Genauer gesagt Spiegelscherben. Jochen Distelmeyer ist zweifellos ein sehr begabter Sprachkünstler, aus dem ein großer Dichter heranreifen könnte. Aber woher nimmt er die unverantwortliche Selbstverständlichkeit, mit der er düstere Ausweglosigkeit und Weltschmerz herbeizitiert, um sich in Weltuntergangsstimmung zu begeben? Die Welt ist bestimmt in einem wirren Zustand voller Ungewissheiten. Aber warum gefällt er sich in sterilem, exquisitem Gejammere, statt seine Begabung für die Entfaltung eines Sinnes zu verwenden? Dante hatte es auch nicht leicht, und als Gesprächspartner wählte er sich Verstorbene. Durs Grünbein hat Familie und Umgang mit der Antike und sollte etwas abgeklärter und wacher sein als Diestelmeyer. Aber wenn man seine Römischen Elegien, die er während der Stipendiatszeit an der Villa Massimo für die Zeitschrift CICERO schrieb, liest, muss man leider zur Kenntnis nehmen, dass sich eine armselige miesepetrige Belanglosigkeit an die andere reiht. Von "globaler" Bestandsaufnahme keine Spur.
Grünbeins und Distelmeyers Talent entfaltet sich leider am besten, wenn die Themen dem Tod benachbart sind. Darin ähneln sie dem Komponisten Ferneyhough, dessen Talent sich ebenfalls am Tod entfacht und nachlässt, sobald er sich davon entfernt. Und Dante? Er passt doch eigentlich mit dazu! Aber bei Dante war der Tod eben ein Ausgangspunkt und nicht das focussierende Element einer Monotonie.
Die sanfte Melancholie des hier zu hörenden Liedes von Diestelmeyer ist angenehm, aber Versöhnung mit der Unzulänglichkeit ist nicht die Stärke Diestelmeyers. Noch nicht.
Siehe auch meine Eintragung vom 22. Januar.
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