Stationen

Samstag, 25. Juli 2015

Wie mans macht, macht mans verkehrt


Autorenportrait

"Ich habe schon vor zwanzig Jahren den immer wieder aufkommenden Begriff einer „Neuen Rechten“ als problematisch verworfen und bleibe dabei. Sicher muß man wohl damit leben, daß man durch den politischen Gegner ein Etikett verpaßt bekommt. Wer dieses für charmanter hält als den Begriff einer „Alten Rechten“, der irrt: Der Begriff der „Neuen Rechten“ ist ein Kampfbegriff, der der Denunziation dient. Er wurde letztlich von Verfassungsschutzbehörden und linken Politikwissenschaftlern durchgesetzt, um ein politisches Milieu zu markieren, das als extremistisches „Brückenspektrum“ denunziert werden soll. Diese Begriffsdefinition hat sich faktisch durchgesetzt, und es ist eine Illusion zu meinen, daß man diesen Gehalt aus einer Außenseiterposition heraus positiv umdeuten könnte. Die Denunziation mittels des verführerischen Begriffes „Neue Rechte“ ist Teil der Strategie, einen legitimen konservativen, demokratisch-rechten Faktor aus dem öffentlichen Diskurs und der Demokratie auszuschließen." meint Dieter Stein

 "Wenn im politischen Kampf „rechts“ negativ konnotiert ist, dann weil die Linke die kulturelle und politische Macht besitzt. Wenn ich diesen Machtbesitz in Frage stellen will – vorausgesetzt ich will das –, muß ich eine hinreichend klare Alternative bezeichnen. Diese wird von den Machthabern bekämpft werden, das ist politische Normalität und vergleichbare Situationen hat es immer wieder gegeben. Ob und unter welchen Bedingungen eine Veränderung der Machtverhältnisse möglich ist, kann man nicht aus Faustregeln ableiten:

„Geuse“, also Bettler, war ein Schimpf, mit dem die Spanier die holländischen Freiheitskämpfer bezeichneten, und die haben einen Ehrennamen daraus gemacht.
„Socialdemokrat“ war im Zweiten Reich ein Begriff, viel schlimmer als „Rechter“ heutzutage, aber Werner Sombart schrieb, daß in seiner Studentenzeit plötzlich alle „Socialisten“ sein wollten.
Ein „Linker“ zu sein, war in der frühen Bundesrepublik ganz und gar kein Spaß, aber als ich jung war, gab es unter den Jungen praktisch nur noch Linke.

Wenn ich also die Möglichkeit eines Umschlags nicht für denkbar hielte, würde ich Dieter zustimmen; da ich aber an dieser Möglichkeit festhalte, bin ich fürs Standhalten, und wenn es keine andere Fahne gibt, dann eben die, auf der „Neue Rechte“ steht. Nur nebenbei: auch der Begriff „rechts“ – ohne Adjektiv – oder „demokratisch-rechts“ ist keine Alternative, der erste löst eh die übliche Assoziationskette „rechts – rechtsradikal – Nazi – Auschwitz“ aus, der zweite ist ungefüg und jedenfalls als Parole ungeeignet." antwortet Karlheinz Weißmann

"Was war mit der Option einer nationalen Linken, für die Wolfgang Venohr, Peter Brandt und Herbert Ammon standen? Sollten wir uns nicht für eine Überwindung des simplen Rechts-Links-Schemas einsetzen, das wir von der Französischen Revolution geerbt haben? Allein letzteres ein Argument, den Begriffen distanziert gegenüberzustehen. Wer die JF aufmerksam liest, dem wird auffallen, daß sie den Begriff „rechts“ weitgehend meidet und eher hilfsweise verwendet. Ich habe jedenfalls mit „Konservativen“ typischerweise nie Menschen verbunden, die sich mit den Verhältnissen abfinden." entgegnet hierauf Dieter Stein

Hierauf wiederum Karlheinz Weißmann:

"Die „Antideutschen“ machen bloß Ernst mit dem, was auf der Hauptspur der linken Argumentationsstrecke sowieso bestimmend ist. Die Linksnationalen kommen nur als Geisterfahrer auf dieser Hauptspur vor, sind isoliert (Ammon), nicht sehr überzeugungsfest (Brandt) oder als Linke gar nicht mehr identifizierbar (Venohr). Was nun die Abkapselung angeht, so habe ich sicher von uns beiden die größere Erfahrung mit großen Foren, wo man auch eine Art Zugang zur Allgemeinheit hat. Ich habe vor dem Politischen Club der Evangelischen Akademie in Tutzing gesprochen und bei der Adenauer-Stiftung, im Club zu Bremen und bei den Beiräten von Banken und Versicherungen. Die Resonanz war eigentlich immer sehr positiv – übrigens auch in Tutzing. Das lag ohne Zweifel an den Inhalten, die ich da vertrat und die sich nicht von denen unterscheiden, die ich heute vertrete. Daß ich dort nicht mehr sprechen kann, liegt kaum an der Qualität dessen, was ich denke und sage. Es liegt ganz einfach an den Machtverhältnissen in diesem Land. Wer glaubt, dass er die durch die Anpassung an Sprachregelungen verändern kann, versuche sein Glück. Meine Prognose lautet, daß ihn die Machtverhältnisse verändern werden. Eine prinzipielle Gegenposition – also eine, die Prinzipien vertritt – muß als solche kenntlich und unter den gegebenen Umständen die Position einer Minderheit sein. Gehlen hat einmal davon gesprochen, daß in aussichtslos erscheinender Lage nichts so überzeugend wirkt wie das überzeugende Beispiel, Integrität eben. Man mag trotzdem mit Erfolglosigkeit bezahlen, aber da gilt dann das Herrenwort: „Was nutzt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“"

Und ein letztes Mal Dieter Stein:
"Man kann das ja machen, wenn man sich unbedingt verrennen will. Der von mir ebenfalls sehr geschätzte Staatsrechtler Helmut Quaritsch stellte in seinem Buch „Positionen und Begriffe Carl Schmitts“ fest: „Im Kampf der Geister ist die Besetzung eines Begriffs so wichtig wie im Kriege die Eroberung einer Festung.“ Der Begriff der „Neuen Rechten“ ist eine solche Festung. Ihn „positiv“ besetzen zu wollen, gleicht der Schlacht um Verdun. Anders ausgedrückt: Ich bin evangelischer Christ. Falls man 25 Jahre lang über mich behaupten sollte, ich sei katholischer Sedisvakantist, werde ich mich auch dann nicht selbst so bezeichnen. Auch nicht als katholisch. Apropos vakant: Für mich wird der politisch-publizistische Standort „konservativ“ in Deutschland durch keine etablierte Partei oder ein Medium vertreten. Weder FAZ, Springer-Presse, Rheinischer Merkur noch CDU oder CSU besetzen diesen Begriff offensiv oder wollen ihn prägen. Wenn ihr es nicht sein wollt, gibt es keine konservative Theoriezeitschrift oder ein wissenschaftliches Institut, das sich diesem Begriff verschreibt. Der Begriff des Konservativen entfaltet einen prächtigen weltanschaulichen Kosmos, der nicht für Homogenität, sondern Differenz steht. Der Begriff der „Neuen Rechten“ steht für eine geistige Engführung. Wer zwingt euch eigentlich, eine solche kategorisch-ideologische Selbsteinordnung vorzunehmen? Was ist damit gewonnen?"

Der romantische Dünger

Überflüssig oder radikal

Fazit:

2017 könnte Lucke tatsächlich der große Gewinner werden. Wenn die AfD sich nicht sehr im von Marc Jongen angedeuteten Sinne profiliert, wird sie, statt zu einem kulturellen Gegengewicht der rot-grünen, familienfeindlichen Exzesse zu werden, zu einer Pufferzone nach Rechts für die ALFA schrumpfen und gleichzeitig deren Resonanzboden bilden.

Denn die ALFA hat jetzt schon, was die AfD nie hatte: klare Bekenntnisse zur genauen geopolitischen Verortung, bei der langsam auch die Idee eines Kerneuropas Gestalt annehmen könnte, zu Gunsten dessen - nach einer Trennung von den südeuropäischen, wettbewerbsunfähigen Staaten - selbst ein vernünftiger Souveränitätsverzicht durch Übertragung nationaler Kompetenzen nach Brüssel nicht mehr so abwegig wäre wie jetzt. Und sehr viele enttäuschte FDP- und CDU-Wähler könnten sich für eine solche ALFA entscheiden.

Götz Kubitschek ist gut beraten, sich von der Politik - wie einst Wagenbach und Enzensberger - fernzuhalten und aus der Ferne zu kommentieren. Wenn es ihm gelingt, diese Distanz aufrechtzuerhalten und ein paar Jahrzehnte in seiner Position durchzuhalten, wird sein Einfluss auf die gerade heranwachsende Publizistengeneration allerdings enorm sein, und er wird in zwanzig, dreißig Jahren überreife Früchte ernten können.

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