Stationen

Samstag, 19. September 2015

Durst

Jetzt wird Jenny Erpenbeck als Visionärin gefeiert, ja fast als Heilige verklärt. Raspail wird weiterhin ignoriert, oder irgendwo am Rande gehässig diffamiert. Die eine gilt als Künstlerin mit seismographischer Empfindsamkeit und seherischen Fähigkeiten, der andere als Rüpel.
Käßmann und Wecker tingeln wie die Avantgarde eines Geisterfahrerheeres durch die Talkshows. Die sehnsüchtige Heuchelei hat in Deutschland jetzt einen Grad erreicht, der in jedem Nichtdeutschen, sobald er die Lage halbwegs durchschaut, nur noch Groll und Verachtung wecken wird, wenn das anfängliche Erstaunen erst einmal verflogen ist. Denn die deutsche Sehnsucht nach Harmonie, Liebe und Vergebung versteht niemand, zumal sie der Durst nach Anerkennung verdeckt.

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