Der wichtigste Text meiner Jugend war außer den Evangelien dieser Text von Dietrich Bonhoeffer. Mir gefiel daran, dass Bonhoeffer nicht versuchte, durch Vorhalten einer rosaroten Brille Mut zu machen und selber nicht blauäugig das Blaue vom Himmel herbeiträumte, sondern statt dessen - meinem eigenen Empfinden entsprechend - im Optimismus vor allem eine bejahende Haltung sah, unabhängig von der jeweiligen Lagebeurteilung, die schließlich nicht positiv sein sollte, wenn die Lage schlimm ist und keine positive Beurteilung erlaubt.
"Es ist klüger, pessimistisch zu sein. Vergessen sind die Enttäuschungen, und man steht vor den Menschen nicht blamiert da. So ist Optimismus bei den Klugen verpönt.
Optimismus ist aber in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation, sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignieren, eine Kraft, den Kopf hoch zu halten, wenn alles fehlzuschlagen scheint, eine Kraft, Rückschläge zu ertragen, eine Kraft, die Zukunft niemals dem Gegner zu überlassen, sondern sie für sich in Anspruch zu nehmen.
Es gibt gewiss auch einen dummen, feigen Optimismus, der verpönt werden muss, aber den Optimismus als Willen zur Zukunft soll niemand verächtlich machen. Auch wenn er hundert mal irrt, er ist Gesundheit des Lebens, die der Kranke nicht anstecken soll.
Es gibt Menschen, die es für unernst, Christen, die es für unfromm halten, auf eine bessere irdische Zukunft zu hoffen und sich auf sie vorzubereiten. Sie glauben an das Chaos, die Unordnung,die Kathastrophe als den Sinn des gegenwärtigen Geschehens und entziehen sich in Resignation oder frommer Weltflucht der Verantwortung für das Weiterleben, für den neuen Aufbau, für die kommenden Geschlechter.
Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen. Vorher aber nicht."
Sie kommen ja mit einem Familienheiligen nach dem anderen.....(Brautbriefe).
AntwortenLöschenSympathisch von B. ist, daß er hier nicht gleich mit einem Rezept ankommt, wie man zum Optimismus gelangt (natürlich durch Glauben, so würde jeder Dorfpfarrer predigen).
Hallo epitimaios, wann werden Sie Robert Musil zitieren? Irgendwie fehlt der noch....
AntwortenLöschenLieber cs! Robert Musil hat mit mir zu tun, aber auf eine Weise die ich nicht kenne, und die mein Interesse nicht wirklich weckt. Dass ich mit ihm irgendwie zu tun habe, merke ich, weil Menschen, die ich besonders schätze, sich mit ihm befassen, sei es Freunde oder Autoren (Wie Peter Berger, der einen Essay über Musil und die Rettung des bürgerlichen Ichs schrieb). Diese Menschen sind aber immer wie ein Scharnier oder Durchgang, der mich mit Musil verbindet. Musil ist in gewissem Sinn sogar das Gegenteil von mir. Er war wirklich ein Alleswisser, aber ein von Ungewissheit geplagter Alleswisser. Mich hat immer nur das Unbeweisbare, Ungewisse, Unüberprüfte meiner Gewissheiten geplagt. Alles, was ich weiß, weiß ich nur, weil ich versucht habe meine eigenen Gewissheiten zu widerlegen! Meine Zweifel waren immer wie die Kohlesäurebläßchen in einem guten Sekt. Anfangs war es natürlich fast mehr Kohlensäure als Sekt und die Verzweiflung brauste fürchterlich! Als ich 17 war, hatte ich aber dennoch so viele Gewissheiten wie ein uralter, weiser Greis und wäre unter ihrem Gewicht beinahe zusammengebrochen. Seit dem geht es mir wie dem Zauberer Merlin: ich streife allmählich das Greisenalter meiner familiären Verwurzelung und Verzweigung ab und werde zusehends jünger. Apropos Jünger! Claude Levy Strauss, Elias Canetti und Ernst Jünger sind drei Autoren, denen ich viel zu verdanken habe. Musil überhaupt nichts. Sein Mann ohne "Gewissheiten" steht bei mir seit 30 Jahren auf dem Regal. Ich habe ganz selten mal fasziniert darin geblättert, aber ich werde wohl nie dazu kommen, ihn zu lesen. Es ist immer wieder viel interessanter Dante oder Augustinus zu lesen. Die Odyssee habe ich auch noch nicht ganz durch, die Ilias (die auch von Maria Grazia Ciani gut lesbar übersetzt wurde) habe ich überhaupt noch nicht gelesen bis auf Vorwort und ein paar Seiten. Für Musil ist es glaube ich endgültig zu spät. Denn ich werde ihn nicht lesen, bevor ich die letztgenannten mindestens drei mal gelesen habe.
AntwortenLöschenAber es gab viel zu sagen! Ich habe ihn mit vielen worten nicht zitiert. Sie haben also ins Schwarze getroffen
Und es ist ein schönes Gefühl, Musil im Regal zu haben! Falls ich ihn lesen will, ist er für mich da.
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