Stationen

Sonntag, 25. Oktober 2015

Semper plus ultra

(Markus Lanz und das ZDF wurden mittlerweile wegen ihrer verleumdnerischen Verdrehungen, die hier zu sehen sind, verklagt)


Akif Pirincci und Oliver Polak - der eine darf, der andere nicht


Deutschland ist mal wieder – oder vielmehr: noch immer – von Sinnen. Ich bin inzwischen einiges gewohnt, aber die Heftigkeit der laufenden Kampagne gegen Akif Pirinçci überrascht sogar mich. Es ist irre, wie rasch, blindlings und geschlossen die powers that be reagiert haben, um nichts weniger als seine Existenz zu vernichten.
Die Buchhänder KNV, Libri, Thalia, Umbreit sowie Amazon haben seine Bücher aus dem Programm genommen, während Bertelsmann/Random House seine Verträge gekündigt und die Auslieferung seiner unpolitischen Bestseller gestoppt haben, natürlich unter Absingen der handelsüblichen Heuchelphrasen:
Der Schutz von Demokratie und Menschenrechten ist für uns ein zentraler Bestandteil unseres verlegerischen Schaffens, ebenso wie der Respekt vor Traditionen und dem Wunsch nach kultureller Vielfalt. Die Aussagen von Akif Pirinçci stehen diesen Werten diametral entgegen.
Ist das wirklich eine souveräne Geste, oder duckt sich auch Bertelsmann schon präventiv vor der Attacke des Medienungetüms?
Vermutlich, um seinen eigenen Hintern von der Wand zu kriegen, ist Pirinçcis Webmaster seinem Freund in den Rücken gefallen, hat für einige Tage seine Seite gekapert, und in einem theatralischen, zum Fremdschämen einladenden Eintrag die deutsche Büßerfigur gespielt.
Besonders fürwitzig war ein Mensch namens Friedhelm Nonte, welcher allen Ernstes angekündigt hatte, Pirinçcis Bücher öffentlich zu schreddern. Wie soll man sich einen solchen Gedankengang vorstellen? Was will uns Herr Nonte damit sagen? „Der Türke behauptet, daß sich eine Art Nazimentalität heute an den ‚Fremdenfeinden‘ austobt? Frechheit! Um das Gegenteil zu beweisen, verbre-, äh schreddern wir doch gleich mal seine Bücher… Ich übergebe dem Schredder die entarteten Schriften von…“
Unterdessen läßt sich die Presse den Braten schmatzend schmecken, in einem Gelage, in dem wie mittlerweile üblich jeglicher journalistischer Anstand verlorengegangen ist. Womit ich meine, daß nicht nur skrupellos manipuliert und verzerrt wird, wie es das Business verlangt, sondern auch nachweislich und offenbar gezielt gelogen wird. Ein Reizwort ist gefallen, und ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, toben und gackern die Hühner im deutschen Hühnerstall feste drauflos, wie berauscht darüber, endlich mal wieder den Kopf verlieren und auf einen Untermenschen einhacken zu dürfen.
Klonovsky says it best, weil am nüchternsten, und um die Sache abzukürzen, sei er wieder einmal zitiert:
Und besonders infam, wie vergaunerte Journalistenimitate auf den natürlich nicht gleichgeschalteten, sondern bloß so wirkenden online-Plattformen (Mollusken muss man nicht gleichschalten) im üblichen hetzmeutenhaften Sich-gegenseitig-Überbieten nun dem Gastredner Akif Pirincci unterstellen, er habe für die Wiedereröffnung von Konzentrationslagern plädiert, wo doch genau das Gegenteil richtig ist, er äußert ironisch Sorge, dass sie wieder eröffnet werden könnten, und zwar gegen „Fremdenfeinde“; Pirincci begibt sich in die Warte des CDU-Regierungspräsidenten von Kassel, der einem Bürger seiner Stadt, welcher gegen die Errichtung eines Aufnahmelagers protestierte, empfohlen hatte, er könne ja auswandern, wenn ihm das nicht passe – und dann fällt der ominöse Satz, der nichts anderes bedeutet als: In ein Lager können wir dich Fremdenfeind ja leider einstweilen nicht stecken. C‘est tout.
In der Tat war der Sinn der sarkastischen Pointe gar nicht mißzuverstehen; ich weiß nicht, ob sich die Angesprochenen nun darüber entrüstet haben, so gemein und ungerecht attackiert zu werden: „Unverschämtheit! Niemand hat die Absicht, diese dunkeldumpfdeutschen schmutzigen kleinen Rassistenhaßasseln in ein KZ zu stecken, schon gar nicht wir! Das steht unseren Werten diametral entgegen! Der Schutz von Demokratie und Menschenrechten ist uns ein zentrales Anliegen!“
Oder waren es etwa dieselben Leute, die jetzt den Kopf des krakeelenden Kanaken fordern, die es wahnsinnig lustig, edgy und „Je suis Charlie“ fanden, als Oliver Polak vor zwei Monaten forderte, „Auschwitz wieder zu eröffnen“? Und zwar zu dem gleichen Zweck, wie Pirinçci in seiner Rede mutmaßt: um „Neonazis“ dorthin zu schicken:
Niemand hat eine Lösung für die Flüchtlingsproblematik. Ich schon. Lasst uns doch einfach Auschwitz wieder eröffnen, wobei, es ist ja offen. Aber nein, so wie früher. Lasst uns all diejenigen, die Steine werfen, Häuser anzünden und auf Menschen urinieren, in Viehwaggons packen, Richtung Osten transportieren. Sie an der Rampe in Auschwitz empfangen, sie ausziehen lassen, ihnen ihr Hab und Gut wegnehmen, rasieren muss man sie ja nicht mehr – und sie in die Gaskammern schicken.
Bruhaha, schock, ablach.

Und nun die relativierende Pointe für den comic relief:
Hinter ihnen die Türen verriegeln und dann, statt Gas, über die Lautsprecherboxen Helene Fischers „Atemlos“ spielen. Danach dürfen dann alle wieder nach Hause fahren. Und ich würde, wenn die Leute die Gaskammern verlassen, auf dem Dach stehen und ihnen zuzwinkern – in einem T-Shirt mit dem Aufdruck „My relatives went to Auschwitz and all I got was this lousy t-shirt“. Auf sie zu urinieren würde keinen Sinn machen, das fänden sie noch geil. Die Nazis in Deutschland sind so ekelhaft, dass sogar Hitler sich distanzieren würde.
In der Tendenz ist dies ein- und derselbe makabre KZ-Witz, beide Male abgefedert durch Ironie und Sarkasmus: „Fremdenfeinde“ oder „Nazis“ ab ins KZ. Polak darf das, weil er auf der „richtigen“ Seite steht, der kleine Akif nicht, weil seitenverkehrt. Wohlgemerkt. Denn wirklich analog zu Polak hätte er etwa sagen müssen, man solle Muslime ins KZ schicken, mit Conchita Wurst beschallen und mit ihnen ein bißchen Wassersport à la Guantanamo betreiben, was aber keinen Sinn machen würde, denn „das fänden sie noch geil“. Harharhar, *hust* *röchel*. Ich bin jetzt der letzte, der behauptet, Pirinçci wäre geschmackvoller als Polak, aber so weit ist auch er trotz aller Grenzwertigkeit bisher nicht gegangen.

Aber, höre ich nun den Einwand, Polak redet doch nur von üblen, bösen Gesellen „die Steine werfen, Häuser anzünden und auf Menschen urinieren“. Aha, also vermutlich sind Asylanten und Antifanten gemeint? Auf Menschen urinieren? Check. Häuser anzünden? Check. Check. Steine werfen? Check. Check.
Man sieht, wozu selektive Wahrnehmung führen kann, und aus genau diesem Grund läuft die wechselseitige Polarisierung auf höchsten Touren, wobei die „gutmenschliche“ Seite natürlich die weitaus größere Schuld trägt. Sie baut sich einen Popanz auf, auf den sie eindrischt, um ihr eigenes Versagen nicht sehen zu müssen, und vor allem die Gefahr, die sie verantwortungslos heraufbeschwört und täglich durch Blind- und Taubstellen verschärft. Heute scheint es in den Köpfen vieler nur mehr die Wahl zwischen Refugee-Welcome-Bussibären mit glitzernden Sternchen in den Augen und Braunbösenhitlers zu geben. Ein Bild, das selbstredend manichäisch und falsch ist.

Denn die „Neonazis“, von denen Polak spricht, sind in diesem Kontext nichts anderes als rhetorische Figuren, Schreckgespenster, Krokodile im Kasperltheater, Vogelscheuchen, Stand-Ins für letztlich alle, die sich gegen die laufende Flüchtlings- und Einwanderungspolitik wenden und vor ihren Konsequenzen warnen, also auch die Pegida-Spaziergänger. Daß es hier um viel umfassendere Dinge geht, zeigt der folgende Absatz aus Polaks Artikel:
Klar muss niemand niemanden aufnehmen. Aber lasst doch zumindest die das machen, die das wollen. (Klar, wer sein Privateigentum diesem Ansinnen zur Verfügung stellt, soll es tun. No problem! M.L.) Bewusstsein schaffen, dafür, dass diese Menschen bleiben, für immer (sic – M.L.), und dass sie Hilfe benötigen. Die Schwertraumatisierten und überhaupt alle, und dass sie besser erzogen werden als wir. Was nicht so schwer ist. Eine Schande für Deutschland? Deutschland ist die Schande für Deutschland. Vor Wochen wurden Flüchtlingsmädchen gestreichelt, und jetzt bepissen wir sie. Als ich gestern meinen 89-jährigen Vater, der sieben Jahre KZ überlebt hat, am Telefon sprach und ihn fragte, was er denkt, sagte der nur: „Oliver, die Flüchtlinge sind die Juden von heute.“ Er darf sich die Bilder aus Heidenau, Freital anschauen, ist doch okay, er zahlt da ja auch GEZ dafür, und wenn er nicht schlafen kann, schaut er „Die schönsten Bahnstrecken Europas“.
Ich liege immer noch in meinem Bett und denke mir, dass man einfach einen Agrarstaat aus Deutschland hätte machen sollen, nur wüsste ich dann jetzt nicht, wo ich meinen Marshmallowcookie bekommen würde.
Dazu ließe sich eine ganze Menge sagen; meines Erachtens ist jeder einzelne Satz falsch. Polak zeichnet hier ein Bild der Lage, das mit der Realität kaum etwas zu tun hat und eher Abbild einer bestimmten Geisteshaltung und Wirklichkeitsbrille ist. Pirinçci ist dagegen der bessere Stand-Up-Comedian, wenn auch nur auf dem Papier und nicht „live“. Für mich ist er ein Erbe der wüsten, wilden, die Geschmacksgrenzen austestenden Komiker und Satiriker wie Lenny Bruce oder George Carlin, und als solcher soll er gehört und beurteilt werden.
Auf der Frankfurter Buchmesse war ich bei der Lesung aus seinem neuen Buch „Die große Verschwulung“ zugegen. Das Kapitel, aus dem er las, war eine wahre Tour de Force, ein polemisches Stakkato, gnadenlos, düster, überdreht, sarkastisch und komisch zugleich. Pirinçci will mit Schocks und Roßkuren aufwecken und wachrütteln, und dabei sieht er ohne Zweifel viele unangenehme Dinge, vor denen viele lieber den Kopf in den Sand stecken.
Das Buch kann man hier bestellen – es ist trotz allem auf dem besten Weg zum Bestseller. Der Autor teilt auf seinem zurückeroberten Blog mit:
Wie mir der Verlag soeben mitgeteilt hat, wird DIE GROSSE VERSCHWULUNG beim Verlag mehr bestellt als DEUTSCHLAND VON SINNEN in den heißesten Tagen, also etwa 8.000 täglich. Leider wird das Buch nicht in den Bestsellerlisten auftauchen, weil es weder über den Buchhandel noch über den Internetversendern bestellbar ist, vermittels derer die Liste erfaßt wird.
Hier noch ein Zitat aus seinem Aufruf an die Medien, die Hetze und Desinformation zu stoppen:
Jetzt ist langsam Schluss mit der Hetze gegen mich! Das artet langsam zu einer Hexen- und Menschenjagd aus, und der einzige, der am Ende im wortwörtlichen Sinne brennen wird, bin ich. Hört auf, weiter gegen mich zu hetzen. Ihr bringt ein Menschenleben in Gefahr.

Martin Lichtmesz

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