Herr Lucke, ist Alfa ein AfD-Klon?
Ganz
gewiss kein Klon der heutigen AfD. Aber Alfa greift die Gründungsideen
der AfD auf und verschafft ihnen erneut Geltung. Außerdem setzen wir
auch neue Akzente, zum Beispiel mit einer klar fortschrittsfreundlichen
Orientierung. Unter dem Einfluss der Grünen hat sich in Deutschland ja
gerade bei neuen Technologien eine ausgesprochene Fortschrittsskepsis
ausgebreitet. Damit legen wir uns selbst Fesseln an, die uns im
Wettbewerb mit anderen Staaten zurückfallen lässt. Alfa setzt sich für
eine positive Grundeinstellung zu wissenschaftlich-technischem
Fortschritt ein und ist die einzige Partei, die offensiv gegen die
latente Verbotskultur in diesem Bereich vorgehen will.
Die
AfD-Chefin Frauke Petry beharrt allerdings darauf, dass die AfD heute
immer noch inhaltlich da stehe, wo sie bei ihrer Gründung 2013 gestanden
habe.
Das ist natürlich Quatsch. Petry
und Pretzell haben die AfD in Essen ja ausdrücklich zur Pegida-Partei
ausgerufen. Pretzell will auch das ganze Geldsystem in Frage stellen.
Bizarre Verschwörungstheorien feiern fröhliche Urstände in der AfD. Das
alles hat mit den AfD-Gründungsgedanken überhaupt nichts zu tun. Glauben
Sie mir: Ich kenne die AfD wie kaum ein anderer und ich wäre wirklich
nicht ausgetreten, wenn es nicht dramatische Veränderungen in ihrer
politischen Ausrichtung gegeben hätte.
Bei einem Vergleich der Programme fällt
auf, dass die AfD in der Euro-Frage ihre Forderungen strikter
formuliert; Alfa dagegen scheint erst einmal eine
Anti-Griechenland-Partei zu sein. Warum so zurückhaltend?
An
diesem Punkt zeigt sich, dass der AfD die wissenschaftliche Kompetenz
fehlt. Frau Petry will ja den sofortigen Ausstieg Deutschlands aus dem
Euro. Nur muss man sehen, dass dies europaweit zu einer Bankenkrise
führen würde. Denn die D-Mark würde ja gegenüber dem Euro aufwerten. Das
hätte die Konsequenz, dass jeder in der Rest-Euro-Zone sein Geld
abheben würde, um es dann in D-Mark umzutauschen, gegebenenfalls durch
deutsche Strohmänner. Einen solchen Aufwertungsgewinn von
schätzungsweise 30 Prozent wird sich ja niemand entgehen lassen wollen.
Das kann zum Kollaps des Finanzsystems in Europa führen. Deshalb ist es
nicht verantwortbar, leichtfertig einen Euro-Austritt Deutschlands zu
fordern, ohne zu wissen, wie es geht.
Sie schließen es aber auch nicht aus. In
Ihrem Programm fordern Sie einen Grexit. Aber wenn das weiter verhindert
wird, sind Sie auch für eine Rückkehr zur D-Mark beziehungsweise dafür,
den gesamten Währungsraum aufzulösen.
Wir
fordern, den Euro-Rettungsfonds ESM zu blockieren, um dann das
Drohpotenzial zu haben, den Währungsraum insgesamt aufzulösen. Eine
Euro-Auflösung wäre die optimale Lösung, aber es ist der schwierigste
Weg. Technisch am einfachsten wäre es, wenn die Südländer aus dem Euro
ausscheiden. Abwertungskandidaten profitieren schließlich auch von einem
solchen Schritt.
Warum steht dann die Rückkehr zur D-Mark in Ihrem Programm, dann könnten Sie doch diese Forderung ganz fallen lassen.
Das
ist für uns die letzte Option. Sie erfordert Kapitalverkehrskontrollen
und eine Einschränkung des Bargeldumtauschs. Aber wir können nicht ganz
auf sie verzichten, weil das Gebot zu respektieren ist, dass der Euro
eine Stabilitätsgemeinschaft sein soll. Wenn das nicht der Fall ist und
der Euro zur Weichwährung wird, hat schon das Bundesverfassungsgericht
eindeutig festgestellt, dass Deutschland dann das Recht hat, den Euro
zu verlassen. Es ist aber technisch ein sehr schwieriger Schritt und ich
würde ihn gerne vermeiden. Es sollen die gehen, die das Problem mit dem
Euro haben.
Deutschland hat aber durchaus von einem weichen Euro profitiert.
Selbstverständlich
profitiert die deutsche Wirtschaft davon, dass der Euro unterbewertet
ist und wir damit unsere Waren relativ preisgünstig anbieten können.
Aber diesen Vorteil haben wir zu Lasten unserer Nachbarn, und wenn man
deshalb den Euro will, dann soll man sich bitte nicht europäischen
Denkens rühmen. Außerdem vergessen Sie bitte nicht, dass Deutschland
erhebliche Zahlungsverpflichtungen aufgebaut hat, die wir nur noch nicht
haben einlösen müssen. Ökonomisch ist das Geld aber schon jetzt
verloren, weil wir wissen, dass die Verschuldung Griechenlands
langfristig nicht tragfähig ist. Die privaten Exportvorteile aus dem
Euro muss man gegenrechnen mit den Verlusten, die der Steuerzahler durch
die angebliche Griechenland-Rettung trägt.
Die bisherige Rettungspolitik betrachten
Sie als „völlig gescheitert“. Gilt das auch für Finanzminister Schäuble,
der in der Griechenland-Frage ja ähnlich wie Sie einen Euro-Austritt
des Landes, wenn auch nur einen Grexit auf Zeit, favorisiert?
Schäubles Position ist völlig inkonsistent. Denn wenn es Griechenland
ohne Euro wirtschaftlich besser ginge als mit Euro, dann wird es wohl
kaum in den Euro zurückkehren wollen. Und wenn die Lage in Griechenland
schlecht bliebe, würden die Euro-Länder das Land sicherlich nicht wieder
in den Euro aufnehmen wollen. Also: Ein Austritt aus dem Euro ist
sicherlich ein endgültiger Austritt. Außerdem ist Schäuble doch gar
nicht für einen Grexit. Er sagt das ja nur. Aber er handelt ganz anders.
Er hat gerade erst einer Neuauflage der Rettungspolitik zugestimmt und
befürwortet es, dass 86 Milliarden Euro für eine Politik eingesetzt
werden, die de facto gescheitert ist.
Kanzlerin
Merkel will die Grexit-Debatte beenden, während Herr Schäuble indirekt
mit Rücktritt droht. Wie finden Sie das? Man hätte ja den Eindruck, dass
nach der Bundestagsabstimmung zu Griechenland nun erst einmal Ruhe bei
dem Thema einkehren könnte.
Schäuble ist in eine Sackgasse hineingeraten. Einerseits hat er den
Eindruck von Härte erweckt und befürwortet angeblich einen Grexit,
andererseits bejaht er eine Politik, die diesen Grexit verhindert hat.
Schäuble steht vor einem Glaubwürdigkeitsproblem und bringt seinen
Rücktritt ins Gespräch. Es wäre konsequent, wenn er ihn jetzt auch
vollziehen würde.
Der Chef des Meinungsforschungsinstitut
Forsa, Manfred Güllner, glaubt nicht, dass Sie mit Ihrer neuen Partei
große Chancen haben, weil sie im liberalen Milieu nicht gegen die FDP
punkten können.
Herr Güllner hat auch über die AfD gesagt, dass sie nicht erfolgreich sein könnte. Aber solange ich AfD-Sprecher war, haben wir große Erfolge erzielt: Bei der Europawahl und bei fünf Landtagswahlen in Folge.
Wie wollen Sie verhindern, dass Alfa nicht von deutschnationalen Kräften unterwandert wird?
Warum
sollten die deutschnationalen Kräfte zu uns kommen, wenn sie doch zur
AfD gehen können? Die AfD ist für uns ein Schutzschild nach rechts.
Jeder, der islamfeindlich oder prorussisch ist oder bizarren
Verschwörungstheorien anhängt, findet inzwischen viele Gleichgesinnte in
der AfD. Aber wir verlassen uns natürlich nicht nur darauf. In unserer
Satzung legen wir sehr eindeutig fest, wofür wir stehen: für die
Westbindung Deutschlands und gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit
oder Extremismus. Außerdem haben wir festgelegt, dass man bei uns
zunächst ein Jahr Gastmitglied ist. Erst wenn wir wissen, wo das
Mitglied politisch zu verorten ist, werden wir über die Mitgliedschaft
entscheiden.
Müssten sie nicht noch deutlicher die
Trennlinie ziehen zwischen Ihrer Partei und vermeintlich
deutschnationalen Kräften. Zu AfD-Zeiten haben Sie ja das Spektrum
möglicher AfD-Wähler sehr weit gefasst und damit auch NPD-Sympathisanten
angezogen.
Nein. Ich habe mich immer
ganz klar gegen rechts abgegrenzt und nicht im Mindesten um NPD-Wähler
oder andere Deutschnationale geworben. Das waren Andere in der AfD, die
das getan haben. Und die haben jetzt leider das Sagen.
Mit
Themen wie Islam, Zuwanderung und Asylpolitik hat die AfD in
Ostdeutschland große Wahlerfolge erzielt. Wie wollen Sie dort punkten,
wenn sie ihren thematischen Schwerpunkt in der Euro-Politik sehen?
Die AfD hat in Ostdeutschland nicht mit Islam und Asylpolitik gepunktet.
Diese Themen kamen erst mit den Pegida-Demonstrationen im November auf.
Die Wahlerfolge haben davor stattgefunden. Da hat das Thema Innere
Sicherheit eine große Rolle gespielt und das ist angesichts der
Grenzkriminalität in Brandenburg und Sachsen ein wichtiges und
berechtigtes Anliegen, das auch ALFA vertreten wird. Ich sehe keinen
Grund, warum wir nicht auch bei Wählern im Osten punkten sollen, denn
ich halte es für eine Schmähung, Ostdeutsche pauschal als
fremdenfeindlich einzustufen.
Wird Alfa bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr antreten?
Wir
bauen die Partei jetzt sehr zielstrebig auf. Wir beabsichtigen bei den
Landtagswahlen im Frühjahr anzutreten. Die abschließende Entscheidung
wird aber erst in zwei bis drei Monaten fallen. Wir wollen mit einem
überzeugenden Personaltableau antreten und müssen organisatorisch so
weit sein, dass wir das stemmen können. Das wollen wir nicht übers Knie
brechen, schließlich haben wir uns erst gegründet. Da nehmen wir uns
jetzt die Zeit für eine gründliche Vorbereitung.
Wieviel Prozentpunkte trauen Sie ihrer Partei zu?
Wir können das am AfD-Potential abschätzen. Und wir glauben auch, dass wir sehr viel stärker für CDU- oder FDP-Wähler interessant werden, weil wir uns, anders als die AfD,
ganz klar von rechts abgrenzen und uns der sozialen Marktwirtschaft
verpflichtet fühlen. Das AfD-Potential lag bei sieben bis acht Prozent.
Unseres kann größer sein.
Es ist allerdings inzwischen kein Alleinstellungsmerkmal mehr, eurokritisch zu sein.
Doch, denn die Euro-Skepsis in CDU
und FDP ist doch nicht glaubwürdig. Die eiern jetzt mit einem
temporären Grexit rum, weil sie sich immer noch nicht vom Euro trennen
können, selbst nicht in Bezug auf Griechenland. Wir stehen für eine klare Haltung in der Euro-Frage und können damit auch erfolgreich sein.
Und andere Themen?
Wir
greifen auch Zukunftsthemen auf, die von den Altparteien nicht
angemessen behandelt werden. Ich nenne hier die Energiepolitik, die
meines Erachtens kopflos ist, weil sie mit überhöhten Strompreisen den
Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet. Die latente Technologie- und
Fortschrittsfeindlichkeit, die sich hierzulande ausgebreitet hat, wollen
wir ebenfalls thematisieren – genauso wie die Mängel in unserem
Bildungssystem, das auf Quantität statt auf Qualität setzt. Und auch in
der Integrationspolitik wollen wir Akzente setzen. Wir sehen an der
Vielzahl geringqualifizierter Einwanderer, dass es dringend nötig ist,
Regeln für eine gesteuerte Zuwanderung festzulegen.
Zu welchen Parteien sehen Sie inhaltliche Schnittmengen?
In unserer marktwirtschaftlichen Überzeugung haben wir grundsätzlich Schnittmengen zur CDU und zur FDP.
Wären das auch mögliche Partner?
Koalitionen
halte ich für schwierig, weil unsere Auffassung zum Euro eine
grundsätzliche Meinungsverschiedenheit darstellt. Außerdem ist es so,
dass CDU und FDP das marktwirtschaftliche Denken zwar noch im Programm
haben, aber in der praktischen Politik sehr stark zu dirigistischen
Maßnahmen neigen. CDU und FDP befürworten den Mindestlohn oder
Klientelpolitk für Hoteliers. Sie verteidigen eine EZB, die den
Zinsmechanismus so stark gestört hat, dass Sparer fürs Sparen mit
Negativzinsen bestraft werden und dass Staaten durch Gelddrucken
finanziert werden.
Selbstverständlich.
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