Stationen

Montag, 16. Dezember 2013

Der Beschuss hat begonnen

Spiegel online hat am 15.12. die untenstehende Berichterstattung veröffentlicht, ohne der AfD Gelegenheit zu geben, sich zu den behaupteten Sachverhalten zu äußern. Die journalistische Sorgfaltspflicht würde gebieten, dass man die Richtigkeit von vermeintlichen Tatsachen überprüft, indem man zumindest die unmittelbar Betroffenen befragt.




Heikler Deal: AfD bekam günstigen Millionenkredit von Hamburger Reeder


Ein Millionenkredit, den die Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland (AfD) im Wahlkampf aufgenommen hat, könnte ihr juristischen Ärger mit der Bundestagsverwaltung bescheren. …

Nein, denn die Aufnahme von Darlehen ist ein legales Instrument der Parteienfinanzierung. Die AfD muss die Darlehen in ihrem Rechenschaftsbericht, der bis zum 30.9.2014 einzureichen ist, ausweisen und das werden wir auch tun.

Die Konditionen sind laut interner AfD-Unterlagen so günstig, dass Juristen das Geschäft als verkappte Spende bewerten …

Offenbar hat keiner der befragten Juristen Einsicht in die Darlehensverträge genommen. Es wäre interessant zu wissen, wieviele Juristen es abgelehnt haben, den Vorgang ohne Kenntnis der Rechtsgrundlagen zu kommentieren. Aber ein Jurist fand sich offenbar …

“Ein Kredit zu so niedrigen Zinsen ohne relevante Sicherheiten und mit Aussicht auf völligen Erlass dürfte eine verschleierte Spende sein”, sagt Jörn Ipsen, Experte für Parteienrecht an der Universität Osnabrück. Dann hätte die AfD die Summe unverzüglich der Bundestagsverwaltung melden müssen, was aber nach deren Angaben nicht geschehen ist.

Danke, Herr Ipsen! Sie haben sicherlich nichts dagegen, wenn wir Ihr mit Autorität vorgetragenes Zitat bei nächster Gelegenheit auf die Hilfskredite für Griechenland, Portugal und Spanien anwenden?

Aber in Bezug auf die AfD liegt Herr Ipsen falsch. Zum einen ist von einem „völligen Erlass“ in den Darlehensverträgen keine Rede. Es geht nur um die Umwandlung einer eventuell nach fünf bzw. acht Jahren noch bestehenden Restschuld. Bis dahin ist das Darlehen ein Darlehen mit klaren Zins- und Tilgungsverpflichtungen. Eine Umwandlung in eine Spende hätte frühestens nach fünf bzw. acht Jahren erfolgen können und erst dann hätte die Bundestagsverwaltung informiert werden müssen. Durch das Bundestagswahlergebnis wird es zu diesem Fall aber nicht kommen. Vielmehr werden beide Darlehen deutlich vor der jeweiligen Umwandlungsfrist vollständig getilgt werden.

“Schon ein Kreditzins deutlich unter Marktniveau ist ein geldwerter Vorteil im Sinne des Parteiengesetzes”, sagt Sophie-Charlotte Lenski von der Universität Konstanz.

Das hat niemand bestritten. Aber Spiegel online hätte bei einem Minimum an Nachdenken auffallen können, dass Zinsen für einen in 2013 aufgenommenen Kredit erst 2014 bezahlt werden. (Ersatzweise hätten wir es gerne erklärt, falls Spiegel online sich die Mühe gemacht hätte, auch uns zu befragen.) Wenn uns 2014 ein geldwerter Vorteil entsteht, ist dies eine Spende, die in unserem am 30.9.2015 vorzulegenden Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden muss. Wo ist das Problem?

Bernd Lucke
 Spiegel
 

Zeit online hat die untenstehende Berichterstattung veröffentlicht, ohne der AfD Gelegenheit zu geben, sich zu den behaupteten Sachverhalten zu äußern. Die journalistische Sorgfaltspflicht würde gebieten, dass man die Richtigkeit von vermeintlichen Tatsachen überprüft, indem man zumindest die unmittelbar Betroffenen befragt.



Wie autoritär ist die AfD?

Es gibt einen Satz, für den bekam Bernd Lucke, der Chef der Alternative für Deutschland (AfD), im Bundestagswahlkampf besonders viel Applaus: “Wir müssen auch über unkonventionelle Meinungen ergebnisoffen reden können.”

Dass ich dafür besonders viel Applaus bekommen habe, ist frei erfunden. Richtig ist aber, dass Frau Lobenstein bei kaum einer meiner Wahlkampfkundgebungen dabei war.

Ein Satz, mit dem sich Wähler fangen lassen. Mit Euro-Skeptikern sprach Lucke ergebnisoffen über den Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone. Mit Sarrazin-Fans sprach er ergebnisoffen über Migration. Und mit Sozialstaatkritikern sprach er ergebnisoffen über Arbeitslose.

Ich habe mit Wählern ergebnisoffen gesprochen. Mir hat sich niemand als Sarrazin-Fan oder als Sozialstaatskritiker vorgestellt. Das ist eine Projektion von Frau Lobenstein. Aber ich wüsste auch nicht, warum ich mit solchen Leuten nicht sprechen sollte.



Die AfD hat gute Chancen, im kommenden Jahr ins Europaparlament einzuziehen. Sie könnte in Dutzende Kreistage gewählt werden. Und sie könnte in Sachsen, Thüringen und Brandenburg in den Landtag kommen. In allen drei Ländern erhielt sie bei der Bundestagswahl mehr als sechs Prozent der Stimmen. Aber wer wird dann bestimmen, wofür die AfD steht?

Ganz einfach: Unser Parteitag wird das bestimmen.

Marktliberale wie Hans-Olaf Henkel, der Spitzenkandidat für die Europawahlen werden könnte? Ultrakonservative Adelige um die Berliner AfD-Politikerin Beatrix von Storch, die auf Abtreibung und Homosexuelle schimpfen? Islamfeindliche Populisten, die gegen den Bau von Moscheen hetzen? Selbst ernannte “Leistungseliten”, die offen darüber nachdenken, Hartz-IV-Empfängern das Wahlrecht zu entziehen?

Das ist üble Demagogie, Frau Lobenstein. Niemand in der AfD hat je Hartz-IV-Empfängern das Wahlrecht entziehen wollen. Wenn Sie das Gegenteil behaupten, müssen Sie dies durch ein Zitat belegen. Wann hat Frau von Storch auf Homosexuelle „geschimpft“? Kein AfD-Politiker hetzt gegen den Bau von Moscheen. Sie aber, Frau Lobenstein, Sie hetzen gegen die AfD!

Sie alle haben in den vergangenen Monaten in der AfD ihren Platz gefunden. Sie wollen mitreden, wenn um Posten, Listenplätze und Inhalte gestritten wird. Doch was die offizielle Linie der AfD ist, entscheidet momentan vor allem einer: Bernd Lucke selbst. Im Alleingang veröffentlicht er Thesenpapiere (über den Islam), Benimmkataloge (für Parteigenossen) und Gesinnungsfragebögen (für neue Mitglieder).

Völlig falsch. In der Partei entstehen seit geraumer Zeit an allen Ecken und Enden inhaltliche Thesenpapiere. Ich habe ebenfalls eines verfasst (zum Islam), das ich ausdrücklich als meine persönliche Meinung gekennzeichnet habe. Einen Benimmkatalog für Parteifreunde habe ich nie geschrieben. Dass Neumitglieder einen Gesinnungsfragebogen ausfüllen müssen, ist ebenfalls falsch. Richtig ist, dass wir bei problematischen Parteivormitgliedschaften ein Aufnahmegespräch führen und ich unverbindliche Empfehlungen gegeben habe, wie dieses Gespräch geführt werden könnte.

Die Parteimitglieder dürfen seinen Vorschlägen per E-Mail zustimmen oder sie ablehnen.

Ja. In welcher anderen Partei wird Parteimitgliedern die Gelegenheit gegeben, sich in einer email-Abstimmung zu den Ansichten ihres Parteivorsitzenden zu äußern?



Der niedersächsische Landesvorsitzende Gerhard Nadolny, der im August aus der Partei ausgetreten war, bezeichnet Bernd Lucke als einen “autoritären AfD-Führer”.

Da haben Sie sich schön blamiert. Nadolny war lediglich ein einfaches Parteimitglied in NRW, der auffiel, weil er seiner Unzufriedenheit mit allem Möglichen in Dutzenden von Massenmails Ausdruck verlieh. Er war nie niedersächsischer Landesvorsitzender. Er hatte nie irgendeine Funktion in der AfD inne.

Als die AfD vor zehn Monaten gegründet wurde, wollte sie eine Partei der Mitbestimmung sein. “Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt”, stand in ihrem Wahlprogramm. Heute hat sie rund 17.000 Mitglieder, 88.000 Facebook-Freunde und mehr als zwei Millionen Wähler. Aber im Grunde ist sie eine One-Man-Show. Die Show des Euro-kritischen Wirtschaftsprofessors Bernd Lucke. Und das ist gefährlich. Denn solange sich Lucke in den Vordergrund drängelt, sieht man nicht, wer im Hintergrund die Fäden zieht.

Ich drängele mich nicht in den Vordergrund, denn ich bin gewählter Sprecher der Partei. Gefährlich wäre es, wenn sich jemand in den Vordergrund drängelte, der nicht dazu gewählt wäre.



Bernd Lucke behauptet bis heute, die AfD sei keine rechtspopulistische Partei. Als Beweis dafür hatte er kurz nach der Bundestagswahl verkündet, Mitglieder der islamfeindlichen Partei Die Freiheit dürften nicht mehr in die AfD aufgenommen werden. In den Zeitungen stand, Bernd Lucke grenze sich damit klar ab gegen rechts. In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg aber sitzen ehemalige Mitglieder der Freiheit schon lange im Landesvorstand.

Wenn sie schon lange im Landesvorstand sitzen, dann müssen sie die Freiheit schon lange verlassen haben. Übrigens aus Protest gegen die politische Linie der Freiheit, obwohl sie damals noch nicht als extremistische Partei galt.

Was Sie hier betreiben, ist McCarthyismus, Frau Lobenstein. Wenn Sie Menschen das Recht auf Änderung ihrer politischen Meinung absprechen, dann ziehen Sie bitte auch gegen CDU, SPD, FDP, Grüne und Linke vom Leder. Denken Sie an Altbundeskanzler Kiesinger (ex NSDAP), den früheren SPD-Fraktionschef Wehner (ex KPD), die Altbundespräsidenten Scheel und Carstens (beide ex NSDAP), die früheren Außenminister Fischer (ex Revolutionärer Kampf) und Genscher (ex NSDAP) sowie die früheren Fraktionsvorsitzenden Gysi (ex SED) und Trittin (ex KBW).



Im November waren Landesvorstandsmitglieder aus Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern nach Brüssel gefahren. Sie trafen dort den britischen Rechtspopulisten Nigel Farage, um mit ihm über eine Zusammenarbeit im Europäischen Parlament zu sprechen. Bernd Lucke sagte daraufhin, das sei “nicht die offizielle Parteilinie”. Stattdessen werde die AfD bei einem Einzug ins Europäische Parlament mit den britischen Konservativen zusammenarbeiten.

Falsch, Frau Lobenstein. Das habe ich nie gesagt. Recherchieren Sie besser. Ich habe gesagt, dass wir mit Konservativen und Labour Party mehr Gemeinsamkeiten haben als mit UKIP. Von einer Zusammenarbeit war keine Rede.



Die Basis allerdings interessiert sich … für ein Darlehen von 500.000 Euro …, das Bernd Lucke im Sommer von einem privaten Gönner angenommen hat – offenbar ohne die Partei zu informieren.

Falsch. Nicht ich habe das Darlehen aufgenommen sondern der Bundesvorstand. Zuvor wurde dies mit Landesvorstandsmitgliedern abgestimmt – genau wie es die Satzung vorsieht. Die Satzung sieht nicht vor, dass die Darlehensaufnahme mit allen Landesvorständen abgestimmt werden muss.



Erst Ende Juli bat Lucke die Landesvorstände in einer E-Mail, dem Darlehen zuzustimmen, so wie es die Parteisatzung vorschreibt. Ein Auszug des Parteikontos zeigt aber, dass das Geld schon zwei Wochen vorher überwiesen worden war. Das Dokument liegt der ZEIT vor.

Ja, das Geld wurde nach dem Bundesvorstandsbeschluss überwiesen. Ehe wir das Geld eingesetzt haben, haben wir noch einmal alle Landesvorstände befragt. Das war aber satzungsmäßig nicht erforderlich. Wie können Sie das Gegenteil schreiben? Ich habe den Eindruck, dass Sie unsere Satzung gar nicht gelesen haben!



Schaden werden Lucke all die Querelen vermutlich nicht. Monatelang hat er sich für die AfD durch die Talkshows gelächelt und sich damit unentbehrlich gemacht. Er ist das Gesicht der Partei. Als er im Sommer auf die Wahlkampfbühnen stieg, jubelten die AfD-Anhänger länger als bei allen anderen. Die kommenden Wahlkämpfe sind ohne ihn schwer vorstellbar.



Vielleicht wären die kommenden Wahlkämpfe mit einer qualitativ besseren Berichterstattung der Zeit denkbar. Soviele sachliche Fehler wie in diesem Artikel sollten Anlass sein, einmal über das journalistische Qualitätsmanagement der Zeit nachzudenken.

Bernd Lucke
ZEIT 
Übrigens: in sämtlichen Landesverbänden wurden die schwierigen Persönlichkeiten und die Querulanten abgewählt.
„Die personellen Auseinandersetzungen gefährden unsere Chancen gar nicht, sondern erhöhen sie“, fasst Lucke sehr richtig zusammen.
 

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