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Freitag, 21. Februar 2014

Jetzt schon



Matteo Renzi hat die Regierungskonsultationen noch nicht abgeschlossen, und wird schon als Diktator verleumdet. Nein, nicht von Berlusconi, von dessen TV-Sendern oder den Zeitungen der Rechten, sondern von den ewiggestrigen Linken in seiner eigenen Partei oder links davon, die sich nicht mit der Verschrottung der Altkommunisten, die Renzi im vergangen Jahr erfolgreich durchführen konnte, abfinden können.

Berlusconi hat sich bisher nur wohlwollend und anerkennend über Renzi geäußert und präzise klar gemacht, er schätze ihn persönlich sehr, aber es gäbe politisch zu wenig Schnittmengen für eine Koalition, wenngleich eine Einigung zur Reform des Wahlgesetzes auch von seiner Seite erwünscht sei.

Renzi ist nicht - wie die FAZ schreibt - everybody´s darling, sondern er ist der erste Politiker der Linken, der bei der rechten Wählerschaft genug Sympathien hat, um Berlusconi (oder Alfano) bei der nächsten Wahl Stimmen wegnehmen zu können.

Darüber hinaus hat er selbst bei Komiker Grillos 5Sterne-Bewegung soviel Sympathien, dass Grillo diesmal bereit war, an den Regierungsgesprächen teilzunehmen! An dieser Stelle sei bemerkt, dass Steinbrücks wirtschaftliche Analysen vielleicht das viele Geld wert sind, das man bereit ist, ihm dafür zu zahlen, aber dass er völlig unfähig ist, Italien einzuschätzen: er stellte sich vor 16 Monaten während des italienischen Wahlkampfes an Bersanis Seite (der wehleidige Resistenzagewerkschafter, der mittlerweile verschrottet wurde) und machte dann herablassende Bemerkungen über den Komiker Grillo. Grillo hat immerhin ein politisches Programm, das sich sehen lassen kann. Nebenbei bemerkt, war in den letzten 20 Jahren die eigentlich interessante Tatsache, dass die Politiker der Lega Nord und besonders Berlusconi geistreicher waren als die italienischen Komiker (hier wiederum besonders Altkommunist Benigni). Durch Grillos politische Initiative war endlich wieder ein Kabarettist zu sehen, dessen Stichwortgebung treffender war als die der politischen Rechten. Mit Renzi ist nun auch ein Vertreter des Partito Democratico zu sehen, der dieser Stichwortgebung gewachsen ist. All dies hat man in Deutschland aus schierer Überheblichkeit völlig verschlafen und übersehen.

Ich wünsche Renzi den größtmöglichen Erfolg. Er ist der erste Politiker, der aufrichtiger als Berlusconi ist und seit mindestens 36 Jahren der erste lebendige Politiker der italienischen Linken und auch der erste authentische Sozialdemokrat. Wie Scipio von Hannibal, lernte Renzi von Berlusconi. Aber außer seiner persönlichen Vitalität und Unvoreingenommenheit gibt es eigentlich nichts neues. Ein bisschen wenig für einen Führungswechsel. Und weshalb er erfolgreicher sein sollte als Monti oder Letta, ist nicht einzusehen. Man hat den Eindruck einer beliebigen Stafette, durch die sich der Unmut der Italiener auf mehrere Personen verteilt, statt sich zu bündeln.

Clowns, im abfälligen, von Steinbrück gemeinten Sinne, sieht man momentan vor allem in Deutschland. Die Art, wie die Edathyaffäre um sich greift, wird immer mehr zur Farce und spricht Bände über die deutsche Einfältigkeit. Großes Kompliment an Maybrit Illner, die die Ereignisse auf vorbildhafte Weise untersucht, dargestellt und diskutiert hat und dazu hervorragende Experten einlud.

Maybrit Illner - Der Fall Edathy und die Folgen

Julia von Weiler etc.

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