Stationen

Donnerstag, 1. Juni 2023

Eine sehr ungewöhnliche Geschichte

die Rachel Azaria, eine ehemalige Knesset-Abgeordnete, auf Twitter mitteilt (jedoch falsch erzählt: Nicht Hitler antwortete ihrer Urgroßmutter, sondern Hindenburg).
Die Geschichte ihrer deutschen Urgroßmutter, Frieda Friedmann, die 1933 einen Brief an Hindenburg schrieb – und auch eine Antwort von Hindenburg erhielt (die aber offenbar verschollen ist). Eine Abschrift von Frieda Friedmanns Brief und Hindenburgs Antwort wurde auf Hindenburgs Wunsch an Hitler weitergeleitet. Offenbar schrieb ein Sekretär Hindenburgs an einen Sekretär Hitlers (Staatssekretär in der Reichskanzlei):
 

Sehr geehrter Herr (unleserlich)!
 
            Im besonderen Auftrage des Herrn Reichspräsidenten beeile* ich mich, Ihnen anbei Abschrift eines dem Herrn Reichspräsidenten eingegangenen Schreibens einer Jüdin nebst Abschrift der erteilten Antwort zu übermitteln. Der Herr Reichspräsident lässt bitten, dem Herrn Reichskanzler Schreiben und Antwort zur Kenntnisnahme vorzulegen. Mit den besten Empfehlungen bin ich Ihr ergebener (unleserlich)
*das Wort ist unleserlich, aber es kann eigentlich nur "beeile" sein

Unter diesem Schreiben sieht man einen von Hitler hingekritzelten irritierten Kommentar, der vielleicht eine Antwort an Hindenburg darstellt (heute im Landeshauptarchiv Koblenz aufbewahrt). Sein Wortlaut:
„Die Behauptungen dieser Dame sind ein S c h w i n d e l! Es ist selbstverständlich keine Aufforderung zum P o g r o m erfolgt!“
 

 
Friedas (aus dem Hebräischen rückübersetzter) Brief an den Reichskanzler:
„Ich war 1914 verlobt, mein Verlobter fiel 1914 auf dem Schlachtfeld. Meine Brüder Max und Julius Cohen fielen 1916 und 1918. Willi, mein einziger Bruder, der am Leben blieb, kehrte blind aus dem Krieg zurück.
Alle drei bekamen das Eiserne Kreuz für den Dienst am Vaterland. Doch jetzt verteilt man in den Straßen unseres Landes Flugblätter, auf denen steht: 'Juden raus!' und es wird offen zu Pogromen und Gewalttaten gegen Juden aufgerufen. Ist Hetze gegen Juden ein Zeichen von Mut oder von Feigheit, wo doch die Juden einen Prozent* des deutschen Volkes ausmachen?“ 
 
Nach der Reichskristallnacht ist es Frieda Friedmann, ihrem Mann und ihren Söhnen zum Glück gelungen, nach England zu entkommen.
 
*Aber die Dozenten an den Universitäten, die Journalisten, die Druckereibesitzer, generell die Aufmerksamkeit weckenden Intellektuellen waren eben nicht nur 1%, sondern 30%, wie Imre Toth uns wissen ließ. Man stelle sich vor, 30% der Professoren an unseren Universitäten wären Italiener oder Ungarn! Ganz zu schweigen von den Russen (selbst wenn sie sich ohne "wenn" und "aber" aufs Entschiedenste gegen Putin positionierten). Das würde man irgendwann nicht mehr hinnehmen. Selbst wenn es Schweden wären, statt Italiener. Oder Franzosen. Selbst wenn 30% Engländer wären, entstünden das Gefühl einer Überfremdung, Ressentiment und Groll.

 

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