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Samstag, 13. Februar 2010

Wer ist bereit für die Demokratie zu sterben?

Solange niemand die Demokratie als eine Heimat empfindet, für die man bereit ist, das Leben zu wagen, haben die Islamisten einen mächtigen Alliierten. Niemand kann das Leben stärker intensivieren als dieser unbestechliche Alliierte. Wo gibt es Männer, denen es bitterer Ernst mit der Demokratie ist? McCain? England? Frankreich? Vielleicht nur in Israel.



4 Kommentare:

  1. Wir sind vor allem deshalb nicht mehr bereit für irgend etwas zu sterben, weil wir nicht mehr an das zweite, das ewige, Leben glauben.

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  2. Ich bin nicht in der Lage, mir ein zuverlässiges Bild zu machen. Glaube und Unglaube sind allgemein sehr amorph.

    In jedem Kopf gibt es jedoch einen Bereich, in dem das Schlimmste und das Beste - also die Dinge, über die man nie spricht - angesiedelt sind. Eine Art Allerheiligstes (im Sinn von sacrum, nicht im Sinn von sanctum) und Ungewisses, das in den griechischen Tempeln "Adyton" genannt wurde. Dieses Adyton ist einerseits zusammengeschrumpft (das Allerheiligste wirkt winzig) und andererseits hat es sich auf viele andere Bereiche ausgedehnt (die Ungewissheit begleitet sozusagen die Effizienz).

    Paul Schulz zweifelt gerade Ihre These an! Er stellt Sokrates über Jesus Christus, weil Sokrates - in PSs Augen - als Atheist den Schierlingsbecher trank und nur von der Gelassenheit und Gewissheit gestützt wurde, die ein durchräsoniertes, wundervoll schlüssiges Weltbild einem schenken, wenn man gleichzeitig die Ungewissheit erkennt und versteht, an ihren Platz zu verweisen.

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  3. Ich meinte das zweite Leben als Belohnung für den Einsatz und als Perpetuum ohnehin viel relevanter als das Erstere. Mit dieser Vorstellung haben sich doch die Zinn-Soldaten-Reihen den gegnerischen Salven wie die Lämmer entgegengestellt.
    Aber auch ohne diesen Glauben hätte ich mich als frisch gebackener Leutnant der Reserve den Sowjets in den Weg gestellt. Damals!
    Sokrates gefällt mir auch mehr als die paulinische Christus-Idee (ein Außerirdischer muß ja aus dem Kopfschütteln nicht herauskommen, wenn er davon erfährt, daß jemand, den man ans Kreuz genagelt hat, damit eine Lösung für das Ungute im Menschen geschaffen hat….).
    Die Gelassenheit gegenüber dem Nichtwissen macht einen immun gegenüber Quacksalbertum und dem Hantieren mit Unwahrscheinlichkeiten – wie es die modernen evangelischen Pfarrer tun. Und wenn man sie nach Handfestem fragt, reden sie sich mit Konstruktivismus raus.

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  4. Ich stimme Paul Schulz eigentlich zu 95% zu. Aber die restlichen 5% wiegen eben doch schwerer, und ich bin am Ende froh, dass es Santa Madre Chiesa in Rom gibt und sie nicht nur eine der ältesten Institutionen der Welt ist, sondern auch eine der vitalsten, tatsächlich intellektuell vitalsten und luzidesten. Im Ernst. Es ist eine Art kognitiver Schizofrenie, vor der ich den Hut ziehe. Es hat wohl mit der Gelassenheit, Nonchalance und Wurschtigkeit zu tun, mit der Goethe z.B. im Vorspiel im Himmel vom ptolemäischen Weltbild umstandslos zum kopernikanischen übergeht, so als sei eh alles eins...


    Christus und Sokrates kann ich beide nur überlieferungsphänomenologisch betrachten (was immer auch damit von mir gemeint sein mag ;-) ich habe zur Geschichte glaube ich ein ähnliches Verhältnis wie Booker zu Plots; Geschichten sind schließlich menschliche Schicksale). Und da ist Paulus nicht das einzige Element, und für Jesus, Paulus und Sokrates gilt ähnliches wie für Homer, wenngleich Sokrates natürlich sehr viel deutlichere Konturen hat.

    Die sogenannten Außerirdischen sind eine sehr private Proiektion dessen, was man Abstand nennt, und man sieht in ihnen gerne eine für alle verbindliche Verallgemeinerung, in Ihrem Fall der Nüchternheit.

    John Lennon beschrieb seine Vorstellung von Paradies auf Erden. Religion ist aber nun mal gleichzeitig das Schlimmste und das Beste, das kann man nicht ändern, schon gar nicht durch einen Bann. Lennons "Imagine" ist eine Art süßlicher Nihilismus in meinen Augen, an dem mich die Leere immer gelangweilt hat. Persönliche Neigungen...

    Die Buchhaltung der Sündhaftigkeit mit Gottes selbstloser Entschädigungsleistung gegenüber einem anonymen Rechnungshof, dem gegenüber auch er nichts besseres tun kann, als zu sterben, ist bestimmt das Absurdeste am Christentum. Plausibel wird es erst dann irgendwie, wenn man einen Blickwinkel einnimmt, unter dem diese Absurdität als Teil der menschlichen Natur erkannt werden kann: der Erfolg dieser Absurdität ist das eigentlich Absurde!
    Die Sache hat tatsächlich auf märchenhafte Weise etwas Erlösendes, funktioniert seit 2000 Jahren und hat unter anderm Dante hervorgebracht, die Mozartmessen, Bachpassionen usw. und die europäische Idee von Menschlichkeit und Individualität. Gespräche mit Andersgläubigen und Teilnahme an deren Gottesdiensten sind aufschlussreicher als Lektüre theologischer Schriften.

    Aber die kann auch ein Genuss sein: Paulus wird erst so richtig faszinierend, wenn man Jakob Taubes liest! "Die politische Theologie des Paulus" Da spitzen selbst die Außerirdischen gespannt die Ohren!

    Ihnen empfehle ich Alessandro Manzonis "Die Brautleute", eins meiner Lieblingsbücher.

    1.Ein toller Krimi 2.Tiefsinnig wie "Schuld und Sühne", aber mit einer fast angelsächsisch anmutenden Leichtigkeit 3.Ich liebe Manzonis Ironie und Selbstironie. 4. Es ist eine gute Übung, um sich in andere Zeiten zu versetzen 5. Man bekommt als Deutscher einen Eindruck von gesundem Katholizismus, der das karikierte Bild von Ablass und Bigotterie zu löschen vermag, das vor allem wir Lutheraner haben, aber auch generell Menschen, die sich was auf ihre Rationalität zu Gute halten.

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