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Samstag, 28. Januar 2012

Non timeamus Danaos etiam dona non ferentes



Jetzt hat Monti als Nachfolger Prodis - jedoch mehr oder weniger im Fahrwasser Berlusconis, der Montis Regierung de facto stützt - die Aufstockung des Rettungsschirms gefordert. Nachdem ein weltfremder, einfältiger Trottel wie Dirk Schümer, der in Italien eine Art Garten sieht, der eigentlich von deutschen Gärtnern gepflegt werden müsste, jetzt in der FAZ ausposaunt hat, Monti repräsentiere die wahre Elite Italiens, müssen wir Deutschen uns wohl damit abfinden, dass die Transferunion nicht ein Projekt von Halunken wie Berlusconi und Papandreu ist, sondern eine Selbstverständlichkeit, mit der im wahrsten Sinne des Wortes gerechnet werden muss. Was Sizilien für Italien ist, ist Südeuropa für Deutschland (bzw. für Europa). Falls es in Deutschland immer noch jemanden gibt, der wagt, dies zu bezweifeln, wird er sicher kniefällig, wenn der mutige Leoluca Orlando die Forderung in gebrochenem Deutsch wiederholt. Oder Draghi auf englisch! Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.

Meridionalisierung Europas

Machen wir uns nichts vor. Bereits als Prodi Italiens Bilanzen frisierte, um die Maastrichtkriterien zu erfüllen, war es in Italien ein offenes Geheimnis, dass man deshalb auf den EU-Zug aufsprang, weil man sicher war, früher oder später komme dabei eine Politik heraus, die man bestens kannte: der Norden als Geisel des Südens. Die italienische Lega Nord, die es satt hat, einen gehandicappten italienischen Süden mit den Steuern Norditaliens zu ernähren, ist das exakte Äquivalent derer, die in Deutschland nicht wollen, dass die EU eine Transferunion ist oder immer mehr wird. Es geht aber nicht anders, denn es kann nicht anders gehen. Damit müssen wir uns abfinden. Im Übrigen ist das Problem sehr alt: schon 1993 flossen 20000 DM/Minute über den EU-Fond nach Spanien. Peinlich ist nur, dass der deutsche Michel davon überrascht ist und auch noch glaubt, er habe nichts davon. Stabilitätsunion, Transferunion, Fiskalunion, politische Union – daran führt kein Weg mehr vorbei. Leider kann erst dann ein solides Wir-Gefühl entstehen, wenn die politische Union verwirklicht ist, und leider ist die Transferunion sehr, sehr gefährlich, solange diese politische Union nicht verwirklicht ist, unter anderm, weil auch bei ständiger Überprüfung der griechischen (und italienischen) Politik keineswegs gewährleistet ist, dass eine Sanierung gelingen wird. Um es nochmal zu sagen: was der Mezzogiorno für Italien ist, ist Südeuropa für Europa. Kein Land profitiert vom Euro so sehr wie Deutschland, obwohl Südeuropa ein Fass ohne Boden ist; unter anderem, weil Griechenland den Wert des Euro niedrig hält und dies dem deutschen Export förderlich ist.

Dass die Überwachung des griechischen Haushalts einer europäischen Behörde übertragen wird, wäre allerdings das mindeste, was geschehen müsste. Dass die Griechen dies nicht akzeptieren wollen, spricht Bände über deren schamlose Unverfrorenheit, und dass diese Forderung Deutschlands selbst von der EU-Kommission abgelehnt wird, ist nur insofern erträglich, als es mit der Troika de facto schon eine Überwachung durch Europa gibt. Diese Überwachung muss jedoch auf europäischer Ebene institutionalisiert werden, und zwar nicht nur für Griechenland, sondern für alle Länder Europas; der erste Schritt zur Schaffung der Fiskalunion besteht genau hierin. Irgendwo muss man ja anfangen: am besten in Griechenland, der Wiege Europas, denn dort liegt Europa gerade in den Windeln. Die einzige Alternative hierzu wäre die Rückkehr zur Mark. Aber dadurch würde Deutschland nicht zur superneutralen Superschweiz, sondern zu einem Teil Asiens.

Übrigens arbeiteten Prodi, Monti und Draghi alle mal für Goldman Sachs, deren Berater ja auch bei der Fälschung der griechischen Bilanzen ihre Hände im Spiel hatten. Globalisierte Welt, kleine Welt.

Deutschland muss die Angst vor Vorwürfen aus dem Ausland, es wolle Europa seine eigene Politik aufzwingen, loswerden und in Europa endlich unbefangen die Führung übernehmen, um auf die Fiskalunion und die politische Union hinarbeiten zu können. Die europäischen Gipfeltreffen der Regierungschefs und Ministerkollegien müssen mindestens einmal pro Monat stattfinden und sich mit der Zeit in eine zweite europäische Kammer verwandeln, die mehr Gewicht hat als das europäische Parlament. Die Costa Concordia darf nicht zum Symbol des Euro werden. Deren risikofreudiger Kapitän wuchs in nächster Nähe eines aktiven Vulkans auf.

Die Expertenschmiede

Montis und Draghis Pressing

Vesuv

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