7. September 2015
"Unter dem Druck der Völkerwanderung und der sie begleitenden, schriller werdenden politischen Korrektheit wird die europäische Rechtsordnung ausgehöhlt", notiert Roger Köppel in der Weltwoche. "Die gesetzlich verankerte Unterscheidung zwischen echten Flüchtlingen nach Genfer Konvention und illegalen Wirtschaftsmigranten verfließt. Wer auf die Gesetze hinweist, gilt als unanständig. Stillschweigend dehnen die Behörden den Asylbegriff auf alle Ankommenden aus. Übers Recht erhebt sich tyrannisch die Moral."
Wenn die Kraftlinien des Zeitgeistes solchermaßen klar sind, wird bekanntlich auch die Provinzpresse mutig. Freund F. aus Strausberg bei Berlin schreibt, im lokalen Anzeigenblättchen Blickpunkt fordere ein Kommentator nach dem Brandanschlag auf eine Turnhalle in Nauen, die als Unterkunft für Einwanderer vorgesehen war, die "rechtsextremen" Brandstifter, von denen Genaueres bislang noch nicht bekannt ist, also auch nicht, ob es sich tatsächlich um Rechtstextreme handelt, "gehören mit Schimpf und Schande aus dem Land gejagt und geächtet". (Am Rande: Bei linksextremer "Gewalt gegen Sachen" vernimmt man solche Forderungen nie.) Weiter im Text: "Aber weniger die braune Idiotie, sondern die stereotypen Vorurteile, die immer gesellschaftsfähiger werden, halte ich für gefährlich. In der Mitte der Gesellschaft dürfen die Leute nicht die Oberhand gewinnen, die bei Asylbewerbern zuerst an Diebstahl und Raub denken und die die deutsche Kultur zugrunde gehen sehen. Welche Kultur denn? Die Kultur des Egoismus, der Überheblichkeit und der Feigheit?"
Ob dergleichen kommentierende Würstchen nun aus Überzeugung, im gewitterten Auftrage oder zuweilen gar à contre coeur schreiben, ist unerheblich vor der Tatsache, dass sie durch die Bank natürlich wissen, wie feige, machtlos und unwichtig sie selber sind, wie sehr Spielball der Tagesbefehle und -parolen, weshalb sie ihr Ressentiment auch so auffällig schrill in die einzig mögliche Richtung ausagieren.
Das so etwas in den nächsten Jahren überrannt wird, kann man sich doch gar nicht nicht wünschen.
6. September 2015
Flüchtlinge, zum ersten: "Auch auf mich – selbst Vater zweier kleiner Kinder – wirkt dieses Bild, auch mir zerküllt es das Herz. Darum wird es auch auf allen Kanälen gesendet. Es ist Aufgabe des Betrachters, sich hiervon nicht auch das Hirn zerknüllen zu lassen", schreibt, hier stellvertretend für andere zitiert, Leser B. zum ertrunkenen syrischen Flüchtlingsjungen. "Allerdings musste jedem nachdenklichen Beobachter klar sein, dass die tödliche Überfahrt der Familie weder eine Flucht vor politischer Verfolgung (einziger Grund für die Gewährung politischen Asyls in der Bundesrepublik) noch vor dem Krieg (Grund für Erteilung des Flüchtlingsstatus nach UN-Kriterien und damit Grundlage für die Aufenthaltsgewährung in der Bundesrepublik) war. In der Heimat mögen diese Gefahren zumindest zum Fluchtzeitpunkt wohl gedroht haben, an der türkischen Westküste mit Sicherheit nicht." Auch dass der Vater seine ertrunkene Familie schließlich in Kobane beerdigte, also in jenem Land, aus dem die Familie angeblich geflohen war, verwundert im nachhinein denn doch. Schwerlich lässt sich das Argument von der Hand weisen, dass die hierzulande gestifteten Einwanderungsverlockungen für den Tod des Jungen mitursächlich sind, sofern man sich nicht darauf beschränken will, das unverantwortliche Handeln des Vaters, der seinen Kindern nicht einmal billige Schwimmwesten verschaffte, anzuprangern.
Flüchtlinge, zum zweiten: Egal mit wem ich in den vergangenen Tagen sprach, ob Professor, Journalist, Künstler, Ministerialrat, Arzt, Minister a.D., Gastwirt oder Offizier (egal übrigens auch ob Deutscher, Franzose, Italiener, Türke oder Israeli), alle sagten unter vier Augen recht unverblümt, dass Deutschland sich derzeit mehr Probleme auflade, als das Land womöglich je werde bewältigen können, ganz abgesehen davon, dass dies alles ja nur, wenn die Regierung nicht rasch entschlossene Maßnahmen treffe, nur das Präludium zu einer Völkerwanderung sondergleichen sei. Aber keiner sagt es öffentlich...
... denn dort, Flüchtlinge zum dritten, walten vielmehr die Jubelperser. "Egal wo die Menschen ankommen, die Bilder ähneln sich", meldet die Süddeutsche Zeitung, "Bürger begrüßen erschöpfte Flüchtlinge mit Applaus und Geschenken." Das ist reizend, aber wie wird es in drei Wochen aussehen? Wo doch bereits eingeladene Gäste nach ein paar Tagen zu stinken anfangen...
4. September 2015
"Und unter uns", schreibt Leser K. in einem Brief, "die DDR-Kommunisten hatten sehr viel mehr Schneid, als die bundesrepublikanischen, androgynen und geduldig antiautoritär verzogenen neosozialistischen Bettnässer. Denn die sind so individuell und autonom, daß sie nur noch, wenn überhaupt, im Rudel einen hoch kriegen. An ersteren jedoch war unter vielen anderen auch ich gezwungen, mein Rückgrat aufzurichten..."
Da ist was dran, die Gegnerschaft zu solchen Mollusken, wie sie hier & heute das große Wort führen, stärkt naturgemäß niemandes Statur.
3. September 2015
Das Bild des toten syrischen Jungen, den das Meer an den Strand nahe des türkischen Ferienorts Bodrum gespült hat, zerknüllt einem das Herz. Der Dreijährige war mit seiner Familie vor den Gottesbarbaren des Islamischen Staates geflohen. In Deutschland hätte er Asyl gefunden. Fluch über das Gelichter, das ihn in den Tod getrieben hat.
Und Schande über diejenigen, die seinen Tod jetzt für ihre Einwanderungspropganada nutzen, statt das Maul zu halten und ein Gebet zu sprechen, egal was für eins. Kein zurechnungsfähiger Mensch, auch nicht bei Pegida, der AfD und in anderen Etagen der Unterwelt, hat sich nämlich gegen die Aufnahme tatsächlicher Flüchtlinge ausgesprochen (und wenn, dann Schande auch über diese Figuren).
1. September 2015
"Entgegen allen Verlautbarungen (...) leben wir heute gerade nicht in einer 'pluralistischen' Gesellschaft. Es gab sie etwa in Weimar, als es ein nationales, ein kommunistisches, ein katholisches, ein sozialdemokratisches etc. Milieu gab – mit den entsprechenden Ideologen, Zeitschriften, Verlagen usf. Davon kann keine Rede mehr sein. Wir haben heute nur ein einig Volk von Verfassungspatrioten", notierte Günter Maschke vor 30 Jahren in seinem glanzvollen Essay "Die Verschwörung der Flakhelfer", der vielleicht profundesten Analyse deutscher Nachkriegsbefindität, die ja letztlich darin besteht, dass wir in einem Land leben, "in dem jeder zum Verfassungsfeind des anderen werden kann". Deshalb gibt es hier auch mehr ehrenamtliche Verfassungsschützer als in jedem anderen Land der Welt, sei es nun im Auftrag oder bloß im Namen der verschiedenen Parteien, Lobbys und Minderheiten. (Manche Hilfsverfassungsschützer wollen den Geltungsrahmen des Grundgesetzes gar via Asylrechtshypertrophie auf die ganze Welt erweitern und dafür sorgen, dass irgendwann jeder Bewohner der Bundesrepublik zum Verfassungsfeind sämtlicher Bewohner des Planeten werden kann, die daran Interesse bekunden.) Maschke: "Weil es um nichts geht, was dieses System transzendieren könnte, weil es immer nur um Varianten der Unterwerfung und der Selbstfesselung geht, ist es so schwierig, sich zu den einzelnen Konflikten und Ereignissen eine Meinung anzuquälen."
Nach einer Besprechung im Auswärtigen Amt am 8. November 1941 – Thema: die Enteignung der deportierten Berliner Juden; von 25 Anwesenden sind 24 dafür – schreibt Helmuth von Moltke, diese Leute seien "wie Chamäleons. In einer gesunden Gesellschaft machen sie einen gesunden Eindruck, in einer kranken, wie der unseren, machen sie einen kranken. In Wahrheit sind sie weder das eine noch das andere. Sie sind Füllsel."
Klonovsky Anfang September 2015
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