An dieser Frage führt kein Weg vorbei. Eine Europäische Union kann nur eine Transferunion sein. Ein zentralistischer europäischer Superstaat mit einem intraeuropäischen Länderfinanzausgleich. Wer "nicht weniger, sondern mehr Europa" sagt, sagt "Ich bin mit der Transferunion einverstanden".
Meine Antwort ist: "Im Prinzip ja, aber nicht solange wir nicht wissen, wie ein politisches Gleichgewicht zwischen Nord und Süd in praktikable Bahnen gelenkt werden kann, durch die der Süden nicht abgewürgt wird und der Norden gleichzeitig den berechtigten Eindruck bekommt ausgesaugt zu werden, weil durch Systemfehler (völliges Fehlen klarer Verantwortlichkeiten und Sanktionsmöglichkeiten) Resourcen verpulvert werden."
Bis diese Frage (wenn die weltfremde Europäische Universität Florenz etwas taugte, hätte sie bereits 1978 eine hinreichende Antwort gehabt) nicht geklärt ist, brauchen wir Euro Nord und Euro Süd.
Durch die von den USA ausgegange Weltwirtschaftskrise wurde aus dem im Süden 2007 immer noch als abstrakter, wilder Joker empfundene Euro zu einer Größe, die das genaue Gegenteil dessen bewirkt, wozu er eigentlich eingeführt wurde. Dass wir dieser Entwicklung einfach durch "mehr Europa" Herr werden können, glaube ich nicht. Die Experten, auf die Udo Jürgens sich immer noch verlässt, haben sich geirrt und, so gut sie es auch meinen, Stoiber und Dohnanyi auch. Udo Jürgens hat, aus Gründen, die mit der Musik fast nichts zu tun haben, aber sehr viel mit Michael Kunzes Text, mit "Griechischer Wein" so großen Erfolg in Griechenland gehabt, dass ein griechisches Volkslied daraus wurde. Aber er hat nie begriffen, dass er im Süden, besonders in Italien, dennoch unbekannt geblieben ist und nie eingeladen wird, weil fast alle seine Lieder zu gefühlsduselig sind, wenn sie gefühlvoll sind und zu viel kalte Glätte ausstrahlen und gleichzeitig zu pathetisch sind, wenn sie sich leidenschaftlich geben.
Er versteht den Süden nicht, obwohl er in seiner Jugend auch ein bisschen in Italien gearbeitet hat und mehrmals am Festival von San Remo (das heute Abend übrigens beginnt!) teilgenommen hat. Und jetzt glaubt er, Europa könne von einer Expertendiktatur erzwungen werden.
Es wäre die endgültige Kathastrophe. Im Norden weiß kein Mensch, wie absurd in Italien und Griechenland die EU-Gelder vergeudet werden, selbst wenn sie nicht in die Hände der Mafia gelangen. Es gelang den Italienern ja nicht einmal innerhalb Italiens, die im Po-Tal eingetriebenen Steuern so zu steuern, dass es keine Vergeudung wurde. Wieviel weniger, wenn das Geld, das verschleudert wird, nicht einmal in Italien erwirtschaftet wurde, sondern den verhassten Deutschen abgenommen werden soll, die hoffentlich endlich aus ihrem stumpfsinnigen Sommermärchen von 2006 aufwachen. Deutschland, ein Sommermärchen... Es ist nicht zu fassen. Dümmer kann man wirklich nicht auf Heine bezugnehmen. Wir sind so weltfremd, weil angemessene Gefühle in Deutschland genauso wenig eine Chance wie die Vernunft haben.
Die kalte, abstrakte Rationalität gilt als löblich. Aber sie ist neurotisch, verklemmt und erzwungen, und wird bei der erstbesten Gelegenheit von Gefühlsduselei überschwemmt.
Klinsmann hatte es geschafft, unserer Nationalmannschaft italienische Unbefangenheit einzuimpfen. Aber die erlernte Unbefangenheit musste an der originalitalienischen Unbefangenheit scheitern, die gänzlich unsentimental und absolut kynisch ist und völlig frei von antrainierter Spontaneität. Sie ist genuin wie Büffelmozarella. Man kann so etwas nicht erlernen, wenn die ureigene Identität, auf der man aufbauen müsste, den Boden unter den Füßen verloren hat. Die Unbefangenheit Anderer nachzuahmen, ist wie die Schweizerinnen in Zürich, die abends in die Flamencoschule gehen. Da kann auch nichts Vernünftiges dabei herauskommen. Und in so eine Stadt zieht der einzige halbwegs gute deutschsprachige Schlagersänger freiwillig, obwohl Netzer auch dort rumläuft. Es ist alles so erbärmlich.
Jürgens - Gauland
Jetzt wollen Merkel und Schäuble sich erst mal durch die Europawahl mogeln. Die sind auch nicht zu beneiden, aber trotzdem: pfui deibel.
Spiegel
TAZ
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