7. September 2014
Üblicherweise gerät bei den
Medienschaffenden in deutschen Landen und Gauen unverzüglich in den Ruch
der Tümelei, wer für irgendetwas traditionell Deutsches plädiert,
nunmehr also Frauke Petry, die Spitzenkandidatin der sächsischen AfD mit
ihrem Wunsch, man möge doch auf Geburtstagen im amerikanisierten
Nachfolgestaat des Dritten Reiches nicht nur „Happy birthday“, sondern
auch deutsches Liedgut anstimmen.
In diesem Zusammenhang sei
zunächst daran erinnert, was sich hiesige Politiker bei ihrem
Amtsabschied vom Heeresmusikkorps im Schnitt so spielen lassen, sofern
sie nicht zivilgesellschaftlich gesittet überhaupt auf den höchst
umstrittenen, weil preußisch-militaristisch kontaminierten Akt des
Großen Zapfenstreichs verzichten.
War Helmut Kohl noch mit „Nun danket
alle Gott“ gegangen, schied Gerhard Schröder mit Tränen bei „My way“,
Horst Köhler verabschiedete sich mit dem „St. Louis Blues“, Edmund
Stoiber mit „Let it be“, Karl-Theodor zu Guttenberg retirierte zu „Smoke
on the water“, und Christian Wulff wünschte sich zunächst „Ebony and
Ivory“, bevor das Programm aufgrund technischer Einwände der Trompeter
des Musikkorps geändert wurde.
Der Fisch, sagt man, stinkt vom Kopfe
her. Dieses Land ist fest in die angelsächsische Massenunterhaltung
eingemeindet, und der überständige Kulturmensch hat bis zu seinem
friedlichen Aussterben „immer das Gefühl, heulen oder kotzen zu müssen“
(Frank Lisson). Wobei an dieser Stelle, um Missverständnisse im Keime zu
ersticken, gepriesen und zur Amerikanisierung der Welt in Vorschlag
gebracht seien: Melville, Faulkner, Emerson, Whitman, R. Yeats, Pinchon
und meinetwegen auch David Forster Wallace.
Was nun „Happy
birthday“ angeht, so handelt es sich geradezu um die Hymne des
Globalismus bzw. Globalamerikanismus, gedankenlos angestimmt in
Anwaltsbüros wie in Montagehallen, Friseursalons oder Landtagen, bei
jedem Proleten-, Nerd- oder Schickeriageburtstag. Wer es freilich in
meinem multikulturellen Heim täte, flöge spornstreichs und subito aus
demselben.
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