Stationen

Dienstag, 9. März 2010

Perle

Meine Mutter machte manchmal Notizen. Eigentlich hatte ich ihr das dicke gebundene Heft, eine Art Buch mit leeren Seiten, mit der Bitte geschenkt, Familiengeschichten niederzuschreiben. Aber dazu fehlte ihr die Ausdauer. Ich musste die besten Geschichten am Telefon aus ihr herausfragen und nahm sie dabei mit Kassettenrecorder auf. Wenn ich dazu komme, schreibe ich sie vielleicht in einem privaten Blog einmal für Verwandte nieder.

Immerhin notierte sie die eine oder andere Bemerkung für mich. An einem 27. März machte sie mir auf diese Weise einmal ein besonders schönes Geschenk.

Geize niemals mit der Wahrheit.
Schafft wohl Leiden, nicht doch schafft sie Reue.
Doch weil Wahrheit eine Perle,
wirf sie niemals vor die Säue.


Aber woher soll ich wissen, wer eine Sau ist und wer nicht? Bei George Orwells "Animal Farm" waren gerade die Schweine am gescheitesten, und ein mir bekannter Tierarzt, behandelte sogar mal seinen Schnupfen mit einem Schweinepräparat, weil Schweine uns Menschen physiologisch besonders ähnlich sind.
Als ich noch sehr jung war, 13 oder 14 Jahre alt, vielleicht sogar noch jünger, sagte meine Mutter mir einmal sehr eindringlich, ich solle mein Licht nie unter den Scheffel stellen. Ich verstand dieses Jesuswort aus der Bergpredigt - Matthäus 5, 14 - sehr lange nicht, weil es mir mit zwei anderen Jesusworten zu kollidieren schien - da, wo er in Matthäus 6, 4 und 5 beanstandet, Almosen und Gebete solle man nicht zur Schau stellen.

Wie immer, wenn das Unwägbare zum Thema wird, helfen uns widersprüchliche Weisheiten, dem Leben die richtige Süße zu verleihen. Deshalb sind auch die Sprichwörter am interessantesten, die einander widersprechen! Und wenn man es recht bedenkt, ist sogar der Blutzucker dem Diktat sich widersprechender Hormone unterworfen.

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