Da die sogenannte Flüchtlingsdebatte bislang eher knalldeutsch
hysterisch und wohlmeinend undifferenziert abläuft, verfiel ein etwas
peripheres Magazin auf die eigentlich naheliegende Idee, in Klonovskys Person der Vernunft das Wort zu erteilen.
Herr Klonovsky, was kommt Ihnen eigentlich als allererstes in den Sinn, wenn Sie das Wort „Willkommenskultur“ hören?
Klonovsky: Goethes "Willkommen und Abschied". (lacht)
Nein, natürlich nicht. Mir kommt als erstes das Wort „Geschwätz“ in den
Sinn. Eckhard Henscheid hat in seinem Buch "Alle 756 Kulturen" die
bizarrsten und beknacktesten Kulturverkuppelungen zusammengetragen, von
Thierses „Entfeindungskultur“ bis Stoibers „Hinschaukultur“. Nun also
die „Willkommenskultur“. Es ist einer der vielen wohlmeinenden
Euphemismen, mit denen Probleme zugekleistert werden, ein Schwafelwort,
dessen Herkunft aus einem prekariatsfernen Stadtteil förmlich zu riechen
ist. Eine Art verspätetes DDR-Deutsch, mit dem „unsere Menschen“, wie
Margot Honecker zu sagen pflegte, auf gewisse soziale Zumutungen
vorbereitet werden sollen. Ich fände übrigens „Willkommensleitkultur“
noch besser. Oder „Willkommensstreitkultur“. Wobei es in der Realität
gelegentlich auf Willkommensbarbarei hinausläuft, etwa wenn in Berlin
sogenannte Flüchtlinge eine Schule oder gar ein Stadtbezirksparlament
besetzen, um ihr Bleiberecht zu erzwingen. Und es auch noch erhalten.
Etablierte
Politiker von CDU (Ruprecht Polenz) über Grüne (Claudia Roth) bis zu
den Linken (Gregor Gysi) schulmeistern die Deutschen, diese müßten noch
„offener“ für Einwanderung sein. Warum „müssen“ wir das eigentlich?
Klonovsky:
Ich würde vermuten, weil hinreichend viele Deutsche diese Leute gewählt
haben. Wenn Millionen Deutsche CDU, Grüne und Linke wählen, um bei den
genannten Beispielen zu bleiben, dann müssen sie eben offener für noch
mehr Einwanderung sein. Einwanderung ist ja per se nichts Schlechtes.
Ich zum Beispiel stamme von einem Einwanderer ab und bin das
vergleichsweise machtlose Oberhaupt einer Einwandererfamilie. In meinem
gastlichen Heim verkehren lauter Einwanderer. Wenn ich einen Handwerker
will, rufe ich meist einen Einwanderer an. Wenn ich essen gehe, gehe ich
zu Einwanderern. Verglichen mit der Webseite der Grünen Jugend finde
ich sogar ein Zigeunerhaus anheimelnd. Verglichen mit den Texten von
deutschen Gender-Professorinnen sind mir die Hadithe Monumente des
Rationalismus und der Schönheit. Wenn ich deutsche Akademikerinnen sehe
mit ihren absurden Vorstellungen von dem, was die Gesellschaft ihnen
angeblich schuldet, ihrer Kinderwunschlosigkeit, ihren Yoga- und
Therapie-Terminen, ihren Nahrungsmittelunverträglichkeiten und ihren
flachen Schuhen, dann freue ich mich über Einwandererinnen. Ich meine:
Sofern sie nicht in Säcke gehüllt aufkreuzen. Es kommt eben immer darauf
an, welche Art Einwanderer in Rede steht.
Und meinen Sie, daß die „richtigen“ Einwanderer kommen?
Klonovsky:
Auf den Flüchtlingsschiffen sind kaum Familien zu sehen, sondern
überwiegend junge Männer, meist Schwarze, bei denen niemand recht weiß,
mit welchen Kompetenzen sie Europa voranbringen sollen. Diese jungen
Männer müssen ja nicht nur eine Arbeit, sondern obendrein jemanden zum
Mauseln finden, wobei ihre Chancen in beiden Fällen nicht besonders
rosig sein dürften. Eine für europäische Verhältnisse relevante Bildung
oder gar eine Ausbildung haben die wenigsten. Aber dafür gibt es ja
Sozialhilfe, und die Industrie freut sich, wenn mehr Mobiltelefone und
mehr Turnschuhe verkauft werden. Schweden darf sich dank seiner
Einwanderungspolitik inzwischen einer der weltweit höchsten
Vergewaltigungsraten rühmen, auch wenn man es lieber diskret beschweigt.
Ich will damit keineswegs unterstellen, daß Einwanderer aus Afrika zur
Vergewaltigung neigen, sondern daß man solche Zustände politisch
provozieren kann, indem man hinreichend viele Männer aus eher
unterentwickelten Ländern in hochzivilisierte Länder pflanzt, wo ihre
Aussichten, paarungswillige einheimische Frauen aufzutreiben, eben
gering sind. Aber vielleicht machen sich einige notorisch unbeschlafene
Damen speziell bei den Grünen berechtigte Hoffnungen, das sozial
Erwünschte mit dem hormonell Gebotenen verbinden zu können.
Allerlei
absurde Vor- und Ratschläge im „Umgang mit Flüchtlingen“ machen die
Runde: Man rät Schülerinnen davon ab, kurze Röcke zu tragen, andere
wollen gar Prostituierte für Asylbewerber bereitstellen, damit es zu
weniger sexuellen Übergriffen auf einheimische Mädchen kommt. Was sagen
solche Ideen über unsere geistige Verfassung aus?
Klonovsky:
Daß wir Deutschen uns bis in die letzte Minute der Nachspielzeit immer
noch steigern können. Interessanterweise war es ein Pfarrer, der den
Vorschlag mit den Prostituierten unterbreitet hat, ein Protestant
selbstredend. Was aber denkt der brave deutsche Protestantenfunktionär
jeden Tag beim Aufwachen? Schauen wir mal, wen wir heute davon
überzeugen können, ein nützliches Glied der Gesellschaft zu werden! Und
was ist schon dabei, wenn die Mädels wieder halbwegs bekleidet in die
Schule kommen? Da können sich die Lehrer wenigstens auf den Unterricht
konzentrieren.
Bundespräsident Joachim Gauck sagte 2014
während eines Staatsbesuchs in Indien: „Wir haben Platz in Deutschland.
Deshalb warten wir auch auf Menschen aus anderen Teilen der Welt, die
bei uns leben und arbeiten wollen. Darauf freuen wir uns schon.“ Hand
aufs Herz: Was ging Ihnen damals durch den Kopf, als Sie das gelesen haben?
Klonovsky:
Immerhin hat er Einwandern und Arbeiten in einen unmittelbaren
Zusammenhang gebracht. In Deutschland bestand und besteht nämlich nach
meiner Erfahrung außerhalb gewisser besonders harthirniger Milieus keine
Aversion gegen Ausländer, die ihre Rechnungen selber bezahlen wollen.
Nur das mit dem Platz sehe ich ein bißchen anders. Außer im Schloß
Bellevue und bei Heribert Prantl unterm Bett wird es allmählich etwas
eng in deutschen Kommunen. Die Biodeutschen kommen mit den tendenziell
raumschaffenden Abtreibungen ja kaum hinterher.
Womit haben wir es eigentlich derzeit zu tun: mit einer „Flüchtlingswelle“ oder mit dem Beginn einer Völkerwanderung?
Klonovsky:
Das hängt von den Europäern ab und ihrer Entschlossenheit, einen
Unterschied zu machen zwischen erwünschten Einwanderern, Asylbedürftigen
und unerwünschten Einwanderern. Sonst wird vor allem auf dem
afrikanischen Kontinent eine Art Sog entstehen: Je mehr Afrikaner nach
Europa durchkommen und dort bleiben, desto mehr werden sich angespornt
fühlen, ebenfalls ihr Glück zu versuchen. Man muß in diesem Zusammenhang
an die Gallup-Studie aus dem Jahre 2009 erinnern, der zufolge 38
Prozent der Afrikaner gern ihren Kontinent verlassen wollen. Wenn sich
nur ein Bruchteil davon auf den Weg macht, sagen wir im mittleren
zweistelligen Millionenbereich, wäre tatsächlich Abendland unter. Man
soll also mit dem Begriff „Flüchtling“ gewählter umgehen, die meisten
sind keine. Tatsächlichen Flüchtlingen gewährt man Asyl, weil sie an
Leib und Leben bedroht sind, und das halte ich für angebracht, nicht
wegen irgendeiner besonderen deutschen Verantwortung, wie gern gepredigt
wird, sondern einfach aus Gründen der Zivilisiertheit. Zur Zivilisation
gehören natürlich auch die Grenzen. An diesen Grenzen müssen robuste
Männer den erwähnten Unterschied machen zwischen Zuwanderern, die Geist,
Kultur und Aufstiegswillen mitbringen, und halbanalphabetischen
Glücksrittern oder Kriminellen in spe, sonst können Sie die Zivilisation
bald vergessen. Diverse Nachrichtendienste melden, daß der IS derzeit
verstärkt Kämpfer nach Europa schicke und dafür die Flüchtlingsrouten
nutze. Wenn es denn stimmt – logisch wäre es ja –, dann schwimmen diese
Gottesterroristen im Zuwanderungsstrom wie weiland Maos Partisanen im
chinesischen Volk. Ein Grund mehr, diesen Strom zu drosseln und
sämtliche Asyl- oder Einwanderungsverfahren in Nordafrika abzuwickeln.
Technisch ist es kein großes Problem, Schiffe am Überqueren des
Mittelmeeres zu hindern, wofür haben wir Satelliten? Und wenn die
Europäer aufhörten, Pleitestaaten zu alimentieren, oder wenn man einen
Fonds zur Sicherung der Grenzen gründete, in den jeder EU-Bürger
einzahlen kann, dann stünden auch ausreichend finanzielle Mittel zur
Verfügung.
Wie steht es insgesamt um die Diskussionskultur
in Deutschland beim Thema Einwanderung? Kann man überhaupt noch eine –
selbst moderate – einwanderungskritische Meinung vertreten, ohne direkt
als „ausländerfeindlich“ oder „rechtsextremistisch“ attackiert zu
werden?
Klonovsky: Davon abgesehen, daß
es Zeitgenossen, auf die solche unerfreulichen Prädikate zutreffen, ja
wirklich gibt, sollte ein richtiger Kerl einen Kampf gegen Papiertiger
halbwegs bestehen können.
Vor Jahren war es noch durchaus
zulässig, in öffentlichen Diskussionen den Zustrom von
„Wirtschaftsflüchtlingen“ zu kritisieren. Heute hat sich das geändert:
Auch Menschen, die aus rein materiellen Gründen als illegale Migranten
nach Europa kommen, sollen aufgenommen werden, so die etablierten
Politiker. Denn dies seien die Arbeitskräfte von morgen, die die Renten
bezahlen werden, heißt es. Wie realistisch sind solche Vorstellungen
Ihrer Ansicht nach?
Klonovsky: Auch das
hängt wiederum davon ab, von welchen Einwanderern wir sprechen, also
inwieweit sie fähig und willens sind, sich ins Wirtschaftsleben
einzufügen und Deutschland als Heimat anzunehmen. Einwanderung kann ein
Land bereichern, aber Einwanderung kann ein Land auch ruinieren. Eine
Regierung, die sich aus geistig normalen Personen zusammensetzt, wird
also die eine fördern und die andere nach Kräften verhindern. Man muß
den Grünen, die zwar allenfalls von jedem zwanzigsten Deutschen gewählt
werden, aber mit Unterstützung der Medien eine Art Mentalitätsherrschaft
ausüben, das Thema Einwanderung gewissermaßen aus den Händen reißen.
Der Verlauf von Krötentunneln ist das Äußerste, worüber eine
zivilisierte Gesellschaft diese zynischen Heiligen befinden lassen
sollte.
Längst ist es verpönt, über deutsche oder sogar
europäische „Identität“ zu sprechen. Linke und liberale
Sozialwissenschaftler bewerben das Konzept von „hybriden Identitäten“.
Kernaussage: Es gibt keine nationale, kulturelle Identität, es sei ein
Konstrukt, vergleichbar mit den Geschlechterrollen. Ist das eine Art
politische Mobilmachung für die kommende Masseneinwanderung?
Klonovsky:
Nein, das sind erwünschte Illusionen. Das geisteswissenschaftliche
Akademikerprekariat will auch ein bißchen exzellieren, wobei die eigene
Identität dieser Leute in der Regel alles andere als hybrid ist. Sie
wissen vor allem genau, wo die Hand ist, die sie füttert, und welche Art
von Theorie sie im Gegenzug apportieren müssen. Weltweit sind soziale
Konstrukte unter anderem damit beschäftigt, sich gegenseitig
abzumurksen, und es gibt kein akademisches Mittel dagegen. Andere
soziale Konstrukte veranlassen die prachtvollsten Erektionen, und es
wächst kein feministisches Kraut dagegen. Günter Maschke hat einmal
geschildert, daß er in Bogotá einen Buchladen mit zerschossener
Schaufensterscheibe gesehen habe, und unter den Scherben lag die
spanische Ausgabe von Habermas’ "Theorie des kommunikativen Handelns".
Ob es solche Theorien gibt oder nicht, ist für den Lauf der Welt
vollkommen einerlei.
Wie sieht Deutschland – und Europa – Ihrer Meinung nach in 50 Jahren aus?
Klonovsky:
Die Geschichte macht sowieso, was ihr paßt, und ich will mich hier
nicht in die Schar jener Narren einreihen, die sich mit falschen
Prognosen hervortaten. Wie Gandalf während der Verteidigung von Minas
Tirith gegen die Armeen Mordors sagt, sind immer deutlich mehr und auch
ganz andere Kräfte am Wirken, als unsereins ahnt. Es wird sicherlich in
Zukunft ungemütlicher, aber nicht im entferntesten so ungemütlich wie an
der Ostfront. Als Zivilisierter muß man sich eben mit den Zivilisierten
verbünden, egal welcher Herkunft.
Das Interview erschien in der Augustausgabe der Zeitschrift "Zuerst!"
P.S.
Günter Maschke schrieb mir am 7. August (ich konnte den Brief erst nach
meinem Urlaub lesen und hier zitieren): "Mit Maschke & Bogotá gehen
Sie fehl – wie das Gedächtnis manchmal spielt. Es war Anfang 1992 in
Ayacucho, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, während der
Hoch-Zeit des Bürgerkrieges. Ich ging mit der Armee nach A., und wir
wurden mitten in der Stadt vom Sendero mit Granatwerfern beharkt. Ein
ziemlich überraschender Gebrauch. Ich stand vor einer verlassenen
Buchhandlung mit zahlreichen Einschüssen im Mauerwerk, der Buchhändler
hatte sich wohl verdünnisiert, das Fenster war halb zu mit einer
Jalousie, die an einer Stelle kaputt war. Man konnte also in das
Schaufenster linsen & da lag, in zwei Bänden, Habermas' Hauptwerk.
Ich bekam einen Lachanfall, was meine Kameraden sehr verwirrte."
Klonovsky - Mit den Zivilisierten verbünden
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