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Samstag, 17. Januar 2015

Bobzin

13. Januar 2015

In seinen "Noten und Abhandlungen zum besseren Verständnis des west-östlichen Divan" nennt Goethe den Koran ein heiliges Buch, "das uns, so oft wir auch darangehen, immer von neuem anwidert, dann aber anzieht, in Erstaunen setzt und am Ende Verehrung abnötigt". "Streng, groß, furchtbar", sei diese Schrift, und "stellenweise wahrhaft erhaben". Interview-Äußerungen von Michel Houellebecq deuten eine ähnliche Lektüre-Erfahrung an. Als ich den Koran vor vielen Jahren zum ersten Mal las, war ich einerseits befremdet vom Getrommel der vielen Wiederholungen und Sequenzen, verstand aber ihre suggestive Wirkung, während die immer wieder aufflammenden Sprachschönheiten, etwa in den Namen Gottes, auf mich ungefähr wirkten, als wenn die Sonne die Wolken durchbricht. Als ein Kind des 18. und 19. Jahrhunderts neigte ich zu der Ansicht, dass der Koran nur eine B-Version der Bibel sei und man sich theologisch mit ihm nicht weiter befassen müsse. Inzwischen sehe ich das anders, gerade angesichts des täglichen Suren-Turniers im Netz, des Stechens und Zurückstechens mit "bösen" und "guten" Koran-Zitaten zum Zwecke des Nachweises, dass der Islam entweder gewalttätig oder friedlich sei. 

Man soll aber nicht aus alten, ehrwürdigen und aufgrund ihrer zeitlichen Ferne naturgemäß missverständlichen Texten Bild-Schlagzeilen machen, und man soll sich nicht von den Extremisten solche Lesarten aufnötigen lassen. Der Koran verdient es, als Ganzes gelesen zu werden, auf dass sich jenes von Goethe beschriebene ambivalente Lektüre-Erlebnis einstelle – wer wäre ich, Goethe zu widersprechen? – und man im Mindestfall über eine Textgrundlage für beziehungsweise gegen das Gelärme im Internet und auf Dinner-Partys verfüge.

Ob der Koran von Ewigkeit sei?
Darnach frag’ ich nicht! ...
Daß er das Buch der Bücher sei
Glaub’ ich aus Mosleminen-Pflicht.
Dass aber der Wein von Ewigkeit sei,
Daran zweifl’ ich nicht;
Oder dass er vor den Engeln geschaffen sei,
Ist vielleicht auch kein Gedicht.
Der Trinkende, wie es auch immer sei,
Blickt Gott frischer ins Angesicht.

Also sprach der Dichter. Und so sitze ich, derweil Uum Kulthum "Zalamna El Hob" singt (ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, aber es wird wohl um Liebesschmerz gehen), beim Weine, und lese den Koran, die Bobzin-Übersetzung im Vergleich mit der wohl schönsten und zugleich freiesten deutschen Übertragung, der von Friedrich Rückert. Und empfehle dies hiermit ausdrücklich zur Nachahmung.  Klonovsky am 13. Januar 2015

Ich kann mich dem nur anschließen! Es braucht ja nicht gleich der Koran zu sein. Bereits Bobzins 140 Seiten starke Einführung - "Der Koran", C.H.BECK - WISSEN - ist großartig und ein Lesegenuss, bei dem Rückert ebenfalls nicht zu kurz kommt.

Überhaupt ist die Aktualisierung Rückerts, der seit 1968 selbst den Gymnasiasten Unterfrankens - sei es als Dichter, sei es als Orientalist - ein völlig Unbekannter wurde, einer der angenehmsten Aspekte der längst angebrochenen, künftigen und nicht endenden Islamisierung Schweinfurts.



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