Stationen

Freitag, 24. Juli 2015

Luckes bisher klügste Stellungnahme

Herr Lucke, ist Alfa ein AfD-Klon?
Ganz gewiss kein Klon der heutigen AfD. Aber Alfa greift die Gründungsideen der AfD auf und verschafft ihnen erneut Geltung. Außerdem setzen wir auch neue Akzente, zum Beispiel mit einer klar fortschrittsfreundlichen Orientierung. Unter dem Einfluss der Grünen hat sich in Deutschland ja gerade bei neuen Technologien eine ausgesprochene Fortschrittsskepsis ausgebreitet. Damit legen wir uns selbst Fesseln an, die uns im Wettbewerb mit anderen Staaten zurückfallen lässt. Alfa setzt sich für eine positive Grundeinstellung zu wissenschaftlich-technischem Fortschritt ein und ist die einzige Partei, die offensiv gegen die latente Verbotskultur in diesem Bereich vorgehen will.

Die AfD-Chefin Frauke Petry beharrt allerdings darauf, dass die AfD heute immer noch inhaltlich da stehe, wo sie bei ihrer Gründung 2013 gestanden habe.
Das ist natürlich Quatsch. Petry und Pretzell haben die AfD in Essen ja ausdrücklich zur Pegida-Partei ausgerufen. Pretzell will auch das ganze Geldsystem in Frage stellen. Bizarre Verschwörungstheorien feiern fröhliche Urstände in der AfD. Das alles hat mit den AfD-Gründungsgedanken überhaupt nichts zu tun. Glauben Sie mir: Ich kenne die AfD wie kaum ein anderer und ich wäre wirklich nicht ausgetreten, wenn es nicht dramatische Veränderungen in ihrer politischen Ausrichtung gegeben hätte. 

Bei einem Vergleich der Programme fällt auf, dass die AfD in der Euro-Frage ihre Forderungen strikter formuliert; Alfa dagegen scheint erst einmal eine Anti-Griechenland-Partei zu sein. Warum so zurückhaltend?
An diesem Punkt zeigt sich, dass der AfD die wissenschaftliche Kompetenz fehlt. Frau Petry will ja den sofortigen Ausstieg Deutschlands aus dem Euro. Nur muss man sehen, dass dies europaweit zu einer Bankenkrise führen würde. Denn die D-Mark würde ja gegenüber dem Euro aufwerten. Das hätte die Konsequenz, dass jeder in der Rest-Euro-Zone sein Geld abheben würde, um es dann in D-Mark umzutauschen, gegebenenfalls durch deutsche Strohmänner. Einen solchen Aufwertungsgewinn von schätzungsweise 30 Prozent wird sich ja niemand entgehen lassen wollen. Das kann zum Kollaps des Finanzsystems in Europa führen. Deshalb ist es nicht verantwortbar, leichtfertig einen Euro-Austritt Deutschlands zu fordern, ohne zu wissen, wie es geht.

Sie schließen es aber auch nicht aus. In Ihrem Programm fordern Sie einen Grexit. Aber wenn das weiter verhindert wird, sind Sie auch für eine Rückkehr zur D-Mark beziehungsweise dafür, den gesamten Währungsraum aufzulösen.
Wir fordern, den Euro-Rettungsfonds ESM zu blockieren, um dann das Drohpotenzial zu haben, den Währungsraum insgesamt aufzulösen. Eine Euro-Auflösung wäre die optimale Lösung, aber es ist der schwierigste Weg. Technisch am einfachsten wäre es, wenn die Südländer aus dem Euro ausscheiden. Abwertungskandidaten profitieren schließlich auch von einem solchen Schritt.

Warum steht dann die Rückkehr zur D-Mark in Ihrem Programm, dann könnten Sie doch diese Forderung ganz fallen lassen.
Das ist für uns die letzte Option. Sie erfordert Kapitalverkehrskontrollen und eine Einschränkung des Bargeldumtauschs. Aber wir können nicht ganz auf sie verzichten, weil das Gebot zu respektieren ist, dass der Euro eine Stabilitätsgemeinschaft sein soll. Wenn das nicht der Fall ist und der Euro zur Weichwährung wird, hat schon das Bundesverfassungsgericht eindeutig festgestellt, dass Deutschland dann das Recht hat, den Euro zu verlassen. Es ist aber technisch ein sehr schwieriger Schritt und ich würde ihn gerne vermeiden. Es sollen die gehen, die das Problem mit dem Euro haben.

Deutschland hat aber durchaus von einem weichen Euro profitiert.
Selbstverständlich profitiert die deutsche Wirtschaft davon, dass der Euro unterbewertet ist und wir damit unsere Waren relativ preisgünstig anbieten können. Aber diesen Vorteil haben wir zu Lasten unserer Nachbarn, und wenn man deshalb den Euro will, dann soll man sich bitte nicht europäischen Denkens rühmen. Außerdem vergessen Sie bitte nicht, dass Deutschland erhebliche Zahlungsverpflichtungen aufgebaut hat, die wir nur noch nicht haben einlösen müssen. Ökonomisch ist das Geld aber schon jetzt verloren, weil wir wissen, dass die Verschuldung Griechenlands langfristig nicht tragfähig ist. Die privaten Exportvorteile aus dem Euro muss man gegenrechnen mit den Verlusten, die der Steuerzahler durch die angebliche Griechenland-Rettung trägt.

Die bisherige Rettungspolitik betrachten Sie als „völlig gescheitert“. Gilt das auch für Finanzminister Schäuble, der in der Griechenland-Frage ja ähnlich wie Sie einen Euro-Austritt des Landes, wenn auch nur einen Grexit auf Zeit, favorisiert?
Schäubles Position ist völlig inkonsistent. Denn wenn es Griechenland ohne Euro wirtschaftlich besser ginge als mit Euro, dann wird es wohl kaum in den Euro zurückkehren wollen. Und wenn die Lage in Griechenland schlecht bliebe, würden die Euro-Länder das Land sicherlich nicht wieder in den Euro aufnehmen wollen. Also: Ein Austritt aus dem Euro ist sicherlich ein endgültiger Austritt. Außerdem ist Schäuble doch gar nicht für einen Grexit. Er sagt das ja nur. Aber er handelt ganz anders. Er hat gerade erst einer Neuauflage der Rettungspolitik zugestimmt und befürwortet es, dass 86 Milliarden Euro für eine Politik eingesetzt werden, die de facto gescheitert ist.

Kanzlerin Merkel will die Grexit-Debatte beenden, während Herr Schäuble indirekt mit Rücktritt droht. Wie finden Sie das? Man hätte ja den Eindruck, dass nach der Bundestagsabstimmung zu Griechenland nun erst einmal Ruhe bei dem Thema einkehren könnte.

 Schäuble ist in eine Sackgasse hineingeraten. Einerseits hat er den Eindruck von Härte erweckt und befürwortet angeblich einen Grexit, andererseits bejaht er eine Politik, die diesen Grexit verhindert hat. Schäuble steht vor einem Glaubwürdigkeitsproblem und bringt seinen Rücktritt ins Gespräch. Es wäre konsequent, wenn er ihn jetzt auch vollziehen würde.

Der Chef des Meinungsforschungsinstitut Forsa, Manfred Güllner, glaubt nicht, dass Sie mit Ihrer neuen Partei große Chancen haben, weil sie im liberalen Milieu nicht gegen die FDP punkten können.
Herr Güllner hat auch über die AfD gesagt, dass sie nicht erfolgreich sein könnte. Aber solange ich AfD-Sprecher war, haben wir große Erfolge erzielt: Bei der Europawahl und bei fünf Landtagswahlen in Folge.

Wie wollen Sie verhindern, dass Alfa nicht von deutschnationalen Kräften unterwandert wird?
Warum sollten die deutschnationalen Kräfte zu uns kommen, wenn sie doch zur AfD gehen können? Die AfD ist für uns ein Schutzschild nach rechts. Jeder, der islamfeindlich oder prorussisch ist oder bizarren Verschwörungstheorien anhängt, findet inzwischen viele Gleichgesinnte in der AfD. Aber wir verlassen uns natürlich nicht nur darauf. In unserer Satzung legen wir sehr eindeutig fest, wofür wir stehen: für die Westbindung Deutschlands und gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit oder Extremismus. Außerdem haben wir festgelegt, dass man bei uns zunächst ein Jahr Gastmitglied ist. Erst wenn wir wissen, wo das Mitglied politisch zu verorten ist, werden wir über die Mitgliedschaft entscheiden.

Müssten sie nicht noch deutlicher die Trennlinie ziehen zwischen Ihrer Partei und vermeintlich deutschnationalen Kräften. Zu AfD-Zeiten haben Sie ja das Spektrum möglicher AfD-Wähler sehr weit gefasst und damit auch NPD-Sympathisanten angezogen.
Nein. Ich habe mich immer ganz klar gegen rechts abgegrenzt und nicht im Mindesten um NPD-Wähler oder andere Deutschnationale geworben. Das waren Andere in der AfD, die das getan haben. Und die haben jetzt leider das Sagen.

Mit Themen wie Islam, Zuwanderung und Asylpolitik hat die AfD in Ostdeutschland große Wahlerfolge erzielt. Wie wollen Sie dort punkten, wenn sie ihren thematischen Schwerpunkt in der Euro-Politik sehen?
Die AfD hat in Ostdeutschland nicht mit Islam und Asylpolitik gepunktet. Diese Themen kamen erst mit den Pegida-Demonstrationen im November auf. Die Wahlerfolge haben davor stattgefunden. Da hat das Thema Innere Sicherheit eine große Rolle gespielt und das ist angesichts der Grenzkriminalität in Brandenburg und Sachsen ein wichtiges und berechtigtes Anliegen, das auch ALFA vertreten wird. Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht auch bei Wählern im Osten punkten sollen, denn ich halte es für eine Schmähung, Ostdeutsche pauschal als fremdenfeindlich einzustufen.

Wird Alfa bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr antreten?
Wir bauen die Partei jetzt sehr zielstrebig auf. Wir beabsichtigen bei den Landtagswahlen im Frühjahr anzutreten. Die abschließende Entscheidung wird aber erst in zwei bis drei Monaten fallen. Wir wollen mit einem überzeugenden Personaltableau antreten und müssen organisatorisch so weit sein, dass wir das stemmen können. Das wollen wir nicht übers Knie brechen, schließlich haben wir uns erst gegründet. Da nehmen wir uns jetzt die Zeit für eine gründliche Vorbereitung.

Wieviel Prozentpunkte trauen Sie ihrer Partei zu?
Wir können das am AfD-Potential abschätzen. Und wir glauben auch, dass wir sehr viel stärker für CDU- oder FDP-Wähler interessant werden, weil wir uns, anders als die AfD, ganz klar von rechts abgrenzen und uns der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Das AfD-Potential lag bei sieben bis acht Prozent. Unseres kann größer sein.

Es ist allerdings inzwischen kein Alleinstellungsmerkmal mehr, eurokritisch zu sein.
Doch, denn die Euro-Skepsis in CDU und FDP ist doch nicht glaubwürdig. Die eiern jetzt mit einem temporären Grexit rum, weil sie sich immer noch nicht vom Euro trennen können, selbst nicht in Bezug auf Griechenland. Wir stehen für eine klare Haltung in der Euro-Frage und können damit auch erfolgreich sein.

Und andere Themen?
Wir greifen auch Zukunftsthemen auf, die von den Altparteien nicht angemessen behandelt werden. Ich nenne hier die Energiepolitik, die meines Erachtens kopflos ist, weil sie mit überhöhten Strompreisen den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet. Die latente Technologie- und Fortschrittsfeindlichkeit, die sich hierzulande ausgebreitet hat, wollen wir ebenfalls thematisieren – genauso wie die Mängel in unserem Bildungssystem, das auf Quantität statt auf Qualität setzt. Und auch in der Integrationspolitik wollen wir Akzente setzen. Wir sehen an der Vielzahl geringqualifizierter Einwanderer, dass es dringend nötig ist, Regeln für eine gesteuerte Zuwanderung festzulegen.

Zu welchen Parteien sehen Sie inhaltliche Schnittmengen?
In unserer marktwirtschaftlichen Überzeugung haben wir grundsätzlich Schnittmengen zur CDU und zur FDP.

Wären das auch mögliche Partner?
Koalitionen halte ich für schwierig, weil unsere Auffassung zum Euro eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit darstellt. Außerdem ist es so, dass CDU und FDP das marktwirtschaftliche Denken zwar noch im Programm haben, aber in der praktischen Politik sehr stark zu dirigistischen Maßnahmen neigen. CDU und FDP befürworten den Mindestlohn oder Klientelpolitk für Hoteliers. Sie verteidigen eine EZB, die den Zinsmechanismus so stark gestört hat, dass Sparer fürs Sparen mit Negativzinsen bestraft werden und dass Staaten durch Gelddrucken finanziert werden. 

Streben Sie auch in den Bundestag, ist das 2017 das große Ziel?
Selbstverständlich.


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