderatorinnen und eine ganze Staatspartei mitsamt ihres verschobenen Vermögens im vereinigten Deutschland überlebten. Die sozialistische Mentalität, die antibürgerliche Mentalität, die Kollektiv- oder Herden-Mentalität, die Mucker- und Maulkorb-Mentalität, die Sozialneid-Mentalität, die Gleichheit über Freiheit stellende Mentalität, all das hat überlebt – und zwar, weil dieser Mentalität im Westen ein großes artverwandtes Soziotop entgegenseufzte. Dreißig Jahre nach dem Zusammenbruch der Ostblock-Staaten fordern rote und grüne Politiker ganz ungerührt die Überwindung des Kapitalismus, Journalisten rufen nach Autofahr-, Fleisch- und Flugverboten. Nochmals: Der entscheidende Wesenszug des Sozialismus besteht darin, dass er die Menschen in seinem Herrschaftsbereich sozialisieren, also ihrer Freiheit und Individualität berauben will, alles andere ist daneben sekundär.

Ich bin Ihnen aber die Antwort schuldig, warum die Sache so läuft, obwohl gerade das realsozialistische Desaster so offenkundig gewesen ist, dass auch nur die Andeutung eines Comebacks sämtliche Kapitolinischen Gänse in ein aufgeregtes Schnattern versetzen müsste.
Es gibt drei Impulse, von denen die Linke zehrt und wahrscheinlich bis ans Ende aller Tage zehren wird: 1. Der egalitäre oder Gerechtigkeits-Impuls, 2. der anti-chaotische oder Komplexitätsreduzierungs-Impuls, 3. der religiös-utopische Impuls.

1. Beginnen wir mit dem egalitären Impuls. Er wuchs aus dem uralten Gerechtigkeits-Verlangen, das wohl jede Kultur kennt, wie jede Kultur auch den Rechtsprecher als Hersteller des Rechtsfriedens kennt. „Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?“, lautet ein berühmter Ausspruch des englischen Priesters John Ball aus dem 14. Jahrhundert, der eine Wendung ins Soziale ankündigt. Gerecht bedeutet aber nicht gleich, im Gegenteil, die Forderung nach Gleichheit ist eine Pervertierung der Gerechtigkeit.
Der heutige 08-15-Linke ist von einer tiefen Sucht nach Gleichheit erfüllt. Er möchte, dass die Gesellschaft ihm das zurückerstattet, was die Biologie ihm verweigert hat. Das Postulat der Gleichheit gehört zu den Ideen von 1789, die sich in der gesamten westlichen Welt bis in die letzte Pore der Gesellschaft durchgesetzt haben. Napoleon, der Erbe der Revolution, hat dazu die famose Bemerkung gemacht: „Die Idee der Gleichheit gefiel mir, weil ich mir davon Erhöhung versprach.“
Es handelt sich wohlgemerkt nicht um die Gleichheit vor Gott, die das Christentum in die Welt brachte, oder um die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, wie sie Friedrich der Große einführte – die amerikanischen Gründerväter hielten noch Sklaven, als Friedrich den Handel mit Negersklaven zu einer Schande des Menschengeschlechts erklärte –, sondern um soziale Gleichheit. Diese Gleichheit nennt sich aktuell Chancengleichheit oder positive Diskriminierung.

Die gesamte Geschichte vor 1789 ist vom exakt gegenteiligen Impuls geschrieben worden: dem Trieb, zu herrschen, sich auszuzeichnen, sich hervorzutun, der Reichere, Erfolgreichere, Stärkere, Klügere, Bessere, der Sieger zu sein. Die Idee der Gleichheit wäre in traditionellen Gesellschaften überhaupt nicht verstanden worden; man hätte ihre Verkünder für Verrückte gehalten. Weder Homer noch Goethe hätten damit etwas anfangen können. Dieser Paradigmenwechsel ist eines der verblüffendsten Ereignisse der Menschheitsgeschichte.
Die Idee der Gleichheit kam in dreierlei Gestalt über die Welt: als Verheißung, als Vorwand, als Lüge.

Heute hält die Lüge – milder formuliert: die erwünschte Illusion – des Egalitarismus die westlichen Gesellschaften so fest im Griff, dass sich sogar Milliardäre, Nobelpreisträger und Olympiasieger zu ihr bekennen, also praktisch ihre wandelnden Dementis. Ich nenne Ihnen dazu vier Beispiele von Tatsachen, die so evident sind, dass man sich jede Erklärung sparen kann.

a) Jeder Mensch besitzt seinen individuellen Rang. Der Rang bezeichnet die Persönlichkeit eines Menschen, die Summe seiner Eigenschaften, seinen Charakter, seine Fähigkeiten, seinen Geist, seinen Stolz, seine Standhaftigkeit. Dieser Rang unterscheidet Menschen stärker voneinander, als es ein Dienstrang je könnte.
b) Auch ethnische Kollektive unterscheiden sich in ihren Eigenschaften, Talenten und Mentalitäten signifikant voneinander.
c) Zwischen den beiden Geschlechtern existieren fundamentale Unterschiede.
d) Es gibt eine Rangordnung der Kulturen.

Jede dieser Feststellungen ist eigentlich eine Binse. Mit jeder bekommen Sie in der Öffentlichkeit Ärger. An einer westlichen Universität dürfen Sie das nicht einmal denken. Und obwohl unter Hypnose sich wohl kaum ein Mensch zur Gleichheit bekennen würde, ist offiziell alle Welt von ihr überzeugt.
Der historische Sieg egalitärer Wahrheiten in der Moderne bedeutet die massenhafte Verbreitung einer Mentalität, die mit der Massendemokratie ihren adäquaten Staat gefunden hat, in dem sie unangefochten herrscht. Jeder im Westen Lebende – mit Ausnahme der gerade neu Hereingeschneiten – ist in der emanzipatorischen Brühe gegart worden, deshalb ist heute jeder in seinem Menschenbild „links“. Öffentlich dem egalitären Menschenbild zu widersprechen, führt zum sozialen Tod.
Chancengleichheit ist im Wesentlichen die Chance auf einen unendlichen Eroberungsfeldzug mit integriertem Rachefaktor. Es stehen immer neue Rekruten dafür zur Verfügung, allein die Bevölkerung Afrikas wird bis zum Jahrhundertende auf etwa vier Milliarden anwachsen. Wer in wessen Namen Chancengleichheit fordern wird, dürfte klar sein. Wer die Chancen bereitzustellen hat, ebenfalls. Wer sich weigert, ist ein Unmensch. Mit seinem aktuellen Urteil hat das Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht aufs Versorgtwerden postuliert, ein Grundeinkommen ist in Deutschland künftig garantiert, und zwar tendenziell für die gesamte zu Tisch geladene Welt. Die Enteignung ist auf Permanenz gestellt.
2. Der anti-chaotische oder Komplexitätsreduzierungs-Impuls. Menschen sind staatenbildende Wesen. Sie brauchen sozusagen Exoskelette in Gestalt von Strukturen, Organisationen, Institutionen, aber auch von Werten und Moralvorstellungen, um existieren zu können. Der einzelne Mensch ist kaum weniger hilflos und desorientiert wie die einzelne Ameise. Ein Mindestmaß an Ordnung und Sicherheit sowie ein gewisser Zentralismus erscheinen den meisten Menschen natürlich. Dagegen fürchten sie das Chaos und die Anarchie. Genau diesen Eindruck – Unordnung, Unsicherheit, Chaos, Anarchie – erweckt aber die freie Marktwirtschaft. Es bedarf geistiger Anstrengung, um ihre Funktionsweise überhaupt zu verstehen.
Was verspricht der Sozialismus? Frieden, Güte, Harmonie, Teilen, Abgeben, Selbstlosigkeit, Gemeinschaft, das sogenannte Soziale eben, das große Miteinander. Die Gesellschaft als vegetarischer Öko-Bauernhof.
Der Kapitalismus dagegen appelliert an den Egoismus, die Gier, die Profitmaximierung, den Konkurrenzkampf, das große Gegeneinander. Die Gesellschaft als Wildnis. Deshalb sind viele Menschen rein gefühlsmäßig der Ansicht, Sozialismus sei besser als Kapitalismus.
Das Leben in der DDR, aus der ich stamme, war unfrei, ärmlich und piefig, aber geordnet, berechenbar und überschaubar. Der Hofhund muss zwar zeitlebens an der Kette liegen, aber er bemitleidet den Fuchs, weil der sich sein Futter selber suchen und eventuell hungern muss. Es gehört zu den traurigen empirischen Gewissheiten unserer Gattung, dass die Hofhunde in der Mehrzahl sind.
3. Der religiös-utopische Impuls. Er äußert sich im Traum von einer sogenannten menschlichen und gerechten Gesellschaft. Sein Wunschziel besteht darin, mit der berühmten suggestiven Formulierung von Marx, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“. Wer würde da nicht unterschreiben! Bezeichnenderweise lässt Marx mit diesen Worten, die praktisch auf eine Säkularisierung der Bergpredigt hinauslaufen, die Kritik der Religion enden. Die Religion war für Marx bekanntlich „das Opium des Volkes“, dafür geschaffen, den Menschen durch Jenseitshoffnungen mit dem miserablen Diesseits zu versöhnen. Das von Marx stattdessen angebotene Heroin sollte dagegen rein innerweltlich wirken. Der Gott des Menschen ist seither der Mensch, zumindest in linken Traktaten und Obama-Reden. Tatsächlich ist der Mensch des Menschen Wolf geblieben. Kein Grund, mit dem Träumen aufzuhören.

Eric Voegelin hat für die Bewegungen des Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus den Begriff der „politischen Religionen“ geprägt. Es gibt gute Gründe dafür, den Kommunismus als christliche Häresie und den Nationalsozialismus als kommunistische Häresie zu betrachten, aber das führt hier zu weit. Die realsozialistischen Staaten waren jedenfalls die Gottesstaaten der Atheisten. Wenn religiöse Bewegungen ihr Ziel verfehlen, ist das kein Grund, das Ziel aufzugeben; der Heiland hat ja vorgeführt, dass Scheitern Siegen heißt, wenn man als Erlöser unterwegs ist. Der zahlenmäßig stärkste Verbündete der Linken ist heute keineswegs zufällig ein Protestantismus, der nicht mehr an Gott glaubt und seinen Zerknirschungsfuror innerweltlich ausleben muss.
„Die Revolution wird sich schon morgen ‚rasselnd wieder in die Höh’ richten‘ und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: Ich war, ich bin, ich werde sein!“, lauteten die letzten Worte, die Rosa Luxemburg niederschrieb, bevor sie ihren eigenen Golgatha-Weg beschritt. Während für die kommunistische Predigerin noch das Prinzip des „Skin in the game“ galt, riskieren heutige westliche Intellektuelle nichts, wenn sie sozialistische Ideale verkünden. Sie müssen nicht in den desolaten Systemen leben, die sie selbst propagieren und aus denen viele Menschen flüchten. Sie haben es sich in der freien kapitalistischen Welt bequem eingerichtet. Aber da ist diese verfluchte Lücke, die Gott lässt, die Leerstelle des Sinns, die gefüllt werden muss.

Wie das Paradies wurde inzwischen auch die Hölle säkularisiert, sie heißt jetzt Klimakatastrophe. Die „Fridays for Future“-Demos sind keine politischen Proteste, sondern religiöse Massenhysterien. Es sind Erweckungsveranstaltungen einer neuen chiliastischen Weltreligion. Der Begriff „Klimaleugner“ verrät im Grunde alles. Nur die Öko-Diktatur führt ins Neue Jerusalem. Und der Linksspießer kauft sich den Ablasszettel für seine Flüge und SUV-Fahrten, indem er sein Kreuz bei den Grünen setzt.
Meine Damen und Herren, man findet in revolutionären Bewegungen immer wieder eine Verbindung von religiösen und sozialen Motiven. Ich erinnere an die Wiedertäufer in Münster oder die Hussiten in Böhmen. Der deutsche Bauernkrieg war für die marxistische Geschichtsschreibung ein Meilenstein auf dem Wege zur Emanzipation der Menschheit.* Eine geheimnisvolle unterirdische Wasserader führt von Thomas Münzer zur südamerikanischen Befreiungstheologie.
Das führt uns wiederum zu der Frage, wo eigentlich einer der wichtigsten Player der Zukunft, der Islam, politisch steht.
Daniel Cohn ­Bendit hat die Attentäter, die 2015 in der Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo ein Blutbad anrichteten, aus einem offenbar tiefverwurzelten Reflex heraus als „Faschisten“ bezeichnet. Auch der deutsch­ägypische Islamkritiker Hamed Abdel­Samad spricht vom „islamischen Faschismus“. George W. Bush brachte nach dem 11. September 2001 einen „Islamo­Faschismus“ ins rhetorische Spiel.
Ich halte diese Wortwahl für verfehlt.** Der radikale Islam ist eine Kriegserklärung nicht nur an die westliche Welt, ihre Lebensart und ihre Wertvorstellungen im Allgemeinen, sondern auch an die Reste jener bürgerlichen Gesellschaft, die der historische Faschismus gegen den Sturmlauf der radikalen Linken zu retten versuchte. Vor allem stimmt beim radikalen Islam die Richtung der Aggression nicht mit der faschistischen überein. Zwar ist der Islamismus ebenso reaktiv, wie der Faschismus es war (der Begriff des „Antifaschismus“ hat das erfolgreich verschleiert), aber der Islamismus kämpft gewissermaßen „von unten“, der Faschismus dagegen „von oben“. Die Islamisten sind eigentlich die Avantgarde eines potentiellen Emanzipationskollektivs, die sich zum Amoklauf entschlossen haben, weil ihnen die Herrenwelt mit allen ihren Regeln und Wertvorstellungen nicht passt oder nicht zugänglich ist. Die Faschisten gehörten dagegen jener Herrenwelt an, und sei es nur als Dienstboten, und wollten sie um jeden Preis verteidigen.
Der radikale Islam ließe sich wahrscheinlich besser als Islamobolschewismus charakterisieren, denn er ist ein Aufstand der historisch Abgehängten, Zukurzgekommenen und dabei zugleich von einer Heilsidee Durchglühten, eine von Kadern geführte Bewegung, die die Massen erfassen und in eine phantastische, vormoderne Märchenwelt hinein emanzipieren oder sogar erlösen will. Sie verheißt die Befreiung des revolutionären, durch die Idee rein gewordenen Kollektivs aus den Banden von Fremdbestimmung und Dekadenz, und sie nimmt tendenziell jeden auf, der bereit ist, ihr beizutreten und das Glaubensbekenntnis zu sprechen. Ihre Vertreter träumen von der Weltrevolution, von der Errichtung einer paradiesischen Globalkommune der Gleichen unterm grünen statt roten Banner. Sie sind die auserwählten Reinen, die mit der bisherigen, abgelebten, durch und durch verdorbenen Welt Schluss machen wollen. Ist der radikale Islam also links?

Hören Sie das folgende Zitat: Erst „die von der kapitalistischen Sklaverei, von den ungezählten Greueln, Brutalitäten, Widersinnigkeiten und Gemeinheiten der kapitalistischen Ausbeutung befreiten Menschen (werden) sich nach und nach gewöhnen, die elementaren, von alters her bekannten und seit Jahrtausenden in allen Vorschriften gepredigten Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens einzuhalten.“
Hat das Chomeini gesagt oder Bin Laden? Oder doch Lenin?
Der Passus steht in „Staat und Revolution“.
Aber der Islam ist doch nicht links! Mit viel besseren Gründen ließe sich argumentieren, dass der Islam eine konservative Revolution will.
Wenn wir auf die Geschichte des Realsozialismus im 20. Jahrhundert zurückblicken, dann fällt auf, dass die kommunistische Ideologie zwar in den entwickelten Ländern formuliert worden ist, aber wirklich an die Herrschaft gelangte sie nur in eher rückständigen Weltgegenden. Die Kommunisten nahmen lediglich für sich in Anspruch, die Avantgarde des Planeten zu sein, tatsächlich wohnten dieser Lehre sehr viele rückschlägige, konservative Elemente inne. Ähnliches gilt übrigens auch für die Revolution der Nationalsozialisten: modernste Mittel, antimoderne Ziele. Walter Benjamin hat den Gedanken in den Raum gestellt, dass Revolutionen nicht zwingend die Lokomotiven der Geschichte sind, wie Karl Marx formulierte, sondern womöglich nur Notbremsungen.

Der politische Islam jedenfalls ist ein Bremsversuch. Der Faschismus war ein Bremsversuch. Wenn man die Rhetorik wegnimmt, stand im Realsozialismus die Zeit so still wie jahrhundertlang im Orient. Aber auch die Grünen sind Bremser, die „Fridays for Future“-Demonstration sind Feten des ersehnten Stillstands.
Die Lokomotiven der Menschheit, das sind Techniker, Erfinder, Unternehmer. Die Linke will entweder den Zug stoppen oder sich chauffieren lassen. Sie teilt sich heute in zwei Fraktionen: Bremser und Schwarzfahrer.

Das war der freundliche Ersatzbegriff für „Parasit“, den ich vorschlagen wollte: Schwarzfahrer. Politisch korrekt muss es wohl Bunter Passagier heißen.
1990 hatte es den Anschein, als habe der Kollaps des Realsozialismus das endgültige Scheitern der Bremser markiert. Aber möglicherweise beschert uns die Wirklichkeit eines Tages jenen homöostatischen „Kommunismus ohne Wachstum“, wie ihn der, sagen wir mal: Ökostalinist Wolfgang Harich schon 1975 in Reaktion auf den ersten Bericht des Club of Rome vorschlug – ich verstand mich mit Harich übrigens gut, er war amüsant, und mir ist ein amüsanter Kommunist lieber als ein langweiliger Grüner.
Der radikale Islam ist also ein nächster großer Versuch, unerwünschte Entwicklungen aufzuhalten. Längst haben seine Aktivisten das ökologische Mäntelchen angelegt, das sie mit den westlichen Linken bündnisfähig macht. Es ist ja egal, ob man die Klimarettung oder die Bewahrung der Schöpfung im Munde führt. Ebenfalls anschlussfähig ist der Universalismus des Islam. Diese Lehre ist ja definitiv nicht rassistisch. Jeder Mensch wird als Moslem geboren, so hat es Allah in seiner Güte und Allbarmherzigkeit beschieden. Mit dem antirassistischen, antinationalen Furor der Linken und der Globalisten wäre der Islam also kompatibel. Wir werden da noch abenteuerliche Allianzen erleben. Deren Vorboten sind auf vereinzelten Demos bereits gesichtet worden.

Die meisten Ingredienzien des Islam sind natürlich nicht*** mit der Linken vereinbar. Der Islam ist nicht emanzipatorisch, sondern eine Befehlsausgabe. Über die entscheidenden Dinge duldet er keinen Diskurs. Der Islam will keine Weiberherrschaft. Der Islam will keine sexuelle Befreiung und keine 77 Geschlechter. Er will die traditionelle Familie. Gender ist gegen Allah, und deshalb ist Allah gegen Gender. Allah ist Biologist. Linke und Islamisten werden wahrscheinlich eine Weile zusammen gegen den Staat und gegen „rechts“ agieren, der radikale Islam wird ein paar Facetten der linken antiwestlichen und antikapitalistischen Kritik integrieren, danach wird er die Linke in seinem Herrschaftsbereich bekämpfen. Aber viele Linke werden sich dermaleinst die Gelegenheit geregelter Polygamie im Kreise von nunmehr Glaubensbrüdern statt Genossen nicht entgehen lassen.
Meine Damen und Herren, in seiner Weltgeschichte „Historische Existenz“ versah Ernst Nolte die Linke mit dem Attribut „ewig“. Wenn sie ewig ist, muss sich ihr Ursprung in der Tiefe der Zeiten verlieren. Aber irgendwo muss der Anfang sein. Irgendeine Frühform der Unterdrückung muss existieren, gegen die die Linke aufbegehren kann. Lassen wir die Linke ihren Anfang in den antiken Sklavenaufständen nehmen.
Für diese These gibt es prominente Kronzeugen. 1861 schrieb Karl Marx an Friedrich Engels: „Spartacus erscheint als der famoseste Kerl, den die ganze antike Geschichte aufzuweisen hat. Großer General, nobler Charakter, real repräsentative des antiken Proletariats.“
Ein halbes Jahrhundert nach diesen Worten sammelten sich die radikalen Linken innerhalb der SPD um Liebknecht und Luxemburg unter dem Namen „Spartakusgruppe“, aus dieser Gruppe wurde 1918 der „Spartakusbund“, daraus wiederum die Kommunistische Partei Deutschlands. Man wählte den antiken Rebellen als Symbolfigur für den Kampf der sogenannten Arbeiterklasse gegen Imperialismus und Unterdrückung. Sie nahmen ihn als einen der Ihren.
Im historischen Prozess hat die Linke als Katalysator des sozialen Fortschritts eine bedeutende Rolle gespielt. In den Worten Noltes: „Ohne die ständigen Stöße der Linken würden wir heute noch in Kastengesellschaften leben.“ Die Linke ist nichts Schlechtes. Die Linke hat die herrschenden Schichten oder Stände oder Klassen gezwungen, gerechter, humaner, sozialer zu werden.
Natürlich kann eine Linke nur Forderungen erheben, die sich von der Gegenseite zumindest theoretisch erfüllen lassen. Spartakus und seine Mitaufständischen wollten von Rom nichts als die Freiheit, die freie Heimkehr in ihre Länder. Sie wollten nicht Teilhabe, Hartz IV., Ehe für alle und freie Geschlechtswahl.
Der Linke in der Revolte gegen ein brutales Regime gehört zu den edelsten Erscheinungen der Geschichte. Die Linke hat einen hohen Blutzoll gezahlt. Genau dieser Vergleich freilich macht die gegenwärtige Linke so lächerlich.
Die heutige Linke, „die UNESCO-Linke mit ihrem rührend kindlichen Menschenbild“, wie Günter Maschke sie nannte, die Buntheits- und No-Border-Linke, die Gender-Diversity-Linke, die Frauenquoten-Linke, die Klimakatastrophenverhinderungs-Linke, die Afrikarettungs-Linke, die Kein-Bier-für-Nazis-Linke, diese Linke ist ständig auf der Suche nach neuen Missständen, die sie bewirtschaften kann. Inzwischen muss sie die Missstände importieren. Diese Linke ist unersättlich, ihr Appetit erwacht nach jeder Stillung neu. Wie immer ruft sie nach Lenkung der Gesellschaft in ihrem Sinne, aber die Machtfrage stellt sie nicht mehr. Den Grund habe ich genannt. Stattdessen befriedigt sie ihr anti-elitäres Ressentiment mit permanenter Nivellierung, von den Schulen und Universitäten bis zu den Redaktionen, Theatern und Museen. Den Respekt vor der bürgerlichen Hochkultur, der einst zu den vornehmsten Pflichten des Marxisten gehörte, kennt sie nicht mehr. Ihr kulturelles Zerstörungswerk verbindet sie mit gesinnungspolizeilicher Bespitzelung. Der Verfall der restbürgerlichen Gesellschaft kann ihr gar nicht schnell genug gehen.
Wahrscheinlich ist Parasit doch die bessere Beschreibung als Schwarzfahrer.

Am aktuellen Beispiel der Identity Politics lässt sich die unstillbare Forderungsdynamik dieser aggressiven Wohlmeinenden gut studieren. Obwohl in den vergangenen 50 Jahren die Frauen, die Schwarzen und anderen nichtweißen Ethnien, die Homosexuellen und auch die sexuell nicht ganz eindeutig Festgelegten in der westlichen Welt rechtlich in jeder Hinsicht gleichgestellt und gesellschaftlich akzeptiert, ja hofiert wurden, belehrt uns ein Blick in eine beliebige amerikanische Universität, dass Rassismus, Sexismus und Diskriminierungen aller Art offenbar noch nie so extrem waren wie heute. Es ist wie mit dem Feinstaub: Je niedrigere Grenzwerte man festlegt und je genauer man misst, desto schlimmer wird es, auch wenn die gemessenen Werte ständig sinken.
Ich muss hier abbrechen. Es gibt zuletzt eine frohe Botschaft. War die Existenz linker Bewegungen jahrhundertelang ein Zeichen dafür, dass es vielen Menschen zu schlecht ging, ist die Linke heute das Indiz dafür, dass es vielen Menschen zu gut geht. Und da der vorhin von mir herbeimetapherte, von den drei Lokomotiven Kapitalismus, Schöpfergeist und Technik gezogene Menschheitszug trotz aller Bremsversuche und mit allen Schwarzfahrern und Blinden Passagieren an Bord weiter rollen wird, wird wohl auch die Linke bei uns sein bis an das Ende der Welt. MK

*In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Bauernkrieg nicht eine Erhebung in großer Not war, sondern in einer Zeit begann, in der es den Bauern relativ gut ging.

**Sie geht letztlich auf die Faschismusdefinition von Erich Fromm zurück, die auch Umberto Eco teilte. Beide sahen im Faschismus eine Form der Nekrophilie. Mit dieser Definition mag man gewisse Exzesse, wie sie in Auschwitz stattfanden und wie sie von Barbie begangen wurden, plausibel erfassen. Aber eigentlich ist Faschismus erst einmal eine Verhärtung des Bürgertums, wenn es von feindlichen Kräften belagert wird.

***Aber das braucht den Islam nicht zu kümmern: die Linke wird sich dem Islam (dort, wo er triumphiert) quasi widerstandslos unterwerfen. Die Leere hat der Fülle nichts entgegen zu setzen.

Freitag, 27. Dezember 2019

Der einzig begehbare Weg

"Die furchtbaren Zustände sollen sich in den Heimatländern der Flüchtlinge herumsprechen und andere davon abhalten, nach Europa zu kommen. Es ist die nicht tödliche Variante der lange in Italien üblichen Praxis – Abschreckung durch Ertrinken im Mittelmeer."   Michael Spreng

Wenn Deutschland den Afrikanern helfen will, muss es das vor Ort tun.
Aber war die Entwicklungshilfe nicht schon der (gescheiterte) Versuch, vor Ort zu helfen? Der Vorschlag von Clemens Tönnies wurde aber noch nicht ausprobiert. Schade, dass die Kirchen, Niedersachsen und Baden-Württemberg weiterhin an der Heuchelei festhalten.

Der Hosenschlitz der AfD

Haben Sie zufällig am Dienstagabend die Tagesschau gesehen? Da ging es in einem Beitrag darum, ob der Ferienflieger Condor einen staatlichen "Überbrückungskredit“ bekommen sollte, um nicht Konkurs anmelden zu müssen. Wirtschaftsminister Altmaier sagte, man wäre dabei, die Lage zu prüfen“, der hessische Wirtschaftsminister Al-Wazir erklärte, man arbeite „an der Lösung dieser Fragen“; FDP, Grüne  und die Linke, hieß es dann aus dem Off, hätten sich „noch nicht festgelegt“. Klar gegen einen Überbrückungskredit sei „nur die AfD“. AfD-MdB Gottschalk stellte fest, solche „Beihilfen“ würden meist „im Sande versickern“. Kann man so sehen, muss man aber nicht.
Und jetzt schauen Sie sich bitte an, wie der AfD-Politiker ein- bzw. vorgeführt wurde. Mit einem Zwischenschnitt, der genau dahin zielte, wo man nicht mitgenommen werden möchte. So was hat sich die Tagesschau bis jetzt weder bei Peter Altmaier noch bei Heiko Maas erlaubt, nicht einmal bei Martin Schulz oder Anton Hofreiter. Im Link bei 9:37.

Zeit der Besinnung



Die Unmenschlichkeit wurde zur Methode.

Solange den Frauen die Kinder wichtiger waren als die Männer, war alles gut. Als sie - von blödsinnigen Glücksversprechen und utopischen Illusionen verlockt - begannen, das Glück der eigenen Kinder (das am besten geeignet ist, um dem Gefängnis des natürlichen, menschlichen Egozentrismus zu entkommen) gegenüber dem allgemeinen "Glück der Frauen" hintanzustellen, wurden die Frauen (ganz individuell, aber in zahllosem Ausmaß) unglücklich. Und sie rissen die Kinder mit sich in den Abgrund.
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Die ersten dieser epochemachenden Unglücksvögel waren vermutlich Frauen, die "aus Versehen" schwanger geworden waren.



Was die Entstehung dieses Zustands angeht, sei aber auch an Antonio Gramsci erinnert. Dessen Programmatik wurde von Antony Mueller in der Wirtschaftswoche kurz und klar zusammengefasst:
„Seine Strategie war, die Intellektuellen für den Marxismus zu gewinnen und mit ihrer Hilfe die Kultur und die Institutionen des Bürgertums, die Schulen, Universitäten, Kirchen, das Rechtssystem und die Medien zu unterwandern. So sollte der Marxismus die ideologische Hegemonie gewinnen. Gramsci betrachtete den Sozialismus als ‚genau die Religion, die das Christentum überwinden muss‘. Er hatte erkannt, dass jede Gesellschaft einen ideologischen Stützpfeiler benötigt. In der bürgerlichen Gesellschaft des Westens ist das traditionell das Christentum. Gramsci wollte es durch den Sozialismus ersetzen und so die bürgerliche Gesellschaft zerstören...Beispielsweise werden die ungeheuren Konsummöglichkeiten der Menschen zum Konsumterror umgedeutet. Durch solch negative Konnotationen und die permanente Kritik an den bestehenden Verhältnissen soll das Vertrauen der Menschen in das kapitalistische System untergraben werden.“

Zur Erinnerung: leider machte sich bereits der ach so gepriesene Sokrates für die Abschaffung der Familie stark. In diesem Fall wusste selbst er nicht, dass er wider besseres Wissen nichts wusste.

Donnerstag, 26. Dezember 2019

Inaktuell

„In manchen Landschaften Deutschlands hat man in den letzten zwanzig bis dreißig Jahren sehen können, wie der heilloseste und ruchloseste Unfug mit edlen Bäumen und Wäldern getrieben ist und ganze Forsten ausgehauen und ganze Bezirke entblößt sind, weil der einzelne Besitzer mit der Natur auf das willkürlichste schalten und walten kann. Was kümmert es den, der Geld bedarf und in zehn Jahren zu verbrauchen gedenkt, wovon sein Urenkel noch zehren sollte, ob er eine öde und Menschen künftig wenig erfreuliche, ja Menschen kaum brauchbare Erde hinterläßt?“ Ernst Moritz Arndt




Eine Unperson wird 250

Gott bei der Geburtstagsfeier von Jesus


Markus


Das vielleicht älteste Evangelium

Felix Italia



Wohl dem Land, das unbefangene, schlagfertige, kenntnisreiche Journalisten hat, die sich nicht durch Unterstellungen einschüchtern lassen und nicht vom Fernsehsender in eine Einer-gegen-vier-Minderheitsposition gezwungen werden, um sich verhören zu lassen. Ganz zu schweigen von Frey, der sich anmaßt, einem Politiker, dessen Partei die relative Mehrheit in einem Landtag besitzt, die Teilnahme in Talkshows zu verweigern!
Dass dies in Deutschland legal ist, ist der eigentliche Skandal. In Italien müsste Frey gegen das Gesetz verstoßen, um sich Willkürakte wie diesen anzumaßen.

Der mutige Gratteri




beklagt, dass in Deutschland jeder eine Pizzeria eröffnen kann und nicht einmal nachweisen muss, dass er das Startkapital ehrlich verdient hat.

Holger Münch glaubt, sich etwas darauf zugute halten zu können, dass "in Deutschland doppelt so viele Straftäter wegen organisiertem Verbrechen verhaftet werden wie in Italien". Aber darauf kommt es leider nicht an, sondern darauf, dass die Clankriminalität zerschlagen wird, die in Deutschland gerade völlig ungestört wächst. Deutschland hat keine Antikörper gegen 'Ndrangheta und libysche Kurdenclans, und Münch ist stark mit den Schwachen, um gegenüber den deutschen Medien schwach mit den Starken sein zu dürfen.

Botschaft in Bildern



Die Szene ist leicht zu deuten: Man sieht die Heilige Familie, Joseph, Maria, das Kind, vielleicht auf der Flucht nach Ägypten vor dem Anschlag des Herodes oder – wahrscheinlicher – auf dem Rückweg. Aber der zweite Blick irritiert. Denn Maria und das Kind sitzen auf einem Pferd, und Joseph, der es am Halfter führt, trägt einen Harnisch, dazu einen eleganten Rock und jene Schuhe mit überlanger Spitze, die an den Höfen des Mittelalters zeitweise Mode waren.
Er wendet seinen Blick zurück auf Frau und Kind, doch seine Linke hält eine Waffe, auf Grund der Länge vielleicht ein Schwert oder eine Lanze mit Wimpel. Zu diesem Aufzug paßt, daß rechts eine zinnengekrönte Burg zu sehen ist, das Tor geöffnet, um die drei aufzunehmen. Diese ungewöhnliche Fassung eines Teils der Weihnachtsgeschichte findet sich auf dem Taufstein der Kirche in Grötlingbo, einem kleinen Flecken etwa fünfzig Kilometer südlich von Visby, der Hauptstadt Gotlands.

In der Vergangenheit war Grötlingbo einmal ein bedeutender Ort. Sein prächtiges Gotteshaus galt als „Kathedrale Südgotlands“. Es hat sich erhalten, obwohl es heute fast einsam daliegt.
Das gilt für viele der mittelalterlichen Kirchen Gotlands; immerhin fast einhundert auf einer Fläche von knapp 3.000 Quadratkilometern. Sie entstanden zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert, als Gotland praktisch ein unabhängiges Gemeinwesen war, das keinen Adel kannte, sondern von Kaufherren und einer mächtigen Freibauernschaft beherrscht wurde. Die Wohlhabenden errichteten die prächtigen Kirchen damals nicht allein zum Ruhme Gottes*, sondern auch um ihr eigenes Prestige zu mehren.
Für die Menschen des Mittelalters war das Bild Josephs als Ritter nicht ungewöhnlich. Schließlich stammte er nach biblischer Überlieferung von König David ab und mußte mithin ein vornehmer Mann gewesen sein, für den nur ein Pferd und keineswegs der Esel des armen Mannes als Reittier in Frage kam. Natürlich konnte er auch nicht im einfachen Haus eines Zimmermanns leben, sondern mußte in Nazareth eine Burg haben.

Solchen Vorstellungen entsprechend zeigt ein zweites Bild des Taufsteins von Grötlingbo die Anbetung der Heiligen Drei Könige mit Maria, die samt Kind auf einem Thron sitzt. Dem nähern sich respektvoll die gekrönten Würdenträger in reichen Gewändern, die nicht Gold, Weihrauch und Myrrhe bringen, sondern ein Prunkgefäß und Insignien des mittelalterlichen Herrschers: Reichsapfel und Ring.
Die Heiligen Drei Könige waren ein Lieblingsthema Sighrafs, der den Taufstein in Grötlingbo geschaffen hat und der zu den „Meistern von Gotland“ gehörte, die für ihre Steinmetzarbeiten berühmt waren. Sighrafs Werke entstanden zwischen 1170 und 1215 und finden sich im ganzen Ostseeraum. Auch auf Bornholm, wo in der Kirche von Aakirkeby ein weiterer Taufstein steht, dessen Runeninschrift übersetzt lautet: „Mich hat Sighraf gemacht. Schaut her.“ Daran wird deutlich, daß Sighraf kein einfacher Handwerker war. Vielleicht hatte er schon etwas vom Selbstbewußtsein des modernen Künstlers. Sicher war er in der Welt herumgekommen.

Visby erhielt im Mittelalter den Beinamen „Regina Maris“ – „Königin des Meeres“, und seine Handelsverbindungen reichten von Gotland bis ins Kiewer Reich und nach Byzanz. Entsprechende Einflüsse merkt man auch Sighrafs Arbeiten an. Der majestätisch-starre, fast maskenhafte Gesichtsausdruck der Muttergottes spricht für Vorbilder aus dem ostkirchlichen oder orientalischen Raum.
Aber gleichzeitig hat Sighraf mit großer Selbstverständlichkeit die christliche Botschaft in seine Gegenwart und die Vorstellungen seiner Mitmenschen übersetzt. Was nicht ungewöhnlich war und dem Ziel entsprach, die christliche Lehre der Gemeinde dadurch nahezubringen, daß man sie nicht nur in einer Sprache, sondern auch in Zeichen ausdrückte, die sie verstehen konnte. Das Verfahren nennt man heute hochtrabend „Enkulturation“.** Deren Spannweite war im Mittelalter erheblich. Sie reichte von der Umwidmung heidnischer Feiertage und heiliger Plätze über die Darbietung der Frohen Botschaft als sächsischer Heldengesang – im Heliand – bis zur Aufnahme von uralten Bildern des Streits zwischen Gut und Böse in den Drachenkampfmotiven.

Aber es ging auch um den prächtigen Wappenschild, der Gott verliehen wurde, die Darstellung des Gekreuzigten im Braunschweiger Dom, die ihn in stoischer Haltung zeigt, angetan mit Purpur, den Schwertgurt um die Hüfte, oder um jene merkwürdige Titulatur Christi, die die aller irdischen Herren überbot: „Der allerdurchlauchtigste Fürst und Herr, gekrönter Kaiser der himmlischen Heerscharen, erwählter König zu Zion und des ganzen Erdbodens, Churfürst der Wahrheit, Erzherzog der Ehren, Herzog des Lebens, Markgraf zu Jerusalem, Burggraf in Galiläa, Fürst des Friedens, Graf zu Bethlehem, Baron zu Nazareth, Ritter der höllischen Pforte“.
Wenn das den Heutigen nicht direkt anstößig erscheint, dann doch fremd. Nur dürfte die Fremdheit kaum größer sein als die, die uns am Heiligabend oder den Weihnachtstagen im Gottesdienst erwartet. Denn da wird es in der Regel nicht um uns gehen, sondern um die Anderen, die Fernen, die Armen und Gemobbten. Für die Bauern von Solentiname oder die Bewohner des Flüchtlingsheims mag Gott Mensch geworden sein. Aber nicht für uns.
Der Gedanke gehört mittlerweile so selbstverständlich zum Inhalt von Predigt, Fürbitte und Kollektenaufruf wie die Kritik an Festtagstrubel und Konsumrausch oder der mangelnden Spendenbereitschaft. Was die Sache nicht besser macht. Die Sache, das ist die Entschlossenheit, mit der an der Gemeinde vorbeigeredet wird, sei es aus Gewohnheit oder Gedankenlosigkeit oder pfäffischer Arroganz.
Auch das erklärt etwas vom Bedeutungsverlust der Kirche in unserer Ersten, abendländischen, weißen Welt, für die das Weihnachtsevangelium offenbar keine Geltung haben soll, obwohl es doch ausdrücklich an alle gerichtet ist, die es hören wollen: „Euch ist heute der Heiland geboren!“   Karlheinz Weißmann

*Sie errichteten die prächtigen Kirchen damals nicht nur um ihr eigenes Prestige zu mehren, sondern auch zum Ruhme Gottes.
**Bereits die alten Römer begegneten den Göttern anderer Völker mit Achtung, was sich auch darin äußerte, dass sie diese Götter durch exoratio auf ihre Seite zu ziehen versuchten. Diese respektvolle Exoratio implizierte auch, dass, wie bei den Römern üblich, keine radikalen Brüche erfolgten, sondern versucht wurde, an alte Traditionen anzuknüpfen, oder diese zumindest als Ritual zu erhalten und in einen ehrerbietigen Kontext zu betten. Wenn man die Flamme nicht am Leben erhalten konnte, bewahrte man wenigstens die Asche auf (die Gesänge der Salier waren so archaisch, dass sie selber nicht mehr deren Worte verstanden). Die Asche nahm auf diese Weise nie Überhand (zumindest solange das römische Reich nicht dem Untergang geweiht war). Die Praxis der "Eingemeindung" bereits vorhandener Traditionen vor Ort geht auf die Gens Anicia zurück, besonders auf Gregor den Großen. Joseph Ratzinger aktualisierte unser zeitgenössisches Verständnis für diesen Vorgang, indem er den Begriff des "logos spermaticos" einführte, womit er die christlichen Elemente in den nichtchristlichen Religionen bezeichnete.