Stationen

Sonntag, 1. Februar 2015

Ein vorbildlicher Imam




Kritik und öffentlicher Druck bringen schon was. Die grausame Ermordung
des jordanischen Piloten Muath Al-Kasasbeh durch den IS hat eine Welle der Empörung in der arabischen Welt ausgelöst. Nicht nur der IS, sondern auch der konservative Islam insgesamt steht nun in der Kritik. Die vom Religionsministerium im Golfstaat Katar betriebene Webseite (http://www.islamweb.net) musste eine alte Fatwa vom Netz nehmen, die die Verbrennung eines Menschen bei lebendigem Leibe aus islamischer Sicht unter bestimmten Umständen zulässt.
Im ägyptischen Fernsehen hat der Journalist Ibrahim Issa zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Mohammeds Nachfolger und ersten Kalifen des Islam Abu Bakr kritisiert, da er laut der islamischen Quellen einen Abtrünnigen zum Tode verbrannte. Die “recht-geleiteten” vier Kalifen, die nach Mohammed kamen, galten sonst immer als tadellose Vorbilder für alle sunnitischen Muslime.
Es gibt immer mehr öffentliche Aufrufe in Ägypten, die Lehrpläne der religiösen Al-Azhar Institution von der Theologie des Hasses und der Hetze gegen Ungläubige zu bereinigen. Öffentliche Kritik an Al-Azhar hat es früher nie gegeben.
Die Al-Nur Moschee in Berlin, die für ihre orthodoxe Auslegung des Islam bekannt ist, musste einen Prediger vor die Tür setzen, weil er sexuelle Unterwürfigkeit der Frau gegenüber ihrem Mann forderte. Dabei hat er nichts anders gepredigt als das, was in den authentischen Quellen des Islam zu finden ist.
Im Internet tobt eine Diskussion unter jungen gläubigen Muslimen. Viele lehnen Teile der Scharia wie Körperstrafen und Tötung von Apostaten, Kriminalisierung von Homosexuellen deutlich ab.
Es verändert sich langsam was. Viele Muslime haben inzwischen begriffen, dass die Formel “Es hat mit dem Islam nichts zu tun” niemandem mehr hilft, sondern die Probleme eher verschlimmert. Ein innerislamische Kampf der Kulturen ist voll im Gange. Man sollte jene Kräfte unterstützen, die eine Veränderung herbeiführen wollen, statt die Islamverbände politisch aufzuwerten, die jede kritische Diskussion und somit jede Veränderung im Keime ersticken möchten!
Auch eine Anerkennung des Islam im Sinne von Wulff und Merkel - “Der Islam gehört zu Deutschland” - noch bevor solche Prozesse die nötigen Veränderungen bringen, sind eher kontraproduktiv! Hamed Abdel-Samad

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