Stationen

Mittwoch, 13. November 2013

Tabu und Vergeblichkeit



Da hat er völlig recht

Aber auch für die Juden gilt leider, dass sie "jede Kritik in Beleidigung umfälschen". Wenn auch nicht im selben Maße wie die Muslime. Außerdem ist die Kritik an den Juden meistens ungerecht und die Absicht, sie zu beleidigen allzu oft wirklich vorhanden. Dennoch ist es letztlich schwieriger, Juden zu kritisieren als Muslime. Es liegt daran, dass die durch Auschwitz traumatisierten Juden überempfindlich geworden sind. Das ist zwar verständlich, aber es ist ein großes Problem. Sie sind völlig entgeistert, wenn man sie darauf aufmerksam macht, dass es unmöglich geworden ist, Juden zu kritisieren: "Wieso soll man Juden denn kritisieren?" fragen sie entsetzt. "Weil es auch nur Menschen sind, und es keine Menschen gibt, die über Kritik erhaben sein können." antworte ich und mache sie sprachlos mit meiner Antwort.

Man muss ja bereits dann damit rechnen, als Antisemit (müsste es nicht Antisemitist heißen? bzw. Antijudaist?) abgestempelt zu werden, wenn man etwas als typisch jüdisch bezeichnet; selbst wenn es als Kompliment gemeint ist. Aber alle Nas lang wird etwas als typisch deutsch bezeichnet, und das ist eher nie als selten gut gemeint. Wobei dieser Stempel umso unbefangener geschwungen wird, je weniger internationale Erfahrung der oberschlaue Zensor hat. Juden und Deutsche sind in dieser Hinsicht beide nicht ganz dicht. Die anderen Völker haben sich auch angesteckt, aber so richtig geisteskrank sind nur Juden und Deutsche.

Das Pendant der Sprachlosigkeit, des Entsetzens und der panisch bedingten Reflexe, mit denen Juden reagieren, wenn man sie darauf aufmerksam macht, dass sie sich im Verlauf der Nachkriegsjahrzehnte für Kritik immer unerreichbarer gemacht haben, ist die ebenso weit verbreitete Unfähigkeit der Nichtjuden, die Angst der Juden zu begreifen. Wir stehen vor einer doppelten, reziproken Vergeblichkeit. Und ein Verdacht meldet sich an: dass Juden und Nichtjuden sich seit zweitausend Jahren abwechselnd gegenseitig dämonisieren. Den Paranoikern unter den Juden sei von vornherein gesagt, dass ich nicht auf die Schlussfolgerung hinaus möchte, die Juden seien selber an Auschwitz schuld. Es handelt sich anscheinend um eine fatale, den Unvereinbarkeiten zwischen christlicher und jüdischer forma mentis inhärente Dynamik, die bisher keinem von beiden gelang zu durchbrechen.

Um beurteilen zu können, ob etwas wirklich typisch deutsch ist, muss man 20 Jahre im Ausland gelebt haben und sich auf das Gastland auch wirklich eingelassen haben.

Ich meine übrigens nicht Israel mit meiner Behauptung, es sei unmöglich geworden, Juden zu kritisieren. Denn Israel wird ja am laufenden Band kritisiert, gerade auch von den Diasporajuden, ja sogar besonders von ihnen (meines Erachtens meistens zu unrecht und sehr unsachlich, aber das nur nebenbei). Nein, ich meine "die Juden". Und zwar ohne Ross und Reiter zu nennen. Ich meine ganz allgemein, verallgemeinernd, die Juden. Es ist unmöglich geworden, etwas spezifisch Jüdisches zu kritisieren, oder gar in eine Gegnerschaft gegenüber bestimmten kulturellen Zügen des Judentums zu treten, ohne des Antisemitismus, bezichtigt zu werden. Faire Gegnerschaft ist zwischen Juden und Nichtjuden bis auf weiteres nicht möglich, und das ist problematisch. Und die Juden sind sich nicht der Tatsache bewusst, dass sie sich hierdurch isolieren und selbst ihre Freunde in einen Zustand der Unaufrichtigkeit drängen. Das ist ein Folgeproblem. Dabei können nur ihre Freunde sie mit der Nase auf dieses Problem stubsen: sie darauf aufmerksam machen, dass sie den Eindruck wecken, bei jeder Hochzeit die Braut sein zu wollen und bei jedem Begräbnis die Leiche.








Pisciatello

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