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Mittwoch, 2. September 2015

So kriegt man sie (bisher) immer

 Im Dezember prognostizierte das Bundesamt für Migration für das Jahr 2015 „mehr Flüchtlinge, aber weniger Chaos“, in Zahlen:
rund 230 000 Asylanten, die aber auf vorbereitete Aufnahmestrukturen stoßen würden. Dasselbe Amt korrigierte seine Prognose im Februar auf 300 000 und
im Mai auf 450 000 Asylanten. Vor wenigen Tagen nun korrigierte Innenminister de Maizière die Zahl erneut: Deutschland solle bis Ende des Jahres von rund 800 000 Asylanten Flüchtlingen ausgehen, und er schob gleich hinterher: „Überfordert ist Deutschland mit dieser Entwicklung nicht.“ Nun gibt es allerdings zumindest ein Amt, das mit dieser Entwicklung überfordert ist, und zwar das Bundesamt für Migration: Seine Prognosen sind entweder nichts wert (denn niemand kann auf der Grundlage dieser Zahlen planen oder politisch entscheiden) oder wissentlich falsch (wer hätte auf dem Höhepunkt der PEGIDA die Prognose von einer Million Asylanten verantworten wollen?)
Eines steht fest: Zwischen 200 000 Asylanten (Prognose vom Dezember) und einer Million (meine Prognose für die Prognose, die das Bundesamt spätestens im Oktober nachreichen wird) verläuft keinesfalls die Grenze zwischen Herausforderung und Überforderung der Deutschen: Überfordert ist das Modell „Integration“ so oder so, denn man kann wohl Einzelne integrieren, keinesfalls aber halbe Völker.

Nein, zwischen den beiden Zahlen sind vielmehr entweder Hilflosigkeit und Ratlosigkeit unserer Regierung angesiedelt – oder es hat dort die wissentliche Zerstörung der Rechtsordnung, der relativen Homogenität und des sozialen Friedens Deutschlands ihren Sitz.
Beides – Ratlosigkeit oder wissentliche Zerstörung – legen den mit dieser unkontrollierten Masseneinwanderung nicht einverstandenen Deutschen die Frage nahe, ob und, wenn ja, welcher Widerstand nicht nur legitim, sondern vielleicht sogar im Sinne des Artikels 20 GG rechtens sei: im einen Fall, um einer überforderten Regierung im Sinne des Volkswohles die Entscheidung abzunehmen, im anderen Fall, um einer Regierung, die gegen den Souverän – das Volk – agiert, zu zeigen, wer der Souverän ist.

Denn der Eingriff in die Rechtsordnung Deutschlands und die Störung des durch diese Ordnung geschützten Lebensvollzugs sind so gravierend, daß sie eines Volksentscheides bedurft hätten, ungefähr entlang der Frage: Sind Sie für Masseneinwanderung nach Deutschland?

Ich habe in den vergangenen vier Wochen einige Dutzend Gespräche geführt, persönliche und solche am Telefon mit Kunden, die ich mir durchstellen ließ, wenn es da etwas zu erzählen gab. Die Bestandsaufnahme ist ebenso verheerend wie verstörend, ich muß insgesamt so etwas wie eine Schockstarre konstatieren und Ungläubigkeit der offenen, partiellen Auflösung von Recht und Ordnung:

Da sind die Berichte über den Umgang mit gehäuftem Ladendiebstahl in Supermärkten, der eine Bericht ist von einem Edeka-Filialleiter persönlich: Anzeigen werden nicht mehr gestellt, die Diebe werden auch nicht mehr aufgehalten oder zur Rede gestellt, seit es tätliche Gegenwehr und Bedrohung durch ganze Gruppen und Sippen gab. Der Verlust wird notiert, am Monatsende an das Landratsamt gemeldet und von dort aus stillschweigend finanziell ersetzt.
Besonders interessant sind Berichte von sogenannten Bürgerversammlungen, die einberufen werden, wenn über die anstehende Einquartierung von Asylanten informiert wird. Auf diesen Versammlungen gibt es nichts mehr zu entscheiden, und die „Vermittler“ haben mittlerweile ihre Strategie geändert: Sie stellen sich dem Unmut nicht mehr entgegen, sondern bestätigen im Schnitt alle Befürchtungen und Argumente und machen sich mit der aufgebrachten Dorfbevölkerung gemein. Das endet dann in einem Aufruf zur Vernunft, an das „Ärmel hoch“, und man solle nun das beste daraus machen.
Von zwei Anrufern, die in ihren Dörfern als Teilnehmer an solchen Informationsabenden mal so richtig die Stimmung kippen lassen wollten, vernahm ich konsterniert: „So kriegt man sie immer, die Deutschen: mit einem Appell an den Fleiß und an das Talent, schwierige Lagen zu meistern.“

Weiteres, unsortiert: ein Bericht aus Suhl, wo sich völlig normale Bürger in ihrer Not nun den harten Burschen der Thügida anschließen; einer, der anrief und meinte, am Ende seien nur dort Unterkünfte nicht entstanden, wo sie unbewohnbar gemacht worden wären; der Bericht über einen Bürgermeister, der noch rechtzeitig zwei Häuser in seinem Ort abreißen ließ (ohne dies an die große Glocke zu hängen).
Investoren, die Wohnraum in Dörfern sanieren und mit den Kreisen und Ländern langfristige, über dem üblichen Mietzins liegende Belegungsverträge abschließen; Berichte von Pöbeleien, Schlägereien, Sachbeschädigungen, sexueller Belästigung; eine ganze Sammlung blauäugiger, immer noch fröhlicher, beängstigend naiver Begrüßungssprüche und Willkommensaktionen.
Und natürlich: Suhl und Heidenau, Heidenau gleich nach Suhl, Suhl in der Presse ganz klein, Heidenau, ENDLICH, die deutsche Fresse, die Arschlöcher aus Sachsen, da fallen die Bilder aus Suhl und aus Süditalien und aus Spanien nicht mehr ins Gewicht.
Was ist zu tun?


Vielleicht nicht viel oder gar nichts: Im Grunde kriegt der mündige Bürger nun die Quittung dafür, daß er dem nicht gar so schockartigen Umbau unseres Landes jahrzehntelang fett lebend und ziemlich blind zugesehen hat.

Vielleicht doch einiges: Der Protest konzentriert sich – wie sollte es anders sein – ja leider auf jene, die durch die weit geöffneten Stadttore einziehen, sich verwundert die Augen reiben und damit beginnen, die Auslagen zu plündern. Verwehrt wird ihnen das nicht mehr wirklich, und das Selbstbewußtsein im Fordern und Jammern hat auf Seiten der Asylanten letzthin deutlich zugenommen.
Indes: Fürs Establishment sind das willkommene Ablenkungsgefechte und – vor allem – gewünschte Bilder. Der Wutbürger mit vollgepißter Boxershort und Deutschlandtrikot ist zum Bild des häßlichen Ossi aus den frühen 90ern geworden, und wir dürfen sicher sein, daß wir in Kürze eine Aufpolierung dieser Ikone erleben werden.

Vielleicht wäre es sinnvoll, sich einmal nachdrücklich an jene zu wenden, die die Stadttore geöffnet haben, und zwar vor Jahrzehnten schon, nur eben nicht so sperrangelweit wie jetzt. Früher hat man diejenigen gerädert, die dem Feind die Schlüssel reichten. Heute können sich diese Leute darauf berufen, man habe sie stets wiedergewählt. Die Sache ist diffizil.
Die Frage ist, ob es unter und hinter dem Wahlergebnis eine ganz andere Volkesmeinung gibt. Die Aufgabe wäre, sie sichtbar zu machen, das Mittel dazu (publizistische Aufklärungsarbeit reicht nicht): ziviler Ungehorsam.
Voraussetzung ist, den eigentlichen Gegner zu kennen. Vermutlich geht er derzeit nicht in Libyen an Bord und auch nicht eine mazedonische Landstraße entlang. Viel eher übt er gerade, wie man das Wort „Pack“ noch etwas angeekelter aussprechen kann als der Scheingegner von der anderen Partei. Götz Kubitschek

Bright & Dark

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