Auf der Buchmesse erzählt mir Günter Maschke zwei launige Anekdoten aus seiner Zeit bei der FAZ.
Joachim Fest war mit seiner Hitler-Biographie zum Bestsellerautor auf- oder meinetwegen abgestiegen (von Jürgen Kesting stammt die fabelhafte, auf Maria Callas gemünzte Wendung vom „Abstieg in den Ruhm“), und der Jungredakteur Maschke, der immerhin wie Hitler in Landsberg am Lech eingesessen hatte, freilich wegen Fahnenflucht – was man ihm aber nicht als Feigheit auslegen darf und durfte, denn besagte Flucht hatte ihn 1967 nach Kuba geführt, wo er für Castros Sozialismus stritt –, der gar nicht mehr so junge Jungredakteur Maschke also trat in Fests Büro und fragte: „Warum, Herr Fest, kommen Sie eigentlich noch zur Arbeit? Sie haben doch genug Geld verdient, dass Sie daheim bleiben und jetzt ein wirklich gutes Buch über Hitler schreiben könnten.“ Woraufhin Fest eine auf seinem Schreibtisch stehende Statuette nach dem Frechling schmiss, diesen allerdings verfehlte... –
Die zweite Anekdote betrifft einen Herrn namens Marcel Reich-Ranicki, welcher Maschke eines Tages mit der Frage konfrontierte: „Herrr Maschke, man sagt, Sie rrreden schlächt überrr mich!“ Der Angesprochene versetzte: „Ja, Herr Reich-Ranicki – aber immer nur hinter Ihrem Rücken!“
Die Stimmung auf dem Frankfurter Bücherbasar ist heuer recht durchwachsen bis gedrückt; an mehreren Ständen höre ich Prognosen wie: Noch zwei, drei Messen, dann ist es sowieso vorbei. Für viele Verlage lohnt es sich kaum mehr, hier aufzukreuzen, die angebahnten Geschäfte decken kaum die Standgebühren. Wie bekommt eigentlich, fragt man sich, der Pleitier Suhrkamp seinen nach wie vor recht pompösen Auftritt hin – zahlt das Frau Berkéwicz aus der Schatulle? Nur die Mienen der Angestellten wirken, sofern nicht alles täuscht, etwas weniger staatstragend als ehedem.
Die Frage nach dem Finanzier der Standmiete stellt sich erst recht an einem ausladenden Anti-Rassismus-Stand, der pikanterweise gegenüber der Jungen Freiheit für „Respekt“ trommelt, allerdings um ein Vielfaches größer ist als die im allerweitesten Sinne politische Konkurrenz, was etwas verwundert angesichts der Tatsache, dass dort kein einziges Buch verkauft oder beworben, sondern nur eine tugendhafte Gesinnung dargeboten wird, vorwiegend von leicht überengagiert wirkenden jungen Frauen oder Mädchen. Wahrscheinlich sind es die ganz normalen Rassisten draußen im Lande, die mittels Steuern hier zur „Respekt“-Ableistung gebeten werden.
Am Manuscriptum-Stand ist es mir ein besonderes Vergnügen, Akif Prinicci in seinem Spezialgebiet, der Zotologie, behilflich zu sein, indem ich ihn in Kenntnis setze, dass es sowohl in Goethes "Götz" von 1773 als auch in Mozarts sogenannten Bäsle-Briefen von 1777 ff. und also womöglich weiland generell "im Arsch lecken" hieß, bevor sich die zahmere, hygienischere, aber auch etwas reizlosere Version durchsetzte (keiner möge glauben, dass sich unsere Altvordern nicht ebenbürtig zu verlustieren gewusst hätten!). – Kurz darauf erzählt mir der Chef eines Hörbuch-Verlages, dass zwei Schauspieler es abgelehnt haben, Pirinccis „Deutschland von Sinnen“ für die CD zu lesen, weil sie fürchteten, danach keine Engagements mehr zu erhalten. Um jetzt keine wohlfeile Pointe zu placieren, sei stattdessen und ausgleichshalber darauf hingewiesen, dass diverse andere Mimen kein Problem mit der Suada des Deutschtürken hatten und einer von ihnen schließlich für das Hörbuch ausgewählt wurde. Respekt!
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